Geschäftsführer-Job: Vom 12-Stunden Tag, Dauerbelastung und lerbenslangem Lernen + GmbH/Betriebsrat: Mit neuen Arbeitsgesetzen werden die Karten neu gemischt + Digitales: TV versus Streaming-Dienste – neue Marketingformen auf dem Vormarsch + GmbH/IT-Sicherheit: CEO-Betrugs-Masche erobert jetzt auch kleinere Unternehmen + Bürokratie: Steuerquote in Deutschland auf Höchststand + GmbH/Firmenwagen: Noch mehr Vorteile für Elektro-Fahrzeuge + GmbH/Recht: Vorsicht bei satzungsdurchbrechenden Beschlüssen + ACHTUNG: Finanzbehörden verlangen Strafsteuern für Google-Adword-Werbung
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 09/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 1. März 2019
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
wie viel Sie als GmbH-Geschäftsführer verdienen (dürfen), ist bekannt und mit zahlreichen Studien unterlegt. Sogar die Finanzbehörden haben mit den sog. Karlsruher Tabellen eigene Zahlen dazu erhoben. Die anderen Umstände der Arbeitssituation von Geschäftsführern sind dagegen kaum erfasst und wenig bekannt. Die meisten Einschätzungen zur Arbeitssituation von Geschäftsführern basieren auf individuellen Erfahrungswerten, z. B. aus Gesprächen mit den Kollegen oder im Austausch in den Erfa-Gruppen. Nur so viel ist sicher: Viele der Kollegen arbeiten „rundum” und sind für Alles und Jeden zuständig.
Wichtig ist eine Abgrenzung zu „normalen” Arbeitsverhältnissen aber z. B. dann, wenn es demnächst darum geht, dass Selbstständige – und damit auch Gesellschafter-Geschäftsführer – in die (Pflicht-) Rentenversicherung einbezogen werden sollen. Dann wird man schon sehr gut argumentieren müssen, damit es nicht zu einer Pflicht-Mitgliedschaft kommt. Insofern ist es ausgesprochen wichtig, wenn Sie uns dabei helfen, fundierte Daten zusammenzutragen – mit denen man die öffentliche Diskussion zur Arbeitssituation von Gesellschafter-Geschäftsführern versachlichen kann. Z. B. zu den Arbeitszeiten, zur Weiterbildung, zu den unternehmerischen Risiken und zu den Auswirkungen des Jobs auf die persönliche Lebensführung usw.
GmbH/Betriebsrat: Mit neuen Arbeitsgesetzen werden die Karten neu gemischt
„Ich habe bisher nur gute Erfahrungen mit unserem Betriebsrat gemacht“. So das Feedback vieler Kollegen zum Umgang mit Betriebsräten. Das ist aber nicht immer so. Je größer die Entfernung der Geschäftsführung zu den Mitarbeitern und je mehr Beschäftigte im Unternehmen, umso problematischer sehen viele personalverantwortliche Geschäftsführer das Verhältnis zu den Arbeitnehmer-Vertretungen.
Aber auch zahlreiche neue gesetzliche Vorgaben haben in den letzten Jahren das Konfliktpotential zwischen den Unternehmensleitungen – sprich Geschäftsführern – und den Arbeitnehmervertretern wieder deutlich erhöht. So zuletzt etwa durch die Gender-Regelungen (etwa nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz AGG), durch das Entgelttransparenzgesetz (EntgtranspG) (vgl. dazu Nr. 3/2019) oder seit dem 1.1.2019 durch die neuen Vorgaben zum Anspruch auf Teilzeit bzw. zum Anspruch auf Rückkehr zur vollen Arbeitszeit gemäß den Vorgaben des Brückenteilzeitgesetzes (vgl. Nr. 49/2018).
Hier einige Hinweise wie Sie sich das Leben mit dem Betriebsrat leichter machen:
- Kommunikation: Suchen Sie bewusst das 4‑Augen-Gespräch mit dem Betriebsratsvorsitzenden. Steigen Sie dabei am besten mit einem privaten Thema ein. Es wird für Ihren Gesprächspartner nach diesem Einstieg schwierig, wieder auf seinen dogmatischen Weg zurückzufinden. Je persönlicher Sie auf die Person „Betriebsrat“ eingehen, desto größer ist Ihre Chance, dass er von seinem klassischen Feindbild abweicht. Geben Sie ihm aber auch Einblicke in betriebliche Belange. Geben Sie ihm das Gefühl eines Informationsvorsprungs (Geschäftsanbahnungen, Brancheninformationen).
