Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 02/2013

The­men heu­te: Vor­sicht – der nächs­te gro­ße Bil­lig­strom­an­bie­ter steht vor der Plei­te + Klei­ne­re GmbHs: Fir­men-Fahr­rad statt Fir­men­wa­gen + Deut­sche Bank: Was ler­nen Geschäfts­füh­rer aus dem Fall Leo Kirch? + Export-GmbHs: Nut­zen Sie die Ver­ein­fa­chun­gen bei der Umsatz­steu­er + Mar­ke­ting: Neue Mög­lich­kei­ten für Ihre Key­word-Wer­bung + Vor­sor­ge: Ver­bind­li­che Vor­ga­ben für Pro­be­zeit bei Ertei­lung einer Pen­si­ons­zu­sa­ge + Recht: Kün­di­gung eines schwer behin­der­ten Geschäfts­füh­rersBISS .…

 

 

2. KW 2013, Frei­tag, 11.1.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

es ist gera­de etwas mehr als ein Jahr her, als den Kun­den des Bil­lig­strom-Anbie­ters Tel­da­fax der Strom abge­stellt wur­de und die Strom­kun­den – Pri­vat­haus­hal­te und Unter­neh­men – das im Vor­aus ent­rich­te­te Jah­res­ent­gelt kom­plett abschrei­ben muss­ten. Ach­tung: Das kann Ihnen jetzt schon wie­der pas­sie­ren. Auch ande­re Anbie­ter set­zen auf undurch­sich­ti­ge Ver­mark­tungs-Metho­den, wonach das bil­li­ge­re Strom­angebot aus den Vor­aus­zah­lun­gen der Kun­den sub­ven­tio­niert wird (Schnee­ball-Sys­te­me). So ist jetzt der Strom­an­bie­ter Flex­strom (Slo­gan: „ver­bo­ten güns­tig“) auf­fäl­lig gewor­den. Rech­nun­gen der Netz­be­trei­ber, Stadt­wer­ke und der Ver­triebs­part­ner wur­den nicht mehr kor­rekt begli­chen. In der Bran­che wird das als ers­tes Anzei­chen für undurch­sich­ti­ges Geschäfts­ge­ba­ren gehan­delt. Die Bun­des­netz­agen­tur als Auf­sichts­be­hör­de hält sich bis­her noch bedeckt.

Für die Pra­xis: Hier soll­ten Sie auf der Hut sein. Die dama­li­gen Tel­da­fax-Kun­den haben jeden­falls im Insol­venz­ver­fah­ren kein Geld zurück erhal­ten. Las­sen Sie sich also nicht von „bil­ligs­ten“ Ange­bo­ten täu­schen. Wir haben damals bereits recht­zei­tig auf die Tele­da­fax-Pro­ble­me hin­ge­wie­sen. Heu­te wie damals gilt für Pri­vat- und Geschäfts­kun­den: Vor­sicht ist ins­be­son­de­re bei sog. Vor­aus­zah­lungs-Tari­fen angebracht.

Kleinere GmbHs: Firmen-Fahrrad statt Firmenwagen

Für vie­le Fir­men ist es zu teu­er, den Mit­ar­bei­tern einen Fir­men­wa­gen zu stel­len. Aus­weg: Statt einem Fir­men­wa­gen über­las­sen immer mehr Fir­men ihren Mit­ar­bei­tern ein Fahr­rad. Seit es leis­tungs­fä­hi­ge und bezahl­ba­re E‑Bikes gibt mit deut­li­chem Trend nach oben. Bis­her muss­te der Arbeit­ge­ber nach einem kom­pli­zier­ten Ver­fah­ren die Lohn­steu­er für die pri­va­te Über­las­sung (Weg zur Arbeits­stät­te, Ver­rech­nung beim Sach­be­zug) berech­nen. Das ist ab sofort deut­lich leich­ter. Die Finanz­ver­wal­tun­gen der Län­der haben sich auf eine ein­heit­li­che Abwick­lung geei­nigt (Erlass der Län­der vom 23.11.2012). Danach gilt:

  1. Der Vor­teil für die pri­va­te Nut­zung kann nach der sog. 1 % – Metho­de ermit­telt werden.
  2. Die pri­va­te Nut­zung des Fir­men-Fahr­ra­des für die Weg­stre­cke von der Woh­nung zur Arbeits­stät­te  bleibt voll­stän­dig lohnsteuerfrei.

Bei­spiel: Die GmbH über­lässt ein Bike zu 2.000 EUR. Der Arbeit­neh­mer muss ledig­lich für 20 EUR zusätz­li­che Lohn­steu­er zah­len. Der Arbeit­ge­ber kann die Umsatz­steu­er, die AfA und die Betriebs­kos­ten (Ver­si­che­rung) abset­zen. Die­se Rege­lung gilt für Fahr­rä­der und E‑Bikes ohne Kenn­zeich­nungs- und Versicherungspflicht.

Für die Pra­xis: Im Ein­zel­fall ist zu prü­fen, ob eine Kom­bi­na­ti­on von Fir­men­wa­gen und Fir­men-Fahr­rad eine sinn­vol­le Ergän­zung dar­stel­len. Aller­dings soll­ten Sie dar­auf ach­ten, dass es nicht allei­ne der Chef ist, der bei­de Model­le nutzt. Hier soll­ten für alle Mit­ar­bei­ter der Fir­ma glei­che Maß­stä­be ange­setzt wer­den. Unter­neh­men, die ihre Betriebs­stät­te in zen­tra­len Lagen haben, kön­nen damit jetzt Mit­ar­bei­tern ein attrak­ti­ves Zusatz­an­ge­bot machen, das den Arbeits­platz noch wei­ter auf­wer­tet und damit die Fir­men­bin­dung stärkt.

Deutsche Bank: Was lernen Geschäftsführer aus dem Fall Leo Kirch?

Der Vor­fall ist schon eini­ge Jah­re her. Aber noch immer müs­sen sich die Gerich­te mit den Fol­gen aus­ein­an­der­set­zen – durch­aus auch hier und heu­te von Inter­es­se für die Pflich­ten der Geschäfts­füh­rung (vgl. Nr. 18/2010). Im Ver­fah­ren woll­ten die Kirch-Erben als Ver­tre­ter der Kirch-Grup­pe den dama­li­gen Chef der Deut­schen Bank Rolf Breu­er in die Haf­tung für die spä­te­re Insol­venz neh­men. Begrün­dung: Breu­er hat­te in der Öffent­lich­keit unbe­fugt Anga­ben über Mil­lio­nen­kre­di­te gemacht ( § 55b KWG bzw. üble Nach­re­de gemäß § 186 StGB).

Das Urteil: Der Deut­sche Bank – Chef Breu­er hat­te damals in einem Inter­view über die Kirch-Grup­pe im Fern­seh-Inter­view gesagt: „Was man alles lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanz­sek­tor nicht bereit ist, auf unver­än­der­ter Basis noch wei­te­re Fremd- oder sogar Eigen­mit­tel zur Ver­fü­gung zu stel­len“. Das OLG Mün­chen hat jetzt ent­schie­den, dass die­se Aus­sa­gen ursäch­lich für die Insol­venz der Kirch-Grup­pe waren (OLG Mün­chen, Urteil vom 14.12.2012, 5 U 2472/09)..

Fol­ge: Die Deut­sche Bank ist scha­dens­er­satz­pflich­tig. Dazu wur­den Gut­ach­ten beauf­tragt, die die Höhe der Schadensersatz­summe fest­le­gen. Nach den vor­lie­gen­den Zah­len wird hier­zu eine Sum­me zwi­schen 120 Mio. EUR bis zu 1,5 Mrd. EUR genannt. Die Kirch-Erben for­dern sogar 2 Mrd. EUR. Muss die Bank den Scha­den tat­säch­lich zah­len, ist sie ver­pflich­tet, den Scha­den vom ehe­ma­li­gen Vor­stand zurück­zu­ho­len (Treuepflicht­verletzung). Das ist auch beim Geschäfts­füh­rer einer GmbH, der Ver­mö­gen der GmbH ver­nich­tet oder fahr­läs­sig, grob fahr­läs­sig oder sogar vor­sätz­lich gefähr­det, nicht anders zu beurteilen.

Für die Pra­xis: Öffent­li­che Äuße­run­gen über Geschäfts­be­zie­hun­gen in der Regel lösen Scha­dens­er­satz aus  – z. B. wenn das Aus­wir­kun­gen auf die Boni­tät eines Kun­den hat. Las­sen Sie sich auf kei­nen Fall (Inter­view-Situa­ti­on, Pres­se­ge­spräch, ver­trau­li­ches Gespräch mit Pres­se­ver­tre­tern) dazu hin­rei­ßen, Aus­sa­gen über Geschäfts­be­zie­hun­gen zu machen. Das sind Geschäfts­ge­heim­nis­se, die nicht in die Öffent­lich­keit gehö­ren. Selbst wenn Sie dabei ledig­lich „Zita­te“ ver­wen­den, die in der Öffent­lich­keit kur­sie­ren, befreit Sie das nicht von der Haf­tung, wenn sich dar­aus für das Unter­neh­men, über das Sie reden, ein Scha­den her­lei­ten lässt.

Export-GmbHs: Nutzen Sie die Vereinfachungen bei der Umsatzsteuer

Seit 1.1.2013 gel­ten für Export­ge­schäf­te neue ein­heit­li­che EU-Vor­schrif­ten. Danach gilt:

  1. EU-weit sind elek­tro­ni­sche Rech­nun­gen genau so zu behan­deln wie Papier­rech­nun­gen. Berück­sich­ti­gen Sie dazu die Vor­ga­ben für die elek­tro­ni­sche Rech­nungs­stel­lung, die auch für Deutsch­land gelten.
  2. Unter­neh­men mit Umsät­zen bis zu 2 Mio. EUR/Jahr kön­nen die sog. Ist-Besteue­rung bean­tra­gen. Vor­teil: Sie müs­sen die Mehr­wert­steu­er erst zah­len, sobald der Zah­lungs­ein­gang erfolgt.

Marketing: Neue Möglichkeiten für Ihre Keyword-Werbung

Ver­wen­den Sie in Ihrer Goog­le-Adword-Wer­bung auch Key­words, die die Fir­ma oder die Mar­ke eines Kon­kur­ren­ten benen­nen, dann ist das nach einem aktu­el­len Urteil des Bun­des­ge­richts­hofs nicht zu bean­stan­den (BGH, Urteil vom 13.12.2012, I ZR 217/10).

Für die Pra­xis: Sie kön­nen also die Such­be­grif­fe, die zu Ihren Pro­duk­ten füh­ren, in der Adword-Key­word-Lis­te auf­füh­ren. Frem­de Mar­ken oder geschütz­te Fir­men­be­zeich­nun­gen dür­fen aber im Goog­le-Anzei­gen­feld auf kei­nen Fall ver­wen­det wer­den. Das dürf­te als Mar­ken­ver­let­zung geahn­det werden. 

Vorsorge: Probezeit bei Erteilung einer Pensionszusage an den Geschäftsführer

In der Ver­gan­gen­heit kam es immer wie­der zu gericht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung um die Ertei­lung einer Pen­si­ons­zu­sa­ge an den Gesell­schaf­ter Geschäfts­füh­rer einer GmbH/UG. Jetzt hat das BMF klar­ge­stellt, dass eine Pro­be­zeit von 2 bis 3 Jah­ren in der Regel aus­reicht. Das ist der Zeit­raum, in dem der Geschäfts­füh­rer bereits in der GmbH tätig ist, bevor er mit steu­er­li­cher Wir­kung Anspruch auf eine Pen­si­ons­zu­sa­ge hat (BMF-Schrei­ben vom 14.12.2012, IV C 2 – S 2742/10/10001).

Für die Pra­xis: Für GmbH-Neu­grün­dun­gen ver­lan­gen die Finanz­be­hör­den wei­ter­hin eine Pro­be­zeit von 5 Jah­ren. Begrün­dung: Erst dann kann der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer zuver­läs­sig abschät­zen, ob die GmbH von Bestand ist und so leis­tungs­fä­hig, dass die Pen­si­on gezahlt wer­den kann. Aus­nah­me: Es han­delt sich ledig­lich um eine Umgrün­dung mit Ände­rung der Rechts­form. Inso­fern ent­spricht der vor­lie­gen­de Erlass weit­ge­hend den von den meis­ten Finanz­äm­tern prak­ti­zier­ten Vor­ga­ben. Neu ist: Im Fal­le eines Manage­ment-Buy-Out ist es danach jetzt amt­lich mög­lich, bereits nach einer Pro­be­zeit von einem Jahr eine Pen­si­on zuzusagen. 

Recht: Kündigung eines schwer behinderten Geschäftsführers

Die Kün­di­gung des schwer behin­der­ten Fremd-Geschäfts­­­füh­rers ist auch ohne Zustim­mung des Inte­grationsamtes wirk­sam (§ 85 SGB IX). Es liegt auch kein Ver­stoß gegen das AGG wegen krank­heits­be­ding­ter Benach­tei­li­gung vor. Nach die­sem Urteil gel­ten die arbeits­recht­li­chen Schutz­rech­te nicht für den GmbH-Geschäfts­­­füh­rer, auch nicht für den Fremd-Geschäfts­­­füh­rer (OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 18.10.2012, I‑6 U 47/12).

Für die Pra­xis: Das Urteil des OLG Düs­sel­dorf zur Gel­tung arbeits­recht­li­cher Schutz­vor­schrif­ten für den GmbH-Geschäfts­füh­rer zeigt erneut auf, wie unsi­cher die Posi­ti­on des Geschäfts­füh­rers ohne Betei­li­gung an der GmbH ist. Im Urteils­fall han­del­te es sich um den Fremd-Geschäfts­füh­rer einer gro­ßen GmbH mit 1.000 Mit­ar­bei­tern und stra­te­gi­scher Zustän­dig­keit des Geschäfts­füh­rers. Für den (macht­lo­sen) Geschäfts­füh­rer einer klei­nen Toch­ter­ge­sell­schaft dürf­te das Urteil aber so nicht zu über­tra­gen sein. Die deut­schen Arbeits­ge­rich­te las­sen hier die Arbeit­neh­mer-Schut­z­­rech­te für den Geschäfts­füh­rer zu.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

BISS Die Wirt­schafts-Sati­re > „Fis­kal­klip­pe“ > https://www.gmbh-gf.de/biss/Fiskalklippe

Schreibe einen Kommentar