Der Fall „Lauffenmühle”: So schnell kommt es zu einem Strafverfahren gegen die Geschäftsführung + GmbH/Jahresabschluss: Nicht jeder Prüfer darf prüfen + Geschäftsführungs-Perspektive: Firmenwagen, Dieselgate + Unternehmens-Recht: Was Sie wissen müssen – was die Geschäftsführung veranlassen muss + Digitales: So schreiben sich die neuen Erfolgsgeschichten (XVI) + GmbH/Finanzen: Steuer-Vorauszahlungen an die Lage anpassen + GmbH/Steuern: Fehler in der Körperschaftsteuer-Erklärung + Mitarbeiter: Betriebsrat hat keinen Anspruch auf Einsicht + GmbH/Geld: UBS senkt Grenze für Strafzins + GmbH-Firmenwagen: Anspruch auf Neulieferung ohne Nutzungsentschädigung + GmbH/Krise: Beendigung des Insolvenzverfahrens einer GmbH + GmbH/Verkauf: Gewinn- bzw. umsatzabhängiger Kaufpreis
Der Volkelt-Brief 33/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 16. August 2019
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
viele Kollegen/Innen sind – nicht anders als zahlreiche Wirtschafts-Experten, Volkswirte und Banker – höchst verunsichert über die wirtschaftliche Entwicklung (vgl. dazu zuletzt Nr. 32/2019). Stichworte: Staatsverschuldung, Niedrigzinsen, Brexit, Handelsbarrieren. Damit steigt für viele Unternehmen das Insolvenzrisiko. Wer hier Fehler macht, riskiert eine berufliche Zäsur – mit weit reichenden wirtschaftlichen Folgen. Z. B. wie jetzt im Insolvenzverfahren der Lauffenmühle GmbH & Co. KG. Unterdessen prüft die Staatsanwaltschaft, ob gegen die Geschäftsführung ein Strafverfahren wegen Insolvenzverschleppung und Betrug eröffnet werden muss.
Zunächst versuchte die Geschäftsleitung, das Unternehmen mit allen Mitteln zu retten. Viele Gespräche wurden geführt – mit Gläubigern, Investoren und mit dem Betriebsrat. Als nichts mehr ging, stellte die Geschäftsführung den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der eingesetzte Insolvenzverwalter monierte Versäumnisse, stellte weitere Nachforschungen zu den Geschäftsführungs-Maßnahmen und Handlungen an und kam zu der Überzeugung, dass „möglicherweise unberechtigte Zahlungen” veranlasst wurden. Die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Strafverfahrens waren erfüllt. Dabei handelt es sich um ein durchaus übliches Vorgehen. Darauf sollten Sie eingerichtet sein. Dagegen gibt es (leider) immer noch keine Versicherung.
GmbH/Jahresabschluss: Nicht jeder Prüfer darf prüfen
Bis Ende des Monats müssen mittelgroße und große GmbH den Jahresabschluss 2018 feststellen. Diese Unternehmen müssen den Jahresabschluss zuvor auch „prüfen“ lassen. Dazu haben die Gesellschafter in der Regel zu Beginn des Geschäftsjahres (also in 2018) den Prüfer bestimmt (§ 318 HGB). Als Geschäftsführer müssen Sie nach Vorlage des Jahresabschlusses durch den Steuerberater den entsprechenden Prüfungsauftrag an den Wirtschaftsprüfer (WP), einen vereidigten Buchprüfer oder an die bestimmte WP- bzw. BP-Gesellschaft erteilen. Vorsicht: Laut Handelsgesetzbuch gibt es klare Vorschriften, wer ihren Jahresabschluss prüfen darf und wer nicht. So darf eine StB/WP-Kanzlei, die bei der Aufstellung des Jahresabschlusses mitgewirkt hat, den „eigenen“ Abschluss nicht prüfen. Ist der Prüfer an ihrer GmbH beteiligt, darf er ebenfalls nicht prüfen. Die genauen Vorgaben, wer prüfungsberechtigt ist, ergeben sich aus § 319 HGB. Das müssen Sie bei der Auftragsvergabe berücksichtigen.