- Zeit zum Verhandeln: Stellen Sie sich auf möglicherweise langwierige Verhandlungen ein und kalkulieren Sie dies unbedingt beim Zeitplan für Ihre Maßnahmen ein. Es schwächt Ihre Verhandlungsposition als Arbeitgeber ungemein, wenn Sie unter Zeitdruck Verhandlungen zu Ende bringen müssen. Drängen Sie nicht auf eine bestimmte Zeitvorgabe. Lassen Sie Ihren gegenüber spüren, dass für Sie bei den Verhandlungen die Zeit keine Rolle spielt – auch, wenn Ihnen das schwer fällt.
- Kompetenz statt Ideologie: Viele motivierte und leistungsorientierte Mitarbeiter scheuen davor zurück, ein Betriebsratsamt zu übernehmen. Sie fürchten einen „Karriere-Knick” und Nachteile für ihre berufliche Entwicklung. Als personalverantwortlicher Geschäftsführer sollten Sie eine solche Situation als Chance sehen: Sie verlieren zwar einen guten Mitarbeiter, Ihr Unternehmen gewinnt dadurch aber unter Umständen einen loyalen und kompetenten Betriebsrat, der die belange des Unternehmens besser versteht und insofern besser „passt”.
- Regel und Ausnahme: Vorläufige Personaleinstellungen in Eilfällen sollten Sie als Vorgesetzter auf keinen Fall überstrapazieren. Ein dauernder Missbrauch kann zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führen.
- Wochenend-Politik: Die Arbeitsgesetze stellen bei vielen Anlässen auf Kalendertage ab. Daher ist besondere Eile geboten, wenn Sie eine Mitteilung des Betriebsrates an einem Freitag erhalten, z. B. einen Widerspruch gegen Mehrarbeit. In diesem Fall ist nämlich der folgende Montag bereits der letzte Tag, um den Antrag auf Mehrarbeit beim Arbeitsgericht wirksam stellen zu können. Nehmen Sie solche Wochenend-Überraschungen unbedingt noch am Freitag zur Kenntnis, damit Sie u. U. noch über das Wochenende mit Ihrem Anwalt in der Sache Kontakt aufnehmen können.
Digitales: TV versus Streaming-Dienste – neue Marketingformen auf dem Vormarsch
Die Digitalisierung betrifft alle Lebensbereiche. Nach den Druckmedien stehen jetzt auch TV und Film unter Druck. Trends: Weg vom Programmfernsehen mit festen Sendezeiten hin zum Fernsehen auf Abruf. Weg vom Sofa-Fernsehen zum mobilen Fernsehen. Und: Weg vom Fernsehen mit nationaler hin zur internationalen Reichweite. Dieser Umbruch wirkt sich auf allen Produktions- und Vermarktungsebenen aus. Beispiel: Nutzung. 88 % der über 50-Jährigen schauen Bewegtbilder, wenn sie ausgestrahlt werden. 62 % der 14 bis 29-jährigen schauen Bewegtbilder dann, wenn Sie es möchten. Die traditionellen Anbieter erweitern Mediathek-Angebote zwar kontinuierlich. Aber gegen die Reichweiten und die damit verbundene neue Finanzstärke der Streaming-Dienste können weder die öffentlich-rechtlichen noch die privaten Anbieter mithalten.
Unterdessen beziehen rund 180 Mio. Kunden den Streaming-Dienst Netflix, allein in Deutschland sind es fast 20 Mio. Nutzer. Tendenz: Weiter stark zunehmend. Bis 2028 werden weltweit 350 Mio. Nutzer erwartet. Folge: Die neuen digitalen Medienunternehmen verfügen über schier unendliche finanzielle Mittel, sind „flach” aufgestellt und leisten sich eine eigene Programmpolitik (Serien, Eigenproduktionen), die sich stark an den Bedürfnissen ihrer Kunden orientiert. Diese Entwicklung offenbart zwei Trends, die für das Marketing aller Unternehmen Bedeutung haben:
- Streaming-Dienste orientieren Ihre Werbe-Botschaften nicht mehr an den Zielgruppen „bis 30, 30 bis 50 und über 50”. Sie bewegen sich in Milieus – etwa Menschen mit Neigung zu Ironie und Humor, Romantiker, Menschen mit konservativen Einstellungen usw.
- Aktualität wird nicht mehr bestimmt durch die zeitliche Vorgabe eines Ereignisses, sondern durch den Grad der Betroffenheit des Nutzers. Beispiel: Der Nutzer interessiert sich nicht für ein neues Steuergesetz, sondern niur dann für das Thema Steuern, wenn er seinen Steuerbescheid erhält.
GmbH/IT-Sicherheit: CEO-Betrugs-Masche erobert jetzt auch kleinere Unternehmen
Alleine in Baden-Württemberg (BW) sind in den letzten 4 Jahren 750 Fälle mit betrügerischen E‑Mails an Unternehmen bekannt geworden. Hintergrund: Die sog. CEO-Betrugs-Masche (engl.: CEO-Fraud). Als vermeintliche Chefs melden sich die Betrüger ähnlich wie beim Enkeltrick mit Telefonanrufen und/oder gefälschten E‑Mails bei Mitarbeitern des Unternehmens und veranlassen die Überweisung hoher Beträge (vgl. zuletzt Nr. 36/2018). Davor werden die Firmen gezielt ausspioniert, um die Geschäftsführer zu „imitieren”.
In rund 90 Fällen waren die Täter laut Landeskriminalamt (LKA) erfolgreich. Sie verursachten dabei einen Schaden von 50 Millionen EUR. Davon konnten 18 Millionen EUR im Ausland gesichert werden, bevor sie verschwanden. Trend: Die im Innenministerium BW verantwortliche Stabstelle Digitalisiserung/IT-Sicherheit geht davon aus, dass diese Masche in nächster Zeit erheblich zunehmen wird. Beispiel: Die Buchhalterin erhält eine E‑Mail vom Chef – mit dessen Signatur und mit der Anweisung 50.000 EUR auf das Bankkonto einer Firma in London zu überweisen. Ohne Wenn und Aber und zwar sofort. Nicht ahnend, dass es sich dabei um eine unterdessen durchaus verbreitete Betrugsmasche handelt, führte die Mitarbeiterin die vermeintliche „Anweisung auf Zuruf” postwendend aus.
Sie sind also gut beraten, nicht einfach abzuwarten, bis bei Ihnen eine solche E‑Mail eingeht. Via LinkedIn, XING und gezielter Internet-Recherche lässt sich jede/r Buchhalter/In oder Handlungsbevollmächtigte ausmachen. Prüfen Sie, inwieweit Ihre Internet-Seiten potenziellen Tätern Hinweise für ein solches Vorgehen geben. Das betrifft Funktionsbeschreibungen und Hinweise auf Handlungsvollmachten.
Bürokratie: Steuerquote in Deutschland auf Höchststand
Im Zeitraum von 2005 bis 2018 ist die Steuerquote für den privaten Steuerzahler in Deutschland weiter gestiegen, und zwar von 19,6 % auf 22,8 %. Damit belegt Deutschland den zweiten Platz in der Liste der Länder mit den höchsten Steuersätzen.
GmbH/Firmenwagen: Noch mehr Vorteile für Elektro-Fahrzeug
Laut Bundesfinanzministerium (BMF) werden die steuerlichen Vorteile für E‑Fahrzeuge (hier: die sog. 0,5-%-Methode) überarbeitet und sogar noch erweitert (vgl. Nr. 1/2019). Danach wird das oben genannte Steuerprivileg für Privatfahrten auch für Anschaffungen auf 2018 erweitert. Voraussetzung: Die Überlassung an den Geschäftsführer erfolgt erst in 2019. Und: Außerdem hat BMF angekündigt, dass das Steuerprivileg für Privatfahrten über 2021 ausgedehnt werden soll, eventuell bis 2029 – und damit über die gesamte Laufzeit.
GmbH/Recht: Vorsicht bei satzungsdurchbrechenden Beschlüssen
Fassen Sie in der Gesellschafterversammlung einen Beschluss, der im Einzelfall gegen die Vorgaben aus dem Gesellschaftsvertrag verstößt („punktuell”), dann ist dieser wirksam – ein formal korrekter Beschluss zur Änderung des Gesellschaftsvertrages ist dazu nicht notwendig. Wird damit aber eine Vorgabe des Gesellschaftsvertrages dauerhaft außer Kraft gesetzt (z. B. Ausscheidensregelung), muss das als satzungsändernder Beschlusss im Handelsregister vermerkt werden (OLG Köln, Beschluss v. 24.6.2018, 4 Wx 4/18).
ACHTUNG: Finanzbehörden verlangen Strafsteuern für Google-Adword-Werbung
Nach Recherchen von Frontal21 (ZDF) fordern einige Finanzämter (z. B. FA München) eine 15-%ige Quellensteuer auf die für Google-Adword-Werbeanzeigen fälligen Honorare der letzten 7 Jahre ein. Experten bezweifeln, ob es dafür eine Rechtsgrundlage gibt (§ 50a EStG). Nach letzten Informationen verzichten die Finanzbehörden auf eine Durchsetzung der Steuerforderung. Wenn nicht, sollten Sie Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragen. Wenn Sie hohe Beträge für Google-Werbung ausgeben, ist zu prüfen, ob eine Rückstellung für Steuernachforderungen ausgewiesen werden muss. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief