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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 06/2018

  • Zoll­kon­trol­le: Arbeits­zeit-Auf­zeich­nun­gen im Visier + Im Über­blick: Urtei­le 2017, die SIE als Geschäfts­füh­rer betref­fen… (I) + vGA-Prü­fung: Jetzt will das Finanz­amt auch noch Schen­kungs­steu­er + GmbH-Finan­zen: EU-För­der­mit­tel und Aus­schrei­bun­gen + Geschäfts­füh­rer pri­vat: Stil­le Betei­li­gung statt Gesell­schaf­ter­dar­le­hen? + Per­sön­li­che Haf­tung des Geschäfts­füh­rers für Kar­tell­stra­fen + Geschäfts­füh­rer-Haf­tung: Anfor­de­run­gen an eine Fort­füh­rungs­pro­gno­se +

BISS die Wirt­schaft-Sati­re

 

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Frei­burg, 2. Febru­ar 2018

 

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

die Prüf­trup­pe heißt Finanz­kon­trol­le Schwarz­ar­beit (FKS), ist dem Zoll ange­glie­dert und wird dort ein­ge­setzt, wo der Min­dest­lohn kon­trol­liert wird. Die jetzt ver­öf­fent­lich­ten Zah­len aus 2017 offen­ba­ren aber: 50 % aller Ord­nungs­gel­der, die nach FKS-Prü­fun­gen ver­hängt wer­den, betref­fen nicht Ver­stö­ße gegen die Höhe des gezahl­ten Lohns, son­dern ahn­den Ver­stö­ße gegen die Ver­pflich­tun­gen zur Auf­zeich­nung der Arbeits­zei­ten (§ 17 Min­LoG). Das betrifft nicht nur die typi­schen Schwarz­ar­beit-Ver­däch­ti­gen (Bau, Logis­tik, Gas­tro­no­mie usw.), son­dern alle Bran­chen, die in § 2 a des Geset­zes zur Bekämp­fung der Schwarz­ar­beit und der ille­ga­len Beschäf­ti­gung auf­ge­führt sind. Und dort all die Unter­neh­men, die gering­fü­gig Beschäf­tig­te (§ 8 Abs. SGB IV) ein­stel­len, Mini- oder Midi- Job­ber beschäf­ti­gen bzw. Arbeit­neh­mer beschäf­ti­gen, die monat­lich weni­ger als 2.000 (weni­ger als 12 Mona­te beschäf­tigt: 2.958) EUR verdienen.

Wun­dern Sie sich also nicht, wenn die Her­ren vom Zoll ohne Vor­ankün­di­gung Ihre Auf­zeich­nun­gen zur Arbeits­zeit ein­se­hen wol­len. Klei­ner Trost: Wird erst­mals ein Ver­stoß fest­ge­stellt, haben Sie die Chan­ce auf „Nach­bes­se­rung”. Danach ist aller­dings Schluss mit lus­tig. Zumal die zuletzt ver­öf­fent­lich­ten Zah­len zum Min­dest­lohn-Miss­brauch (Quel­le: Pres­se­mit­tei­lung des Zoll, Stu­die der gewerk­schafts­na­hen Hans-Böck­ler Stif­tung) Grund genug für eine wei­te­re Auf­sto­ckung des Zoll-Per­so­nals sind.

In der genau­en For­mu­lie­rung des Geset­zes­tex­tes heißt es: „Der Arbeit­ge­ber ist ver­pflich­tet, Beginn, Ende und Dau­er der täg­li­chen Arbeits­zeit die­ser Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer spä­tes­tens bis zum Ablauf des sieb­ten auf den Tag der Arbeits­leis­tung fol­gen­den Kalen­der­ta­ges auf­zu­zeich­nen und die­se Auf­zeich­nun­gen min­des­tens zwei Jah­re begin­nend ab dem für die Auf­zeich­nung maß­geb­li­chen Zeit­punkt auf­zu­be­wah­ren”. Das ist der Maßstab.

 

Im Überblick: Urteile 2017, die SIE als Geschäftsführer betreffen… (I)

Als Sum­ma­ry unse­rer Bericht­erstat­tung für GmbH-Geschäfts­füh­rer geben wir Ihnen an die­ser Stel­le noch­mals einen kur­zen Über­blick über die Urtei­le aus 2017, die spe­zi­ell Ihre Posi­ti­on und Ver­ant­wor­tung als für die GmbH han­deln­des Organ betref­fen. Die genann­ten Urtei­le haben z. T. weit rei­chen­de Aus­wir­kun­gen und grund­sätz­li­che Bedeu­tung. Sie sind als gut bera­ten, die­se Recht­spre­chung in Ihrer Pra­xis zu berück­sich­ti­gen bzw. ent­spre­chend umzusetzen:

    • Stimm­ver­bot für den GmbH-Gesell­schaf­ter (-Geschäfts­füh­rer): Geht es dar­um, in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung einen Ver­tre­ter zu bestim­men, der die GmbH im gericht­li­chen Ver­fah­ren gegen einen pflicht­wid­rig han­deln­den Gesell­schaf­ter ver­tritt, hat der betrof­fe­ne Gesell­schaf­ter kein Stimm­recht – es besteht ein sog. Stimm­rechts­aus­schluss (OLG Mün­chen Urteil vom 23.2.2017, 23 U 4888/15, Nr. 12/2017).
    • Wett­be­werbs­ver­bot des GmbH-Geschäfts­füh­rers: Rein kapi­ta­lis­ti­sche Min­der­heits­be­tei­li­gun­gen eines Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers an einer Kon­kur­renz­ge­sell­schaft ohne Ein­fluss auf deren Geschäfts­füh­rung, ohne Tätig­keit im Unter­neh­men und ohne Mög­lich­keit, die­ses zu beherr­schen oder Ein­fluss auf unter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dun­gen zu neh­men, sind im Regel­fall unbe­denk­lich und von der sach­li­chen Reich­wei­te eines Wett­be­werbs­ver­bots des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers nicht umfasst (OLG Stutt­gart, Urteil vom 15.3.2017, 14 U 3/14, Nr. 16/2017).
    • Pflicht­ver­si­che­rung des GmbH-Geschäfts­füh­rers: Der Fremd-Geschäfts­füh­rer ist nicht pflicht­ver­si­chert, wenn er selbst zwar kei­ne Betei­li­gung an dem Unter­neh­men, für das er tätig ist, hat. Aber: Wenn er Gesell­schaf­ter an einem betei­lig­ten Unter­neh­men ist und so Beschlüs­se gegen sei­nen Wil­len ver­hin­dern kann, ist er wei­sungs­frei tätig und kein Pflicht­mit­glied in der gesetz­li­chen Sozi­al­ver­si­che­rung (LSG Baden-Würt­tem­berg Urteil vom 23.11.2017, L 5 R 50/16, Nr. 19/2017).
    • Ände­rung der Gesell­schaft­er­lis­te durch den GmbH-Geschäfts­füh­rer: Der Geschäfts­füh­rer ist zur Kor­rek­tur einer unrich­ti­gen, vom Notar ein­ge­reich­ten Gesell­schaft­er­lis­te (§ 40 Abs. 2 Satz 1 GmbH-Gesetz) befugt ist. Das Regis­ter­ge­richt ist dar­an gebun­den und muss – even­tu­ell nach recht­li­cher Prü­fung – die ver­bes­ser­te Lis­te ein­tra­gen (Bun­des­ge­richts­hof Beschluss vom 7.2.2017, II ZR 28/15, Nr. 22/2017).
    • Erfin­dun­gen des GmbH-Geschäfts­füh­rers: Macht der Gesell­schaf­ter, der wie ein Geschäfts­füh­rer in die Lei­tung der GmbH ein­ge­bun­den ist, im Zusam­men­hang mit die­ser Tätig­keit eine Erfin­dung, kann für ihn nach den Gesamt­um­stän­den die Pflicht bestehen, die­se Erfin­dung der GmbH (ent­schä­di­gungs­los) anzu­die­nen. Und zwar dann, wenn die Lei­tungs­funk­ti­on des Gesell­schaf­ters auch den tech­ni­schen Bereich betrifft, die Erfin­dung dem Geschäfts­ge­gen­stand der Gesell­schaft zuzu­ord­nen ist und die Erfin­dung über­wie­gend auf Mit­teln, Erfah­run­gen und Vor­ar­bei­ten des Unter­neh­mens beruht. Ver­stößt der Gesell­schaf­ter gegen die­se sog. Andie­nungs­pflicht und mel­det er die Erfin­dung im eige­nen Namen als Patent an, steht der GmbH ein Anspruch auf Über­tra­gung der Anmel­dung bzw. des auf Grund die­ser Anmel­dung erteil­ten Patents zu (OLG Frank­furt Urteil vom 13.4.2017, 6 U 69/16, Nr. 23/2017).

 

vGA-Prüfung: Jetzt will das Finanzamt auch noch Schenkungssteuer

In eini­gen Ver­fah­ren vor ver­schie­de­nen Finanz­ge­rich­ten haben die Finanz­be­hör­den ver­sucht, den Vor­teil aus einer ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung zusätz­lich als schen­kungs­steu­er­pflich­ti­gen Vor­gang zu wer­ten. Die meis­ten Finanz­ge­rich­te haben die zusätz­lich Ver­steue­rung abge­lehnt. Jetzt hat der Bun­des­fi­nanz­hof in allen dazu anhän­gi­gen Revi­si­ons­ver­fah­ren entschieden.

Danach gilt: Grund­sätz­lich ist eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung kein schen­kungs­steu­er­pflich­ti­ger Vor­gang. Aber: Den­noch ist es mög­lich, dass zusätz­lich Schen­kungs­steu­er fäl­lig wird (BFH, Urteil v. 13.9.2017, II R 54/15 u. a.).  Begrün­dung: Die „Hin­ter­tür” für eine zusätz­li­che Besteue­rung besteht dar­in, dass es sich um eine Schen­kung des Gesell­schaf­ters an den nahe ste­hen­den Drit­ten han­delt kann. Das muss dann in einem nächs­ten Ver­fah­ren und vom Finanz­ge­richt im Ein­zel­fall geprüft wer­den. Im ent­schie­de­nen Fall ging es um über­höh­te Miet­zah­lun­gen der GmbH an die Ehe­frau eines der Gesell­schaf­ter – auf Grund­la­ge eines Gesell­schaf­ter-Beschlus­ses und nach Ver­trags­un­ter­zeich­nung durch den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer. Ob eine Schen­kung vor­liegt, ist dann – so der BFH – auf der Grund­la­ge des zugrun­de lie­gen­den Ver­tra­ges (Schen­kungs­ab­re­de, Dar­le­hens­ver­trag, even­tu­ell: Kauf­ver­trag) zu entscheiden.

Das klingt nach Rechts­un­si­cher­heit. Gehen Sie davon aus, dass die Finanz­äm­ter in Zukunft prü­fen wer­den, ob bei über­höh­ten Zah­lun­gen an den Ehe­gat­ten eines Gesell­schaf­ters (Mie­te, Zin­sen, Hono­ra­re) ein schen­kungs­steu­er­pflich­ti­ger Vor­gang vor­liegt, der z. B. einer ande­ren Schen­kung (Erbe) zuge­rech­net wird.

 

GmbH-Finanzen: EU-Fördermittel und Ausschreibungen

Die EU-Kom­mis­si­on hat jetzt eine zen­tra­le Stel­le ein­ge­rich­tet, auf der alle EU-För­der­mit­tel-Pro­gram­me und sämt­li­che EU-Aus­schrei­bun­gen über­sicht­lich und z. T. deutsch­spra­chig gelis­tet sind. Hier kön­nen Sie sich auch über poten­zi­el­le Pro­jekt­part­ner infor­mie­ren und erhal­ten prak­ti­sche Infor­ma­tio­nen über das Antrags- und Aus­schrei­bungs­ver­fah­ren unter > https://ec.europa.eu/info/funding-tenders_de.

Die meis­ten EU-För­der­pro­gram­me sind zusätz­lich auch über die För­der­mit­tel­da­ten­bank des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Wirt­schaft abzu­ru­fen unter > https://www.foerderdatenbank.de

 

Geschäftsführer privat: Stille Beteiligung statt Gesellschafterdarlehen? 

Nach dem Wil­len der Koali­ti­ons­par­tei­en wird die Abgel­tung­s­teu­er für Zins­er­trä­ge abge­schafft (vgl. Nr. 4/2018). Klei­ne­re GmbHs, die sich mit Gesell­schaf­ter­dar­le­hen finan­zie­ren oder Zah­lun­gen für die GmbH aus eige­ner Tasche über ein Gesell­schaf­ter-Kon­to ver­rech­nen, soll­ten im Lau­fe des Jah­res zusam­men mit dem Steu­er­be­ra­ter prü­fen, ob eine Finan­zie­rung über eine Stil­le Betei­li­gung die Steu­er-güns­ti­ge­re Alter­na­ti­ve bie­tet. Damit kön­nen Sie u. U. ver­hin­dern, dass das Finanz­amt fik­ti­ve Zin­sen für Ihr Gesell­schaf­ter-Dar­le­hen als ein­kom­men­steu­er­pflich­ti­ge Ein­nah­men besteu­ert. Hier besteht kein aktu­el­ler Hand­lungs­be­darf. Die ange­kün­dig­te Steu­er­erhö­hung für Zin­sen wird u. E. frü­hes­tens zum 1.1.2019 umgesetzt.

Persönliche Haftung des Geschäftsführers für Kartellstrafen

Noch immer ist nicht geklärt, inwie­weit der Geschäfts­füh­rer für Kar­tell­ab­spra­chen und dafür ent­stan­de­nen Scha­den (Buß­geld, Umsatz­rück­gang) per­sön­lich haf­tet (hier: Schie­nen­kar­tell). Das LAG Düs­sel­dorf lässt zunächst die kar­tell­recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen durch das LG Dort­mund prü­fen. Erst dann ist eine Ent­schei­dung in Sachen Haf­tung des Geschäfts­füh­rers mög­lich (LAG Düs­sel­dorf, Beschluss v. 29.1.2018, 14 Sa 591/17).

Ent­schei­dend wird sein, inwie­weit der Geschäfts­füh­rer den tat­säch­li­chen Ablauf der Kar­tell­ab­spra­chen ange­ord­net und beein­flusst hat. Aus der per­sön­li­chen Haf­tung dürf­te der Geschäfts­füh­rer auf jeden Fall sein, wenn er die Gre­mi­en des Unter­neh­mens (Gesell­schaf­ter, Bei­rat) infor­miert und das nach­wei­sen kann (Pro­to­koll).

 

Geschäftsführer-Haftung: Anforderungen an eine Fortführungsprognose

Ist die GmbH bilan­zi­ell über­schul­det, befreit eine Fort­füh­rungs­pro­gno­se nur dann von der Insol­venz­an­trags­pflicht, wenn die­se stich­hal­tig und kor­rekt erstellt wird. Dazu das OLG Mün­chen: „Eine Pro­gno­se­rech­nung erfor­dert eine nach betriebs­wirt­schaft­li­chen Grund­sät­zen durch­ge­führ­te Ertrags- und Finanz­pla­nung, die für sach­ver­stän­di­ge Drit­te nach­voll­zieh­bar ist und ein aus­sa­ge­kräf­ti­ges und plau­si­bles Unter­neh­mens­kon­zept ent­hält” (OLG Mün­chen, Urteil v. 18.1.2018, 23 U 2702/17).

Dazu müs­sen Sie alle bekann­ten und abseh­ba­ren Ereig­nis­se, Ent­schei­dun­gen und Fak­to­ren mit wesent­li­chem Ein­fluss auf die Fort­füh­rungs­fä­hig­keit mit ihren vor­aus­sicht­li­chen finan­zi­el­len Aus­wir­kun­gen ein­be­zie­hen. Alle Annah­men müs­sen plau­si­bel sein und mit Jah­res­ab­schluss und Lage­be­richt über­ein­stim­men. Aus­gangs­la­ge und bis­he­ri­ger Geschäfts­ver­lauf, Stär­ken und Schwä­chen des Unter­neh­mens sowie Chan­cen und Risi­ken sind aus­ge­wo­gen und umfas­send zu ana­ly­sie­ren. Die Pro­gno­se muss sich min­des­tens auf einen Zeit­raum von 12 Mona­ten ab dem Abschluss­stich­tag bezie­hen. Besteht ein Insol­venz­grund, ist der Nach­weis erfor­der­lich, dass kurz­fris­tig kei­ne Zah­lungs­un­fä­hig­keit besteht. Für GmbHs ist eine insol­venz­recht­li­che Fort­be­stehens­pro­gno­se zu erstel­len, die sich auf das lau­fen­de und das nächs­te Geschäfts­jahr bezieht.

 

Eine infor­ma­ti­ve Lek­tü­re wünscht

Lothar Vol­kelt

Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst

 

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