Themen heute: Nur wer alle legalen Steuerspar-Möglichkeiten nutzt, zahlt nicht doppelt Steuern (neue Studie) + Rahmenbedingungen 2013 – schwarz/gelb Arbeitsgruppe zur neuen Steuerpolitik – keine Vereinfachung, keine Entlastung + Bagatell-Kündigungen – Vorsicht – das kann auch den Geschäftsfüher treffen + BISS …
15. KW 2012, Freitag, 13.4.2012
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
laut Deutscher Steuergewerkschaft verzichtet der Staat Jahr für Jahr auf rund 30 Mrd. EUR Steuereinnahmen. Und zwar nicht wegen Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung. Sondern aufgrund von Steuerschlupflöchern wegen lückenhafter Gesetze, aufgrund von unerwünschten Steuergestaltungsmöglichkeiten oder aufgrund von Fehlern oder Nachlässigkeiten im Besteuerungsverfahren. Folge: Alle steuerehrlichen Bürger werden doppelt bestraft. Zum einen, weil sie brav ihre Steuern zahlen. Zum anderen, weil der Staat die ehrlichen Steuerzahler für die Ausfälle mit einem höher als notwendigen Steuersatz belastet. So die offiziellen Zahlen, die jetzt erst wieder vom Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) bestätigt wurden (Quelle: Studie „Are people with higher tax morale taxed more heaviliy“).
Jetzt haben wissenschaftliche Mitarbeiter der IZA untersucht, ob es einen konkret nachweisbaren Zusammenhang zwischen der Steuermoral und der Höhe der Steuersätze gibt. Ausgewertet wurden Daten aus 52 Ländern mit unterschiedlichster Besteuerungspraxis. Mit einem eindeutigen und wenig überraschendem Ergebnis: „Steuerzahler, die größere Skrupel gegenüber dem Finanzamt haben, zahlen im Durchschnitt 9 % mehr Steuern“. Das ist erheblich. Das entspricht zum Beispiel bei einem Jahreseinkommen von 100.000 EUR und einer Steuerschuld von rund 36.000 € einer zusätzlichen Steuerlast von 3.000 EUR – eine schöner Beitrag für Ihre Altersversorgung als Geschäftsführer, der Ihnen so verloren geht.
Für die Praxis: Das soll und darf natürlich kein Aufruf zur Steuerunehrlichkeit sein. Im Blickpunkt stehen hier ausschließlich zulässige Steuergestaltungsmöglichkeiten. Das ist auch der Fokus, den wir an dieser Stelle auf unsere Berichterstattung zur Steuerthemen legen. Wer – großzügigerweise – auf solche Möglichkeiten zur Steuervermeidung verzichtet, bestraft sich sozusagen selbst ein Drittes Mal, weil er dem Staat Geld schenkt, ohne dafür irgendeine Gegenleistung oder etwa eine Spendenquittung zu erhalten.
Unternehmensplanung: Koalition verständigt sich auf 12 Punkte-Plan
Wichtig für die strategische Unternehmensplanung auch für kleinere Firmen bleiben die steuerlichen Rahmenbedingungen in Deutschland. Das betrifft Unternehmens-Umstrukturierungen, Ver- und Zukäufe, aber auch die Nachfolge-Regelungen und damit die langfristige Sicherung des Unternehmens. Jetzt haben die Finanzpolitiker aus Union und FDP ihre Vorstellungen in einem 12-Punktepapier vorgestellt. Hier die für die Planung im mittelständischen Unternehmensverbund wichtigsten Eckdaten zu den steuerpolitischen Vorstellungen der schwarz-gelben Koalition:
- Steuerliche Organschaft: Hier sollen die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung der Organschaft (das betrifft: Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Verlustverrechnung) vereinfacht werden. Bisher muss ein Gewinnabführungsvertrag mit fester Laufzeit abgeschlossen werden und eine Verlustübernahme stattfinden. Wie die vereinfachte Lösung aussehen soll, steht im Einzelnen allerdings noch nicht fest.
- Reisekostenregelung: Nach dem Vorschlag der Finanzexperten soll hier der Begriff der sog. regelmäßigen Arbeitsstätte durch die „erste Tätigkeitsstelle“ ersetzt werden, um danach Fahrtkosten, Verpflegungsaufwand und Unterkunftskosten steuerlich einzugrenzen. Vorsicht: Hier könnte der Schuss nach hinten losgehen. Es muss nämlich befürchtet werden, dass die zum Teil unternehmensfreundliche Rechtsprechung der Finanzgericht damit ausgehebelt werden und eine neue Rechtslage geschaffen wird, was zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen wird.
- Möglichkeiten beim Verlustrücktrag: Die Möglichkeit zum Verlustrücktrag soll von bisher 511.000 EUR auf 1 Mio. EUR erhöht werden.
- Vereinfachungen bei der Wegzugsbesteuerung: Auch hier wird es weder zu Erleichterungen noch zu einer Vereinfachung im Besteuerungsverfahren kommen. Im Gegenteil: Nach den Vorstellungen der schwarz-gelben Finanzpolitiker sollen Unternehmen bei der Verlagerung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ins Ausland zusätzlich zu der auf 5 Jahre gestreckten Besteuerung für die ausstehenden Beträge Sicherheiten stellen und Zinsen zahlen. Das bedeutet eine weitere Hürde und in der Praxis weniger Flexibilität für deutsche Unternehmen im europäischen Wettbewerb.
- Sonstige Maßnahmen: Zusätzlich werden einige Vorschriften in dem Sinne vorgeschlagen, die in erster Linie der Einnahmesicherung der Finanzkassen dienen So sollen z. B. Verluste bei der Verschmelzung von Gesellschaften nicht mehr ohne Weiteres genutzt werden können oder der Betriebsausgabenabzug der Zinsen soll weiter eingeschränkt werden soll.
Fazit: In der Gesamtbetrachtung bringen diese Vorhaben allenfalls marginale Verbesserungen für Unternehmen. Das angekündigte Ziel einer weit reichenden Steuervereinfachung wird mit den geplanten Maßnahmen auf keinen Fall angegangen. Viele Vereinfachungsvorschläge der Wirtschaftsverbände wurden erst gar nicht berücksichtigt. Von einer Reform kann somit nicht gesprochen werden, Aus der Sicht der Unternehmen sind auch keine Vereinfachungen zu erwarten, die den bürokratischen Aufwand zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen nachhaltig entlasten.
Für die Praxis: In der mittelfristigen Unternehmensplanung wird es – vorausgesetzt die CDU/CSU/ FDP-Koalition übersteht die Bundestagswahlen 2013 – nicht zu spürbaren Änderungen in der Besteuerung der Unternehmen in Deutschland kommen. Das betrifft die Höhe der Besteuerung und den bürokratischen Aufwand. Insofern sollten Unternehmensplanungen unabhängig von den steuerlichen Rahmenbedingungen nach vorne entwickelt werden – also z. B. Unternehmenszusammenschlüsse, Entflechtungen von verbundenen Unternehmen, die Verlagerung von Unternehmensteilen ins Ausland oder die Übertragung von Unternehmensbeteiligungen im Rahmen de Nachfolgeplanung. Auch mit einer Vereinfachung der Erbschaftsteuer für die Übertragung von Untenehmen ist in den nächsten Jahren nicht zu rechnen.
Bagatell-Vergehen: Auch Geschäftsführer stolpern über Kleinigkeiten
Dass Mitarbeiter bei Bagatell-Vergehen gekündigt werden können, hat sich unterdessen herumgesprochen und hat sicherlich auch eine gewisse Präventivwirkung entfaltet. Aber auch als Geschäftsführer müssen Sie bei vermeintlichen Kleinigkeiten aufpassen. Ist das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschafter und dem (Fremd-) Geschäftsführer erst einmal gestört, werden in der Regel auch kleine Vergehen auf die Goldwaage gelegt.
Beispiel: Lässt sich der Geschäftsführer einer GmbH von dieser entgegen den klaren Bestimmungen seines Anstellungsvertrages über einen längeren Zeitraum immer wieder auch die Kosten rein privater Reisen erstatten, so berechtigt dies die GmbH zur fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages gemäß § 626 BGB, ohne dass es einer vorherigen Abmahnung bedarf. So z. B. das Kammergericht Berlin, Urteil vom 10.11.2000, 14 U 9587/99 (Quelle: GmbH-RUndschau 20/2001). Andere Gründe, die eine fristlose Kündigung des Geschäftsführers aus „kleineren Unregelmäßigkeiten“ rechtfertigen, sind zum Beispiel:
- Der Geschäftsführer vernachlässigt seine Aufsichtspflichten gegenüber einer Tochter-GmbH (OLG Thüringen, Urteil vom 12.8.2009, 7 U 244/07)
- Der Geschäftsführer lädt Hacker-Software auf seinen Dienst-Notebook (OLG Celle, Urteil vom 27.1.2010, 9 U 38/09)
- Der Geschäftsführer betankt seinen Privatwagen auf Kosten der GmbH (OLG Brandenburg, Urteil vom 18.3.2008, 6 U 58/07)
- Der Geschäftsführer begeht sexuelle Übergriffe oder Mobbing (OLG Frankfurt, Urteil vom 27.5.2008, 5 U 233/04)
Für die Praxis: Vorsicht ist – siehe oben – angebracht bei einer unklaren Regelung zu den Reisekosten. Ist im Anstellungsvertrag die „Erstattung von Spesen für Dienstreisen“ vereinbart, heißt dass automatisch, dass die Verrechnung privater Reisekosten nicht erlaubt ist. Mit dieser Formulierung ist gemeint, dass es der Wille der GmbH ist, ausschließlich geschäftlich begründete Spesen zu ersetzen. Etwas schwieriger ist die Beurteilung, wenn es sich zwar um eine private Reise handelt, die aber wichtig für eine zukünftige Geschäftsanbahnung ist oder sein könnte. Ist das Verhältnis zu den Gesellschaftern/Mit-Geschäftsführern angespannt, sollten Sie hier klar trennen und private Reisen vorsorglich nicht mehr abrechnen – selbst wenn es sich um eine “halbgeschäftliche” Reise handelt.
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief
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