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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 49/2012

The­men heu­te: E‑Mails ohne Ende – 6 TIPPs gegen Zeit­ver­schwenn­dung + Ver­dienst: Geschäfts­füh­rer ver­lie­ren im Ver­gleich mit dem Fest­ver­die­ner + Nachfolge/Führung: Fremd-Geschäfts­füh­rer: Kaum Betei­li­gungs­an­ge­bo­te in Fami­li­en-GmbHs + Geschäfts­füh­rer-Gehal­t/­Steu­ern: Urlaubs- und Weih­nachts­geld für 2013 jetzt beschlie­ßen + Recht/Haftung: Gesell­schaf­ter haf­tet für GmbH ohne Geschäfts­füh­rer + Steu­ern: Finanz­amt darf Gewin­ne und Gehäl­ter nicht zusätz­lich mit Schen­kung­steu­er bestra­fen + Arbeits­recht: Whist­le­b­lo­wing recht­fer­tigt frist­lo­sen Raus­wurf + BISS .…

 

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

der Tex­ter und Sän­ger Tim Bendz­ko bringt es auf den Punkt: Er muss noch genau 148 Mails che­cken. Doch so nett wie im Song ist die Rea­li­tät in vie­len Unter­neh­men längst nicht mehr. Oft sind es sogar noch mehr E‑Mails pro Tag. Trotz SPAM-Fil­ter und pri­va­tem E‑Mail-Ver­bot müs­sen sich immer mehr Mit­ar­bei­ter täg­lich durch immer mehr E‑Mails durch­ar­bei­ten. Auch als Geschäfts­füh­rer blei­ben Sie davon nicht ver­schont. Was tun?

Die Fak­ten: Nach einer Unter­su­chung beim Chip-Her­stel­ler Intel liest oder schreibt jeder Arbeit­neh­mer wöchent­lich 20 Arbeits­stun­den E‑Mails. Jede 3. ist für die Arbeit unwich­tig. Für die meis­ten Per­so­na­ler steht fest: Wich­tig ist die Vor­bild­funk­ti­on des Chefs. Schreibt der zu jedem The­ma und jeder Uhr­zeit an die Mit­ar­bei­ter E‑Mails, rich­ten die Mit­ar­bei­ter ihr Ver­hal­ten dar­an aus. Fest steht auch, dass die stän­di­ge Unter­bre­chung von Tätig­kei­ten durch E‑Mail-Lesen und Schrei­ben nach­tei­li­ge Aus­wir­kun­gen auf die Qua­li­tät der Leis­tung haben.

Für die Pra­xis: Hier eini­ge Regeln, mit denen Sie es schaf­fen, die täg­li­che E‑Mail-Flut im Unter­neh­men wenigs­tens eini­ger­ma­ßen im Zaun zu halten:

  1. Vor­bild: Kom­men Sie Ihrer Vor­bild­funk­ti­on nach. Schi­cken Sie E‑Mails in der Regel nur zu den offi­zi­el­len Geschäfts­zei­ten. Alles ande­re kann war­ten. Mit den berühm­ten Aus­nah­men, die aber wirk­li­che Aus­nah­men blei­ben müssen.
  2. Block­ab­fer­ti­gung: Las­sen Sie sich von ein­ge­hen­den E‑Mails und spon­ta­nen E‑Mail-Ideen in Ihren Tätig­kei­ten nicht unter­bre­chen. Legen Sie Zei­ten fest, an denen Sie ihre E‑Mails abarbeiten.
  3. Ver­tei­ler: Prü­fen Sie regel­mä­ßig Ihre Ver­tei­ler (Cc, Bcc). Müs­sen alle Per­so­nen ein­be­zo­gen wer­den? Das gilt auch für jeden ein­zel­nen Mit­ar­bei­ter. Wei­sen Sie die­se regel­mä­ßig auf das Ver­tei­ler­the­ma hin.
  4. Ant­wor­ten „an Alle“: Stel­len Sie sich vor, was pas­siert, wenn jeder aus dem Ver­tei­ler zu der          E‑Mail einen Kom­men­tar abgibt. Inner­halb kür­zes­ter Zeit ver­viel­facht sich der E‑Mail-Ver­kehr. Benut­zen Sie die­se Funk­ti­on nur, wenn es wirk­lich passt – und das ist fast nie der Fall.
  5. Betreff: Sagen Sie an die­ser Stel­le schon klar und ein­deu­tig, um was es geht. Z. B. auch, wenn es um Ter­min­sa­chen geht.
  6. Eilig: Wenn es um eili­ge Abspra­chen geht, soll­ten Sie sich nicht auf E‑Mails ver­las­sen. Benut­zen Sie das Tele­fon und bestä­ti­gen Sie das Bespre­chungs­er­geb­nis kurz per E‑Mail (Pro­to­koll).

Geschäftsführer verlieren im Vergleich mit dem Festverdiener

Wer nach Bun­des­an­ge­stell­ten-Tarif (BAT) oder Beam­ten­be­sol­dungs­recht bezahlt wird, hat Vor­tei­le: Unab­hän­gig von der Leis­tung steigt die Ver­gü­tung mit dem Alter. Dazu kom­men Son­der­ver­gü­tun­gen (Orts­zu­schlag) und Zuzah­lun­gen des Arbeit­ge­bers für die Alters­ver­sor­gung. Es gibt fes­te Arbeits­zei­ten, die ein­ge­hal­ten wer­den müs­sen. Leis­tun­gen, von denen die meis­ten Geschäfts­füh­rer nur träu­men kön­nen. Bei­spiel: Geschäfts­füh­rer in klei­ne­ren Unter­neh­men (Umsatz bis 1 Mio. EUR) ver­die­nen im Durch­schnitt rund 93.000 EUR. Nach Abzug von Steu­ern (31.000 EUR) und Ver­si­che­run­gen und Rück­la­gen für die Zukunfts­vor­sor­ge, die der gesetz­li­chen ent­spre­chen (12.000 EUR) blei­ben 49.000 EUR oder monat­lich rund 4.000 EUR. Das ent­spricht einer Ver­gü­tung nach Beam­ten­be­sol­dung Grup­pe B 1, also dem mitt­le­ren Beam­ten­ein­kom­men z. B. eines Direktors.

Für die Pra­xis: Geschäfts­füh­rer gehen im „Lebens­ver­gleich“ ein ungleich höhe­res Risi­ko ein. In der Regel wer­den GmbH-Kre­di­te mit dem Pri­vat­ver­mö­gen abge­si­chert. Dazu kom­men Unwäg­bar­kei­ten aus den Wirt­schafts­zy­klen, die Wett­be­werbs­si­tua­ti­on, der Inno­va­ti­ons­druck und hohe büro­kra­ti­sche Auf­la­gen. Für die meis­ten Geschäfts­füh­rer bedeu­tet das einen immensen Arbeits­ein­satz. Es gibt kei­nen Anspruch auf fes­te Arbeits­zei­ten oder Über­stun­den­ver­gü­tung. Zusätz­lich wird der Ver­gü­tungs­an­spruch vom Finanz­amt gedeckelt.

Fremd-Geschäftsführer: Kaum Beteiligungsangebote in Familien-GmbHs

PwC hat zmu The­ma Inte­rims-Fremd-Mana­ger in Fami­li­en-GmbHs kon­kre­te Zah­len vor­ge­legt (PwC-Stu­die: „Fami­ly Busi­ness Sur­vey“). In 86% der befrag­ten Fami­li­en­un­ter­neh­men sit­zen Fami­li­en­mit­glie­der in der Geschäfts­lei­tung. In 26% der Unter­neh­men arbei­ten Fami­li­en­mit­glie­der ohne Lei­tungs­funk­ti­on im Unter­neh­men mit. Fast zwei Drit­tel der Fami­li­en­un­ter­neh­men beschäf­ti­gen Fremd-Geschäfts­füh­rer in der Geschäfts­lei­tung. In 10% der Fami­li­en­un­ter­neh­men besitzt der Fremd-Geschäfts­füh­rer eine Betei­li­gung am Unter­neh­men. Mehr als 75% der Fami­li­en­un­ter­neh­men wol­len auch in Zukunft kei­ne Antei­le an Fremd-Geschäfts­füh­rer abgeben.

Für die Pra­xis: Zwar ist eine belie­bi­ge Stü­cke­lung der GmbH-Antei­le mög­lich. Das ist aber umständ­lich. Bes­ser ist es, wenn der Fremd-Geschäfts­­­füh­rer   z. B. mit einer Stil­len Betei­li­gung am Unter­neh­men ein­steigt. Die­se kann im Lau­fe der Jah­re auf­ge­stockt wer­den, z. B. durch die Umwand­lung von Tan­tie­me-Ansprü­chen. Im nächs­ten Schritt kann dann – z. B. im Wege einer Kapi­tal­erhö­hung – die Stil­le Betei­li­gung in einen ech­ten GmbH-Anteil gewan­delt wer­den. Vor­teil: Der Fremd-Geschäfts­füh­rer hat die Per­spek­ti­ve dafür, dass sein Enga­ge­ment in eine Betei­li­gung mün­det. Die Fami­li­en-Mit­glie­der haben die Sicher­heit, dass Sie einen Geschäfts­part­ner betei­li­gen, mit dem sie bereits jah­re­lan­ge gemein­sa­me Erfah­run­gen gemacht haben.

Geschäftsführer: Urlaubs- und Weihnachtsgeld für 2013 jetzt beschließen

Gehalts­zah­lun­gen an den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer einer GmbH wer­den nur dann als Betriebs­aus­ga­ben aner­kannt, wenn es eine schrift­li­che Vor­ab-Ver­ein­ba­rung gibt. Das gilt auch für Urlaubs- und Weih­nachts­geld. Wich­tig: Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer, die sich ab 2013 zusätz­lich zu Ihrem Gehalt laut Anstel­lungs­ver­trag Urlaubs- und Weih­nachts­geld in vol­ler Höhe eines Monats­ge­halts zah­len wol­len, müs­sen das noch im Dezem­ber vor­be­rei­ten. Dazu brau­chen Sie einen Beschluss der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung. Gibt es den Anspruch erst mit Gesell­schaf­ter­be­schluss im Janu­ar, muss antei­lig gekürzt werden.

Für die Pra­xis: Las­sen Sie sich nicht auf Pro­ble­me mit dem Finanz­amt ein. Wenn Sie sich in 2013 ein 13. und/oder 14. Gehalt aus­zah­len wol­len, müs­sen Sie das noch im Dezem­ber beschlie­ßen (Pro­to­koll des Gesell­schaf­ter­be­schus­ses. Wich­tig: Sie müs­sen in der Ange­mes­sen­heits-Gren­ze blei­ben (vgl. dazu Nr. 47/2012).

Gesellschafter haftet für GmbH ohne Geschäftsführer

Legt der (ein­zi­ge) Geschäfts­füh­rer einer GmbH sein Amt nie­der, ist der Gesell­schaf­ter der GmbH zustän­dig für die Erle­di­gung der Steu­er­pflich­ten der GmbH. Das Finanz­amt ist berech­tigt, die Beschei­de an den Gesell­schaf­ter zu adres­sie­ren und gegen die­sen die Erfül­lung der Steu­er­pflich­ten der GmbH durch­zu­set­zen (BFH, Beschluss vom 28.8.2012, I B 69/12).

Für die Pra­xis: Auch schon nach­bis­he­ri­ger Rechts­la­ge war es aus­ge­schlos­sen, dass sich die GmbH durch eine Amts­nie­der­le­gung des Geschäfts­füh­rers sei­nen steu­er­li­chen Pflich­ten ent­zieht. Die Amts­nie­der­le­gung zur „Unzeit“ ist regel­mä­ßig nicht wirksam.

Finanzamt darf Gewinne und Gehälter nicht zusätzlich mit Schenkungsteuer  bestrafen

Nach einem Urteil des Finanz­ge­richts Nie­der­sach­sen darf das Finanz­amt den Vor­teil aus der zu nied­ri­gen Ver­gü­tung der Kom­ple­men­tär-GmbH bei den Kom­man­di­tis­ten nicht mit Schen­kung­steu­er bele­gen (FG Nie­der­sa­chen, Urteil vom 16.10.2012, 3 K 251/12).

Für die Pra­xis: Die Geschäfts­füh­rer-Tätig­keit der Kom­ple­men­tär-GmbH ergibt sich der gesell­schafts­recht­li­chen Kon­struk­ti­on der GmbH & Co. KG. Ein Ver­gü­tungs­an­spruch ergibt sich aber aus der tat­säch­lich erbrach­ten Leis­tung. Wird die­se nach­weis­lich nicht oder nur in sehr gerin­gem Umfang erbracht, besteht auch kein oder nur ein gerin­ger Vergütungsanspruch.

Whistleblowing rechtfertigt fristlosen Rauswurf

Zeigt ein Arbeit­neh­mer den Arbeit­ge­ber an, ohne vor­her in einem inter­nen Gespräch eine Klä­rung ver­sucht zu haben, kann der Arbeit­ge­ber frist­los kün­di­gen. Die Kün­di­gung ist auch dann zuläs­sig, wenn der Arbeit­neh­mer den Arbeit­ge­ber als Ant­wort auf eine zuvor aus­ge­spro­che­ne ordent­li­che Kün­di­gung ange­zeigt hat (Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln, Urteil vom 5.7.3012, 6 Sa 72/12).

Für die Pra­xis: Im Urteil hat­te der Arbeit­ge­ber eine als Haus­halts­hil­fe Beschäf­tig­te noch in der Pro­be­zeit frist­ge­mäß gekün­digt. Dar­auf erstat­te­te die Haus­halts­hil­fe Anzei­ge beim Jugend­amt wegen angeb­li­cher Ver­wahr­lo­sung der Kin­der. Das Gericht hält die frist­lo­se Kün­di­gung für zuläs­sig. Im ver­gleich­ba­ren Fall (Anzei­ge wegen Steu­er­ver­ge­hen, Sozi­al­ver­si­che­rungs­be­trug) soll­te auch in Unter­neh­men eine sol­che Kün­di­gung mög­lich sein – und zwar unab­hän­gig davon, ob die Anzei­ge zu Recht erfolgt.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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