Wirtschaftspolitik: Staatsquote erreicht Rekorde + Bürokratie: Noch mehr Aufwand für ausländische Betriebsstätten + Achtung: Geschäftsführer-Haftung auch für private KV-Beiträge + Steuerfeste Kassensysteme: Finanzverwaltung gibt Gas + GmbH-Finanzen: Einfacherer Zugang zu den EU-Fördertöpfen + Zeitwertkonto-Modell: Geht nicht für den Geschäftsführer + Mitarbeiter: Parkplatz-Zuschuss kostet Umsatzsteuer + BISS …
Der Volkelt-Brief 14/2016 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg 1. April 2016
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
das Finanzministerium vermeldet neue Rekorde: Im Januar stiegen die ohnehin hohen Einnahmen aus Steuern gegenüber dem Dezember nochmals um 3,7 %. Die Steigerungen resultieren aus Mehreinnahmen bei der Umsatz‑, der Lohn‑, der Einkommen- und der Körperschaftsteuer. Rückläufig sind die Einnahmen aus der Abgeltungssteuer (- 8,6%) und der Erbschaft- und Schenkungssteuer. Bund, Länder und Gemeinden „verdienen“ also gut bis bestens.
Dem gegenüber steht die Steuerbelastung der Bürger – sprich der Arbeitnehmer, Unternehmer und Unternehmen als Steuerzahler. Dazu hat der Bund der Steuerzahler (BdS) jetzt interessante Zahlen vorgelegt. So errechnet der BdS für Singles mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.325 EUR (brutto 7.183 inkl. Arbeitgeberbeiträgen) eine Gesamtbelastung mit direkten und indirekten Abgaben (Steuern, Verbrauchssteuern + Sozialbeiträge) von 62 % des Bruttoeinkommens oder insgesamt 4.475 EUR. Zum Vergleich: Ein Ehepaar mit 2 Kindern und einem Alleinverdiener wird mit 48 % belastet, ein Ehepaar mit 2 Kindern und Doppelverdienst mit 56 %. Das ist und bleibt bemerkenswert hoch, zumal daraus eine wirkliche Absicherung für das Alter nicht (mehr) erwirtschaftet werden kann.
Bürokratie: Noch mehr Aufwand für ausländische Betriebsstätten
Seit 1.1.2015 gilt die Betriebsstättengewinnaufzeichnungsverordnung (BsGaV) für alle Unternehmen, die Betriebsstätten unterhalten. Für jede (ausländische) Betriebsstätte ist zum Beginn eines Wirtschaftsjahres eine Hilfs- und Nebenrechnung aufzustellen, während des Wirtschaftsjahres fortzuschreiben und zum Ende des Wirtschaftsjahres abzuschließen. Die Hilfs- und Nebenrechnung muss spätestens zum Zeitpunkt der Abgabe einer Steuererklärung erstellt sein, zu der das Unternehmen verpflichtet ist (§ 149 der Abgabenordnung) und in der die Einkünfte der Betriebsstätte zu berücksichtigen sind. Alle Einzelvorschriften dazu sind in der 30seitigen BsGaV vom 17.10.2014 veröffentlicht (BGBl. I 2014, S. 1603).
Achtung: Jetzt hat das Bundesfinanzministerium einen Entwurf für neue Durchführungsverordnung der BsGaV vorgelegt und den Verbänden zur Stellungnahme vorgelegt. Die Verordnung umfasst 152 Seiten und regelt die einzelnen Sachverhalte noch viel detaillierter als bisher. Ziel der Verordnung ist es, die buchhalterischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Gewinne „dort versteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden“.
Achtung: Geschäftsführer-Haftung auch für private KV-Beiträge
Als Geschäftsführer haften Sie für die Sozialbeiträge – also für den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmerbeitrag zur Pflichtversicherung. Und zwar u. U. mit Ihrem Privatvermögen, wenn Sie gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßen (hier: § 266 StGB). Frage eines Geschäftsführer-Kollegen: „Gilt das auch für die Beitragszahlung in eine freiwillige oder private Krankenversicherung eines Arbeitnehmers?“.
Antwort: JEIN. Haftungsschuldner für entstandene aber nicht abgeführte Beiträge zu einer freiwilligen oder einer privaten KV ist die GmbH. Nur das Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen durch den Geschäftsführer unterliegt dem Strafrecht. Beitragszuschüsse zur freiwilligen bzw. privaten KV gelten aber als Arbeitgeberanteil. Insofern ist der Geschäftsführer hier aus dem Schneider. Eine strafrechtliche Haftung besteht nicht. Sie müssen aber an anderer Stelle aufpassen: Zahlen Sie solche Beitragszuschüsse in der Krise der GmbH, kann die GmbH Sie dafür in Anspruch nehmen (§ 64 GmbH-Gesetz).
Steuerfeste Kassensysteme: Finanzverwaltung gibt Gas
An dieser Stelle hatten wir bereits auf die Pläne des BMF zur lückenlosen Erfassung von Bargeldzahlungen durch elektronische Kassensysteme hingewiesen (vgl. Nr. 11 + 6/2016). Jetzt gibt es konkrete Beschlüsse zur Umsetzung. Die Maßnahmen im Einzelnen:
- Das neue Konzept ist technologieoffen, um den besonderen Verhältnissen der Wirtschaftsbereiche Rechnung tragen zu können und um zu gewährleisten, dass im Zuge technischer Innovationen Weiterentwicklungen erfolgen.
- Elektronische Aufzeichnungssysteme müssen über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wird die Anforderungen an die Sicherheitseinrichtung bestimmen und zertifizieren.
- Es wird eine Kassen-Nachschau eingeführt. Diese kann unangekündigt erfolgen und stellt ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen und der ordnungsgemäßen Übernahme der Kassenaufzeichnungen in die Buchführung dar.
- Verstöße gegen die neuen Verpflichtungen können als Steuerordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 EUR geahndet werden, und zwar unabhängig davon, ob ein steuerlicher Schaden entstanden ist.
GmbH-Finanzen: Einfacherer Zugang zu den EU-Fördertöpfen
Es gibt unterdessen zwar viele Websites mit EU-Fördermitteln und ‑Programmen. Die meisten sind aber unübersichtlich und meist nur in englischer (business) Sprache. So dass Vieles schwer verständlich ist. Jetzt gibt es eine neue EU-Website speziell für den deutschsprachigen Raum. Das erleichtert z. B. den Zugang zu den EU-Fördermitteln ganz erheblich. Unter https://ec.europa.eu/germany/business-funding_de gibt es einige Services, die auch für kleinere Unternehmen sehr interessant sind, z. B. unter dem Menüpunkt > Förderungen und Ausschreibungen. Je nachdem in welchem EU-Land Sie aktiv sind oder aktiv werden wollen, gibt es eine Übersicht (> EU-Finanzhilfen) über alle Finanzdienstleister, über die in Deutschland oder in dem entsprechenden EU-Land (Land auswählen) Fördermittel beantragt und abgerufen werden können.
Zeitwertkonto-Modell: Geht nicht für den Geschäftsführer
Die Möglichkeit, Arbeitzeiten zu „sammeln“, dafür ein Arbeitszeitkonto zu bilden und einen damit verbundenen Lohnsteuer-Aufschub zu erreichen, steht nur Arbeitnehmern, nicht aber dem Geschäftsführer einer GmbH zu. Dieser ist laut Dienstvertrag dazu verpflichtet, seine Arbeitskraft grundsätzlich in vollem Umfang und jederzeit seiner GmbH zur Verfügung zu stellen und kann deswegen keine Arbeitszeit-Guthaben bilden (BFH, Urteil vom 11.11.2015, I R 26/15).
Mitarbeiter: Parkplatz-Zuschuss kostet Umsatzsteuer
Überlässt die Firma gegen eine Kostenbeteiligung Parkplätze an die Mitarbeiter, muss die GmbH dafür Umsatzsteuer zahlen. Überlässt die GmbH den Parkplatz kostenfrei, fällt keine Umsatzsteuer an (BFH, Urteil vom 14.1.2016, V R 63/14).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur