Immer schön clever: Kauf/Verkauf eines GmbH-Anteils mit Vorvertrag (letter of intent) + Kartellvergehen: Keine Strafen nach Neuordnung der Geschäfte + Mitbestimmte GmbH: Die Frauenquote gilt auch für das Management + Geschäftsführer im Beirat: Vernetzen Sie sich mit Geschäftspartnern + Korrekturen: Nachtrag zur elektronischen Steuererklärung + Verkauf eines Komplementär-Anteils: Schauen Sie dem FA auf die Finger + Geschäftsführer privat: Finanzamt darf Vorsorge nicht bestrafen + BISS …
Der Volkelt-Brief 27/2015 > Download als PDF – lesen im „Print”
Freiburg 3. Juli 2015
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
wenn Sie eine Firma oder einen GmbH-Beteiligung kaufen, geht das nicht ohne längere Verhandlungen über die Konditionen. Wollen Sie verhindern, dass der Verkäufer im Wettbewerb mit mehreren Kaufinteressenten den Kaufpreis systematisch nach oben treibt, können Sie einen Vorvertrag abschließen (letter of intent LoI). Damit erklären beide Seiten ihre Kauf- bzw. Verkaufsabsicht. Je nach Ausgestaltung des Vorvertrages (weicher oder harter LoI) können Sie so verhindern, dass der Verkäufer an einen Dritten verkauft oder davon abhalten wird, indem Sie eine Vertragsstrafe oder Schadensersatz festlegen.
Vorsicht: In der Praxis gibt es viele Fälle, in denen die Gerichte die Rechtsverbindlichkeit des Vorvertrages anzweifeln. 2. Risiko: Wenn Sie im Vorvertrag einzelnen Punkte (damit er „rechtsverbindlich“ ist) zu genau vorgeben, bindet Sie das u. U. im Hauptvertrag (präjustizielle Wirkung). Wird dann prozessiert, riskieren Sie, dass in der richterlichen Entscheidung ihre eigentlichen Interessen nicht berücksichtigt werden. Der Kauf mit Vorvertrag kann also auch ganz schön nach hinten losgehen.
Kartellvergehen: Keine Strafen nach Neuordnung der Geschäfte
In 2014 haben die Kartellbehörden über 1 Mrd. Euro Strafgelder verhängt. Tendenz: Auch immer mehr mittelständische Unternehmen geraten ins Visier der Kartellfahnder. Fast wöchentlich können wir neue Berichte über aufgedeckte Preisabsprachen in der Presse nachlesen. Zuletzt in der Lebensmittelbranche (REWE, Edeka, ALDI usw.) mit zahlreichen mittelständischen Zulieferern (Haribo, Rittersport). Wermutstropfen: Das Bundeskartellamt konnte nicht alle Außenstände eintreiben. Während der langen Verfahrensdauer wurden einige der belangten Unternehmen umstrukturiert. Mit der Folge, dass die Zahlungsbefehle nicht mehr zugestellt werden konnten.
Das liegt am derzeitigen Verfahren: Nach geltendem deutschen Recht kann nur das Unternehmen, dessen Vertreter die Kartellvergehen verantworten, belangt werden. Tochtergesellschaften sind insoweit selbständige Unternehmen. Der Unternehmensverbund kann für die Strafen nicht in Anspruch genommen werden. So hat die Tönnies-Gruppe die mit Kartellabsprachen konfrontierten Unternehmen systematisch umstrukturiert. Einzelne Unternehmen wurden aufgeteilt, und zwar so, dass eine Rechtsnachfolge im kartellrechtlichen Sinn nicht mehr vorlag. Die Strafen sind bis heute nicht bezahlt und können nicht mehr eingetrieben werden.
Mitbestimmte GmbH: Die Frauenquote gilt auch für das Management
Seit 1.5.2015 gilt die Frauenquote in börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen. Das betrifft auch mitbestimmte GmbHs. Dabei gelten für den Aufsichtsrat und die Geschäftsführung analog die Vorschriften für Aktiengesellschaften (§ 52 Abs. 2 GmbH-Gesetz). Danach muss in diesen Gremien innerhalb der nächsten 3 Jahre ein Frauenanteil von 30 % erreicht sein. Achtung: Eine solche Frauenquote gilt auch für das Management unterhalb der Geschäftsführungs-Ebene. Dazu gibt es im GmbH-Gesetz eine neue gesetzliche Regelung. Danach gilt:
§ 36 GmbH-Gesetz: Zielgrößen und Fristen zur gleichberechtigten Teilhabe von Männern und Frauen: „Die Geschäftsführer einer Gesellschaft, die der Mitbestimmung unterliegt, legen für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb der Geschäftsführer Zielgrößen fest. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein.“
Wie das im Einzelnen praktisch aussehen soll, ist bislang noch unklar. Dazu gibt es zu viele Einzelfälle, für die es bislang noch keine konkreten Vorgaben gibt. Beachten Sie dazu:
- Hat z. B. eine Konzern-Holding GmbH außer der Geschäftsleitung keine Arbeitnehmer, braucht sie auch keine Vorgaben zur Quote im Management zu machen.
- Keine klaren Vorgaben gibt es dazu, was konkret unter den „beiden Führungsebenen unterhalb der Geschäftsleitung“ zu verstehen ist. Experten sagen: Die Unternehmen können die Führungsebenen nach freiem Ermessen festlegen (Z. B. RA Dr. Thomas Müller-Bonanni, Kanzlei Freshfields und Partner, Düsseldorf, in GmbHR 2015, 621). Kriterien können sein: Weisungsrechte, Berichtswege, Vollmachten wie Prokura)
Geschäftsführer im Beirat: Vernetzen Sie sich mit Geschäftspartnern
Aus der langjährigen Zusammenarbeit zwischen Firmen entstehen in der Regel auch vertrauliche Arbeitsbeziehungen zwischen den beteiligten Personen, auch den Geschäftsführern. Bisweilen ergeben sich daraus Freundschaften, die lange Bestand haben und auch einen Wechsel des Arbeitgebers unbeschadet überstehen. Übung ist es auch, die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen zu „institutionalisieren“ – man verständigt sich darauf, gemeinsamen Projekte und Erfahrungen in Gremien festzumachen. Bewährt und üblich ist die gegenseitige Einbindung der Geschäftsführer in einen (beratenden) Beirat des jeweils anderen Unternehmens.
Wird der Geschäftsführer einer GmbH in einem anderen Unternehmen als (beratender) Beirat oder sogar als kontrollierender Aufsichtsrat tätig, handelt es sich nicht mehr um eine rein private Nebentätigkeit. Vielmehr handelt es sich um eine Nebentätigkeit, die die Belange der GmbH betrifft. Für den (Gesellschafter-) Geschäftsführer bedeutet das: Besteht laut Anstellungsvertrag Genehmigungspflicht für Nebentätigkeiten, darf der Geschäftsführer dieses Amt nur wahrnehmen, wenn die Gesellschafter die Genehmigung dazu erteilen.
Wird die Genehmigung nicht erteilt, können Sie die Verweigerungsgründe prüfen lassen – sind diese aus der Interessenlage der GmbH stichhaltig, dürfen Sie eine solche Nebentätigkeit auf keinen Fall antreten. Vergütungen aus einer genehmigten Beirats- oder Aufsichtsrats-Tätigkeit stehen dem Geschäftsführer zu und sind als sonstige Einnahmen zu versteuern. Wird der Geschäftsführer aber auf Weisung der Gesellschafter oder überwiegend im Interesse der GmbH als Aufsichts- oder Beirat in einem anderen Unternehmen tätig, dann steht die Vergütung für diese Tätigkeit der GmbH zu.
Korrekturen: Nachtrag zur elektronischen Steuererklärung
Hat Ihr Steuerberater beim Einreichen einer elektronischen Steuererklärung (hier: ESt-Erklärung) einzelne Angaben (hier: Verlustvortrag), die Sie ihm vorab zur Kenntnis gegeben und mit ihm besprochen haben, vergessen, dann muss das Finanzamt den Verlust nachträglich berücksichtigen. In der Vorinstanz hatte das Finanzgericht (FG Münster, Urteil vom 23.1.2014, 8 K 2198/11) noch zugunsten des Finanzamts entschieden und den vergessenen Verlustvortrag nach § 17 EStG nicht berücksichtigt (BFH, Urteil vom 10.2.2015, IX R 18/14).
Verkauf eines Komplementär-Anteils: Schauen Sie dem FA auf die Finger
Ist es aufgrund der niedrigen Beteiligungsquote (hier: 5 %) nicht möglich Einfluss auf die Geschäftsführung zu nehmen, dann gehört eine Komplementär-Beteiligung grundsätzlich nicht zu einem Betriebsvermögen (notwendiges Betriebsvermögen, Sonderbetriebsvermögen). Folge: Ein Veräußerungsgewinn fällt nicht an (BFH, Urteil vom 16.4.2015, IV R 1/12).
Geschäftsführer privat: Finanzamt darf Vorsorge nicht bestrafen
Zahlt die Krankenkasse an den Versicherten einen Bonus (hier: 150 EUR zur Teilnahme an der Krebsvorsorgeuntersuchung), dann hat das keine Auswirkung auf den Sonderausgabenabzug. Dieser bleibt in Höhe der gesetzlichen möglichen Beitragshöhe erhalten (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.4.2015, 3 K 1387/14).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur