Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 35/2015

Volkelt-NLJah­res­ab­schluss 2014: Wenn Sie Feh­ler machen, sind Sie drau­ßen + GmbH-Ver­kaufs-Plä­ne: Wie Sie als Geschäfts­füh­rer Alles rich­tig machen + GmbH-Fuhr­park: Tan­ken, wenn es bil­lig ist – geht lei­der nicht immer + Vor­sicht: Pri­va­tes Garan­tie­ver­spre­chen des Geschäfts­füh­rers bin­det + Recht: Fal­sche Anga­ben hin­dern Bestel­lung zum GF nicht + Pflicht­of­fen­le­gung: Behör­de muss Ord­nungs­geld nicht zurück­neh­men + BISS

 

Der Vol­kelt-Brief 35/2015 > Down­load als PDF – lesen im „Print”

 

Frei­burg 28. August 2015

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

bereits in Nr. 32/2015 hat­ten wir unter der Head­line „Ter­min­sa­che“ auf die ulti­ma­tiv letz­te Frist (31.8.2015) zur Vor­la­ge und Fest­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses 2014 für mit­tel­gro­ße und gro­ße GmbHs hin­ge­wie­sen. Dazu die Fra­ge eines Kol­le­gen: „Ist das Sze­na­rio rea­lis­tisch oder malen Sie hier Schreck­ge­spens­ter?“.

Die Rechts­la­ge: Ver­säum­nis­se bei der Erstel­lung und Vor­la­ge des Jah­res­ab­schlus­ses der GmbH berech­ti­gen die Gesell­schaf­ter zur (sofor­ti­gen) Abbe­ru­fung und ggf. sogar zur frist­lo­sen Kün­di­gung des Geschäfts­füh­rers. Zusätz­li­che Pro­ble­me gibt es, wenn der abbe­ru­fe­ne Geschäfts­füh­rer gegen den Abbe­ru­fungs­be­schluss der Gesell­schaf­ter vor Gericht per Anfech­tungs­kla­ge vor­geht. Darf der Geschäfts­füh­rer dann bis zur rechts­ver­bind­li­chen Ent­scheidung des Gerichts über die Wirk­sam­keit des Abbe­ru­fungs­be­schlus­ses im Amt blei­ben oder nicht?

Die rich­ti­ge Ant­wort ist: JEIN. Er kann zwar im Amt blei­ben. Anschlie­ßend kön­nen die Gesell­schaf­ter ihn aber frei­stel­len. Wei­gert sich der Geschäfts­füh­rer sei­ne Tätig­keit ruhen zu las­sen und geht er wei­ter­hin sei­ner Tätig­keit nach, kön­nen die Gesell­schaf­ter das mit einer einst­wei­li­gen Ver­fü­gung rechts­ver­bind­lich unter­sa­gen. Sie kön­nen ihm Haus­ver­bot ertei­len und damit die Aus­übung des Amtes ver­hin­dern (so zuletzt KG Ber­lin, Urteil vom 11.8.2011, 23 U 114/11). Umge­kehrt erge­ben sich so auch für den abbe­ru­fe­nen Geschäfts­füh­rer Mög­lich­kei­ten, mit einer Kla­ge sein Aus­schei­den zumin­dest zu „ver­zö­gern“.

Kommt es zwi­schen den Gesell­schaf­tern und dem Geschäfts­füh­rer zu Kon­flikt­si­tua­tio­nen (hier: um den Jah­res­ab­schluss), muss das wei­te­re Vor­ge­hen genau geplant und recht­lich abge­si­chert sein. Das beginnt mit der ord­nungs­ge­mä­ßen Ein­be­ru­fung der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, einer kor­rek­ten Durch­füh­rung und Doku­men­ta­ti­on der Inhal­te und Beschlüs­se der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, die Ein­hal­tung von vor­ge­ge­be­nen Fris­ten und die rich­ti­gen For­mu­lie­run­gen für Begrün­dun­gen (Abbe­ru­fungs- und Kün­di­gungs­grün­de) und even­tu­el­le Beweis­vor­la­gen. In der Regel ist ein feh­ler­frei­es Agie­ren ohne anwalt­li­che Bera­tung kaum möglich.

GmbH-Verkauf: Wie Sie als Geschäftsführer Alles richtig machen

Möch­te einer von meh­re­ren Gesell­schaf­ter einer Fami­li­en-GmbH sei­nen Anteil ver­kau­fen, ist der in der Regel dar­an inter­es­siert einen Höchst­preis zu erzie­len. Das geht aber nur, wenn ihm zur Bewer­tung des Anteils sämt­li­che Infor­ma­tio­nen und Inter­na aus der GmbH zur Ver­fü­gung ste­hen, also z. B. aus dem Geschäfts­be­richt oder dem Jah­res­ab­schluss. Als Gesell­schaf­ter hat er Zugang zu die­sen Infor­ma­tio­nen. Weder Sie als Geschäfts­füh­rer noch die Mit-Gesell­schaf­ter haben dann einen Ein­fluss dar­auf, wenn der ver­kaufs­wil­li­ge Gesell­schaf­ter die­se Inter­na – die aus­führ­li­cher sind als die offi­zi­ell im Unter­neh­mens­re­gis­ter aus­ge­wie­se­nen Infor­ma­tio­nen über die GmbH – an einen poten­zi­el­len Käu­fer wei­ter gibt. Was aber, wenn er zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen über die GmbH anfor­dert, z. B. um ein aus­führ­li­ches Due-Dili­gence-Gut­ach­ten erstel­len zu lassen?

  • Fall 1: Der ver­kaufs­wil­li­ge Gesell­schaf­ter macht von sei­nem umfas­sen­den Aus­kunfts- und Ein­sichts­recht (§ 51 a GmbH-Gesetz) Gebrauch. Dazu for­dert er die zur Erstel­lung des Gut­ach­tens not­wen­di­gen Unter­la­gen von Ihnen an. Das betrifft z. B. auch Unter­la­gen und Aus­künf­te über neu ange­bahn­te Geschäfts­ab­schlüs­se, über neue Koope­ra­ti­ons­pro­jek­te usw. ACHTUNG: Hier gehen die Exper­ten und uni­so­no die Kom­men­ta­to­ren des GmbH-Geset­zes davon aus, dass Aus­kunfts­ge­su­che, die zur Wei­ter­ga­be an Drit­te ver­wen­det wer­den, nicht vom Aus­kunfts- und Ein­sichts­recht aus § 51a GmbH-Gesetz gedeckt sind. Für Sie als Geschäfts­füh­rer heißt das: Sie sind für das Infor­ma­ti­ons­er­su­chen nicht zustän­dig. Ertei­len Sie den­noch die ange­for­der­te Aus­kunft, machen Sie sich u. U. schadensersatzpflichtig.
  • Fall 2: In die­sem Fall ist die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung zustän­dig. Nur sie kann den Aus­kunft ersu­chen­den Gesell­schaf­ter vom Gebot der Treue­pflicht zur GmbH ent­bin­den. Dazu not­wen­dig ist ein Beschluss der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung mit Sat­zung ändern­der Mehr­heit (in der Regel: ¾ der Stim­men, es sei denn es ist Ein­stim­mig­keit im Gesell­schafts­ver­trag vor­ge­ge­ben). Nach einem Urteil des Land­ge­richts (LG) Köln soll sogar gene­rell Ein­stim­mig­keit Vor­aus­set­zung für den Beschluss ver­langt wer­den (LG Köln, Urteil vom 26. 3.2008, 90 O 11/08). Das ist aller­dings auch u. E. zu weit gegrif­fen und nicht erfor­der­lich. Außer­dem müs­sen in dem Beschluss die genau­en Inhal­te auf­ge­lis­tet wer­den, wel­che Aus­künf­te an den Gesell­schaf­ter erteilt wer­den (Umfang des Auskunftsersuchens).
Als Geschäfts­füh­rer sind Sie bei einem sol­chen Aus­kunfts­er­su­chen gut bera­ten, nur auf Wei­sung der Gesell­schaf­ter Aus­kunft zu ertei­len. Ach­ten Sie dar­auf, dass alle for­mel­len Vor­aus­set­zun­gen der Beschluss­fas­sung ein­ge­hal­ten sind und ein wirk­sa­mer Beschluss vor­liegt. Geht einer der Gesell­schaf­ter gericht­lich gegen den Beschluss vor (Anfech­tungs­kla­ge), sind Sie gut bera­ten, vor­erst still zu hal­ten. Im Zwei­fel soll­ten Sie sich von einem Fach­an­walt für Gesell­schafts­recht bera­ten las­sen. Ach­tung: Unstim­mig­kei­ten zwi­schen den Gesell­schaf­tern gehen sonst auf Ihre Kos­ten. Das soll­ten Sie auf kei­nen Fall riskieren.

GmbH-Fuhrpark: Tanken, wenn es billig ist – geht nicht immer

Mit der Mel­de­pflicht der Sprit­prei­se der Tank­stel­len an die Markt­trans­pa­renz­stel­le gibt es unter­des­sen zwar voll­stän­di­ge Trans­pa­renz über die aktu­el­len Sprit­prei­se (vgl. Nr. 36 + 43/2013). Das eigent­li­che Anlie­gen der Kar­tell­be­hör­den ist aber längst nicht erreicht: Offi­zi­el­les Ziel war es u. a. auch, die (will­kür­li­chen) Schwan­kun­gen der Sprit­prei­se aus­zu­schal­ten. In der Pra­xis ist aller­dings genau das Gegen­teil ein­ge­tre­ten. Die Prei­se schwan­ken noch stär­ker und das im Minu­ten­takt. Fol­ge für den Ver­brau­cher und damit natür­lich auch für das Fuhr­park-Con­trol­ling: Ratio­na­les Ein­kaufs­ver­hal­ten in Sachen Ben­zin­prei­se ist nicht zu machen. Unter­des­sen haben zwar vie­le Kol­le­gen das Tank­ver­hal­ten umge­stellt und nut­zen den neu­en Ser­vice. Ent­we­der im Inter­net mit einem der offi­zi­el­len Ver­gleichs­por­ta­le oder als App aufs Handy.

Bei­de Ser­vices arbei­ten zuver­läs­sig und mit den glei­chen Daten. Die­se sind Stun­den-aktu­ell. Man kann sich also auf die Preis­an­ga­ben nahe­zu zu 100 % ver­las­sen. Die zuge­las­se­nen Preis-Por­ta­le zei­gen jeweils die glei­chen Ergeb­nis­se an. Uns hat am bes­ten – weil am über­sicht­lichs­ten und (fast) wer­be­frei – www.tanke-guenstig.de gefal­len. Die Preis­un­ter­schie­de sind zum Teil beträcht­lich. In unse­rem Test vari­ier­ten die Prei­se für Super E5 von 139,9 € bis 156,9 € (Auto­bahn). Die meis­ten Tank­stel­len ver­kauf­ten für 142,9 € – also 3 Cent über dem preis­wer­tes­ten Ange­bot. Je nach Fahr­leis­tung kön­nen Sie damit bei „bewuss­tem“ Ein­kauf jähr­lich zwi­schen 100 und 500 € ein­spa­ren. Bei grö­ße­ren Fuhr­parks rech­net sich das durch­aus. Mor­gens ist es am teuersten.

Wei­te Anfahr­ten zu den Bil­lig­tank­stel­len sind für die meis­ten Kol­le­gen und deren Mit­ar­bei­ter in der Regel nicht drin. Prü­fen Sie aber, ob Sie durch eine Umstel­lung im Tank­ver­hal­ten von der neu­en Trans­pa­renz pro­fi­tie­ren kön­nen. Z. B., indem Sie den Tank nicht leer fah­ren, son­dern regel­mä­ßig unter­wegs tan­ken – und zwar immer dort, wo es den güns­tigs­ten Sprit gibt. So lässt sich der ein oder ande­re Geschäfts­ter­min gleich auch noch zum nach­hal­ti­gen Umgang mit Resour­cen und Kos­ten nut­zen. Pro­blem für den akti­ven Fuhr­park (Ein­satz­fahr­zeu­ge): Erfah­rungs­ge­mäß liegt der Preis-Tiefst­stand außer­halb der übli­chen Geschäfts­zei­ten – also ent­we­der am Sams­tag Abend oder Sonn­tag mor­gen – in unse­rer Gegend auch schon mal am Don­ners­tag ab 20 Uhr.

Vorsicht: Garantieversprechen des Geschäftsführers bindet 

Ein Kun­de – er ist Geschäfts­füh­rer einer GmbH – hat mir ver­si­chert, dass er not­falls per­sön­lich den Kopf hin­hält, falls die Fir­ma zah­lungs­un­fä­hig wird. Wel­che recht­li­chen Fol­gen hat das? Kann ich mich dar­auf ver­las­sen?“. So die Anfra­ge des Geschäfts­füh­rers einer Elek­tro-GmbH, der für die­sen Fir­men­kun­den die kom­plet­ten Instal­la­tio­nen für die Büro-Tech­nik neu ver­le­gen soll. Gesamt-Aus­schrei­bungs­vo­lu­men rund 55.000 EUR. Was müs­sen Sie bei einem sol­chen Garan­tie­ver­spre­chen beachten?

Die Rechts­la­ge: Zu einem ver­gleich­ba­ren Fall gibt es ein BGH-Urteil. Danach gilt: Die einem Waren­lie­fe­ran­ten im Rah­men einer lau­fen­den Geschäfts­ver­bin­dung vom Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer gege­be­ne Ver­si­che­rung, er wer­de bei einer Ver­schlech­te­rung der wirt­schaft­li­chen Lage der Fir­ma Kapi­tal nach­schie­ßen, so dass der Lie­fe­rant sein Geld auf jeden Fall bekom­me, kann ein selbst­stän­di­ges Garan­tie­ver­spre­chen nach § 305 BGB dar­stel­len. Das kann auch im oben genann­ten Fall unter­stellt wer­den (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 18. 6.2001, II ZR 248/99 für den Fal­le einer GmbH & Co. KG).

Damit sind die Gren­zen für das Ver­kaufs­ge­spräch des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers einer GmbH auf­ge­zeigt. In dem Moment, in dem der Lie­fe­rant den Ein­druck bekom­men muss, dass der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer bereit ist, zusätz­lich mit sei­nem pri­va­ten Ver­mö­gen gera­de zu ste­hen, kön­nen Sie das wört­lich neh­men. Pro­to­kol­lie­ren Sie den Sach­ver­halt und geben Sie das Pro­to­koll dem Kun­den offi­zi­ell zur Kennt­nis. Umge­kehrt sind Sie als Geschäfts­füh­rer gut bera­ten, sol­che Aus­sa­gen zu unter­las­sen bzw. einem ent­spre­chen­den Gesprächs­pro­to­koll des Lie­fe­ran­ten sofort und schrift­lich zu widersprechen.

Falsche Angaben hindern Bestellung zum GF nicht

Bestä­tigt der neu bestell­te Geschäfts­füh­rer, dass es kei­ne Grün­de die sei­ner Bestel­lung ent­ge­gen­ste­hen (§ 6 GmbH-Gesetz), obwohl er wegen Untreue vor­be­straft ist (er also fal­sche Anga­ben macht), steht das einer Bestel­lung nicht ent­ge­gen, wenn die gegen ihn ver­häng­te Stra­fe unter dem Maß liegt, das im Gesetz fest­ge­schrie­ben ist (hier gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3: min­des­tens 1 Jahr). Die Bestel­lung ist wirk­sam (KG Ber­lin, Urteil vom 8.4.2015, 121 Ss 25/14, Quel­le: GmbH-Rund­schau 2015, S.868).

Ein­fa­cher wäre der Bestell-Akt ver­lau­fen, wenn der Geschäfts­füh­rer auf sei­ne Vor­stra­fe hin­ge­wie­sen hät­te, ver­bun­den mit dem Hin­weis, dass die­se einer Bestel­lung gemäß den Vor­ga­ben des GmbH-Geset­zes nicht ent­ge­gen­steht. Frag­lich ist aller­dings, ob die Gesell­schaf­ter mit die­sem Wis­sen eine Bestel­lung noch befür­wor­tet hät­ten. Ein Grenzfall.

Pflichtoffenlegung: Behörde muss Ordnungsgeld nicht zurücknehmen

Hat das Bun­des­amt für Jus­tiz (BfJ) erst ein­mal ein Ord­nungs­geld ver­hängt, weil die GmbH bzw. ihr Geschäfts­füh­rer den Jah­res­ab­schluss nicht recht­zei­tig ver­öf­fent­licht hat, ist nichts mehr zu machen. Sie müs­sen das Ord­nungs­geld zah­len. Weder das BfJ noch das Land­ge­richt sind dann berech­tigt, das Ord­nungs­geld her­ab­zu­set­zen oder etwa zu erlas­sen (OLG Köln, Urteil vom 29.6.2015, 28 Wx 1/15).

Ver­säu­men Sie die recht­zei­ti­ge Ein­rei­chung der ver­öf­fent­li­chungs­pflich­ti­gen Unter­la­gen, wird die GmbH auf­ge­for­dert inner­halb von 6 Wochen nach­zu­rei­chen. Und zwar unter Andro­hung eines Ord­nungs­gel­des von 2.500 EUR. Das Ver­fah­ren ist recht­lich nicht zu bean­stan­den. Wird die Frist über­schrit­ten, wird in der Regel ein Ord­nungs­geld ver­hängt – und zwar ohne „wenn und aber“. Sind Sie ernst­haft ver­hin­dert (Krank­heit des Steu­er­be­ra­ters) müs­sen Sie das spä­tes­tens inner­halb der 6‑Wochenfrist vortragen.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

Schreibe einen Kommentar