Jüngster Kartellfall: Die vermeintlichen Preisabsprachen um Stahlpreise in der Automobilindustrie – das Verfahren ist eingeleitet. Allerdings regt sich auch immer mehr Widerstand und Kritik am Kartellverfahren. In vielen Verfahren verlassen sich die Behörden auf die umstrittene Kronzeugenregelung (Jargon: „Bonusregelung“), wonach Whistleblower und anzeigende Konkurrenzbetriebe die „Beweise“ liefern und dafür straffrei ausgehen.
Immer mehr Kritik kommt aber auch an der praxisfremden Herangehensweise der Behörden. So sind Absprachen …zwischen Zulieferbetrieben in der Automobil-Industrie genauso üblich, wie Branchengespräche über Preise und Konditionen. Mehr noch: Solche Gespräche sind vielfach sogar notwendig, um mittel- und langfristige Planungs- und Investitionssicherheit der Beteiligten an einer Wertschöpfungskette zu gewährleisten. So ist es kein Geheimnis, dass sich die Verarbeiter und Zulieferer der Automobil-Industrie auf eine Standardmarge von 8,5 % verständigt haben, um die Gewinne und Investitionen ihrer Zulieferer zu sichern und so ihre eigene Lieferbereitschaft sicherzustellen. Florian Hoffmann, Leiter des European Trust Instituts, hält das gesamte Verfahren für „realitätsfremd“. Das ist ein Frontalangriff auf die wettbewerbstheoretischen Grundlagen, mit denen die Kartellbehörden ihr Handeln legitimieren.