vGA: Finanzamt straft Gesellschafter doppelt ab + Geschäftsführungs-Fehler: Reden statt Prozessieren + Geschäftsführer-Perspektive: Krank sein – NEIN Danke + Digitales: Die App für den Service – BMW macht´s vor + Kompakt: Konjunktur- und Finanz-Plandaten September 2019 + GmbH/Recht: Zuständigkeit für Streitigkeiten zwischen der GmbH und ihrem (Ex-)Geschäftsführer + GmbH/Steuer: Union legt Entwurf für eine Unternehmenssteuerreform vor + vGA: Finanzbehörden erkennen die „personenbezogene” Rücklage nicht an + Arbeit/Recht: Zur Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages
Der Volkelt-Brief 36/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 6. September 2019
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
mit dem Teileinkünfteverfahren haben Sie als Gesellschafter-Geschäftsführer eine gute Möglichkeit, Einkünfte aus Kapitalvermögen mit Vorteil zu versteuern. Das gilt auch für Ihre Gewinneinkünfte aus der GmbH – also die Gewinnausschüttungen, die Sie zusammen mit Ihren Gesellschaftern nach Abschluss des Geschäftsjahres beschließen. Stichwort: Gewinnverwendungsbeschluss. Wählen Sie das Teileinkünfteverfahren, müssen Sie nur 60% des ausgeschütteten Gewinns mit Ihrem persönlichen ESt-Satz versteuern. 40 % bleiben steuerfrei. Die zu erzielende Ersparnis ist eine Rechenaufgabe für Ihren Steuerberater.
ACHTUNG: Der Termin zur Abgabe Ihrer Steuererklärung ist auch der Termin, zu dem Sie die Besteuerung Ihrer Kapitaleinkünfte nach dem Teileinkünfteverfahren beantragen müssen. Danach geht nichts mehr. Mit Folgen: Moniert der Steuerprüfer für zurückliegende Veranlagungsjahre sog. verdeckte Gewinnausschüttungen, können Sie für diese Einkünfte nachträglich nicht mehr das Teileinkünfteverfahren beantragen bzw. beanspruchen (Quelle: BFH, Urteil v. 14.5.2019, VIII R 20/16). Für diese verdeckten Gewinnausschüttungen – die u. U. lediglich fiktiven Zahlungen sind – müssen Sie dann auf jeden Fall die 25%-Abgeltungssteuer nachzahlen. Es sei denn, Ihr Steuerberater hat ohnehin oder vorsorglich die Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren beantragt.
Geschäftsführungs-Fehler: Reden statt Prozessieren
Ob Werkvertrag, Mindestlohn, Sozialbeiträge oder KSV-pflichtige Leistungen: Als Geschäftsführer tragen Sie das Risiko für Fehleinschätzungen bei der Durchführung von Arbeitsverhältnissen. In der Praxis bringt das Nachzahlungen und Zinsen oder die Staatsanwaltschaft wird sogar tätig und leitet ein (Straf-) Verfahren ein. Und das schon bei geringen Vergehen. So verurteilte das Landgericht (LG) Freiburg einen Geschäftsführer, der mehrfach falsche Angaben über Arbeitszeiten machte, Sozialbeiträge nicht abführte und unter Mindestlohn zahlte, zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahre und 6 Monaten (Aktenzeichen: 10 NS 410 JS 4578/11, Stichwort: „Teilschwarzlohnabrede“). In Relation zu manchem Urteil mit weit kriminellerer Energie eine Art Höchststrafe mit vermutetem Abschreckungspotential.
Dass es aber auch anders geht, belegen in jüngster Zeit bekannt gewordene Fälle. Ob in Steuerverfahren gegen den Prominente (vgl. Nr. 32/2019) oder um einen Fall von Sozialbeitragsnachzahlung wegen Scheinselbständigkeit in Höhe von 3 Mio. Euro, ebenfalls entschieden vom LG Freiburg: In diesen und immer mehr anderen Fällen werden die Verfahren mit einen Strafbefehl beendet. Vorteil für die beteiligten Parteien:
- die Finanz- oder Sozialkassen erhalten die ihnen zustehenden Gelder inkl. Zinsen,
- das Gericht erspart sich einen aufwendigen Prozess und
- der beschuldigte Geschäftsführer muss sich nicht der Öffentlichkeit stellen. Das Verfahren wird hinter verschlossenen Türen im Einverständnis geregelt.
Geschäftsführer-Perspektive: Krank sein – NEIN Danke
„Krank sein? Kann ich mir beim besten Willen nicht leisten“. So die häufige Antwort, wenn es um das gesundheitliche Empfinden von Führungskräften in der Wirtschaft geht. Das betrifft allerdings auch die meisten der Geschäftsführer-Kollegen/Innen, mit denen ich über dieses Thema gesprochen habe. Wie geht es IHNEN, wenn Sie spüren, dass eine Krankheit im Anflug ist? Die meisten bleiben im Dienst oder zumindest im Notdienst, nicht wenige starten in ihre wohlverdienten Urlaubstage erst einmal mit einer Erschöpfungs-Auszeit – der manchmal sogar den ganzen Urlaub andauert. Fakt ist: Je höher der Beschäftigungsgrad einer Volkswirtschaft um so höher der Krankenstand in den Unternehmen. Im Krisenjahr 2007 lag der Krankenstand pro Mitarbeiter bei 8 Tagen im Jahr. In der Folge – also mit stetiger Verbesserung der wirtschaftlichen Lage – verlängerte sich die durchschnittliche Zahl der Krankheitstage auf 12 in 2016 (Quelle: Statista, durchschnittlicher Krankenstand in der GKV 1991 bis 2018). 2018 lag die Zahl der Krankschreibungen bei 4,3 % aller Beschäftigten und damit auf einen Höchststand, der zuletzt zum Ende der Neunziger erreicht wurde. Soweit die Statistik. In der Realität sind in diesen Zahlen nur die Krankheitstage erfasst, bei denen einen Krankmeldung mit gelber Bescheinigung – also ab dem 3. Fehltag – vorlag. Kurzerkrankungen sind darin also nicht enthalten. Für Sie und die meisten Geschäftsführer-Kollegen/Innen heißt es aber bei einer aufkommenden Grippe nach wie vor: „Krank sein – geht nicht“. Wer vorsorgend mit dem Thema umgeht, ist gut beraten, das Thema Krankheit genauso ernst zu nehmen wie das Thema Nachfolge. Dabei gilt: Je vorausschauender und detaillierter Ihre Vorgaben sind, desto besser ist das Unternehmen geschützt. In den Notfallkoffer gehört: die Vertretungsregelung/en, die Terminplanung für die nächsten Tage/Wochen, die Zugangsdaten zu den geschäftlichen Konten, die Zugangsdaten zu Internet-Portalen, wichtige Kundendaten und Verträge und die Vorsorge- und Generalvollmacht für den Vertreter. Aber selbst eine solche Vorsorge hält die meisten Kollegen wahrscheinlich auch in Zukunft nicht davon ab, sich bei einer Sommergrippe erst einmal nichts anmerken zu lassen. Aber dann sollten Sie zumindest einen gehörigen Abstand zu Ihren Mitarbeitern einhalten.
Digitales: Die App für den Service – BMW macht´s vor
Die Vision lautet: Wenn das autonome E‑Mobil auf dem Markt ist, sind die Automobil-Werkstätten überflüssig. Bis dahin wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Es wird den üblichen Werkstatt-Stau im April und im Oktober geben, wenn alle gleichzeitig zum Reifenwechsel antreten. Wer warten muss, wird nicht sehr amüsiert sein. Wer seinen Wagen auf Termin braucht, muss weiterhin telefonisch Druck machen. Wie man das Problem entschärfen und die Kunden besser einbinden kann, machen schon seit einiger Zeit die Versender vor: Per Statusbericht kann der Kunde jederzeit feststellen, wo sich seine Sendung befindet und genau nachvollziehen, wann die Zustellung erfolgen wird. Warum sollte das nicht auch bei einem Werkstatttermin oder anderen Service-Terminen funktionieren? Ein Münchner BMW-Händler nahm sich der Sache an und ließ von der BMW-Fachabteilung eine App für ein solches Follow-Now-Tracking-System entwickeln. Noch spielte der Kunde nicht so mit, wie man sich das vorgestellt hatte. Die meisten Kunden wollten nicht noch eine weitere App auf ihr Smartphone laden.
Mit MassengerPeople integrierte die BMW-IT ihren Dienst in den Kurznachrichtendienst WhatApp. Gibt der Kunde im Chat mit der Werkstatt das Codewort „Follow now” ein, erhält er den aktuellen Status seiner Wagens – ob der noch aufgebockt auf die Wartung wartet, ob der Wagen noch gereinigt wird oder bereits in der Waschstraße steht. Steht der Wagen zur Abholung bereit, wird das zwar noch manuell vom Kundenberater angezeigt. Jetzt arbeitet man daran, dass die Daten automatisch verschickt werden, wenn sich eine Veränderung im Status des Werkstatt-Aufenthalts ergeben. Die Akzeptanz des Systems bei den Kunden ist da, die Kundenzufriedenheit stark gestiegen. Ergebnis der digitalen Kommunikation auf KI-Basis: Die Kundenberater müssen kaum noch telefonieren und das mit der Kundenkommunikation beauftragte Call-Center kann sich jetzt ganz gezielt um die aktive Verkaufsförderung kümmern.
Kompakt: Konjunktur- und Finanz-Plandaten September 2019
Betrifft … | Trend |
Konjunktur | Die Sorgenfalten bei den deutschen Unternehmenslenkern werden immer tiefer. Der ifo Geschäftsklimaindex ist im August von 95,8 (Saisonbereinigt korrigiert) auf 94,3 Punkte gefallen. Das ist der niedrigste Wert seit November 2012. Die Unternehmen schätzten ihre aktuelle Lage erneut deutlich schlechter ein. Auch mit Blick auf die kommenden Monate nimmt der Pessimismus zu. Die Anzeichen für eine Rezession in Deutschland verdichten sich (vgl. Nr. 32/2019). |
Preise | Die Verbraucherpreise in Deutschland lagen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Juli 2019 um 1,7 % höher als im Juli 2018. Damit zog die Inflationsrate − gemessen am Verbraucherpreisindex (VPI) – leicht an (Juni 2019: + 1,6 %). Im Vergleich zum Vormonat Juni 2019 stieg der Verbraucherpreisindex im Juli 2019 um 0,5 % (Quelle: Destatis). |
Zinsen | Die Währungshüter um EZB-Präsident Mario Draghi stellten in Vilnius in Aussicht, an der Nullzins-Politik noch bis mindestens zum Sommer 2020 nicht zu rütteln. Bislang galt dies nur bis zum Ende des laufenden Jahres. |
Wirtschaftliche Entwicklung | In Expertenkreisen geht man davon aus, dass sich die USA und China mittelfristig auf neue Handelsbedingungen verständigen werden. Abzusehen ist dann, dass die US-Handelspolitik die europäische Automobilindustrie in den Fokus nehmen wird – mit weiteren Auswirkungen auf die Absatzzahlen und Folgewirkungen für die Zulieferer-Industrie – besonders in Deutschland. Die hohen Lohnkosten dürften dann auch zur Verlagerung von Produktions- standorten führen. |
GmbH/Recht: Zuständigkeit für Streitigkeiten zwischen der GmbH und ihrem (Ex-)Geschäftsführer
Für eine Klage einer GmbH gegen den Geschäftsführer auf Ersatz einer nach Eintritt der Insolvenzreife geleisteten Zahlung ist in der Regel Gerichtsstand der Sitz der GmbH. Nach BGH-Rechtsprechung kann eine Gerichtsstandbestimmung ausnahmsweise nur dann erfolgen, wenn die Voraussetzungen für das Bestehen eines gemeinsamen Gerichtsstands nicht zuverlässig festgestellt werden können (BGH, Urteil v. 6.8.2019, X ARZ 317/19).
GmbH/Steuer: Union legt Entwurf für eine Unternehmenssteuerreform vor
Die Union geht in Sachen Reform der Unternehmenssteuern in die Offensive. Jetzt liegt der Vorschlag für einen entsprechenden Fraktionsentwurf vor. Konkret wird in dem Unionspapier vorgeschlagen, den Körperschaftssteuersatz zu senken, den Solidaritätszuschlag komplett abzuschaffen und das Außensteuerrecht zu reformieren. Weiter geht es um Maßnahmen, um Bürokratie abzubauen und Abschreibungsbedingungen zu verbessern (Quelle: Entwurf für einen Fraktionsbeschluss vom 23.8.2019).
vGA: Finanzbehörden erkennen die „personenbezogene” Rücklage nicht an
Steht den Gesellschaftern der GmbH nach den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag ein festgelegter Teil des Gewinns als auszuschüttender Gewinn zu, ist dieser vollständig bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu versteuern (mit Abgeltungssteuer oder auf Antrag nach dem Teileinkünfteverfahren). Das gilt auch dann, wenn ein Teil des Gewinns nicht an den Gesellschafter ausgeschüttet bzw. ausgezahlt wird, sondern in eine sog. personenbezogene Rücklage eingestellt wird. Die Finanzbehörden erkennen eine solche steuerliche Gestaltung grundsätzlich nicht an (FG Niedersachsen, Urteil v. 4.7.2019, 10 K 181/17).
Arbeit/Recht: Zur Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages
Wird der Aufhebungsvertrag zwischen der GmbH und einem Arbeitnehmer außerhalb der Geschäftsräume der GmbH (z. B. in der Wohnung des Arbeitnehmers, in den Räumen des Anwalts) abgeschlossen, dann ist das kein Hindernis. Laut Bundesarbeitsgericht (BAG) handelt es sich dabei nicht um ein sog. Haustürgeschäft, für das eine zweiwöchige Widerrufsfrist gelten würde (BAG, Urteil v. 7.2.2019, 6 AZR 75/18).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
L. Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief