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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 40/2017

2. Chan­ce: So bleibt die Fir­ma für Mit­ar­bei­ter inter­es­sant + Kom­mu­na­le GmbH: Tota­le Gehalts-Trans­pa­renz – hier: Schles­wig Hol­stein + Abbe­ru­fen und gekün­digt: So bleibt wenigs­tens der Fir­men­wa­gen + Digi­ta­li­sie­rung: Neue Mög­lich­kei­ten für den Handel/Einzelhandel + Per­so­nal­kos­ten: Für (Nacht-) Zuschlä­ge gilt der Min­dest­lohn + Geschäfts­füh­rer pri­vat: BFH deckelt dop­pel­te Haus­halts­füh­rung + Per­so­nal­bü­ro: Mini-Job-Zen­tra­le ver­ein­heit­licht Per­so­nal­ab­fra­ge – hilf­rei­che Check­lis­te + GmbH Steu­ern: Ver­lust­re­ge­lung kommt auf den Prüfstand

 

BISS die Wirt­schaft-Sati­re

 

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Frei­burg, 6. Okto­ber 2017

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

man trifft sich immer zwei­mal im Leben”. Das gilt für alle Lebens­la­gen, auch und ganz beson­ders für´s Geschäft. So gese­hen ist ein kei­ne gute Tak­tik, einen Mit­ar­bei­ter, der von sich aus kün­digt und eine neue beruf­li­che Her­aus­for­de­rung sucht, ohne Wür­di­gung sei­ner Tätig­keit und ohne ein Ange­bot für eine Wie­der­ein­stel­lung gehen zu lassen.

Neu­es­te Zah­len bele­gen, wie rich­tig und wich­tig eine sol­che nach­ver­trag­li­che Wert­schät­zung in der Pra­xis sein kann. So mel­det etwa die Mons­ter-Stel­len­bör­se ein spür­bar stei­gen­des Inter­es­se an Wie­der­ein­stel­lun­gen. Sie kön­nen noch mehr tun, damit der Mit­ar­bei­ter Ihr Unter­neh­men als attrak­ti­ven Arbeit­ge­ber in Erin­ne­rung behält. Nut­zen Sie die Zeit bis zum Aus­schei­den für ein offe­nes und ehr­li­ches Gespräch – über sei­ne Wech­sel­grün­de, über Feh­ler, die ihm auf­ge­fal­len sind, über mög­li­che Ver­bes­se­run­gen und last not least über sich selbst. Es lohnt, auch den Mit­ar­bei­ter zu hören, der wegen dem Job gekom­men ist und wegen sei­nem Vor­ge­setz­ten bzw. wegen Ihnen als Chef geht. So viel Rück­rat muss heut­zu­ta­ge sein, wenn gute Mit­ar­bei­ter Ihnen als Arbeit­ge­ber eine zwei­te Chan­ce geben sollen.

Genau­so wich­tig ist, dass Sie spä­ter nach­schla­gen kön­nen, wie koope­ra­tiv sich der Mit­ar­bei­ter bis zum Aus­schei­den ver­hal­ten hat. Wur­den Pro­jek­te abge­schlos­sen oder lie­gen gelas­sen? Wie gut waren sei­ne Tätig­kei­ten doku­men­tiert und über­ge­ben? Wur­de ein Vertreter/Nachfolger ein­ge­ar­bei­tet? Hat er ande­re Mit­ar­bei­ter hän­gen las­sen? Das ist dann Ihr (Wie­der-) Einstellungs-Kriterium.

 

Kommunale GmbH: Totale Gehalts-Transparenz – hier: Schleswig Holstein

Als ers­tes Bun­des­land hat Schles­wig-Hol­stein eine nahe­zu flä­chen­de­cken­de Trans­pa­renz für die Gehäl­ter der in den kom­mu­na­len Gesell­schaf­ten ange­stell­ten Geschäfts­füh­rer ein­ge­führt. Das sog. Trans­pa­renz­re­gis­ter (offi­zi­ell: „Ver­gü­tungs­of­fen­le­gung”) wird vom Finanz­mi­nis­te­ri­um des Lan­des geführt und ist auf den Inter­net-Sei­ten des Minis­te­ri­ums für jeder­mann ein­seh­bar. Auf­fäl­lig: In den kom­mu­na­len GmbHs wird zum Teil deut­lich weni­ger ver­dient als in der Pri­vat­wirt­schaft. Ins­be­son­de­re in den Berei­chen Kul­tur und Sozia­les ist ein deut­li­ches Gefäl­le erkenn­bar. Zur Web­site des Finanz­mi­nis­te­ri­ums > Hier ankli­cken

Den­noch: Über Nach­wuchs­sor­gen müs­sen sich die kom­mu­na­len Arbeit­ge­ber bis­lang noch nicht machen. Freie Stel­len kön­nen in der Regel ohne Über­gangs­lö­sung oder Vakan­zen sofort neu besetzt wer­den. Soll­te es den­noch ein­mal zu einem Per­so­nal­eng­pass kom­men, kann das im Not­fall auf Kos­ten der Qua­li­fi­ka­ti­on bzw. der Per­for­mance des Stel­len­be­wer­bers gelöst wer­den. Etwa aus der 2. oder sogar 3. Rei­he des eige­nen Unter­neh­mens oder aus dem poli­ti­schen Umfeld. Inso­fern ticken hier völ­lig ande­re Ver­hält­nis­se als in der Pri­vat­wirt­schaft. Hier eini­ge Zah­len: Der Durch­schnitts­ver­dienst eines Geschäfts­füh­rers im Bun­des- bzw. Lan­des­dienst liegt bei 200.000 EUR. In den Berei­chen Kul­tur und Sozia­les liegt das Durch­schnitts­ge­halt bei 90.000 EUR. Die Che­fin der Ber­li­ner Ver­kehrs­be­trie­be ver­dient mit 447.000 EUR nicht schlecht. Die Che­fin der Ber­li­ner Stadt­rei­ni­gungs­be­trie­be bezieht 262.000 EUR. Aller­dings: Die meis­ten kom­mu­na­len GmbHs gibt es tat­säch­lich auf unter­geod­ne­ter Ebe­ne. Da wird nur in den Berei­chen Energie/Verkehr/Entsor­gung eini­ger­ma­ßen ver­dient. Die meis­ten Geschäfts­füh­rer der kom­mu­na­len GmbHs backen klei­ne­re Brötchen.

Eine sol­che flä­chen­de­cken­de Gehalts-Trans­pa­renz, die zudem die per­sön­li­che Ein­kom­mens­si­tua­ti­on jedes ein­zel­nen Geschäfts­füh­rers offen legt, ist nicht unum­strit­ten. Wenn schon „schwe­di­sche Ver­hält­nis­se” – wonach alle Bür­ger ihre Ein­kom­mens- und Steu­er­ver­hält­nis­se kom­plett offen­le­gen müs­sen – dann darf eine sol­che Trans­pa­renz nicht aus­schließ­lich auf eine gesell­schaft­li­che Grup­pe redu­ziert sein. Zwar müs­sen auch alle ande­ren GmbH-Geschäfts­füh­rer ihr Gehalt im Anhang aus­wei­sen und damit offen­le­gen, aber hier zumin­dest nur in anony­mi­sier­ter Form. Es genügt, wenn die an das Geschäfts­füh­rer-Gre­mi­um ins­ge­samt aus­ge­zahl­te Sum­me ver­öf­fent­lich wird. Beson­ders kri­tisch ist die Ein­zel­fall-bezo­ge­ne Ver­öf­fent­li­chung, weil damit Rück­schlüs­se auf die Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se der Per­son gezo­gen wer­den kön­nen – was zum Miss­brauch gera­de­zu ein­lädt. Sei es, um (poli­ti­sche) Stim­mun­gen zu schü­ren oder als Ein­la­dung für kri­mi­nel­le Vorhaben.

 

Abberufen und gekündigt: So bleibt wenigstens der Firmenwagen

Laut Recht­spre­chung der Arbeits­ge­rich­te (so z. B. AG Frank­furt a. M., Urteil v. 3.11.2004, 11 Sa 648/03, dazu kri­tisch: BAG, Urteil v. 21.3.2012, 5 AZR 651/10) muss ein Arbeit­neh­mer bei sei­ner Frei­stel­lung den Fir­men­wa­gen in der Regel her­aus­ge­ben. Das gilt auch für den Geschäfts­füh­rer einer GmbH, sofern im Anstel­lungs­ver­trag nichts ande­res ver­ein­bart ist. Eine ent­spre­chen­de For­mu­lie­rung gehört in den Anstel­lungs­ver­trag jedes Fremd-Geschäfts­füh­rers. Auch für den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer einer GmbH ist die­se For­mu­lie­rung im Ver­trag zu emp­feh­len. Und zwar für den Fall, dass Sie Ihre GmbH ver­kau­fen und danach für eine Über­gangs­zeit auf der Grund­­lage Ihres Anstel­lungs­ver­tra­ges in der ver­kauf­ten GmbH wei­ter­ar­bei­ten wol­len. Eben­falls mög­lich: Sie ver­ein­ba­ren im Anstel­lungs­ver­trag, dass Sie den Fir­men­wa­gen beim Aus­schei­den zum Buch­wert über­neh­men oder in den Lea­sing­ver­trag einsteigen.

For­mu­lie­run­gen im Anstel­lungs­ver­trag:

  1. Für den Fall einer mög­li­chen Abbe­ru­fung soll­ten Sie fol­gen­de For­mu­lie­rung in Ihrem Anstel­lungs­ver­trag haben: „Im Fal­le einer Frei­stel­lung oder einer außer­or­dent­li­chen Kün­di­gung kann der Geschäfts­füh­rer den Fir­men­wa­gen bis zum Ablauf der ordent­li­chen Kün­di­gungs­frist nutzen“.
  2. Mit die­ser For­mu­lie­rung sichern Sie sich mit dem Aus­schei­den einen zusätz­li­chen gelt­wer­ten Vor­teil: „Der Geschäfts­füh­rer ist bei sei­nem Aus­schei­den aus den Diens­ten der Gesell­schaft berech­tigt, den Fir­men­wa­gen zum Buch­wert zu übernehmen”.

 

Digitalisierung: Neue Möglichkeiten für den Handel/Einzelhandel

Struk­tur­wan­del und Inno­va­tio­nen – auf Digi­tal­deutsch: Dis­rup­ti­ve Geschäfts­mo­del­le – betref­fen alle Bran­chen, ganz beson­ders Han­del und Ein­zel­han­del. Neu­es­te Zah­len alar­mie­ren: Bis zu 60 % aller Läden im Ein­zel­han­del ste­hen bis 2020 zur Dis­po­si­ti­on. Mög­li­che Digi­tal-Lösung für den Ein­zel­han­del: „Kurie­re holen Waren bei den Ein­zel­händ­lern, die der Platt­form „Post­ma­tes” ange­schlos­sen sind, ab und lie­fern sie direkt bei den Kun­den ab, der dann kei­ne Tüten mehr schlep­pen muss”. Die Ana­lys­ten-Bewer­tung der Geschäfts­idee des deut­schen Start­Up-Grün­ders Bas­ti­an Leh­mann lässt hof­fen – jeden­falls setzt der Ein­zel­han­del in den USA auf die­se Digi­tal-Lösung und er scheint damit die Bedürf­nis­se vie­ler Kun­den zu tref­fen – Shop­pen, Bera­tung, Anfas­sen und einen zuver­läs­si­gen Lie­fer­ser­vice ohne Zeit­ver­lust und War­ten müssen.

Das klingt nicht schlecht. Auch die Zah­len spre­chen für sich. Bis­her konn­te der Inves­tor mit die­sem Geschäfts­mo­dell 80 Mio. $ Start­ka­pi­tal ein­sam­meln. Unter­des­sen betreu­en 240 Mit­ar­bei­ter die 4.000 Kun­den des Start­Ups, das von den Ana­lys­ten mit 500 Mio. EUR bewer­tet wird. Für den Ein­zel­han­del ist eine sol­che (Ser­vice-) Lösung hilf­reich, sofern ein indi­vi­du­el­les und bera­tungs­in­ten­si­ves Port­fo­lio ange­bo­ten wird. Wich­tig ist eine zusätz­li­che Prä­sen­ta­ti­on der Pro­duk­te in einem eige­nen Inter­net-Shop. Unter­des­sen gibt es eini­ge Soft­ware-Anbie­ter (word­press), mit denen ein eige­ner Shop ohne grö­ße­ren Auf­wand selbst erstellt wer­den kann. Fazit: Die Digi­ta­li­sie­rung bie­tet für krea­ti­ve Köp­fe jede Men­ge Spiel­raum – das „Buch” wur­de mit der Ein­füh­rung des Inter­net und der eBooks ja auch schon des Öfte­ren und seit lan­gem totgesagt.

 

Personalkosten: Für (Nacht-) Zuschläge gilt der Mindestlohn

Zuschlä­ge für Nacht­ar­beit müs­sen Sie ab sofort auf der Grund­la­ge der für Ihre Bran­che gel­ten­den Min­dest­lohn­vor­schrif­ten (Stun­den­löh­ne) berech­nen (BAG, Urteil v. 20.9.2017, 10 AZR 171/16).

Das gilt ent­spre­chend auch für die Ver­gü­tung von Über­stun­den bzw. die dafür ver­ein­bar­ten Ver­gü­tungs­re­ge­lun­gen – z. B. im Tarif­ver­trag oder im Arbeits­ver­trag des Arbeit­neh­mers. Im Urteil wird auch noch­mals klar­ge­stellt, dass Urlaubs- und Fei­er­tags­ver­gü­tun­gen nicht auf die (Durch­schnitts-) Berech­nung für den Min­dest­lohn ange­rech­net wer­den dürfen.

 

Geschäftsführer privat: BFH deckelt doppelte Haushaltsführung

Geschäfts­füh­rer, die für eine Zeit aus­wärts arbei­ten und vor Ort eine Woh­nung anmie­ten, kön­nen die Kos­ten dafür bei der Steu­er anset­zen. Dabei gilt nach neu­es­ter Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs (BFH): Unter­kunfts­kos­ten im Rah­men einer dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung sind not­wen­dig, soweit sie sich für eine Woh­nung mit einer Wohn­flä­che bis zu 60 qm bei einem orts­üb­li­chen Miet­zins für eine nach Lage und Aus­stat­tung durch­schnitt­li­che Woh­nung (Durch­schnitts­miet­zins) erge­ben (BFH, Urteil v. 12.7.2017, VI R 42/15).

Das gilt auch, wenn Sie am Arbeits­ort eine Woh­nung kau­fen und im Rah­men einer dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung bewoh­nen. Woh­nen die Ehe­gat­ten über­wie­gend gemein­sam am Beschäf­ti­gungs­ort und haben Sie einen zusätz­li­chen Wohn­sitz, sind nach neu­es­ter Recht­spre­chung die Vor­aus­set­zung für eine dop­pel­te Haus­halts­füh­rung nicht mehr gege­ben – hier dür­fen die Finanz­be­hör­den in jedem Ein­zel­fall. Damit soll der Miss­brauch ver­hin­dert wer­den (vgl. dazu BFH, Urteil v. 8.10.2014, VI R 16/14).

 

Personalbüro: Mini-Job-Zentrale vereinheitlicht Personalabfrage

Wer Mini-Job­ber (459-Euro-Kräf­te) beschäf­tigt, muss die­se an die Mini-Job-Zen­tra­le mel­den. Dazu gibt es jetzt einen ein­heit­li­chen Per­so­nal­fra­ge­bo­gen, mit dem Sie die­se Mel­dung vor­neh­men kön­nen und der auch zur Abla­ge in der Per­so­nal­ak­te geeig­net ist. Das Mus­ter gibt es im Inter­net unter > Check­lis­te Per­so­nal­fra­ge­bo­gen.

Damit kön­nen Sie in Zukunft alle recht­lich zuläs­si­gen Daten Ihrer Mini-Job­ber erhe­ben und in ein­heit­li­cher Form anle­gen. Der BDA hat bei der Erstel­lung mit­ge­wirkt, so dass Sie aus Arbeit­ge­ber­sicht abge­si­chert sind und nur wirk­lich rele­van­te Daten abge­fragt werden.

 

GmbH Steuern: Verlustregelung kommt auf den Prüfstand

Erneut lässt das Finanz­ge­richt Ham­burg eine Rege­lung zur steu­er­li­chen Aner­ken­nung von Ver­lus­ten im Fal­le eines Anteils­kaufs vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt prü­fen. Dies­mal geht es um die Rege­lung, wonach der Ver­lust­vor­trag ent­fällt, wenn inner­halb von 5 Jah­ren mehr als 50 % der Antei­le einer GmbH erwor­ben wer­den (FG Ham­burg, Urteil v. 29.8.2017, 2 K 245/17).

Die Chan­cen für eine steu­er­li­che Aner­ken­nung der Ver­lust­über­nah­me ste­hen nicht schlecht. Zumal das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG) zuletzt – eben­falls nach Vor­la­ge durch das FG Ham­burg – ent­schie­den hat­te, dass bei der Über­tra­gung einer Betei­li­gung zwi­schen 25 und 50 % der Weg­fall des Ver­lust­vor­trags nicht rech­tens ist. Kippt das BVerfG die­se Vor­schrift, ist sogar davon aus­zu­ge­hen, dass ent­spre­chen­de Steu­er­ver­an­la­gun­gen rück­wir­kend bis zum Jahr 2008 neu bear­bei­tet wer­den müs­sen – und der Ver­lust­vor­trag bei der Gewinn­ermitt­lung nach­träg­lich berück­sich­tigt wer­den muss.

 

Eine infor­ma­ti­ve Lek­tü­re wünscht

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst

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