CO2-Abgabe: Sommertheater oder Kostenspirale? + Geschäftsführungs-Vorsorge-Strategie: Sicherung der Familien-GmbH + Digitales: So schreiben sich die neuen Erfolgsgeschichten (XIV) – Betr.: Geschäftsreisen + GmbH-Finanzen: Was tun bei steigenden Preisen für Rohstoffe und Energie? + Geschäftsführer-Haftung: GmbH muss Rückstellung für Jahresabschluss bilden + Terminsache: GmbH-Gründung und Zweigniederlassungen „online” + Geschäftsführer-Firmenwagen: VW haftet, das Autohaus nicht + GmbH-Bestattung: BGH nimmt Notare in die Pflicht + Steuern: BFH entscheidet in Sachen Cum-Ex-Geschäfte
Der Volkelt-Brief 31/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 2. August 2019
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
unterdessen haben (fast) alle Parteien das Thema Klimaschutz auf die politische Agenda gesetzt. Auch in der Großen Koalition mehren sich die Stimmen, die sich eine CO2-Abgabe vorstellen können – in Anlehnung an das Schweizer Modell einer sog. Lenkungsabgabe. Danach erhalten Haushalte und Unternehmen, die sich klima- freundlich verhalten am Ende des Jahres eine Rückvergütung. Haushalte erhalten einen direkten Zuschuss auf die Stromrechnung oder einen Zuschuss für umweltfreundliche Investitionen, Arbeitnehmer erhalten einen Zuschuss zur Krankenversicherung und Unternehmen erhalten eine Rückzahlung, die sich in der Höhe an der Anzahl der Beschäftigten orientiert.
Besonderheit in der Schweiz: Die CO2-Abgabe wird auf Brennstoffe, nicht aber auf Benzin und Diesel erhoben und zielt in erster Linie darauf ab, die Emissionen von Gebäuden (fossile Brennstoffe) zu reduzieren (Anteil: 40 %), Industrie-Emissionen zu senken (15 %) und nur zu einem kleineren Teil die Belastungen aus der Verkehrs- Infrastruktur abzusenken (10 %). In Deutschland werden sich die Unternehmen allerdings darauf einstellen müssen, dass die zusätzlichen Abgaben auf Benzin, Diesel und für´s Heizen der Büroräume mittelfristig bis zu 10 % Mehrkosten ausmachen werden – „ohne Rückvergütungsoption” versteht sich.
Geschäftsführungs-Vorsorge-Strategie: Sicherung der Familien-GmbH
Nachhaltiger Unternehmenserfolg ist nur möglich, wenn es klare Regeln gibt – auch für die Familie. Einiges an Konfliktpotential zwischen den Familien-Mitgliedern lässt sich im Gesellschaftsvertrag des Unternehmens regeln – etwa die Übertragbarkeit von Anteilen, Wettbewerbsverbote oder Verschwiegenheitspflichten. Diese Vorgaben sind rechtsverbindlich für die Familien-Mitglieder, die auch Gesellschafter des Unternehmens sind.
In vielen Unternehmen gibt es verbindliche Vorgaben für alle Gesellschafter, die Geschäftsleitung und alle Mitarbeiter des Unternehmens. Darin geregelt wird der Umgang mit Geschäftspartnern, Kunden und untereinander. Viele Familien-Unternehmen haben zusätzlich eine Unternehmens-Charta aufgestellt. Jeder Mitarbeiter ist verpflichtet, die dort aufgeführten Grundsätze zur Kenntnis zu nehmen und zu unterschreiben. Verstöße dagegen sind arbeitsrechtlich relevant. Familienunternehmen brauchen aber noch weitere Regeln. Gerade in einer Zeit, in der die Familienstrukturen im Wandel sind und Patchwork-Familien die Realitäten bestimmen. Um eine solche Familien-Charta auf den Weg zu bringen, müssen alle Beteiligten mitziehen bzw. davon überzeugt werden, dass es nur eine gemeinsame Lösung gibt, der alle zustimmen und die für alle gilt. Dazu gehört Offenheit – d. h. die Beteiligten müssen respektvoll miteinander Meinungen austauschen, Lösungen entwickeln und die Bereitschaft mitbringen, sich nach den gemeinsamen Grundsätzen zu verhalten.
Übersicht: Inhalte einer Familien-Charta:
Was muss geregelt werden | Mögliche Regelungsinhalte |
Wer gehört zur Familie | Stellung von Ehepartnern, Stellung von nicht ehelichen Lebensgefährten, Stellung von Kindern und Stiefkindern, Stellung von geschiedenen Ehegatten, Möglichkeit der Adoption usw. |
Stellung im Erbfall | Abweichende Gestaltung von gesetzlichen Erbfolgen, Verbot der Stückelung des Anteils, Regelungen zum Ausgleich für Familien-Mitglieder, die Nicht-Gesellschafter sind. |
Unternehmensgrundsätze | Bedeutung der Katalog der Verhaltensanforderungen beim Zusammenleben mit Nicht-Familien-Mitgliedern. |
Mitarbeit von Familien-Mitgliedern im Familien-Unternehmen | Formulierung der Einstiegsvoraussetzungen (Ausschreibung, Ausbildung, ranggleiche Tätigkeit bereits in einem vergleichbaren Dritt-Unternehmen). |
Informations- und Meinungsaustausch zwischen Unternehmen und Familien-Mitgliedern | Einrichtung von regelmäßigen Veranstaltungen und Familien-Events zur Förderung des Informations- und Meinungsaustauschs zwischen dem Unternehmen und den Familien-Mitgliedern und Familien-Mitgliedern untereinander (Familientag, Familien-Camp). |
Zusammenarbeit mit Firmen von Familien-Mitgliedern | Ordentliche Ausschreibung der nachgefragten Leistungen, Auftragsvergabe nach dem Vier-Augen-Prinzip. |
Wichtig für alle, die Verträge mit Angehörigen abschließen: Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat in einer Verwaltungsvorschrift vorgegeben, dass Fehler in Familien-Verträgen (Arbeitsverträge mit Familienangehörigen, Regelungen zu Gewinnansprüchen) „nur im Einzelfall“ steuerrechtlich nicht zur Beanstandung führen (BMF-Schreiben v. 2.4.2007, IV B 2 – S 2144/0). Und das, obwohl der BFH bereits 2006 entschieden hat, dass Mängel in den Verträgen mit Familien-Angehörigen nicht automatisch zur steuerlichen Nicht-Anerkennung führen dürfen (IX R 4/04). Damit berücksichtigte der BFH, dass das schwierige und streng formale deutsche Vertragsrecht schnell dazu führt, dass Fehler gemacht werden – selbst dann, wenn Berater einbezogen werden. Solche Fehler können noch nachträglich beseitigt werden – auch rückwirkend.
Digitales: So schreiben sich die neuen Erfolgsgeschichten (XIV) – Geschäftsreisen
Mit Booking.com, HRS und Airbnb hat sich nicht nur die Tourismus-Branche für Urlaubssuchende in den letzten Jahren gewaltig verändert. Auch der Markt für Geschäftsreisen wurde und wird großflächig umstrukturiert. Die professionellen Agenturen stehen immer mehr unter Druck. Viele Unternehmen haben das Reise-Management wieder selbst in die Hand genommen. Und der Effekt ist enorm: Die durchschnittliche Geschäftsreise kostet pro Person und pro Tag nur noch 310 EUR. Die Kosten für Geschäftsreisen stagnieren seit 2016 in einem ansonsten teurer werdenden Umfeld.
Neueste Trends: Intelligente Smartphone-Apps, mit der die komplette Geschäftsreise auf KI-Basis geplant wird, die vom Anbieter vorfinanziert wird und erst nach Ende der Geschäftsreise mit dem Unternehmen abgerechnet wird. Vorreiter dieser Entwicklung ist das StartUp Travelperk. Das Gesamtpaket kostet den Unternehmer lediglich eine Festgebühr von 10 EUR pro Reiseplanung und ‑abwicklung, inkl. Vorfinanzierung. Andere Anbieter setzen auf die digitale Reisekostenabrechnung in Zusammenarbeit mit den großen Kreditkartenanbietern und im Zusammenspiel mit SAP-Software. Die Wizy-App ist eine Entwicklung des Kölner StartUp-Unternehmens wireplus.com. In die App integriert ist ein Mehrwerterstattungsprogramm für Auslandsüberweisungen – damit entfällt die aufwendige Antragstellung.
Das Berliner StartUp Comtravo arbeitet an einer KI-Lösung, die einfache E‑Mail-Reiseanfragen mit konkreten Angeboten beantwortet – die Erfolgsquote mit der Abwicklung „ohne Mensch” liegt bereits bei 30 %.
GmbH-Finanzen: Was tun bei steigenden Preisen für Rohstoffe und Energie?
Unruhe auf den Weltmärkten wirkt auf die Preise. In vielen Branchen verteuert sich die Beschaffung von Rohstoffen/Vorprodukten. Gerade kleinere Unternehmen haben Probleme, die Preissteigerungen an den Beschaffungsmärkten an ihre Kunden weitergeben. Das betrifft alle Branchen, so können Backwarenhersteller einen steigenden Zuckerpreis genau so wenig verrechnen, wie Maschinenbauer die steigenden Buntmetallpreise in ihren Endprodukten nicht mehr darstellen können.
Dabei gibt es unterdessen gerade in Deutschland zahlreiche Institutionen, die hier professionell beraten und die auch den Mittelstand als Kunden entdeckt haben. Der Markt bietet hier zahlreiche Dienstleistungen auch und gerade für kleinere und mittelständische Firmen, die sich eine spezialisierte Einkaufsabteilung für Rohstoffe und Vorprodukte nicht leisten können. Zum Beispiel:
- Es gibt spezielle Agenturen, die sich auf Einkaufsberatung spezialisiert haben (angefangen von der Vertragsgestaltung mit dem Endabnehmer bis zur Risikoberatung, z. B. Deutsche Rohstoffagentur > www.Deutsche-Rohstoffagentur.de),
- Auch einige der Geschäftsbanken (z. B. Commerzbank) haben unterdessen Beratungsabteilungen aufgebaut, die Swap-Absicherungsgeschäfte für Rohstoffe auch für kleinere Unternehmen anbieten und abwickeln.
Bereits abzusehen ist, dass sich Preissteigerungen (vor allem in den Bereichen Energie und Rohstoffe) auch in den nächsten Monaten kontinuierlich fortsetzen werden, ist die Geschäftsführung auch in kleineren Unternehmen gefordert.
Geschäftsführer-Haftung: GmbH muss Rückstellung für Jahresabschluss bilden
Nach einem Urteil des Landgerichts Braunschweig ist der GmbH-Geschäftsführer verpflichtet, Vorkehrungen für den Fall zu treffen, dass die GmbH ihren Jahresabschluss fristgerecht erstellen muss. Dazu hat die GmbH eine Rückstellung zu bilden, damit sichergestellt ist, dass ein sachkundiger Externer (Stb) mit der Erstellung des Jahresabschlusse beauftragt und vergütet werden kann. Aber: Das OLG Braunschweig hat jetzt im Revisionsverfahren dazu festgestellt: Unterlässt der Geschäftsführer ein Rückstellung, kann er dafür strafrechtlich nicht belangt werden (OLG Braunschweig, Beschluss v. 8.4.2019, 1 Ss 5/19).
Terminsache: GmbH-Gründung und Zweigniederlassungen „online”
Jetzt ist es offiziell. Die EU-Richtlinie zum „Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht” ist im Amtsblatt der Europäischen Union vom 11.7.2019 (L 186, Seite 80 ff.) veröffentlicht worden. Damit werden die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, entsprechende nationale Regelungen bis zum 1.8.2021 umzusetzen. Ab diesem Zeitpunkt werden dann GmbH-Gründungen und die Eintragung von GmbH-Zweigniederlassungen „online” möglich sein. Bis dahin gilt: Die Meldungen erfolgen in Papierform und mit notarieller Begleitung.
Geschäftsführer-Firmenwagen: VW haftet, das Autohaus nicht
Die Reihe der Urteile um Dieselgate-Fahrzeuge geht weiter. Jetzt hat auch das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschieden, dass der Hersteller VW der Käuferin eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung auf Schadensersatz haftet (vgl. dazu Nr. 22/2019). Das Gericht stellt aber darüber hinaus fest, dass kaufvertragliche Ansprüche gegen das den Verkauf abwickelnde Autohaus verjährt sind. VW wird wohl auch in diesem Fall einen Vergleich abstreben, um ein höchstrichterliches urteil zu verhindern (OLG Karlsruhe, Urteil v. 18.7.2019, 17 U 160/18).
GmbH-Bestattung: BGH nimmt Notare in die Pflicht
Gibt es Hinweise darauf, dass eine GmbH nur deswegen verkauft wird, um den Zugriff der Gläubiger auf Restvermögen der GmbH zu erschweren (sog. Firmenbestattung ohne Insolvenz oder ordnungsgemäße Auflösung/Beendigung), muss der Notar die Beteiligten auf gesetzwidriges Verhalten hinweisen. Das ist z. B. der Fall, wenn Firmenaufkäufe geschäftsmäßig – also regelmäßig – vorgenommen werden, oder wenn die Käufer nicht willens oder in der Lage sind, ein ordnungsgemäßes Abwicklungsverfahren zu gewährleisten (BGH, Beschluss v. 8.4.2019, NotSt(Brfg) 5/18).
Steuern: BFH entscheidet in Sachen Cum-Ex-Geschäfte
Das Finanzgericht (FG) Köln hat den Antrag eines Aktienkäufers auf Erstattung der Kapitalertragsteuer abgewiesen, der unter Verweis auf den im Aktien-Kaufvertrag vereinbarten Erstattungsanspruch die (doppelte) Rückzahlung der Steuer durchsetzen wollte. Jetzt wird in einem Musterverfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zu klären sein, ob sich ein solcher Rückzahlungsanspruch aus dem Steuerrecht bzw. aus definitorischen Lücken in der Gesetzgebung ergeben kann. Zur strafrechtlichen Bewertung von Cum-Ex-Geschäften vgl. Nr. 30/2019. Wir halten Sie auf dem Laufenden (FG Köln, Urteil v. 19.7.2019, 2 K 2672/17).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
L. Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief