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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 19/2015

Volkelt-NLMin­dest­lohn: Nicht der Lohn ist das Pro­blem – der Gene­ral­ver­dacht ist Anma­ßung + Geschäfts-Inter­na: Wenn ein Gesell­schaf­ter „Alles“ wis­sen will – was tun? + Geschäfts­füh­rer-Pflich­ten: Daten­schutz gilt auch gegen den Gesell­schaf­ter + Inter­net: So tes­ten Sie Ihre Home­page nach den neu­en Goog­le-Kri­te­ri­en + Steu­ern: Abkom­men zum auto­ma­ti­schen Infor­ma­ti­ons­aus­tausch zeigt Wir­kung + Wirt­schafts­recht: Zustel­lung eines Ver­säum­nis­ur­teils an Ange­stell­te der GmbH + Mit­ar­bei­ter-Recrui­ting über die Unter­neh­mens-Web­sites immer erfolg­rei­cher + BISS

 

 

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Frei­burg 8. Mai 2015

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

nach 100 Tagen Min­dest­lohn hat­te man die von der Min­dest­lohn-Büro­kra­tie betrof­fe­nen Unter­neh­men ver­trös­tet: Im April woll­te der Koali­ti­ons­aus­schuss ernst­haft prü­fen, neu bewer­ten und even­tu­ell nach­bes­sern. Doch dar­aus ist Nichts gewor­den. In der Pra­xis der Unter­neh­men wird sich wohl nichts mehr ändern. Das ist nicht nur ärger­lich. Das wird das Ver­hält­nis von Unter­neh­men und Behör­den wei­ter ver­schlech­tern. Spür­ba­res Ergeb­nis des Min­dest­lohns: Die Unter­neh­men müs­sen (wie­der ein­mal) ein schlecht gemach­tes Gesetz ausbaden.

Um es noch­mals im Klar­text zu sagen: Den betrof­fe­nen Unter­neh­men, die ich ken­ne und die mit der Min­dest­lohn-Büro­kra­tie zu tun haben, geht es nicht dar­um, wei­ni­ger zu zah­len. Die meis­ten zah­len ohne­hin mehr. Der Auf­wand drum her­um, die per­ma­nen­te Ein­schüch­te­rung durch anma­ßen­de Zoll-Auf­trit­te und die unver­hält­nis­mä­ßig hohen Straf­an­dro­hun­gen für kleins­te Ver­ge­hen irri­tie­ren. Nur weil es Betrü­ger gibt, wird allen Unter­neh­men ein Gene­ral­ver­dacht unter­stellt. Das ist weder guter Stil noch kon­zep­tio­nel­le Politik.

Nicht zu unter­schät­zen ist der Main­stream um das The­ma. So gibt es im aktu­el­len Tages­schau-Blog zum The­ma Min­dest­lohn nicht eine Stim­me, die Ver­ständ­nis für die betrof­fe­nen Unter­neh­men hat. Die meis­ten Kom­men­ta­re bewe­gen sich auf der Ebe­ne „Aus­beu­tung“, „Unter­neh­mer fah­ren gro­ße Autos“ oder „Unter­neh­men drü­cken sich mit allen Mit­teln“. Die Neid-Debat­te ist mit vol­ler Vehe­menz wie­der­be­lebt. Kei­ne Rol­le spielt, dass der Min­dest­lohn auch ein Ein­griff in die Wirt­schafts­struk­tur dar­stellt. Unter­neh­men mit gerin­ger (Umsatz-) Ren­di­te müs­sen ten­den­zi­ell einen immer grö­ße­ren Per­so­nal­kos­ten­an­teil tra­gen – was dazu füh­ren wird, dass vie­le bis­her mit­tel­stän­di­sche Bran­chen zuneh­men von Kon­zern-Struk­tu­ren über­nom­men wer­den (Hand­werk, Dienst­leis­tun­gen). Die­ser Effekt einer Umstruk­tu­rie­rung hin zu Groß­un­ter­neh­men ist jeden­falls kei­ne Mit­tel­stands-Poli­tik. Dar­über muss man sich im Kla­ren sein.

Geschäfts-Interna: Wenn ein Gesellschafter „Alles“ wissen will – was tun? 

Anzei­chen für die Ver­kaufs-Absicht eines GmbH-Gesell­schaf­ters: Er inter­es­siert sich nicht mehr nur  tur­nus­ge­mäß zur Fest­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses über sei­ne GmbH. Viel­mehr ver­langt er plötz­lich wäh­rend des Geschäfts­jah­res aus­führ­li­che Ein­sicht und Aus­kunft zum Geschäfts­ver­lauf. Als Geschäfts­füh­rer sind Sie dann gut bera­ten, die­sen Vor­gang nicht unge­prüft durch­ge­hen zu las­sen. U. U. muss befürch­tet wer­den, dass Unter­neh­mens-Inter­na in unbe­fug­te Hän­de gelan­gen und Sie dafür in die Haf­tung genom­men wer­den können.

Die Rechts­la­ge: Als Geschäfts­füh­rer kön­nen Sie Aus­kunft und Ein­sicht ver­wei­gern, wenn Sie befürch­ten müs­sen, dass der Gesell­schaf­ter die so erlang­ten Infor­ma­tio­nen zu gesell­schafts­frem­den Zwe­cken ver­wen­det und der Gesell­schaft dadurch ein nicht uner­heb­li­cher Nach­teil ent­steht. Das ist z. B. dann der Fall, wenn Infor­ma­tio­nen aus der Gesell­schaft an einen Kon­kur­ren­ten wei­ter­ge­ge­ben wer­den. Es genügt aber auch schon, wenn ein begrün­de­ter Anlass zu der Befürch­tung besteht, dass die­se Infor­ma­tio­nen an ein Kon­kur­renz­un­ter­neh­men wei­ter­ge­ge­ben wer­den könnten.

Ihnen als Geschäfts­füh­rer dro­hen dann sogar Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen von der GmbH und zwar

  • bei unge­prüf­ter und unbe­rech­tig­ter Infor­ma­ti­ons­her­aus­ga­be an einen Gesellschafter,
  • bei Aus­kunfts- und Ein­sichts­ver­wei­ge­rung ohne ent­spre­chen­den Gesellschafterbeschluss.
Müs­sen Sie eine gesell­schafts­frem­de Ver­wen­dung befürch­ten, sind Sie als Geschäfts­füh­rer dazu ver­pflich­tet, unver­züg­lich alle Gesell­schaf­ter dar­über zu infor­mie­ren und einen Gesell­schaf­ter­be­schluss zur Ver­wei­ge­rung des Aus­kunfts- und Ein­sichts­rechts her­bei­zu­füh­ren (§ 51a Abs. 2 Satz 2 GmbH-Gesetz). Der betrof­fe­ne Gesell­schaf­ter hat dabei kein Stimm­recht. Der Gesell­schaf­ter kann die­sen Beschluss aber vor der Kam­mer für Han­dels­sa­chen prü­fen las­sen (§ 51b GmbH-Gesetz). Dem Gesell­schaf­ter, dem Aus­kunft und Ein­sicht ver­wei­gert wur­den, steht jedoch kein Scha­dens­er­satz­an­spruch gegen den Geschäfts­füh­rer zu.

Geschäftsführer-Pflichten: Datenschutz gilt auch gegen den Gesellschafter

Neben den oben dar­ge­stell­ten Ein­schrän­kun­gen zum Aus­kunfts- und Ein­sichts­recht des Gesell­schaf­ters gehört aber auch, dass ande­re gesetz­li­che Vor­ga­ben nicht ver­letzt wer­den. Dazu gehö­ren z. B. auch die Vor­ga­ben aus dem Bun­des­da­ten­schutz-Gesetz (BDSG). Danach dür­fen per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten nicht bzw. nur bei einem berech­tig­ten Inter­es­se her­aus­ge­ge­ben wer­den. Das gilt so auch für Daten, die von der GmbH ver­wal­tet wer­den. Das sind z. B. per­so­nen­be­zo­ge­ne Kun­den­da­ten, wie Tele­fon-Num­mern oder Bank­ver­bin­dun­gen. Als Geschäfts­füh­rer sind Sie ver­ant­wort­lich dafür, dass die Vor­schrif­ten zum Daten­schutz ein­ge­hal­ten wer­den. Bei Ver­stö­ßen dro­hen Buß­gel­der, im Ein­zel­fall bis zu 50.000 € bei leich­ten Ver­stö­ßen und bis zu 300.000 €, z. B. bei einem Ver­stoß gegen die Zweck­bin­dung der ermit­tel­ten per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten.

Ach­tung: Die Vor­ga­ben aus dem BDSG haben Vor­rang vor dem gesell­schaft­er­li­chen Aus­kunfts- und Ein­sichts­recht aus § 51a GmbH-Gesetz. Bei­spiel: Einer der Gesell­schaf­ter möch­te eine Lis­te aller Kun­den der GmbH und zwar mit allen Daten, die die GmbH über Ihren Kun­den gespei­chert hat, etwa auch inkl. der Bank­ver­bin­dun­gen. Als Geschäfts­füh­rer müs­sen Sie abwä­gen: Über­wiegt das Geheim­hal­tungs­in­ter­es­se des Kun­den (das die GmbH ver­tre­ten muss) gegen­über dem Aus­kunfts­in­ter­es­se des Gesell­schaf­ters. Im Zwei­fel sind Sie also gut bera­ten, sich vom Daten­schutz­be­auf­trag­ten der GmbH instru­ie­ren zu las­sen bzw. von einem auf Daten­schutz­fra­gen spe­zia­li­sier­ten Anwalt bera­ten zu las­sen (Quel­le: GmbH-Rund­schau 2015, S. 393 Leinekugel/Weigel: „Daten­schutz­recht­li­che Gren­zen des gesell­schaft­er­li­chen Infor­ma­ti­ons­an­spruchs nach § 51a GmbH-Gesetz”, hier: S. 402).

Als ver­ant­wort­li­cher Geschäfts­füh­rer müs­sen Sie auf­pas­sen. Wich­tig ist, dass Sie den Gesell­schaf­ter dar­auf hin­wei­sen, dass die­se Daten dem Daten­schutz-Gesetz unter­lie­gen und Sie nicht berech­tigt sind, die­se Daten ohne Wei­te­res her­aus­zu­ge­ben. Wei­sen Sie den Gesell­schaf­ter dar­auf hin, dass Sie die Daten nur her­aus­ge­ben kön­nen, wenn die­ser ein „berech­tig­tes Inter­es­se“ an der Her­aus­ga­be die­ser Daten hat. Ein berech­tig­tes Inter­es­se kann z. B. sein: Der 100 % – Gesell­schaf­ter möch­te sei­nen Anteil ver­kau­fen und möch­te dazu alle Infor­ma­tio­nen über den Kun­den­stamm für sei­ne Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen erhal­ten. Aber selbst in die­sem Fall sind Sie gut bera­ten, die per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten der Kun­den nur in anony­mi­sier­ter oder pseud­ony­mi­sier­ter Form wei­ter zu geben. Wich­tig ist auch, dass Sie den Aus­kunfts­vor­gang gegen­über dem Gesell­schaf­ter jeder­zeit voll­stän­dig doku­men­tie­ren kön­nen. Ver­las­sen Sie sich also nicht auf tele­fo­ni­sche Ver­ab­re­dun­gen und Hin­wei­se, dru­cken Sie alle E‑Mails zum Vor­gang zusätz­lich aus.

Internet: So testen Sie Ihre Homepage nach den neuen Google-Kriterien

Goog­le hat – wir haben dar­über berich­tet – neue Such­kri­te­ri­en ein­ge­führt, nach denen Inter­net-Sei­ten bewer­tet und gelis­tet wer­den (vgl. Nr. 18/2015). Wich­tig ist die­se Ände­rung für Unter­neh­men, die sich an ein jun­ges Publi­kum rich­ten oder die Online-Shops betrei­ben. Es geht dar­um, wie kom­for­ta­bel auf den Inter­net-Sei­ten mit dem Smart­phone navi­giert wer­den kann. Das ist wich­tig, weil – so die Anga­ben laut Goog­le – 74 % aller Nut­zer eine Sei­te nur dann noch­mals besu­chen, wenn die­se für das Smart­phone opti­miert ist. Ten­denz: stei­gend. Häu­figs­te Aus­schluss-Kri­te­ri­en sind: Die Schrift ist zu klein und damit nur schwer les­bar, die Navi­ga­ti­ons­punk­te lie­gen zu eng nebeneinander.