Bestätigt Ihnen der Wirtschaftsprüfer, dass er „zur Prüfung berechtigt ist“ (Qualitäts- und Berechtigungsnachweis gemäß § 57a Wirtschaftsprüfungsordnung), obwohl er tatsächlich nicht dazu berechtigt ist, ist das sein Problem. Lehnt das Unternehmensregister den Jahresabschluss später wegen fehlerhafter Prüfung bzw. unzulässig ausgestelltem Prüfungsvermerk zur Eintragung ab und wird der Abschluss deswegen nochmals geprüft, ist das nicht Ihr Problem. Der unbefugte Prüfer muss Ihren Schaden zahlen und zwar auch die Kosten für die gesamte Nachprüfung.
Bei mittelgroßen GmbHs handelt es sich dabei schnell um einen fünfstelligen Betrag. Diese Rechtslage hat der Bundesgerichtshof (BGH) unterdessen bestätigt bzw. in letzter Instanz und damit unwiderruflich festgestellt (BGH, Urteil v. 2.7.2013, II ZR 293/11).
Geschäftsführungs-Perspektive: Firmenwagen, Dieselgate
Glaubt man der Statistik, sind ca. 70 % aller Neuwagenzulassungen „Firmenwagen” – das gilt auch für Dieselfahrzeuge und SUV. Unternehmen und Firmenwagen-Fahrer – also mehr oder weniger alle GmbH-Geschäftsführer-Kollegen/Innen – gehören also hochgradig auch den von Dieselgate Betroffenen. Aus diesem Grund berichten wir ja an dieser Stelle regelmäßig zu den dazu anhängigen gerichtlichen Verfahren und über die vielen unterschiedlichen Entscheidungen der Gerichte. Fakt ist: Bisher hat der VW-Konzern 30 Mrd. EUR investiert, um die Folgen abzutragen. Ein großer Teil davon sind Gerichts- und Anwaltskosten, die VW dafür aufwendet, um flächendeckende Schadensersatzzahlungen zu vermeiden. Im Gegenzug haben sich zahlreiche Anwalts-Initiativen gebildet, die sich dem Musterklageverfahren angeschlossen haben. Das steht noch aus. Man darf gespannt sein.
Viele verärgerte VW-Fahrer – und dazu gehören auch viele Kollegen/Innen – wollten und wollen den Schaden nicht auf sich sitzen lassen und haben auf eigene Faust den Rechtsweg eingeschlagen – mit großem Vertrauen in die deutsche Gerichtsbarkeit. Dazu: Wer einen mit einem 2,0 Liter Motor des Typs EA ausgestattetem Firmenwagen unterwegs ist, hat beste Chancen auf Genugtuung. Das Kraftfahrzeugbundesamt hat hier offiziell Manipulationen festgestellt und die Gerichte orientieren sich in ihren Urteilen an dieser Rechtslage. Wer mit einer anderen Motor-Ausstattung unterwegs ist, hatte bisher schlechtere Karten. Unterdessen hat das Kraftfahrtbundesamt auch bestätigt, dass auch 3‑Liter-Motoren manipuliert wurden (Tuareg, Porsche Cayenne). Allerdings sind die offiziellen Papiere dazu (noch) unter Verschluss. Die Besen der Gerichtsbarkeit kehren zwar langsam, aber gründlich. Für Firmenwagen-Fahrer kann die Devise für die Zukunft trotzdem nur heißen: Leasing statt Kaufen. Und zwar für den gesamten Fuhrpark. Mit den besten Grüßen.
Unternehmens-Recht: Was Sie wissen müssen – was die Geschäftsführung veranlassen muss
Betrifft … | Darum geht es … | to do … |
Weiterbildung | Geplant ist, dass Weiterbildungsmaßnahmen des Arbeitgebers (§ 3 Nr. 19 EStG) für die Mitarbeiter steuerfrei bleiben. Und zwar immer dann, wenn sich die Weiterbildung (zum Beispiel IT-Kurse) nicht nur auf die konkreten Tätigkeiten am ausgeübten Arbeitsplatz (tätigkeitsbezogene Schulungen) bezieht. | Das dürfte alle Weiterbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Digitalisierung betreffen (Wichtig: Dokumentation der dafür anfallenden Stunden). |
KV Kosten | Laut Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2019 können Sie in Zukunft Beiträge zur Krankenversicherung eines Kindes in Ihrer Steuererklärung als Sonderausgaben ansetzen. | Das Gesetzgebungsverfahren abwarten und ggf. Unterlagen (Versicherungsnachweis) für den Steuerberater zusammenstellen. |
Digitales: So lesen sich die neuen Erfolgsgeschichten (XVI)
Stationär oder online: Die nächste Runde um die Budgets der Konsumenten ist eröffnet. Beteiligt sind sogar einige der Mode-Ketten, die sich bisher geweigert haben, mit den Großen der Branche zusammenzuarbeiten – z. B. mit Zalando. Lieber hat man auf den eigenen Online-Shop gesetzt. Jetzt hat man neue Formen der Zusammenarbeit entdeckt – mit Vorteilen für beide Seiten. Das Modell funktioniert so: Bestellt ein Kunde bei Zalando ein bestimmtes Produkt aus einer der beteiligten Mode-Ketten, leitet Zalando die Bestellung an den Vor-Ort-Zwischenhändler weiter. Der erledigt die Bestellung – aufgrund seiner Vor-Ort-Präsenz schneller und kostengünstiger als das Zalando leisten kann. Die Marge bleibt beim Vor-Ort-Händler. Zalando kassiert dafür lediglich eine Vermittlungsgebühr. Vorreiter ist der Bielefelder Modedienstleister Katag AG. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung für 50 Filialbetriebe des Modeunternehmens ist unterschrieben und ab sofort im Testlauf.
GmbH/Finanzen: Steuer-Vorauszahlungen an die Lage anpassen
Unterdessen liegt der Geschäftsführung das Betriebsergebnis für das 1. Halbjahr 2019 vor. Tendenz: In den meisten GmbHs laufen die Geschäfte nicht mehr ganz rund – mit Folgen für Ihre Steuer-Vorauszahlungen. Sind die einmal für das laufende Geschäftsjahr festgesetzt, veranlassen die meisten GmbHs die Vorauszahlungen zu den festgelegten Steuerterminen (hier: 15.8.2019 für die Gewerbesteuer, 10.9.2019 für die Körperschaftsteuer). Als Steuerzahler kann auch eine GmbH jederzeit Antrag auf Anpassung der Vorauszahlung stellen. Dazu genügt ein formloser Antrag an das Finanzamt.
Achtung: Seit 2018 können Sie diesen Antrag auch „online” stellen. Weisen Sie Ihren Steuerberater entsprechend an. Im Antrag müssen Sie die Gründe für eine Anpassung nach unten plausibel darstellen (z. B. Umsatzrückgang, Rückgang bei den Auftragseingängen). Am besten stimmen Sie die Argumentation und die einzelnen Maßnahmen genau mit dem Steuerberater ab. Belegen Sie Ihr Anliegen mit Unterlagen (Halbjahresergebnisse, Auftragsbestand, BWA, eventuell Aufstellung einer Zwischenbilanz). In der Regel wird das Finanzamt Ihren Antrag bestätigen und die Körperschaftsteuer bzw. Gewerbesteuervorauszahlungen nach unten korrigieren.
GmbH/Steuern: Fehler in der Körperschaftsteuer-Erklärung
Ein Körperschaftsteuerbescheid ist offenbar unrichtig, wenn die Steuerpflichtige die Zeile 44a der Körperschaftsteuererklärung (hier: inländische Bezüge) nicht ausgefüllt hat, obwohl sich aus den dem Finanzamt vorliegenden Steuerbescheinigungen und der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung ergibt, dass die Steuerpflichtige eine Gewinnausschüttung einer GmbH erhalten und das Finanzamt in der Anrechnungsverfügung zum Körperschaftsteuerbescheid die Kapitalertragsteuer auf die Körperschaftsteuer angerechnet hat (BFH, Urteil v. 22.5.2019, XI R 9/18).
Mitarbeiter: Betriebsrat hat keinen Anspruch auf Einsicht
Wird im Unternehmen zu statistischen Zwecken und/oder für das betriebsinterne Controlling eine Personal-Umsatz-Statistik geführt, hat der Betriebsrat keinen Anspruch auf Einsicht in diese Unterlagen. Sie sind laut Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein ausdrücklich kein Instrument der Personalplanung und damit nicht einsichtspflichtig (LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 26.2.2019, 2 TaBV 14/18).
GmbH/Geld: UBS senkt Grenze für Strafzins
Die Schweizer Großbank UBS – mit Filialen auch in Deutschland – senkt die Grenze, ab der Bankguthaben mit Strafzins belegt werden. Bisher wurde Kunden ab einem Guthaben von 1 Mio. EUR ein Strafzins von 0,6 % berechnet. An sofort gilt das für Guthaben > 500.000 EUR. Zu prüfen ist, ob die Aufteilung von großen Anlagebeträgen auf verschiedene Banken ein Ausweg ist.
GmbH-Firmenwagen: Anspruch auf Neulieferung ohne Nutzungsentschädigung
Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat einen Autohändler in einem Dieselgate-Verfahren zur Nachlieferung eines Skoda Octavia Combi aus der aktuellen Serienproduktion gegen Rückgabe des manipulierten Fahrzeugs verurteilt. Besonderheit: Der Geschädigte muss sich noch nicht einmal eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen. Es handelte sich um ein Fahrzeug Baujahr 2013. Geliefert werden muss ein Neufahrzeug aus der Nachfolgeserie. Achtung: Es gibt aber auch OLG-Urteile in der Sache, die einen Neuwagenanspruch ablehnen (OLG Hamburg, Urteil v. 12.12.2018, 11 U 55/18) oder eine Nutzungsentschädigung berechnen (OLG Stuttgart, Urteil v. 29.7.2019, 5 U 45/18).
GmbH/Krise: Beendigung des Insolvenzverfahrens einer GmbH
Eine GmbH kann nach Aufhebung des Insolvenzplanverfahrens nicht kraft Fortsetzungsbeschlusses ihres Alleingesellschafters fortgesetzt werden, wenn der Insolvenzplan keine Fortführungsplanung enthält. Liegt zwischen der Aufhebung des Insolvenzplanverfahrens seitens des Insolvenzgerichts und dem Fortsetzungsbeschluss des Gesellschafters eine nicht unerhebliche Zeitspanne – im Streitfall etwa sechs Monate –, so kommt auch die Anwendung der Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Neugründung im Anmeldezeitpunkt des Fortsetzungsbeschlusses in Betracht (OLG Celle, Beschluss v. 8.3.2019, 9 W 17/19).
GmbH/Verkauf: Gewinn- bzw. umsatzabhängiger Kaufpreis
Bleibt die Veräußerung eines GmbH-Anteils gemäß § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei (hier: Veräußerung eines GmbH-Anteils in der Organschaft) und wird eine Kaufpreiszahlung aus einem Fixbetrag und einem Gewinn- bzw. umsatzabhängigen Kaufpreis vereinbart, muss das Finanzamt diesen Vorgang einheitlich behandeln und steuerfrei stellen. Das gilt ausdrücklich auch für den Gewinn- bzw. umsatzabhängigen Kaufpreisanteil – auch wenn dieser erst zu einem späteren Zeitpunkt dem Veräußerer zufließt (BFH, Urteil v. 19.12.2018, I R 71/16).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
L. Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief