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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 24/2012

The­men heu­te: Der steu­er­freie Por­sche-Deal von VW – Steu­er­ge­stal­tungs-Rat vom Exper­ten lohnt + Kar­tell-Vefah­ren wird immer undurch­sich­ti­ger – Jetzt gibt es eine öffent­li­che Anschwärz-Sei­te + BGH-aktu­ell: Geschäfts­füh­rer muss sich pro­fes­sio­nel­le Kri­sen-Bera­tung ein­ho­len und den Ver­fah­rens­ver­lauf kon­trol­lie­ren + Steu­er­be­ra­ter muss auf vGA-Risi­ko hin­wei­sen – sonst haf­tet er + Wie gehabt: Kei­ne steu­er­be­güns­tig­ten Zuschlä­ge für den Geschäfts­füh­rer + BISS

 

 

 

24. KW 2012, Frei­tag, 15.6.2012

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

wäh­rend sich klei­ne­re und mitt­le­re Unter­neh­men Tag für Tag in den Nie­de­run­gen des deut­schen Steu­er­rechts her­um­är­gern müs­sen, ticken die Steu­er-Uhren für die Gro­ßen  anders. So ist es jetzt den Steu­er-Spe­zia­lis­ten von VW und Por­sche gelun­gen, eine Lücke in den Steu­er­ge­set­zen auf­zu­tun und zu nut­zen. Fol­ge: Der Por­sche-Unter­neh­mens­­kauf von VW wird damit wohl steu­er­frei über die Büh­ne gehen. Erspar­nis: 1,5 Mrd. EUR.

Ver­ant­wort­lich dafür ist eine Rege­lung im neu­en Umwand­lungs­steu­er­ge­setz. Danach han­delt es sich bei der Unter­neh­mens-Umstruk­tu­rie­rung um eine Umwand­lung und  nicht um einen Kauf, wenn dem über­nom­me­nen Unter­neh­men anschlie­ßend auch nur 1 Stamm­aktie der Über­nah­me­ge­sell­schaft über­las­sen wird (§ 20 UmwStG). Im VW-Por­sche-Deal genügt dazu schon die Über­las­sung einer ein­zi­gen VW-Stamm­ak­tie. Unter­des­sen haben die Finanz­be­hör­den den Deal rechts­ver­bind­lich in Form einer ver­bind­li­chen Aus­kunft akzep­tiert. Schon hat die Poli­tik ange­kün­digt, den umstrit­te­nen Para­gra­fen zu ändern – respek­ti­ve abzu­schaf­fen. Aber damit haben wir ja schon eini­ge Erfah­rung. Bis eine Neu­re­ge­lung gemein­schaft­lich gefun­den wird, wer­den noch eini­ge Mona­te bis­wei­len auch Land­tags- und Bun­des­tags­wah­len ins Land gehen. Wenn Sie bis dahin Ihr Unter­neh­men umstruk­tu­rie­ren wol­len, lohnt auf jeden Fall der Gang zum Steu­er-Spe­zia­­lis­ten, damit der auch für Sie eine eige­ne „Lex VW“ auftut.

Für die Pra­xis: Im Ori­gi­nal Geset­zes­text liest sich das dann so: „Wird ein Betrieb oder Teil­be­trieb oder ein Mit­un­ter­neh­mer­an­teil in eine unbe­schränkt kör­per­schaft­steu­er­pflich­ti­ge Kapi­tal­ge­sell­schaft ein­ge­bracht und erhält der Ein­brin­gen­de dafür neue Antei­le an der Gesell­schaft (Sach­ein­la­ge), so gel­ten für die Bewer­tung des ein­ge­brach­ten Betriebs­ver­mö­gens und der neu­en Gesell­schafts­an­tei­le die nach­fol­gen­den Absät­ze. Satz 1 ist auch auf die Ein­brin­gung von Antei­len an einer Kapi­tal­ge­sell­schaft anzu­wen­den, wenn die über­neh­men­de Kapi­tal­ge­sell­schaft auf Grund ihrer Betei­li­gung ein­schließ­lich der über­nom­me­nen Antei­le nach­weis­bar unmit­tel­bar die Mehr­heit der Stimm­rech­te an der Gesell­schaft hat, deren Antei­le ein­ge­bracht wer­den“. Da lohnt der Spe­zia­list auf jeden Fall.

Hin­ter­grund: FTD > hier ankli­cken

Kartell-Verfahren wird noch undurchsichtiger

Unter­des­sen wer­den fast wöchent­lich und bran­chen­über­grei­fend Kar­tell­ver­fah­ren wegen uner­laub­ter Preis­ab­spra­chen gegen deut­sche und euro­päi­sche Unter­neh­men geführt. Sei es von den EU- oder den deut­schen Kar­tell­be­hör­den. Unter­des­sen hat die EU-Kom­mis­si­on das in der Pra­xis höchst umstrit­te­ne Kar­tell­recht als „rechts­kon­form“ bestä­tigt. Auch der EuGH hat bestä­tigt, dass die EU-Kom­mis­si­on bzw. die Kar­tell­be­hör­den befugt sind, nach dem fest­ge­leg­ten Ver­fah­ren Buß­gel­der zu ver­hän­gen. Das Gericht bestä­tigt dar­über hin­aus, dass die Kar­tell­be­hör­den im Rah­men eines Ermes­sens­spiel­raums die Höhe der Buß­gel­der fest­set­zen kön­nen, ohne dass die­se durch die Gerich­te noch­mals nach­ge­prüft wer­den muss.

U. E. ist aber gera­de die Kron­zeu­gen­re­ge­lung bzw. die Straf­frei­heit für Kron­zeu­gen rechts­staat­lich zumin­dest zwei­fel­haft, auch in den Aus­wir­kun­gen auf den Wett­be­werb tre­ten regel­mä­ßig uner­wünsch­te Neben­wir­kun­gen auf, z. B. kön­nen damit Wett­be­wer­ber gezielt wirt­schaft­lich geschwächt wer­den (vgl. dazu unse­re lau­fen­de Berichts­er­stat­tung z. B. zuletzt Nr. 11/2012). Trotz der anhal­ten­den Kri­tik an den prak­ti­zier­ten Kar­tell-Ver­fah­ren gehen die deut­schen Kar­tell­be­hör­den jetzt wei­ter in die Offen­si­ve. So hat die Behör­de jetzt im Inter­net ein sog. Hin­weis­ge­ber-Sys­tem ein­ge­rich­tet. Damit kön­nen Infor­man­ten, die sich aus Angst vor Repres­sa­li­en nicht mel­den, anonym Infor­ma­tio­nen über ver­meint­li­che Preis­ab­spra­chen anzeigen.

Unse­re Ein­schät­zung dazu: Das Sys­tem öff­net dem Miss­brauch durch anony­me Denun­zi­an­ten Tür und Tor, ohne dass das ange­zeig­te Unter­neh­men die Mög­lich­keit auf ein rechts­staat­li­ches Ver­fah­ren hat. In den Betrie­ben wird damit gezielt Miss­trau­en geför­dert, weil Infor­ma­tio­nen über (zuläs­si­ge) Preis­stra­te­gien immer auch die Gefahr einer Denun­zia­ti­on bringen.

Zur anony­men Mel­de­stel­le des Bun­des­kar­tell­amts geht es > hier ankli­cken

Für die Pra­xis: Neh­men Sie regel­mä­ßig an Bran­chen-Erfa-Tref­fen teil, müs­sen Sie auf­pas­sen. Auch, wenn Sie sich nur mit einem oder weni­gen Wett­be­wer­bern zu einem Bran­chen­ge­spräch ver­ab­re­den, z. B. um die Umset­zung einer neu­en gesetz­li­chen Vor­schrift gemein­sam zu bespre­chen. Vor­sicht mit Pro­to­kol­len und ande­ren schrift­li­chen Auf­zeich­nun­gen. Ach­ten Sie dar­auf, was pro­to­kol­liert wird und dass kei­ne geschäft­li­chen Unter­la­gen wie Kal­ku­la­tio­nen, Ver­triebs­stra­te­gien usw. (etwa per eMail) an nicht auto­ri­sier­te Fir­men oder Per­so­nen her­aus­ge­hen. Wei­sen Sie alle Mit­ar­bei­ter ent­spre­chend ein.

BGH-aktuell: Geschäftsführer muss sich Krisen-Beratung einholen

Gera­de in klei­ne­ren GmbHs ist das ope­ra­ti­ve Geschäft oft auch eine Fra­ge des Fin­ger­spit­zen­ge­fühls. Zum Bei­spiel, ob ein erwar­te­ter Zah­lungs­ein­gang gera­de noch recht­zei­tig vor der Zah­lungs­un­fä­hig­keit ein­geht und die dro­hen­de Zah­lungs­un­fä­hig­keit noch kei­ne haf­tungs­recht­li­chen Fol­gen für den Geschäfts­füh­rer hat. Ach­tung: Für sol­che Fäl­le kommt jetzt ein wich­ti­ges Urteil vom Bun­des­ge­richts­hof (BGH, Urteil vom 27.3.2012, II ZR 171/10).

Dazu stel­len die Rich­ter des 2. Senats im Urteil fest: „Ein GmbH-Geschäfts­füh­rer, der nicht über aus­rei­chen­de per­sön­li­che Kennt­nis­se ver­fügt, die er für die Prü­fung benö­tigt, ob er pflicht­ge­mäß Insol­venz­an­trag stel­len muss, hat sich bei Anzei­chen einer Kri­se der Gesell­schaft unver­züg­lich von einer unab­hän­gi­gen, für die zu klä­ren­den Fra­ge­stel­lun­gen fach­lich qua­li­fi­zier­ten Per­son bera­ten zu las­sen. Er darf sich aller­dings nicht mit einer unver­züg­li­chen Auf­trags­er­tei­lung begnü­gen, son­dern muss auch auf eine unver­züg­li­che Vor­la­ge des Prüf­ergeb­nis­ses hinwirken“.

Danach wer­den in Zukunft alle Gerich­te in Insol­venz­ver­fah­ren nicht mehr mit dem Ver­weis begnü­gen, ob der Geschäfts­füh­rer sei­nen Steu­er­be­ra­ter mit der Fest­stel­lung des Unter­neh­mens-Sta­tus beauf­tragt hat. Es wird auch geprüft wer­den, ob Sie als Geschäfts­füh­rer die unver­züg­li­che Vor­la­ge der Prü­fungs­er­geb­nis­se tat­säch­lich ein­for­dert haben. Allei­ne mit der Auf­trags­er­tei­lung sind Sie also nicht aus dem Schnei­der. Wich­tig ist, dass Sie bele­gen kön­nen, dass Sie die Erle­di­gung durch den Steu­er­be­ra­ter ange­mahnt und ein­for­dert haben.

Für die Pra­xis: Gibt es Anzei­chen dafür, dass sich die GmbH in einer Kri­sen­si­tua­ti­on befin­det, oder sind Sie nicht sicher, wie Sie die finan­zi­el­le und bilan­zi­el­le Situa­ti­on der GmbH ein­schät­zen kön­nen, soll­ten Sie unver­züg­lich Ihren Steu­er­be­ra­ter mit der Prü­fung der wirt­schaft­li­chen Situa­ti­on beauf­tra­gen. Ertei­len Sie den Auf­trag schrift­lich (Prü­fung der wirt­schaft­li­chen Situa­ti­on zwecks Prü­fung einer even­tu­el­len Insol­venz­be­dro­hung + Ter­min­vor­ga­be unter Beach­tung der Drei­wo­chen­frist). Und: Schrift­li­che Anmah­nung der Prü­fungs­er­geb­nis­se vor Ablauf des gesetz­ten Ter­mins, even­tu­ell zusätz­li­che E‑Mail-Benach­rich­ti­gung und tele­fo­ni­sche Nach­fra­ge. Bei wei­te­rer Nicht-Tätig­keit des Steu­er­be­ra­ters soll­ten Sie dann unbe­dingt die Steu­er­be­ra­ter­kam­mer informieren.

Steuerberater muss auf das Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung hinweisen

Der Steu­er­be­ra­ter muss im Rah­men sei­nes Auf­trags zur der Erstel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses der GmbH bzw. der Erklä­run­gen zur Kör­per­schaft- bzw. Gewe­be­steu­er sei­nen Man­dan­ten auf das Risi­ko einer ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung hin­wei­sen (BGH, Urteil vom 23.2.2012, IX ZR 92/08).

Für die Pra­xis: Im Rah­men einer Betriebs­prü­fung wur­den die Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter in nach­hin­ein als unan­ge­mes­sen beur­teilt. Die GmbH bzw. deren Geschäfts­füh­rer ver­wie­sen im gericht­li­chen Ver­fah­ren dar­auf, dass der Steu­er­be­ra­ter sie im Rah­men der Gestal­tungs­be­ra­tung nicht auf das Risi­ko einer ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung hin­ge­wie­sen hät­te. Der BGH bestä­tigt: Der Bera­ter muss auf die­ses Risi­ko hin­wei­sen. Unter­lässt er das, han­delt er pflicht­wid­rig und kann dafür in die Haf­tung genom­men wer­den. Im oben genann­ten Fall muss das OLG jetzt erneut dar­über ent­schei­den, ob der Bera­ter für die Steu­er­nach­zah­lun­gen auf­kom­men muss.

Keine steuerbegünstigten Sonn- und Feiertagszuschläge für den Gesellschafter-Geschäftsführer

Laut BFH hat der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer grund­sätz­lich kei­nen Anspruch auf die steu­er­li­che Aner­ken­nung von an ihn gezahl­ten Zuschlä­gen für Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit (BFH, Urteil vom 27.3.2012, VIII R 27/09).

Für die Pra­xis: Damit bestä­tigt der BFH die bis­he­ri­ge Rechts­la­ge. Ledig­lich der wei­sungs­ab­hän­gi­ge Fremd-Geschäfts­füh­rer kann im Ein­zel­fall – bei ent­spre­chen­der Ver­trags­ge­stal­tung – Sonn- und Fei­er­tags­zu­schlä­ge ver­ein­ba­ren und die­se gegen­über dem Finanz­amt mit der ent­spre­chen­den Steu­er­ver­güns­ti­gung durchsetzen.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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