Goog­le hat jetzt ein hilf­rei­ches Tool ins Inter­net gestellt, mit dem jedes Unter­neh­men schnell test kann, ob der Inter­net-Auf­tritt „Smart­phone-geeig­net“ ist und die Sei­ten damit im Ran­king wett­be­werbs­fä­hig blei­ben. Das Tool gibt es unter > https://www.google.de/press > Bei­trag: Geän­der­tes Ran­king hilft euch, opti­mier­te Web­sites für Mobil­ge­rä­te zu fin­den > Test auf Opti­mie­rung für Mobil­ge­rä­te.

Abkommen zum automatischen Informationsaustausch zeigt Wirkung

Auch nach der Ver­schär­fung des Geset­zes zur steu­er­li­chen Selbst­an­zei­ge bleibt die Zahl der reu­igen Steu­er­sün­der hoch. So gab es im 1. Quar­tal wie­der­um bereits 8.154 Selbst­an­zei­ger. Zuletzt gab es 2014 ins­ge­samt 40.000 Selbst­an­zei­gen mit 1,5 Mrd. EUR Steu­er­mehr­erlö­sen. Zunächst waren alle Exper­ten davon aus­ge­gan­gen, dass es nach einer Ver­schär­fung des Geset­zes zum 1.1.2015 zu einer spür­ba­ren Abnah­me bei den Selbst­an­zei­gen kom­men wird.

Ab 2017 wird das OECD-Mus­ter­ab­kom­men zum Infor­ma­ti­ons­aus­tausch zwi­schen den Ban­ken und den Steu­er­be­hör­den der Län­der umge­setzt. Bis auf weni­ge Aus­nah­men (Pana­ma) ist dann kein Aus­lands­kon­to mehr vor den Steu­er­be­hör­den sicher. Wich­tig ist, dass die Selbst­an­zei­ge in vol­lem Umfang gestellt wird. Die Selbst­an­zei­ge muss alle unver­jähr­ten Steu­er­straf­ta­ten einer Steu­er­art (also z. B. Ein­kom­men­steu­er, Umsatz­steu­er) umfassen.

Wirtschaftsrecht: Zustellung eines Versäumnisurteils an Angestellte der GmbH

Nimmt ein Ange­stell­ter der GmbH eine Zustel­lungs­ur­kun­de, die gegen den Geschäfts­füh­rer als Ver­tre­ter der GmbH aus­ge­stellt ist, an und ver­weist er dar­auf, dass der Geschäfts­füh­rer nicht anwe­send ist, dann gilt die Urkun­de den­noch als zuge­stellt (BGH, Urteil vom 4.2.2015, III ZR 513/13).

Wur­de also in einem Ver­fah­ren gegen die GmbH oder die Geschäfts­füh­rer der GmbH in Ihrer Abwe­sen­heit ent­schie­den, wird das sog. Säum­nis­ur­teil im Wege der öffent­li­chen Zustel­lung zur Kennt­nis gebracht und wirk­sam. Mit der Über­ga­be an den ange­stell­ten der GmbH ist die öffent­li­che Zustel­lung wirk­sam erfolgt.

Mitarbeiter-Recruiting über die Unternehmens-Websites immer erfolgreicher

Wur­den in 2011 ledig­lich 17,6 % der neu ein­ge­stell­ten Mit­ar­bei­ter über die Unter­neh­mens-Web­sites auf die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le auf­merk­sam, waren das in 2014 bereits 24,3 %. Danach wird unter­des­sen jeder 4. Mit­ar­bei­ter ein­ge­stellt, weil er über die Web­site des Unter­neh­mens auf die freie Stel­le auf­merk­sam wur­de (Stu­die: „Recrui­ting-Trends im Mit­tel­stand“).

Die Stel­len­aus­schrei­bung auf der Inter­net-Web­site des Unter­neh­mens ist unter­des­sen ein Muss. Das gilt auch für klei­ne­re Unter­neh­men. Auch sie pro­fi­tie­ren davon, dass offe­ne Stel­len von vie­len Inter­net-Stel­len­por­ta­len sys­te­ma­tisch gesucht und an ande­rer Stel­le ein­ge­stellt wer­den. Prü­fen Sie gele­gent­lich, wie auf­schluss­reich, infor­ma­tiv und posi­tiv emo­tio­nal Ihre Stellen­aus­schreibungen daste­hen. Inzwi­schen sind bereits über 50 % aller Bewer­bun­gen Online-Bewer­­bun­gen. Vor­teil: Es sta­peln sich kei­ne Papier­ber­ge und die Rück­sen­dung der Unter­la­gen entfällt.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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