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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 20/2013

Volkelt-BriefThe­men heu­te: GmbH-Recht: Der Fall Suh­kamp – neu­es Urteil zur Aus­kunft­pflicht des Geschäfts­füh­rers + Geschäfts­füh­rer-Ver­trag: Abfin­dung in „brut­to“ oder „net­to“? + Pflicht­ver­öf­fent­li­chung: Ord­nungs­geld­ver­fah­ren wird ver­ein­facht + Ver­trags­recht: Ange­schla­ge­ne Kun­den: Vor­sicht mit Raten­zah­lungs-Ver­ein­ba­run­gen + Bilan­zie­rung: Über­nah­me einer Pen­si­ons­ver­pflich­tung geht nur zu Anschaf­fungs­kos­ten + Wirt­schafts­recht: Geschäfts­raum-Kün­di­gung bei Insol­venz gilt auch für den gewerb­li­chen Mit-Mie­ter + Arbeits­recht: Haf­tung: Feh­ler­haft fest­ge­stell­ter Ver­lust­vor­trag recht­fer­tigt kei­ne Steu­er­hin­ter­zie­hung+ Steu­er: Kos­ten für Due-Dil­li­gence bei geschei­ter­ter Betei­li­gung sind voll abzieh­bar + BISS …

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Nr 20/2013 vom 17.5.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

über den Fall Suhr­kamp haben wir berich­tet (vgl. Nr. 1/2013). Dazu gibt es jetzt ein wei­te­res Urteil: Wird das Ein­sichts- und Aus­kunfts­rech­te beschränkt, steht der Mani­pu­la­ti­on Tür und Tor offen. Die Rechts­la­ge: Ent­schei­dend ist § 51a GmbHG. Danach steht jedem Gesell­schaf­ter ein umfas­sen­des Ein­sichts- und Aus­kunfts­recht in alle Ange­le­gen­hei­ten der GmbH zu: „Die­ses Recht kann nicht durch einen Gesell­schaf­ter­be­schluss ein­ge­schränkt wer­den“ (LG Frank­furt, Urteil vom 23.4.2013, 3–09 O 104/11). Aus­nah­me: Der Geschäfts­füh­rer muss befürch­ten, dass GmbH-Wis­sen an Kon­kur­ren­ten (Geschäfts­ge­heim­nis­se) oder Drit­te (Pres­se) wei­ter­ge­ge­ben werden.

Für die Pra­xis: Als Geschäfts­füh­rer sind Sie es, der den Gesell­schaf­tern Aus­kunft ertei­len und Ein­sicht gewäh­ren muss. Haben Sie Anzei­chen, dass die­ses Wis­sen vom Gesell­schaf­ter gegen die GmbH ver­wen­det wer­den soll, müs­sen Sie aktiv wer­den. Sie kön­nen aber nicht ein­fach Infor­ma­tio­nen aus der GmbH ver­wei­gern. Sie brau­chen dazu einen Beschluss de Gesell­schaf­ter. Infor­mie­ren Sie unver­züg­lich alle ande­ren Gesell­schaf­ter und las­sen Sie einen sol­chen Beschluss fas­sen. Der muss gerichts­fest sein – also alle for­ma­len Anfor­de­run­gen müs­sen erfüllt sein (frist­ge­rech­te Ladung, Ankün­di­gung als TOP in der Ein­la­dung, ord­nungs­ge­mä­ße Beschluss­fas­sung). Hal­ten Sie die­ses Vor­ge­hen und alle For­ma­li­en kor­rekt ein, sind Sie auf der siche­ren Seite.

Geschäftsführer-Vertrag: Abfindung in „brutto“ oder „netto“?

Anfra­ge eines Kol­le­gen: „Mit dem Aus­schei­den aus der GmbH habe ich Anspruch auf eine Abfin­dung von 150.000 €. Kann ich dar­auf Mehr­wert­steu­er auf­rech­nen?“. Ant­wort: JEIN. Mehr­wert­steu­er kön­nen Sie auf­rech­nen, wenn sich das aus der Ver­trags­for­mu­lie­rung so ergibt. Z. B., wenn es heißt „Anspruch auf 150.000 € net­to“ oder „zzgl. Mehr­wert­steu­er“. In der Pra­xis üblich sind aus­führ­li­che­re For­mu­lie­run­gen wie: „sofern der Geschäfts­füh­rer zur Mehr­wert­steu­er optiert hat“ oder „wenn der Geschäfts­füh­rer mehr­wert­steu­er­pflich­tig ist“

Ergibt sich aus der Ver­trags-For­mu­lie­rung kein Hin­weis auf die Erstat­tung der Mehr­wert­steu­er, liegt der Fall anders. Laut Recht­spre­chung müs­sen Sie dann davon aus­ge­hen, dass der im Ver­trag ver­ein­bar­te Betrag der Net­to­be­trag ist. Einen Mehr­wert­steu­er-Auf­schlag kön­nen Sie nach herr­schen­der Mei­nung nicht durch­set­zen. Es gibt sogar ein Urteil spe­zi­ell für den GmbH-Geschäfts­füh­rer. Wört­lich: So ist nach ein­hel­li­ger Mei­nung grund­sätz­lich nur der Brut­to­be­trag geschul­det, weil zum Zeit­punkt der Abfin­dungs­ver­ein­ba­rung nicht fest­steht, ob und in wel­cher Höhe die Abfin­dung zu ver­steu­ern ist“ (OLG Olden­burg, Urteil vom 25.6.1992, 1 U 33/92).

Für die Pra­xis: Spe­ku­lie­ren Sie nach dem Aus­schei­den auf eine Aus­zah­lung plus Mehr­wert­steu­er (weil Sie die Mehr­wert­steu­er als Vor­steu­er für eine bera­ten­de Geschäfts­füh­rer-Tätig­keit gel­tend machen), soll­ten Sie das von vor­ne­her­ein und ein­ein­deu­tig in den Ver­trag schrei­ben. For­mu­lie­run­gen sie­he oben. Mög­lich ist es auch, dass Sie einen – eben­falls ein­ein­deu­ti­gen – nach­träg­li­chen Beschluss über einen ent­spre­chen­den Mehr­wert­steu­er-Anspruch haben – der im Ver­trag genann­te Betrag also als Brut­to-Betrag ver­ein­bart war. Vor­teil für Sie: Wenn Sie zur Mehr­wert­steu­er optiert haben, kön­nen Sie den zusätz­li­chen Betrag als Vor­steu­er ansetzen.

Pflichtveröffentlichung: Ordnungsgeldverfahren wird vereinfacht

Nach den gesetz­li­chen Erleich­te­run­gen für Kleinst-GmbHs (vgl. Nr. 5/2013) hat die Bun­des­re­gie­rung Erleich­te­run­gen (Quel­le: Gesetz­ent­wurf) im Ord­nungs­geld­ver­fah­ren beschlos­sen. Fol­gen­de Ände­run­gen sind geplant:

  1. Es bleibt auch künf­tig dabei, dass die Unter­neh­men nach Andro­hung eines Ord­nungs­gel­des noch ein­mal sechs Wochen Zeit erhal­ten, um ihre gesetz­li­chen Pflich­ten zu erfül­len, bevor das Ord­nungs­geld fest­ge­setzt wird. Das Min­dest­ord­nungs­geld wird von 2.500 Euro für Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten bzw. klei­ne Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten auf 500 bzw. 1.000 EUR gesenkt.
  2. Gegen die Fest­set­zung von Ord­nungs­geld durch das BfJ kön­nen Sie Beschwer­de beim LG Bonn einlegen.

Für die Pra­xis: Damit ist sicher gestellt, dass in Fäl­len von Ord­nungs­wid­rig­kei­ten nicht mit Kano­nen auf Spat­zen geschos­sen wird. Klei­ne­re GmbHs bezah­len für den gesam­ten Buch­füh­rungs- und Jah­res­ab­schluss nur wenig mehr als das bis­her ange­setz­te Ord­nungs­geld von min­des­tens 2.500 EUR. Damit sind die Ver­hält­nis­se zurecht­ge­rückt. Eben­so über­fäl­lig ist die Ein­rich­tung einer Beschwer­de­stel­le für Ordnungsgeldfragen.

Vertragsrecht: Angeschlagene Kunden – Vorsicht mit Ratenzahlungs-Vereinbarungen

Schlie­ßen Sie mit dem Kun­den eine Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­rung, um die Zah­lungs­un­fä­hig­keit des Kun­den zu ver­mei­den, müs­sen Sie auf­pas­sen. Laut BGH gilt: „Kommt es auf­grund der Raten­ver­ein­ba­rung zu Zah­lun­gen vom Kun­den an den Lie­fe­ran­ten und wer­den die­se spä­ter vom Insol­venz­ver­wal­ter zurück­ge­for­dert, muss der Lie­fe­rant bewei­sen, dass durch die Raten­ver­ein­ba­rung tat­säch­lich die Zah­lungs­un­fä­hig­keit des Kun­den nach­träg­lich ent­fal­len ist“ (BGH, Urteil vom 06.12.2012 – IX ZR 3/12). In die­sem Fall unter­stellt das Gericht dem Lie­fe­ran­ten (also Ihnen) einen Benach­tei­li­gungs­vor­satz gegen­über den ande­ren Lie­fe­ran­ten. Die­sen kön­nen Sie wider­le­gen, wenn Sie nach­wei­sen, dass der Kun­de nach einer Zah­lungs­ein­stel­lung nicht nur an Sie, son­dern an alle Gläu­bi­ger die Zah­lun­gen auf­ge­nom­men hat. Kön­nen Sie das nicht, besteht das Anfech­tungs­recht des Insol­venz­ver­wal­ters wegen inkon­gru­en­ter Deckung. Dann müs­sen Sie bereits erhal­te­ne Raten zurückzahlen.

Für die Pra­xis: In ein­fa­chen Fäl­len – also, wenn es um unbe­trächt­li­che Beträ­ge geht – bleibt abzu­wä­gen, ob Sie in der wirt­schaft­li­chen Kri­se Ihres Kun­den trotz­dem eine Raten­ver­ein­ba­rung abschlie­ßen. Im Insol­venz­fall des Kun­den ist der Auf­wand ziem­lich groß, sol­che For­de­run­gen gegen Ihre GmbH rück­wir­kend durch­zu­set­zen. Der Insol­venz­ver­wal­ter wird das nur bei „spür­ba­ren“ Beträ­gen tun. Bes­ser ist es, in den AGB einen Eigen­tums­vor­be­halt zu ver­ein­ba­ren. Nach­träg­lich lässt sich aller­dings nichts mehr machen. Bes­ser ist es also, Kun­den vor­her mit den übli­chen Ver­fah­ren (Schufa, Markt­be­ob­ach­tung, eige­ne Infor­ma­tio­nen) abzuscannen.

Bilanzierung: Übernahme einer Pensionsverpflichtung geht nur zu Anschaffungskosten

Wer­den im Zusam­men­hang mit der Über­nah­me oder einer Aus­glie­de­rung eines Unter­neh­mens Ver­pflich­tun­gen aus Pen­si­ons­zu­sa­gen (z. B. für den Geschäfts­füh­rer) über­tra­gen, müs­sen die­se mit den Anschaf­fungs­kos­ten und nicht zu Teil­wer­ten ange­setzt wer­den (BFH, Urteil vom 12.12.2012, I R 28/11).

Für die Pra­xis: Die Finanz­ge­rich­te stel­len klar, dass es durch die Ver­äu­ße­rung, Aus­la­ge­rung oder Umglie­de­rung von Unter­neh­men nicht mög­lich ist, die finan­zi­el­len Fol­gen der Ver­pflich­tun­gen aus Pen­si­ons­zu­sa­gen her­un­ter­zu­rech­nen. Die­se Ver­pflich­tung muss beim neu­en Unter­neh­men grund­sätz­lich so ein­ge­bucht wer­den, wie die­se Ver­pflich­tung beim Vor-Unter­neh­men steu­er­lich bewer­tet wur­de. Ver­meint­li­che Teil­wert­ab­schrei­bun­gen sind nicht zuläs­sig. Das gilt auch bei der Über­nah­me z. B. von Droh­ver­lust- oder Jubiläumsrückstellungen.

Wirtschaftsrecht: Geschäftsraum-Kündigung bei Insolvenz gilt auch für den gewerblichen Mit-Mieter

Wenn Ihre GmbH zusam­men mit einer ande­ren Fir­ma Räu­me ange­mie­tet hat und geht Ihr Part­ner in die Insol­venz, muss auch Ihre GmbH bei Kün­di­gung des Miet- und Pacht­ver­tra­ges durch den Insol­venz­ver­wal­ter die Geschäfts­räu­me räu­men (BGH, Urteil vom 13.3.2013, XII ZR 34/12).

Für die Pra­xis: Die Kün­di­gung des Miet- und Pacht­ver­tra­ges durch den Insol­venz­ver­wal­ten wirkt auch auf den Mit-Mie­ter. In einem sol­chen Fall sind Sie also gut bera­ten, sich früh­zei­tig mit dem Ver­mie­ter in Ver­bin­dung zu set­zen, einen neu­en Miet-Part­ner vor­zu­schla­gen und ggf. neue Ver­trags­kon­di­tio­nen zu verhandeln.

Arbeitsrecht: Sie müssen keine Auskunft über eine Stellenbesetzung erteilen

Im Bewer­bungs­ver­fah­ren um eine zu beset­zen­de Stel­le müs­sen Sie laut Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) einem abge­lehn­ten Arbeit­neh­mer kei­ne Aus­kunft dar­über ertei­len, wie Sie die Stel­le besetzt haben (BAG, Urteil vom 25.4.2013, 8 AZR 287/08). 

Für die Pra­xis: Las­sen Sie sich nicht von inter­es­sier­ten Nach­fra­gen beein­dru­cken. Oft ver­birgt sich dahin­ter der Ver­such, Hin­wei­se auf einen Ver­stoß gegen das Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot zu fin­den. Also: Kei­ne wie auch immer gear­te­ten münd­li­chen Aus­künf­te, schon gar nicht per eMail.

Haftung: Fehlerhaft festgestellter Verlustvortrag rechtfertigt keine Steuerhinterziehung

Hat das Finanz­amt per Bescheid einen Ver­lust­vor­trag fest­ge­stellt, der sich nach erneu­ter Prü­fung als falsch erweist, kann dar­aus nicht der Vor­wurf der straf­ba­ren Steu­er­hin­ter­zie­hung abge­lei­tet wer­den (BFH, Urteil vom 4.12.2012, VIII R 50/10).

Für die Pra­xis: Als Steu­er­zah­ler sind Sie nicht dazu ver­pflich­tet, Feh­ler des Finanz­amts rich­tig zu stel­len. Sie sind in einem sol­chen Fall auch nicht zur Abga­be einer straf­be­frei­en­den Selbst­anzeige verpflichtet.

Steuer: Kosten für Due-Dilligence bei gescheiterter Beteiligung sind voll abziehbar

Laut BFH sind die Kos­ten für ein Due Dil­li­gence-Ver­fah­ren immer voll abzugs­fä­hi­ger Auf­wand beim poten­zi­el­len Erwer­ber, auch wenn es nicht zu der ange­streb­ten Über­nah­me oder Betei­li­gung kommt (BFH, Urteil vom 9.1.2013, I R 72/11).

Für die Pra­xis: Strit­tig ist, ob sol­che Kos­ten den steu­er­li­chen Abzugs­be­schrän­kun­gen laut § 8b KStG als Ver­­­äu­ße­rungs- bzw. Anschaf­fungs­ne­ben­kos­ten zu bewer­ten sind und dem­nach nur pro­zen­tu­al ange­setzt wer­den kön­nen. Im Fall einer nicht zustan­de gekom­me­nen Betei­li­gung ist der Fall damit klar: Die­se Kos­ten sind in vol­ler Höhe abzieh­ba­rer Auf­wand und kom­men nicht erst bei einer Ver­äu­ße­rung steu­er­lich voll zum Tragen.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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