Wirtschaft und Politik: Zoll kontrolliert Schwarzarbeit vor Mindestlohn + Gesellschafterversammlung: Effektiver mit professioneller Leitung + Nachfolge: Familien-GmbHs stehen auf wackligem Fundament + GmbH-Jobangebote: Soziale Medien werden immer wichtiger + Firmenwagen: Keine Kürzung bei eingeschränkter Privat-Nutzung + Arbeitsrecht: Leistungs-begründete Anschluss-Arbeitsverträge sind unwirksam+ Wirtschafts-Recht: Prüfen Sie Ihre Mahnschreiben + BISS …
Der Volkelt-Brief 15/2015 > Download als PDF – lesen im „Print”
Freiburg 10. April 2015
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
in 2014 hat der Zoll insgesamt 36.500 Arbeitgeber in Sachen Lohnuntergrenze und Schwarzarbeit kontrolliert. Daraus folgten 2.246 Ermittlungsverfahren wegen vermeintlichen Verstößen. Das sind exakte 6,1 %. Hauptsünder: Die Baubranche. Allen Unkenrufen zum Trotz werden es in 2014 nicht viel mehr sein. Problem: Von den 6.900 Planstellen des Zolls sind 600 nicht besetzt. Auch dem Zoll fehlen Mitarbeiter. Laut Bundesfinanzministerium wird sich diese Situation so schnell nicht beheben lassen (Quelle: Zollstatistik).
Aufschluss über die (zukünftige) Prüfungsintensität des Zolls geben auch die geschätzten Schadenssummen aus der Schwarzarbeit. Im Einzelnen sind das: Bau 424 Mio. EUR, Gebäudereinigung 43 Mio. EUR, Sicherheitsdienste 15 Mio. EUR, Zeitarbeit 11 Mio. EUR, Fleischwirtschaft 8 Mio. EUR, Abfallwirtschaft 7 Mio. EUR – insgesamt 795 Mio. EUR. Ganz praktisch gesehen bedeutet diesen Zahlenwerk, dass die Zollbehörden gar nicht die Kapazitäten haben, die Einhaltung des Mindestlohns zu prüfen. Tendenz: Mit der Prüfung der Schwarzarbeit lässt sich für den Zoll mehr „Umsatz“ machen als bei der Prüfung des Mindestlohns.
Gesellschafterversammlung: Effektiver mit professioneller Leitung
Für eine ordnungsgemäße Beschlussfassung in der GmbH ist es wichtig, die Form-Vorschriften für die Gesellschafterversammlung der GmbH genau einzuhalten (Einladung, Tagesordnung usw.). Ebenso wichtig ist es, den Ablauf der Gesellschafterversammlung rechtsicher zu gestalten. Für die Praxis empfiehlt es sich, einen Versammlungsleiter zu bestimmen, der den ordnungsgemäßen Ablauf sicherstellt. Laut GmbH-Gesetz ist ein Versammlungsleiter für die Gesellschafterversammlung zwar nicht vorgesehen. Aber die Gesellschafter können diesen mit einfacher Mehrheit in der Gesellschafterversammlung bestimmen.
In GmbHs mit 4 und mehr Gesellschaftern empfiehlt es sich, den Versammlungsleiter im Gesellschaftsvertrag festzulegen – z. B. den Geschäftsführer, ein Mitglied des Beirates oder den Rechtsberater der GmbH. Der Versammlungsleiter hat die Aufgabe, Beratung und Beschlussfassung zu den einzelnen Tagesordnungspunkten (TOP) sicherzustellen. Er sorgt dafür,
- dass die TOPs ausreichend erörtert werden,
- dass jeder Gesellschafter gehört und ordnungsgemäß abstimmt
- und dass das Ergebnis korrekt und eindeutig festgestellt wird.
- Der Versammlungsleiter muss Beschlüsse per Niederschrift festhalten, d. h. er formuliert den letzten Beschlussinhalt für das Protokoll.
Lassen Sie die Beschlussformulierung vor und nach jeder Beschlussfassung vom Protokollführer verlesen und nochmals bestätigen. Der vom Versammlungsleiter so festgestellte Beschlussinhalt ist verbindlich und kann anschließend nur noch mit einer Anfechtungsklage beseitigt werden. Ist der Versammlungsleiter im Gesellschaftsvertrag bestimmt, kann hiervon nicht durch Beschluss der Gesellschafter abgewichen werden. Bei Abwesenheit ist ein Stellvertreter durch Gesellschafterbeschluss zu bestimmen.
Übersicht: Vorbereitung der Versammlungsleitung
Aufgabe | Vorbereitung |
organisatorisch Vorbereitung |
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Ablauf-Vorbereitung |
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Fachliche Vorbereitung |
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Nachfolge: Familien-GmbHs stehen auf wackligem Fundament
Nach der PWC-Studie „Familienunternehmen“ sind deutsche Familien-Unternehmen auf Konfliktfälle zwischen den Familienmitgliedern schlecht vorbereitet. Lediglich 40 % der Unternehmen haben ein Konflikt-Management z. B. in einer Unternehmens-Charta oder als Bestandteil der Gesellschaftsverträge institutionalisiert. Typische Familien-geprägte Konfliktauslöser in den deutschen Familien-Unternehmen, die „Zündstoff“ bergen, sind:
- unterschiedliche Vorstellungen über die Bewertung der Leistungen der Familien-Mitglieder (25 %),
- unterschiedliche Einstellung zur Beschäftigung von Familien-Mitgliedern im Unternehmen (23 %),
- unterschiedliche Vorstellungen über die Verwendung des Gewinns – also: Ausschüttung oder Reinvestition (20 %),
- Fragen der Kommunikation mit Familien-Mitgliedern, die zwar an der GmbH beteiligt sind, aber außer ihrer Gesellschafter-Eigenschaft mit dem Unternehmen nichts weiter zu tun haben – also typische Informationsprobleme (20 %),
- unterschiedliche Vorstellungen über die Rolle der eingeheirateten Familien-Mitglieder (15 %) oder
- Konflikte über die Höhe der Vergütung der im Unternehmen tätigen Familien-Mitglieder (12 %).
Spätestens mit dem Übergang der 2. zur 3. Generation sollte deswegen zusätzlich zu den üblichen vertraglichen Vorkehrungen ein Konflikt-Management eingerichtet werden. Dazu kann eine Charta für alle Familien-Mitglieder verbindlich gemacht werden (vgl. Nr. 47/2014). Damit können die meisten Konflikte im Vorfeld verhindert werden. Möglich ist auch die Einrichtung eines sog. Schiedsgerichts, die Vorgabe zur Einschaltung externer Schlichter (Mediation) oder die Berufung eines Beirates, der mit familiennahen Mitgliedern besetzt und mit weit gehenden Kompetenzen ausgestattet wird.
GmbH-Jobangebote: Soziale Medien werden immer wichtiger
Laut Social Media Report wird jede 10. Stelle über Soziale Medien besetzt. Die Sozialen Medien stehen unterdessen auf Platz 3 (2010: Platz 7) aller Einstellungsquellen. Zudem wird die Personalbeschaffung vorausschauender: Doppelt so viele (fast 50% zu 20 %) Arbeitgeber suchen neben Stellenanzeigen in Online-Jobbörsen in den Sozialen Medien nach Mitarbeitern.
Auch in Sachen „attraction“ hat sich bei den Stellenangeboten Einiges getan. In den Print-Medien wird mit Farbe, auffälligen Slogans und emotionalen Bildern um neue Mitarbeiter geworben. Auf Firmen-Homepages werben ansprechende Unternehmens-Porträts. Immer beliebter sind Stellenausschreibungen, die mit Bildern und Zusatz-Informationen über den Arbeitsplatz unterlegt sind. Trend: Die Werbung um Mitarbeiter wird bunter und immer öfter werden bewegte Bilder eingesetzt. Das geht bis zum Story-Telling: Mitarbeiter der Firma preisen die Vorzüge Ihre Arbeitgebers im O‑Ton.
Firmenwagen: Keine Kürzung bei eingeschränkter Privat-Nutzung
Auch wenn der Geschäftsführer seinen Firmenwagen nur am Wochenende privat nutzt, muss er die volle Lohnsteuer gemäß der 1%-Methode abführen. Eine anteilige Kürzung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.2.2015, 6 K 2540/14).
Gewerkschaften erhöhen Druck auf Arbeitgeber zum Mindestlohn
DGB und SPD-Gewerkschaftsflügel wollen die umgekehrte Beweislast und ein Verbandsklagerecht in Sachen Mindestlohn. Folge: Bei Streitigkeiten, ob der Mindestlohn korrekt bezahlt wird, dürfen die Gewerkschaften klagen. Zudem sollen die Arbeitgeber dann nachweisen müssen, wie viele Stunden ein Arbeitnehmer gearbeitet hat (Quelle: Arbeitsgruppe Mindestlohn vom 25.3.2015).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur