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Volkelt-Brief 44/2016

Volkelt-FB-01US-Wahl: Das Geschäft wird schwie­ri­ger, der US-Markt abge­schot­te­ter + Büro­kra­tie: Neue Pflich­ten zur sog. nicht­fi­nan­zi­el­len Bericht­erstat­tung + Betriebs­kon­trol­len: Mehr Rech­te für Zoll- und Lan­des­be­hör­den + Fremd-Geschäfts­füh­rer: Zeit­wert­kon­to statt Pen­si­ons­zu­sa­ge + Stra­te­gie: Betrieb­li­che Alters­ver­sor­gung wird kom­plett umge­baut + Haf­tung: Fal­sche Anga­ben des Geschäfts­füh­rers bei einer Kapital­erhöhung + GmbH-Recht: Mit dem Bera­ter in die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung + BISS

 

 

 

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Frei­burg 28. Okto­ber 2016

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

die Span­nung steigt. Noch 10 Tage und wir wis­sen, wer am 8. Novem­ber Barack Oba­ma nach­fol­gen wird. Aus deut­scher und euro­päi­scher Sicht ist wich­tig: Unter Donald Trump dürf­ten die Kar­ten der Glo­ba­li­sie­rung neu gemischt wer­den. Die USA wer­den ihre Wirt­schafts­be­zie­hun­gen zu Chi­na, Japan, aber auch zur Euro­päi­schen Uni­on (EU) neu ord­nen. Stich­wor­te: Trans Paci­fic Part­ner­ship (TPP) und TTIP. Die USA wer­den ver­su­chen, die Vor­ga­ben zu ihren Guns­ten zu ändern und den pro­tek­tio­nis­ti­schen Schutz für die eige­nen Unter­neh­men zu stär­ken. Es wird nicht ein­fa­cher für deut­sche Unter­neh­men, sich auf dem US-Markt zu behaupten.

Die Fak­ten: 2015 wur­den zwi­schen den USA und Deutsch­land Waren im Wert von 173 Mrd. EUR gehan­delt. Damit sind die USA nach 55 Jah­ren wie­der zum wich­tigs­ten Han­dels­part­ner Deutsch­lands avan­ciert – vor Frank­reich, Hol­land und Chi­na. Ins­ge­samt wur­den Waren im Wert von 114 Mrd. EUR expor­tiert. Der größ­te Teil ent­fiel mit 34 Mrd. EUR auf Autos und Auto­tei­le vor Maschi­nen und Anla­gen (17,7 Mrd. EUR), Phar­ma­pro­duk­ten (13,4 Mrd. EUR) und IT-Tech­ni­k/­Elek­tro­tech­nik (9,5 Mrd. EUR). Der Export­über­schuss liegt bei 55 Mrd. EUR. Dem US-Finanz­mi­nis­te­ri­um ist die­ser Leis­tungs­bi­lanz­über­schuss schon seit lan­gem ein Dorn im Auge. Aller­dings gab es bis­her noch kei­ne wäh­rungs­po­li­ti­schen Gegen­­maßnahmen. Das dürf­te sich – egal wer ins Wei­ße Haus ein­zieht – ändern.

Noch bedroh­li­cher für die Wett­be­werbs­fä­hig­keit deut­scher Unter­neh­men in den USA sind die Erfah­run­gen, die die US-Jus­tiz aus den VW-Ver­feh­lun­gen macht. Die Lis­te der Klä­ger wird immer län­ger – neben betrof­fe­nen Ver­brau­chern kla­gen auch immer mehr US-Bun­des­staa­ten und sons­ti­ge Betrof­fe­ne auf Scha­dens­er­satz. Ganz neben­bei machen die US-Behör­den damit auch die Erfah­rung, dass das ein pro­ba­tes Mit­tel ist, die hei­mi­sche Wirt­schaft gegen uner­wünsch­te Kon­kur­renz aus der EU abzu­schot­ten. Der ame­ri­ka­ni­sche Markt ist für die euro­päi­schen Unter­neh­men kein Zucker­schle­cken. Fin­di­ge Juris­ten wer­den die­se Erfah­run­gen auch auf ande­re Bran­chen über­tra­gen. US-Recht macht es möglich.

Bürokratie: Neue Pflichten zur nichtfinanziellen Berichterstattung

Die Bun­des­re­gie­rung hat jetzt das Gesetz zur Stär­kung der nicht­fi­nan­zi­el­len Bericht­erstat­tung der Unter­neh­men in ihren Lage- und Kon­zern­la­ge­be­rich­ten (CSR-Richt­li­nie-Um­­set­zungs­ge­setz) vor­ge­legt und in das Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren ein­ge­bracht. Damit wer­den grö­ße­re Unter­neh­men ( > 500 Mit­ar­bei­ter) aus bestimm­ten Bran­chen (Kapi­tal­an­la­ge, Ver­si­che­run­gen, Ban­ken) dazu ver­pflich­tet, neben den han­del­recht­li­chen Vor­ga­ben zum Jah­res­ab­schluss zusätz­li­che Anga­ben zur Erfül­lung sozia­ler Stan­dards im Unter­neh­men zu machen. Ziel ist es, dass Unter­neh­men über ihren Umgang mit der Umwelt, mit Arbeit­neh­mern, mit Men­schen­rech­ten und wei­te­ren Punk­ten berich­ten müs­sen. Die Anga­ben sol­len Bür­gern bei der Ent­schei­dung hel­fen, ob sie in die­ses Unter­neh­men inves­tie­ren, mit ihm Geschäf­te machen oder sei­ne Pro­duk­te kau­fen oder nut­zen wol­len. Die EU ver­langt die Umset­zung bis zum 6.12.2016.

Es geht aber auch ein­fa­cher. So sind die betrof­fe­nen Unter­neh­men nicht ver­pflich­tet, die­se Anga­ben in den Anhang oder den Lage­be­richt auf­zu­neh­men. Im Gesetz gibt es einen ausdrück­lichen Hin­weis dar­auf, dass die gefor­der­te Anga­ben auch – mit gerin­ger zeit­li­cher Ver­zö­ge­rung – geson­dert und aus­schließ­lich auf den Inter­net-Sei­ten des Unter­neh­mens ver­öf­fent­lich wer­den kön­nen. Damit wird der finan­zi­el­le und orga­ni­sa­to­ri­sche Auf­wand spür­bar geringer.

Betriebskontrollen: Mehr Rechte für Zoll- und Landesbehörden

Wer schon mit der Finanz­kon­trol­le Schwarz­ar­beit (FKS) zu tun hat­te, weiß, dass es dann zur Sache geht und auf die Wir­kung für den Publi­kums­ver­kehr kaum oder gar nicht Rück­sicht genom­men wird. Der Image­scha­den kann beträcht­lich sein (vgl. Nr. 41/2015). Ach­tung: Ab 1.1.2017 wer­den die Zoll­be­hör­den noch mehr Rech­te und Voll­mach­ten bekom­men (Gesetz zur Stär­kung der Bekämp­fung der Schwarz­ar­beit und der ille­ga­len Beschäf­ti­gung). Danach gilt:

  • Die Prü­fungs- und Ermitt­lungs­tä­tig­kei­ten der FKS wer­den gestärkt, indem die recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für neue IT-Ver­fah­ren zur Vorgangs­bearbeitung und die Erfas­sung der Arbeits­sta­tis­tik geschaf­fen werden.
  • Die FKS hat vol­len Zugriff auf das Fahr­zeug­re­gis­ter des Kraftfahrt-Bundesamtes.
  • Die für die Bekämp­fung der Schwarz­ar­beit zustän­di­gen Lan­des­be­hör­den haben eige­ne Prüfungsbefugnisse.
  • Zusätz­lich wird eine Klau­sel ins Gesetz geschrie­ben, nach der neben Bau-Betrie­ben dann auch Diens­t­­leis­­tungs- und Lie­fer-Unter­neh­men, die mit Ver­stö­ßen auf­ge­fal­len sind, kei­ne öffent­li­chen Auf­trä­ge mehr bekom­men wer­den.*   *   *
Die­se Rech­te gel­ten zum 1.1.2017 und wer­den flä­chen­de­ckend umge­setzt. Die davon betrof­fe­nen Bran­chen (Taxi­ge­wer­be, Spe­di­tio­nen, Kurier­dienst, Lie­fer­diens­te für Gas­tro­no­mie­be­trie­be) müs­sen sich dar­auf ein­stel­len, dass auch die Lan­des­be­hör­den (Gewer­be­auf­sichts­äm­ter) bei Ver­dacht (Anzei­gen von Kon­kur­ren­ten, ver­är­ger­te Mit­ar­bei­ter) von sich aus tätig wer­den. Das betrifft un­angemeldete/falsch gemel­de­te Arbeit­neh­mer (Schwarz­ar­beit) und Ver­stö­ße gegen die Mindestlohnvorschriften.

Fremd-Geschäftsführer: Zeitwertkonto statt Pensionszusage

Die Mög­lich­keit, Arbeit­zei­ten zu „sam­meln“, dafür ein Arbeits­zeit­kon­to zu bil­den und einen damit ver­bun­de­nen Lohn­steu­er-Auf­schub zu errei­chen, steht nur Arbeit­neh­mern, nicht aber dem Geschäfts­füh­rer einer GmbH zu. Die­ser ist – so der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) in sei­nem Grund­satz-Urteil – laut Dienst­ver­trag dazu ver­pflich­tet, sei­ne Arbeits­kraft grund­sätz­lich in vol­lem Umfang und jeder­zeit sei­ner GmbH zur Ver­fü­gung zu stel­len und kann des­we­gen kei­ne Arbeits­zeit-Gut­ha­ben bil­den (BFH, Urteil vom 11.11.2015, I R 26/15). Im Fall ging es um einen (beherr­schen­den) Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer. In Prak­ti­ker­krei­sen muss­te man aber davon aus­ge­hen, dass die­se Grund­sät­ze auch für den Min­der­heits-Gesel­l­­schaf­ter und sogar für den Fremd-Geschäfts­füh­rer zu beach­ten sind (vgl. Nr. 14/2016).

Aber: Unter­des­sen gibt es wie­der ein erst­in­stanz­li­ches Finanz­ge­richts-Urteil, nach dem Fremd-Geschäfts­füh­rer anders beur­teilt wer­den. Da heißt es wört­lich: „Ein­zah­lun­gen auf einem Zeit­wert­kon­to zuguns­ten eines Fremd­ge­schäfts­füh­rers einer GmbH füh­ren nicht zum Zufluss von Arbeits­lohn, wenn die Beträ­ge von der Gesell­schaft in eine Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung ein­ge­zahlt wer­den und der Geschäfts­füh­rer bis zur Frei­stel­lungs­pha­se kei­nen Anspruch auf Aus­zah­lung der Ver­si­che­rungs­sum­me hat“ (FG Köln, Urteil vom 26.4.2016, 1 K 1191/12, vgl. Nr. 27/2016).

Das Finanz­ge­richt Köln hat Revi­si­on zuge­las­sen. Der Bun­des­fi­nanz­hof wird in die­ser Sache also noch­mals ent­schei­den müs­sen. Emp­feh­lung: Die Argu­men­ta­ti­on der Köl­ner Rich­ter ist u. E. schlüs­sig. Wird eine Kon­struk­ti­on gewählt, nach der es kei­nen Zufluss und kei­nen irgend­wie gear­te­ten Anspruch auf vor­zei­ti­ge Aus­zah­lung gibt, dürf­te das nicht als Zufluss im lohn­steu­er­li­chen Sin­ne zu beur­tei­len sein. Der BFH wird sich also mit Fra­gen des steu­er­li­chen Zuflus­ses, nicht aber um die Abgren­zung von Arbeits- und Dienst­ver­trag aus­ein­an­der­set­zen müs­sen. Akten­zei­chen des anhän­gi­gen BFH-Ver­fah­rens: VI R 17/16. Wir hal­ten Sie dazu auf dem Laufenden.

Gera­de für klei­ne­re GmbHs mit Fremd-Geschäfts­füh­rer wäre das ein idea­le Alter­na­ti­ve zur her­kömm­li­chen (und für die GmbH teu­ren) Pen­si­ons­zu­sa­ge. Wich­tig ist, im Anstel­lungs­ver­trag des Fremd-Geschäfts­füh­rers fes­te Arbeits­zei­ten zu ver­ein­ba­ren. Zum einen, um sich for­mal kei­ne Blö­ßen beim der Beweis­füh­rung gegen das Finanz­amt zu geben. Zum ande­ren, um eine kla­re Bemes­sungs­grund­la­ge zur Erfas­sung der zusätz­li­chen Arbeits­zei­ten des Geschäfts­füh­rers zu haben. Ach­ten Sie dar­auf, dass Sie die täg­li­chen Arbeits­zei­ten lücken­los dokumentieren.

Strategie: Betriebliche Altersversorgung wird komplett umgebaut

Noch in die­sem Herbst wird das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Arbeit und Sozia­les (BMAS) unter der Feder­füh­rung von SPD-Minis­te­rin Andrea Nah­les ein neu­es Ren­ten-Reform-Kon­zept vor­le­gen. Einer der Haupt­punk­te wird die völ­li­ge Umge­stal­tung der betrieb­li­chen Alters­ver­sor­gung sein (Ent­wurf eines Betriebs­ren­ten­stär­kungs­ge­setz). In Pla­nung ist ein sog. Opti­ons­sys­tem, mit dem auch Gering- und Nied­rig-Ver­die­ner in die bAV ein­be­zo­gen wer­den. Damit soll die Ein­bin­dung der kom­plet­ten Beleg­schaft in das Ent­gelt­um­wand­lungs­ge­setz ermög­licht wer­den. Es wird wohl dar­auf hin­aus­lau­fen, dass ein Teil des bis­he­ri­gen gesetz­li­chen Arbeit­ge­ber­bei­tra­ges zur Ren­ten­ver­si­che­rung steu­er­frei in den Auf­bau einer betrieb­li­chen Alters­ver­sor­gung flie­ßen kann.

Erfreu­lich aus Unter­neh­mer­sicht: Beglei­tet wird das Gesetz­ge­bungs­vor­ha­ben von nam­haf­ten Arbeits­recht­lern aus renom­mier­ten deut­schen Kanz­lei­en. Der sog. Eber­ba­cher Kreis gilt als unter­neh­mer­freund­lich und prag­ma­tisch. Wich­tig ist danach, dass es fle­xi­ble Lösun­gen für die Unter­neh­men geben wird, so dass auch klei­ne­re Betrie­be ohne grö­ße­ren büro­kra­ti­schen Auf­wand etwas für ihre Beleg­schaft in Sachen bAV anbie­ten kön­nen. Wir hal­ten Sie dazu auf dem Laufenden.

Haftung: Falsche Angaben des Geschäftsführers bei Kapitalerhöhung

Ein sog. Kapi­tal­erhö­hungs­schwin­del liegt bereits dann vor, wenn Sie als Geschäfts­füh­rer den Erhalt und die Ver­fü­gungs­voll­macht über die Ein­la­gen zur Kapital­erhöhung bestä­ti­gen, die­se aber tat­säch­lich nicht ver­füg­bar sind, weil die Kre­dit geben­de Bank die freie Ver­wen­dung der Mit­tel des Geschäfts­kon­tos unter­bin­den kann – z. B. durch Zweck­bin­dungs­vor­ga­ben. Die fal­sche Erklä­rung des Geschäfts­füh­rers ist straf­recht­lich rele­vant (§ 82 GmbH-Gesetz) (BGH, Urteil vom 29.6.2016, 2 StR 520/15).

Im Ver­fah­ren hat­te das Gericht einen Geschäfts­füh­rer zu einer Frei­heits­stra­fe von 2 Jah­ren und 10 Mona­ten ver­ur­teilt – neben dem oben genann­ten Sach­ver­halt kamen dazu Betrug, Grün­dungs­schwin­del und Bank­rott. Die­ses Urteil hat­te aber vor dem BGH kei­nen Bestand (Urteil vom 10.6.2013, 2 StR 195/12). In einem zwei­ten Ver­fah­ren ver­ur­teil­te das LG den Kapi­tal­erhö­hungs­schwin­del mit einer Stra­fe von einem Jahr und 4 Mona­ten auf Bewäh­rung. Der BGH hat die­ses Urteil nun­mehr bestätigt.

GmbH-Recht: Mit dem Berater in die Gesellschafterversammlung

Ste­hen schwer­wie­gen­de Ent­schei­dun­gen auf der Tages­ord­nung der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, ist es aus­nahms­wei­se zuläs­sig, wenn der Gesell­schaf­ter sich von einem (qua­li­fi­zier­ten) Bera­ter beglei­ten und bera­ten lässt. Übli­cher­wei­se ist nur ent­we­der der Gesell­schaf­ter oder sein bevoll­mäch­tig­ter Ver­tre­ter zur Ver­samm­lung zuge­las­sen (OLG Dres­den, Urteil vom 25.8.2016, 8 U 347/16).

Zu beach­ten sind dazu die Vor­ga­ben aus dem Gesell­schafts­ver­trag der GmbH. Gele­gent­lich wird hier ver­ein­bart, dass „die Gesell­schaf­ter­rech­te höchst­per­sön­lich aus­zu­üben“ sind. Dann ist eine Ver­tre­tung mit Voll­macht oder die Hin­zu­zie­hung eines Bera­ters nur mög­lich, wenn die übri­gen Gesell­schaf­ter damit ein­ver­stan­den sind.

 

Mit bes­ten Grüßen

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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