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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 10/2012

The­men heu­te: Zoll prüft sys­te­ma­tisch Zuläs­sig­keit von Werk­ver­trags-Tätig­kei­ten – ACHTUNG + Haus­halts­na­he Dienst­leis­tun­gen immer bar­geld­los zah­len + Aus­schluss eines Gesell­schaf­ters: Was ist mit dem Gewinn­an­spruch? + Vor­sicht beim Smart­phone-Ban­king + Ver­si­cher­te kön­nen Zusatz­bei­trag gericht­lich prü­fen + Selbst geschaf­fe­ne Wirt­schafts­gü­ter bei Umwand­lung der GmbH + Geschäfts­füh­rer pri­vat: Kei­ne Zusatz­kos­ten für Unter­halt in 2012 +  BISS

 

 

10. KW 2012 Frei­tag, 9.3.2012

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

mit der Ein­füh­rung des Min­dest­lohns für Leih­ar­beit­neh­mer schwin­den in vie­len Bran­chen Wett­be­werbs­vor­tei­le. Es muss neu gerech­net wer­den. Oder man hält Aus­schau nach neu­en Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten. Zum Bei­spiel, indem Tätig­kei­ten aus­ge­la­gert wer­den und von selb­stän­di­gen Arbeits­kräf­ten mit Werk­ver­trä­gen erle­digt wer­den. Vor­teil: Die­se Tätig­kei­ten müs­sen nicht nach dem Bran­chen­ta­rif gezahlt wer­den und je nach Tätig­keit gel­ten auch kei­ne Vor­schrif­ten über Min­dest­löh­ne.

In  vie­len Bran­chen wird das bereits flä­chen­de­ckend prak­ti­ziert. So weiß man etwa von den Ein­zel­han­dels­ket­ten Net­to (EDEKA) und Kauf­land (SCHWARZ-Grup­pe), dass die Nach­schub-Logis­tik kom­plett von Werk­ver­träg­lern erle­digt wird. Auch in vie­len mit­tel­stän­di­schen Betrie­ben gibt es Über­le­gun­gen, Tätig­kei­ten so aus­füh­ren zu las­sen. Vor­sicht: Der­zeit loten die Sozi­al­ver­si­che­rer sys­te­ma­tisch den schma­len Grad zwi­schen Zuläs­sig­keit und Straf­bar­keit sol­cher Gestal­tun­gen aus. So wur­de zuletzt bun­des­weit vom Zoll kon­trol­liert, ob sich das, was in den Ver­trä­gen steht, auch mit der Rea­li­tät deckt. Und spä­tes­tens dann, wenn der Zoll vor der Werks­tür steht, ist Schluss mit lustig.

Für die Pra­xis: Kri­te­ri­um ist, dass die Werk­ver­trags-Teams und ihre Lei­tung nicht dem Wei­sungs­recht der Lei­tung des Unter­neh­mens unter­lie­gen, in dem sie ein­ge­setzt sind. Und dabei lässt sich der Zoll nichts vor­ma­chen: Dazu wird jeder ein­zel­ne Werk­ver­träg­ler befragt und spä­tes­tens dann gehen Wider­sprü­che zu Las­ten des Unter­neh­mers, der die­se Gestal­tung ein­ge­führt hat. Unter­stellt man Ihnen dann auch noch „Vor­satz zur Hin­ter­zie­hung von Sozi­al­bei­trä­gen“ kos­tet das nicht nur Nach­zah­lun­gen und Buß­gel­der: Dann ist die Schwel­le zum Straf­recht erreicht. Gestal­tun­gen mit Werk­ver­trä­gen soll­ten Sie nie ohne anwalt­li­che Bera­tung umset­zen.

Haushaltsnahe Dienstleistungen immer bargeldlos zahlen

Wenn Sie haus­halts­na­he Dienst­leis­tun­gen in der ESt-Erklä­rung steu­er­lich anset­zen, müs­sen Sie die Zah­lung bar­geld­los als Zah­lung über ein Kon­to nach­wei­sen. In letz­ter Zeit haben eini­ge Finanz­ge­rich­te die­se Rechts­la­ge wie­der bestä­tigt – so das FG Düs­sel­dorf (Urteil vom 12.6.2006, 15 K 3449/06 E). Auch laut FG Sach­sen-Anhalt (Urteil vom 28.2.2008, 1 K 791/07) ist die Steu­er­ermä­ßi­gung nur dann mög­lich, wenn die Zah­lung unbar auf ein Kon­to des Leis­tungs­er­brin­gers gezahlt wird (§ 35a Abs. 2 EStG).

Für die Pra­xis: Bar­zah­lun­gen wer­den selbst dann nicht aner­kannt, wenn der Leis­tungs­er­brin­ger die Zah­lung auf der Rech­nung ver­merkt oder der Steu­er­be­ra­ter die steu­er­wirk­sa­me Ver­bu­chung der Zah­lung schrift­lich bestä­tigt hat. Bei­de Urtei­le sind rechts­kräf­tig. In der Pra­xis soll­te die Bezah­lung immer über ein Kon­to erfol­gen, wenn der Steu­er­ab­zug gesi­chert wer­den soll.

Ausschluss eines Gesellschafters: Was ist mit dem Gewinnanspruch?

Wie lan­ge muss noch Gewinn für abge­lau­fe­ne Geschäfts­jah­re aus­ge­zahlt wer­den, wenn inzwi­schen der Geschäfts­an­teil eines Gesell­schaf­ters ein­ge­zo­gen wur­de?“ So die Anfra­ge eines Kol­le­gen, des­sen GmbH sich nach jah­re­lan­gem Streit erfolg­reich von einem Gesell­schaf­ter getrennt hat, der stän­dig Geschäf­te auf eige­ne Rech­nung tätig­te. Wel­che Gewin­ne müs­sen noch aus­ge­zahlt werden?

Die Rechts­la­ge: Der Gesell­schaf­ter, des­sen Anteil ein­ge­zo­gen wird, kann sich  nicht dar­auf ver­las­sen, dass er einen Gewinn­an­spruch für die zurück­lie­gen­den Jah­re hat (so z. B. BGH-Urteil vom 14.9.1998, II ZR 172/97, Quel­le: Der Betrieb 1998, 2212). Im damals behan­del­ten Fall wur­de der Geschäfts­an­teil eines GmbH-Gesel­l­­schaf­ters im zwei­ten Jahr nach der Grün­dung ein­ge­zo­gen. Eini­ge Mona­te spä­ter stell­te die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung den Jah­res­ab­schluss fest und beschloss eine ent­spre­chen­de Gewinn­aus­schüt­tung. Der aus­ge­schie­de­ne Gesell­schaf­ter wur­de nicht berücksichtigt.

Dar­auf­hin klag­te er auf antei­li­ge Aus­zah­lung des Gewinns für die Jah­re, für die der   Jah­res­ab­schluss noch nicht fest­ge­stellt war. Der Bun­des­ge­richts­hof hat die­sen Anspruch ver­neint. Begründung:

  • Der Anspruch des Gesell­schaf­ters der GmbH auf Aus­zah­lung des Gewinns ent­steht erst mit dem nach Ablauf des Geschäfts­jah­res gefass­ten Beschluss der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung über die Fest­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses und die Ver­wen­dung des Gewinns.
  • Im Fal­le der vor die­sem Zeit­punkt wirk­sam wer­den­den Ein­zie­hung des Geschäfts­an­teils nimmt der Gesell­schaf­ter auch für ein vor­her abge­schlos­se­nes Geschäfts­jahr nicht an der Gewinn­ver­tei­lung teil, viel­mehr lässt die Ver­nich­tung des Geschäfts­an­teils sämt­li­che nicht ver­selbst­stän­dig­ten, damit ver­bun­de­nen Mit­glied­schafts­rech­te untergehen.

Für die Pra­xis: Die Rechts­la­ge ist nicht ganz unpro­ble­ma­tisch. Für den Gesell­schaf­ter, des­sen GmbH-Anteil ein­ge­zo­gen wird, bedeu­tet dies, dass er u. U. stark benach­tei­ligt wird. Ver­zö­gern die ver­blei­ben­den Gesell­schaf­ter z. B. die Fest­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses bzw. den Gewinn­ver­wen­dungs­be­schluss, kön­nen Sie so einen Gesell­schaf­ter aus­blu­ten las­sen – z. B. wenn Sie Kennt­nis davon haben, dass der Gesell­schaf­ter kurz­fris­tig Liqui­di­täts­pro­ble­me hat. Umge­kehrt bedeu­tet das: Die ver­blei­ben­den Gesell­schaf­ter haben jetzt ein wirk­sa­mes Druck­mit­tel, z. B. wenn ein Gesell­schaf­ter eine ein­ge­for­der­te Ein­la­ge nicht ein­zah­len will. Ist der Beschluss zur Gewinn­ver­wen­dung noch nicht zustan­de gekom­men, kön­nen sie an sich zuste­hen­de Gewinn­an­tei­le vor­ent­hal­ten. Es muss nur der Gewinn­an­teil aus­ge­zahlt wer­den, der zum Zeit­punkt der Ein­zie­hung des Geschäfts­an­teils bereits im Rah­men der Fest­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses zur Aus­schüt­tung beschlos­sen wurde.

Vorsicht beim Smartphone-Banking

Unter­des­sen geben die meis­ten Ban­ken und Ver­si­che­run­gen in ihren All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen vor, dass es kei­nen Scha­dens­er­satz bei Miss­brauch gibt, wenn auf einem Mobil­ge­rät zugleich Online-Ban­king und der sms-TAN-Emp­fang durch­ge­führt wird. Laut AGB muss der Kun­de dann den ent­stan­de­nen Scha­den in vol­ler Höhe selbst tra­gen. Dar­auf weist jetzt die Ver­brau­cher­zen­tra­le Sach­sen hin (Pres­se­mit­tei­lung VZ Sachen).

Für die Pra­xis: Auch wenn zur Zeit noch nicht klar ist, ob die­se AGB gericht­li­cher Prü­fung stand hält, soll­ten Sie sich unbe­dingt dar­an hal­ten – auch wenn das ansons­ten kom­for­ta­ble Ver­fah­ren doch etwas umständ­li­cher wird.

Versicherte können Zusatzbeitrag gerichtlich prüfen lassen

Nach einer Grund­satzentscheidung (LSG) des Lan­des­so­zi­al­ge­richts Sachen-Anhalt haben Ver­si­cher­te einen Anspruch dar­auf, einen von der Kran­ken­kas­se erho­be­nen Zusatz­bei­trag gericht­lich prü­fen zu las­sen. Die­ses Recht steht nicht nur den Auf­sichts­be­hör­den zu, son­dern auch jedem ein­zel­nen Ver­si­cher­ten (LSG Sach­sen-Anhalt, Urteil vom 8.11.2011, L 10 KR 33/11 B ER).

Für die Pra­xis: U. E. ist davon aus­zu­ge­hen, dass vie­le Ver­si­cher­te in Zukunft von die­sem Recht Gebrauch machen wer­den. Aller­dings sind die Erfolgs­aus­sich­ten auf Ver­zicht oder Sen­kung auf Zusatz­bei­trä­ge nicht beson­ders hoch, zumal die Ansprü­che des Gerichts an die Kal­ku­la­ti­ons­un­ter­la­gen der Kran­ken­kas­sen nicht beson­ders spe­zi­fisch sind und „von den Gerich­ten nur ein­ge­schränkt nach­ge­prüft wer­den kön­nen“.

Bewertung von selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgütern bei Umwandlung der GmbH

Wird die GmbH in eine Kom­man­dit­ge­sell­schaft (KG) umge­wan­delt, kön­nen die selbst geschaf­fe­nen und in der GmbH-Bilanz aus­ge­wie­se­nen imma­te­ri­el­len Wirt­schafts­gü­ter auch in die Bilanz der KG über­nom­men wer­den (FG Müns­ter, Urteil 6.10.2011, 9 K 1308/10 K).

Für die Pra­xis: Nach stän­di­ge BFH-Recht­spre­chung ist ein sol­che Bewer­tung bei Umwand­lung der KG in eine GmbH grund­sätz­lich zuläs­sig. Dem­entspre­chend muss das auch bei der Rück­um­wand­lung von der GmbH in die KG mög­lich sein. Aber: Der BFH wird wegen der grundsätz­lichen Bedeu­tung des Sach­ver­halts abschlie­ßend ent­schei­den. Das Finanz­ge­richt Müns­ter hat aus­drück­lich Revi­si­on zuge­las­sen. Über den Aus­gang des Ver­fah­rens hal­ten Sie auf dem Lau­fen­den.

Geschäftsführer privat – Düsseldorfer Tabelle bleibt 2012 unverändert

Geschäfts­füh­rer, die Kin­des­un­ter­halt zah­len, wer­den in 2012 nicht zusätz­lich belas­tet. Die der Bemes­sung der Unter­halts­hö­he zugrun­de lie­gen­den Wer­te der Düs­sel­dor­fer Tabel­len wer­den in 2012 nicht ver­än­dert. Nach Auf­fas­sung des OLG Düs­sel­dorf ist das nicht erfor­der­lich, weil es von 2011 zu 2012 nicht zu gesetz­li­chen oder steu­er­li­chen Ände­run­gen gekom­men ist, die zu berück­sich­ti­gen wären (OLG Düs­sel­dorf, PM vom 12.12.2011).

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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