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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 37/2012

The­men heu­te: Die Kon­junk­tur fährt zurück – was kön­nen klei­ne­re Unter­neh­men jetzt schon tun? + Kri­sen-Manage­ment: Geschäfts­füh­rer-Gehalt kann ein guter Puf­fer sein + BMF-aktu­ell: Ver­zicht auf Pen­si­ons­an­sprü­che kos­tet Steu­er + Euro­pa-GmbH kommt – aber nicht für deut­sche Unter­neh­men + Geschäfts­füh­rer pri­vat – So bewei­sen Sie eine Falsch­be­ra­tung bei der Ver­mö­gens­an­la­ge + Bei Feh­lern im Geschäfts­füh­rer-Ein­stel­lungs­ver­fah­ren gibt es kein zurück + BISS .… 

 

 

37. KW 2012, Frei­tag, 14.9.2012

Sehr geehr­te Geschäfts­fü­her-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

ob Metro, Bosch oder Merck, ob RWE oder die Deut­sche Bank: Die Alpha-Unter­­neh­men in allen Bran­chen rüs­ten sich für die „Kri­se“. Mit straf­fe­ren Struk­tu­ren in der Orga­ni­sa­ti­on und im Ver­trieb, mit weni­ger Per­so­nal in allen Berei­chen, mit weni­ger Sach­in­ves­ti­tio­nen und höhe­rer Pro­duk­ti­vi­tät. Wie kön­nen Sie sich als klei­ne­res Unter­neh­men auf das erwar­te­te Kri­sen-Sze­na­rio vorbereiten?

Wich­tig ist, das The­ma anzu­neh­men und nicht zu ver­drän­gen. Unter­des­sen spre­chen alle volks­wirt­schaft­li­chen  Indi­ka­to­ren eine deut­li­che Spra­che. Selbst die bis­her von den Kon­junk­tur­pro­gno­sen rela­tiv wenig beein­druck­te inlän­di­sche Nach­fra­ge zeigt Wir­kung. Erfah­rungs­ge­mäß beschleu­nigt sich in die­ser Pha­se die Rezes­si­ons­ent­wick­lung. Der Abschwung wird schnel­ler kom­men als vie­le den­ken.

Für die Pra­xis: Wich­tig ist, dass Sie in die­ser Situa­ti­on sys­te­ma­tisch vor­ge­hen und nicht über­eilt  reagieren:

  • Geplan­te Inves­ti­tio­nen in Sach­an­la­gen (Gebäu­de, Maschi­nen) soll­ten Sie unbe­ein­druckt fort­set­zen und abschlie­ßen. Bei der wei­te­ren stra­te­gi­schen Inves­ti­ti­ons­pla­nung ist Zurück­hal­tung geboten.
  • Das gilt auch für die wei­te­re Per­so­nal­pla­nung: Bei der Beset­zung von (zusätz­li­chen) Aus­bil­dungs­stel­len für 2013, bei der Neu­be­set­zung von frei wer­den­den Stel­len. Rei­hen­fol­ge: Abbau von Zeit­gut­ha­ben, Redu­zie­rung von Leih­ar­beit­neh­mern, even­tu­el­le Vor­be­rei­tun­gen für Kurz­arbeit. Even­tu­ell müs­sen Sie Ihr Gehalt recht­zei­tig kür­zen (vgl. dazu unten).
  • Set­zen Sie bei den Auf­trä­gen den Schwer­punkt auf „Ren­di­te vor Umsatz“. Prü­fen Sie, an wel­chen Stel­len Sie bei einem Rück­gang der Auf­trä­ge Ihre Kapa­zi­tä­ten anpas­sen werden.
  • Machen Sie kei­ne Kom­pro­mis­se bei den Preisen.
  • Kon­tak­ten Sie früh­zei­tig und kon­ti­nu­ier­lich Ihre Bank. Bezie­hen Sie Ihren Fir­men­kun­den­be­ra­ter  in Ihre    Kri­sen­pla­nun­gen ein. Sor­gen Sie dafür, dass Sie per­ma­nent über Bran­chen­zah­len ver­fü­gen und Ihre BWA, Jah­res­bi­lanz, Ver­mö­gens- und Liqui­di­täts­sta­tus aktu­ell und zugriff­be­reit sind.

Krisen-Management: Geschäftsführer-Gehalt kann Puffer sein 

In § 87 Abs. 2 Akti­en­ge­setz heißt es: „Ver­schlech­tert sich die Lage der Gesell­schaft nach der Fest­set­zung so, dass die Wei­ter­ge­wäh­rung der Bezü­ge unbil­lig wäre, so hat der Auf­sichts­rat .… die Bezü­ge auf die ange­mes­se­ne Höhe her­ab­zu­set­zen.“ Kon­kret bedeu­tet das: Sobald sich die wirt­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen für das Unter­neh­men ver­schlech­tern, muss das Gehalt ange­passt wer­den. Die­se all­ge­mei­nen Vor­ga­ben aus dem Akti­en­ge­setz gel­ten so auch für den GmbH-Geschäfts­füh­rer. Dazu kommt: Gehen Sie davon aus, dass auch die Finanz­be­hör­den die­sen Grund­satz durch­set­zen. Mit der Fol­ge, dass nicht gekürz­te Gehalts­zah­lun­gen als ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tun­gen zusätz­lich besteu­ert wer­den und der GmbH damit wei­te­re Liqui­di­tät ent­zo­gen wird. Dar­auf soll­ten Sie es nicht ankom­men lassen.

Wich­tig: Dabei muss sich dabei noch nicht ein­mal um eine „wesent­li­che“ Ver­schlech­te­rung der Geschäfts­la­ge han­deln. Anzei­chen, die eine Gehalts­kür­zung not­wen­dig machen, sind:

  • Ent­las­sun­gen,
  • Lohn­kür­zun­gen,
  • die Gesell­schaft erzielt kei­nen Gewinn.

Für die Pra­xis: Wich­tig bei der Gehalts­kür­zung ist das rich­ti­ge Timing. Zum einen kön­nen Sie damit den Mit­ar­bei­tern ein kla­res Signal dafür set­zen, dass Sie per­sön­lich bereit sind vor­an zu mar­schie­ren und damit zu demons­trie­ren, dass die bevor­ste­hen­de wirt­schaft­li­che Situa­ti­on Opfer von allen Betei­lig­ten ver­langt. Prü­fen Sie den­noch zusam­men mit dem Steu­er­be­ra­ter, ob es Sinn macht, einen Gehalts­ver­zicht mit einer sog. Bes­se­rungs­op­ti­on zu ver­ein­ba­ren. Sie haben dann Anspruch gegen die GmbH auf Nach­zah­lung, wenn die wirt­schaft­li­che Situa­ti­on dies wie­der ermög­licht. Das gilt auch für die steu­er­li­che Behand­lung der Nach­zah­lung als Lohn­be­stand­teil. Zum ande­ren ver­schaf­fen Sie der GmbH damit zusätz­li­chen finan­zi­el­len Spiel­raum. Das wirkt auch bei den Ver­hand­lun­gen mit der Haus­bank um zusätz­li­che Finanzierungen.

BMF-aktuell: Verzicht auf Pensionsansprüche kostet Steuer

Ob Sie die GmbH bes­ser ver­kau­fen wol­len oder ob Sie die Bei­trä­ge zur Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung ein­spa­ren wol­len: Dem (Gesell­schaf­ter-) Geschäfts­füh­rer einer GmbH steht es frei, auf die ein­mal erteil­te Pen­si­ons­zu­sa­ge und die damit ver­bun­de­nen Pen­si­ons­zah­lun­gen zu ver­zich­ten. Mög­lich ist auch, ledig­lich einen Teil der Pen­si­ons­an­sprü­che zu bezie­hen und auf einen Teil zu ver­zich­ten. Recht­lich gese­hen ist das mög­lich und zuläs­sig. Die Par­tei­en haben hier Ver­trags­frei­heit und kön­nen selbst entscheiden.

Schwie­ri­ger ist das im Steu­er­recht: Für die Pen­si­ons­zu­sa­ge konn­te die GmbH in der Ver­gan­gen­heit eine Rück­stel­lung bil­den, die den steu­er­pflich­ti­gen Gewinn der GmbH spür­bar drück­te. Fol­ge: Ver­zich­tet der Geschäfts­füh­rer auf die ein­mal ver­ein­bar­ten Pen­si­ons­an­sprü­che, for­dert das Finanz­amt die Steu­er­erspar­nis zurück. Dazu hat die Finanz­ver­wal­tung sehr genau Vor­stel­lun­gen dar­über, wie ab sofort gerech­net wer­den muss (BMF, Schrei­ben vom 14.8.2012, C 2 S 2743/10/10001, mit aus­führ­li­chen Rechenbeispielen).

Für die Pra­xis: Dr Ver­zicht oder Teil­ver­zicht auf die Pen­si­ons­an­sprü­che führt zu einer zusätz­li­chen Steu­er­be­las­tung bei der GmbH (als ver­deck­te Ein­la­ge) und beim Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer (Zufluss von Ein­nah­men). Hier müs­sen Sie die Vor- und Nach­tei­le des Ver­zichts im Vor­aus genau berech­nen. Anhand der Bei­spie­le aus dem BMF-Erlass kann Ihr Steu­er­be­ra­ter genau berech­nen, wel­che Steu­er­fol­gen auf Sie zukom­men. Kon­kret: Ohne Grund macht es kei­nen Sinn auf die Pen­si­ons­an­sprü­che zu ver­zich­ten. Aber das kann sich z. B. dann rech­nen, wenn ein poten­zi­el­ler Käu­fer der GmbH für den Ver­zicht auf die Pen­si­ons­zu­sa­ge als Aus­gleich deut­lich mehr für die GmbH-Antei­le zahlt.

Europa-GmbH kommt – aber nicht für deutsche Unternehmen

Nach wie vor blo­ckiert Deutsch­land die Ein­füh­rung der Euro­pa-GmbH (Socie­tas Euro­paea). Eini­ge der Befür­wor­ter-Staa­ten wol­len das nicht län­ger hin­neh­men und im Wege der sog. ver­stärk­ten Zusam­men­ar­beit die SPE in ihren Län­dern ein­füh­ren. Vor­teil für mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men: Die brau­chen bei einer Expan­si­on in EU-Län­der nicht extra Toch­ter­ge­sell­schaf­ten in einer inlän­di­schen Rechts­form zu begrün­den – mit enor­men Ver­wal­tungs­auf­wand. Streit­punk­te zwi­schen Deutsch­land und der EU-Kom­mis­si­on sind vor allem die geplan­te Kapi­tal­aus­stat­tung und die Mit­be­stim­mung (vgl. Nr. 33/2011). Der DGB fürch­tet, dass die deut­schen Mit­be­stim­mungs­re­geln auf die­sem Weg aus­ge­he­belt werden.

Geschäfts­füh­rer pri­vat – So bewei­sen Sie eine Falsch­be­ra­tung bei der Vermögensanlage

Weil die Bera­ter der Ham­bur­ger Beth­mann-Bank ver­mö­gen­de Anle­ger nur unvoll­stän­dig und lücken­haft über die Anla­ge in Leh­man-Zer­ti­fi­ka­ten bera­ten haben, muss die Bank den voll­stän­di­gen Scha­den erset­zen und den Pri­vat­an­le­gern 7,4 Mio. EUR Scha­dens­er­satz zah­len (OLG Ham­burg, Urteil vom 22.08.2012, 14 U 291/10).

Für die Pra­xis: Im  Ver­kaufs­ge­spräch hat­ten die Bera­ter ein unvoll­stän­di­ges Rating zur Com­merz­bank vor­ge­legt. Dar­auf­hin hat­ten die Anle­ger Com­merz­bank-Zer­ti­fi­ka­te in Leh­man-Zer­ti­fi­ka­te umge­tauscht. Damit bestä­tigt das OLG Ham­burg das Urteil der Vor­in­stanz. Als Anle­ger sind Sie gut bera­ten, wenn Sie im Bera­tungs­ge­spräch alle Unter­la­gen, die Ihnen vor­ge­legt wer­den ent­we­der phy­sisch mit­neh­men und zitier­te Unter­la­gen exakt pro­to­kol­lie­ren (Bera­tungs­pro­to­koll, Pro­spek­te, Rating-Unter­la­gen, Zeit­schrif­ten­bei­trä­ge und sons­ti­ge Quel­len). Das erhöht Ihre Chan­cen im Fal­le einer Fehl­be­ra­tung, wie­der an Ihr Geld zu kommen.

Bei Feh­lern im Geschäfts­füh­rer-Ein­stel­lungs­ver­fah­ren gibt es kein zurück

Wie berich­tet, gilt das All­ge­mei­ne Gleich­heits­ge­setz (AGG) auch für den Geschäfts­füh­rer, der sich um eine Stel­le bewirbt. Dazu gibt es ein neu­es Urteil des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG). Kommt es im Ein­stel­lungs­ge­spräch mit dem poten­zi­el­len Geschäfts­führer zu einem Ver­stoß gegen das AGG, wird das nicht geheilt, wenn die GmbH anschlie­ßend auf die Ein­stel­lung eines Bewer­bers völ­lig ver­zich­tet (BAG, Urteil vom 23.8.2012 8 AZR 285/11).

Für die Pra­xis: Ach­ten Sie dar­auf, dass das Aus­schrei­bungs- und Ein­stel­lungs­ver­fah­ren auch bei der Beset­zung einer Geschäfts­füh­rer-Stel­le AGG-kon­form durch­ge­führt wird. Mit der obi­gen „Aus­re­de“ kom­men Sie bei Feh­lern um Zah­lun­gen jeden­falls nicht herum.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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