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Volkelt-Brief 31/2013

Volkelt-BriefThe­men heu­te : Fir­men-Kom­mu­ni­ka­ti­on - Ende der Netz­neu­tra­li­tät ostet 30 bis 70 % mehr + GmbH-Recht: OLG Köln –  Sie müs­sen nicht jede Gesell­schaf­ter-Wei­sung aus­füh­ren + Steu­ern: OECD-Akti­ons­plan bedeu­tet „Aus“ für das Steu­er-Spar-Lizenz-Model­le + Ter­min­sa­che – mitt­le­re und gro­ße GmbHs müs­sen den Jah­res­ab­schluss fest­stel­len + Steu­er­prü­fung: Finanz­be­hör­den suchen im Inter­net gezielt nach Steu­er­ver­ge­hen + BISS

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 Nr. 31/2013 vom 2.8.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

haben Sie schon eine Vor­stel­lung davon, was das „Ende der Netz­neu­tra­li­tät“ für Ihre Fir­ma bedeu­tet? Ers­te Erfah­run­gen, was damit kommt, machen der­weil schon die Kol­le­gen, die viel unter­wegs sind und ihre Geschäf­te via mobi­le Kom­mu­ni­ka­ti­on abwi­ckeln. Und dabei regel­mä­ßig grö­ße­re Daten­men­gen bewe­gen, z. B. Unter­la­gen und Power­point-Doku­men­ta­tio­nen ver­schi­cken oder gan­ze Ange­bots-Kata­lo­ge beför­dern. Die 2 GB Daten­men­ge, die der Grund­ta­rif jetzt noch monat­lich abdeckt, ist da schnell auf­ge­braucht. Also zahlt der Kol­le­ge ab der 2. Woche einen um 70 % höhe­ren Tarif, damit die Daten-Über­tra­gung nicht 20mal län­ger dauert.

Die Fak­ten: IT-Exper­ten rech­nen mit Mehr­kos­ten für die Stan­dard-Kom­mu­ni­ka­ti­on im Unter­neh­men (Fir­men E‑Mail, Inter­net) von 30 bis 35 %. Noch teu­rer wird es für die mobi­le Kom­mu­ni­ka­ti­on: Hier müs­sen Sie mit Auf­schlä­gen bis zu 70 % rech­nen, wenn Sie die glei­che Leis­tung wie bis­her haben wol­len. Fakt ist auch, dass vie­le Nut­zer die unter­schied­li­chen Daten­über­tra­gungs­ge­schwin­dig­kei­ten jetzt schon fest­stel­len und der Kampf um die neu­en Tarif längst begon­nen hat. Betrof­fen sind nicht nur Unter­neh­men, die stän­dig und rie­si­ge Daten­men­gen trans­por­tie­ren (Clips, Fotos usw.). Die neu­en Tarif­stu­fen wer­den jedes Unter­neh­men, so gut wie jeden Arbeits­platz und selbst Sie als pri­va­ten Nut­zer tref­fen, sobald Ihre Kom­mu­ni­ka­ti­on mehr als ein paar Text-E-Mails, SMS, gele­gent­li­che FB-Ein­trä­ge und ab und zu eine Whats­App- oder Twit­ter-Nach­richt umfasst.

Für die Pra­xis: Gehen Sie nicht davon aus, dass der Gesetz­ge­ber in der Lage ist, die­se Ent­wick­lung zu unter­bin­den (regu­lier­te Prei­se). Rich­ten Sie sich und Ihr Unter­neh­men dar­auf ein, dass die bis­her uner­heb­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kos­ten deut­lich stei­gen wer­den. Ver­schaf­fen Sie sich einen Über­blick über ihre Daten­men­gen und über die zukünf­ti­ge Kos­ten­struk­tur. Prü­fen Sie, ob die inter­nen Vor­ga­ben für die E‑Mail- und Inter­net-Nut­zung ange­passt wer­den müs­sen (Vor­ga­ben für pri­va­te Nut­zung, Doku­men­ta­ti­on, mobi­le Aus­stat­tung, Aus­la­ge­rung von Daten „clou­de“ bzw. inte­ren Daten­hal­tung, Kom­plett-Umstel­lung auf ein Intranet).

OLG Köln: Sie müs­sen nicht jede Gesell­schaf­ter-Wei­sung ausführen

Fremd-Geschäfts­füh­rer oder Geschäfts­füh­rer mit einer Mini-Betei­li­gung an der GmbH  ken­nen das Risi­ko: Bei Geschäfts­füh­rungs-Ent­schei­dun­gen, die außer­halb des Unter­neh­mens­ge­gen­stan­des der GmbH (§ 3 GmbH-Gesetz) lie­gen, ris­kie­ren Sie nicht nur ihren Job. Die Gesell­schaf­ter kön­nen sich schad­los an der Geschäfts­füh­rung hal­ten und die­se für einen bere­chen­ba­ren Scha­den in die Haf­tung neh­men. Als Geschäfts­füh­rer sind Sie in die­ser Situa­ti­on gut bera­ten, sich eine ent­spre­chen­de Wei­sung der Gesell­schaf­ter ein­zu­ho­len, z. B. wenn es um ein bestimm­tes Inves­ti­ti­ons­vo­lu­men han­delt, das Sie nur mit Zustim­mung der Gesell­schaf­ter durch­füh­ren dür­fen (gemäß dem sog. Kata­log zustim­mungs­pflich­ti­ger Geschäfte).

In den letz­ten Jah­ren hat die Zahl strit­ti­ger Fäl­le um die­se sog. Busi­ness Jud­ge­ment Rule deut­lich zuge­nom­men. In den meis­ten Fäl­len wur­den Vor­stands­mit­glie­der von AGs in die Haf­tung genom­men – die zum Teil pro­mi­nen­ten Fäl­le waren immer wie­der Gegen­stand der Bericht­erstat­tung, so etwa die Vor­stän­de der HSH Nord­bank, West-LB, Hypo Real Estate usw..

Wich­tig: Die Haf­tungs­maß­stä­be für AG-Vor­stän­de (hier: § 93 AktG) gel­ten im Prin­zip genau­so für den GmbH-Geschäfts­füh­rer. In die­sem Zusam­men­hang soll­ten Sie ein aktu­el­les Urteil des OLG Köln zur Kennt­nis neh­men. Dort heißt es: „Für sol­che Wei­sun­gen ist ein for­mal kor­rek­ter Beschluss der Gesell­schaf­ter not­wen­dig“ (OLG Köln, Urteil vom 25.10.2012, 18 U 37/12). Vor­sicht ist angesagt:

  1. Bei Wei­sun­gen eines Gesell­schaf­ters in Sachen Geschäfts­po­li­tik, die über den Gegen­stand der GmbH hin­aus­ge­hen und die laut Anstel­lungs- oder Gesell­schafts­ver­trag zustim­mungs­pflich­ti­ge Geschäf­te sind,
  2. Das gilt auch für Wei­sun­gen des Mehr­heits- oder sogar des beherr­schen­den Gesell­schaf­ters.
  3. Pro­ble­ma­tisch kön­nen auch ad-hoc-Wei­sun­gen des ein­zi­gen Gesell­schaf­ters der GmbH sein. Im Ein­zel­fall müs­sen Sie hier prü­fen, ob die Wei­sung dem Wohl und dem Ziel der Gesell­schaft ent­spricht (Ent­nah­me von Ein­la­gen, Abschluss unren­ta­bler Geschäfte).

Wei­sun­gen der Gesell­schaf­ter sind für Sie nur dann erheb­lich, wenn Sie auf der Grund­la­ge eines ord­nungs­ge­mä­ßen Gesell­schaf­ter­be­schlus­ses erge­hen. Ach­tung: Dazu ist nicht unbe­dingt eine for­ma­le Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung mit frist­ge­rech­ter Ladung not­wen­dig. Sind die Gesell­schaf­ter sich einig, kön­nen sie jeder­zeit ohne Ver­samm­lung rechts­wirk­sa­me Beschlüs­se fas­sen (Aus­nah­me: eine aus­drück­li­che Bestim­mung im Gesell­schafts­ver­trag, dass Beschlüs­se nach § 51 GmbH-Gesetz gefasst wer­den müs­sen). Inso­fern sind Sie als Geschäfts­führer gut bera­ten, sich an die Vor­ga­ben aus dem offi­zi­el­len Gesell­schaf­ter-Pro­to­koll zu hal­ten. Auch in der GmbH mit nur einem Gesell­schaf­ter soll­ten Sie kei­ne Wei­sun­gen auf Zuruf ent­ge­gen neh­men, son­dern dar­auf bestehen, dass Ihnen jede Wei­sung in Pro­to­koll­form des Gesell­schaf­ter-Ent­schlus­ses schrift­lich vor­liegt (vgl. dazu grund­le­gend OLG Cel­le, Urteil vom 4.4.1984, 9 U 124/83).

Für die Pra­xis: Vie­len Geschäfts­füh­rern ist nicht bewusst, dass die Gren­zen der Hand­lungs­mög­lich­kei­ten und Kom­pe­ten­zen im Gegen­stand der GmbH gesetzt sind. Alle Geschäfts­füh­rer-Ent­schei­­dun­gen, die über den Gegen­stand hin­aus­ge­hen – in der Pra­xis sind das mehr, als man auf den ers­ten Ein­druck glaubt – sind nur dann kein Haf­tungs­pro­blem, wenn die Sache gut aus­geht (Bei­spie­le: Betä­ti­gung auf neu­en Märk­ten (Inter­na­tio­na­li­sie­rung), neue Pro­duk­te). Sind damit aber wirt­schaft­li­che Ver­lus­te ver­bun­den, hat jeder Gesell­schaf­ter die Mög­lich­keit, Sie als Geschäfts­füh­rer in die Haf­tung zu neh­men. Im Zwei­fel soll­ten Sie sich immer die Zustim­mung der Gesell­schaf­ter ein­ho­len – damit der Miss­erfolg nicht an Ihnen allei­ne hän­gen bleibt.

Steuern: OECD-Aktionsplan bedeutet „Aus“ für das Steuer-Spar-Lizenz-Modelle

Star­bucks, Goog­le und IKEA zei­gen, wie man im inter­na­tio­na­len Geschäft Steu­ern spart. Stand­or­te, die hohe Gewin­ne erwirt­schaf­ten, zah­len einen gro­ßen Teil davon als Lizenz­gebühren an die Ver­wal­tungs­ge­sell­schaft. Die­se sitzt in der Regel in einem Nied­rig­steu­er-Land (Ber­umu­das, Cayman Island, aber auch: Hol­land). Das ist aber nicht nur ein Modell, das inter­nationale Kon­zer­ne nut­zen. Das Modell funk­tio­niert auch bei mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men, z. B. bei Zulie­fe­rern mit vie­len Toch­ter­ge­sell­schaf­ten. Die­se zah­len für Paten­te und Nut­zungs­über­las­sun­gen Gebüh­ren und spa­ren damit Steu­ern. Jetzt hat die OECD den G20 Finanz­mi­nis­tern ein 54-sei­ti­ges Grund­satz­pa­pier über­ge­ben. Die­se wer­den dazu in den nächs­ten Wochen Stel­lung­nah­men abge­ben und prü­fen, inwie­weit und wann neue Richt­li­ni­en-Vor­ga­ben in den betrof­fe­nen Staa­ten umge­setzt wer­den. Finanz­mi­nis­ter Schäub­le hat sich in den letz­ten Wochen bereits mehr­fach dazu geäu­ßert. Tenor: „In Deutsch­land wer­den die Richt­li­ni­en zügig umge­setzt“. Hier die Stel­lung­nah­me des BMF > Hier ankli­cken.

Ach­tung: In einer ers­ten Pha­se wird es neue Vor­ga­ben für alle inter­na­tio­nal agie­ren­den Inter­net-Fir­men geben. Das betrifft Shops, Por­ta­le, Soft­ware-Unter­neh­men u. Ä.. Ziel wird es sein, Gewin­ne dort zu ver­steu­ern, wo sie anfal­len. Kon­kret wird das dazu füh­ren, dass auch die Gewinn­ermitt­lung getrennt erfol­gen muss. Das wird den büro­kra­ti­schen Auf­wand für Fir­men mit meh­re­ren Stand­or­ten erheb­lich erhöhen.

Für die Pra­xis: Das geplan­te Geset­zes­vor­ha­ben wird auch Aus­wir­kun­gen dar­auf haben, wie die Finanz­be­hör­den die inner­be­trieb­li­chen Ver­rech­nungs­prei­se zwi­schen ver­bun­de­nen Unter­neh­men prü­fen wer­den. Hier haben die Finanz­äm­ter einen brei­ten Ermes­sens­spiel­raum, der in der Ver­gan­gen­heit immer auch vor den Gerich­ten geklärt wer­den muss­te (vgl. zuletzt der Fall Würth, Nr. 7/2013). Für Unter­neh­men mit grenz­über­schrei­ten­den inner­be­trieb­li­chen Lie­fe­run­gen steigt damit das Steu­er­ri­si­ko wei­ter an. Wer das mini­mie­ren will, kann das sog. Advan­ce-Pri­cing-Agree­ment (APA) nut­zen und Zwei­fels­fra­gen vor­ab mit den Finanz­be­hör­den klä­ren. Vor­teil: Damit ist sicher­ge­stellt, dass Ihnen kei­ne Steu­er­nach­zah­lun­gen und – noch wich­ti­ger – kei­ne Steu­er-straf­recht­li­chen Vor­wür­fe drohen.

Terminsache – mittlere und große GmbHs müssen den Jahresabschluss feststellen

Spä­tes­tens zum 31.8.2013 müs­sen die Gesell­schaf­ter von mit­tel­gro­ßen oder gro­ßen GmbHs (gemäß § 267 HGB) des Jah­res­ab­schluss 2012 fest­stel­len, dar­über beschlie­ßen und über die Ver­wen­dung des Gewinns (Aus­schüt­tung an die Gesell­schaf­ter, Ein­stel­lung in eine Rück­la­ge) beschlie­ßen (§ 42 Abs. 2 GmbH-Gesetz).

Für die Pra­xis: Als Geschäfts­füh­rer soll­ten Sie dar­auf bestehen, dass Ihnen mit der Fest­stel­lung des ord­nungs­ge­mä­ßen Jah­res­ab­schlus­ses für 2012 auch die Ent­las­tung für das abge­lau­fe­ne Geschäfts­jahr erteilt wird. Wich­tig: Das soll­te in den TOPs zur Ein­la­dung zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung so ange­kün­digt werden.

Steuerprüfer suchen im Internet gezielt nach Steuervergehen

Grund­sätz­lich müs­sen Inter­net­han­dels-Platt­for­men Kun­den­da­ten an die Steu­er­prü­fung her­aus­ge­ben, wenn es einen Ver­dacht dahin­ge­hend gibt, dass der Kun­de mehr als 17.500 EUR jähr­lich damit umsetzt. Ab die­sem Betrag sind die Umsät­ze bereits umsatz­steu­er­pflich­tig. Das – so der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) – ist nur zuläs­sig, wenn es kon­kre­te Hin­wei­se auf steu­er­li­che Ver­ge­hen gibt. Eine Mas­sen­ab­fra­ge oder eine Ras­ter­prü­fung, wonach der Betrei­ber der Inter­net­han­dels-Platt­form alle Kun­den offen legen muss, die einen bestimm­ten Umsatz über­schrei­ten, ist aller­dings nicht zuläs­sig (BFH, Urteil vom 16.5.2013, II R 15/12).

Für die Pra­xis: Steu­er­zah­ler und Gewer­be­trei­ben­de müs­sen davon aus­ge­hen, dass die Finanz­be­hör­den Inter­net-Akti­vi­tä­ten, mit denen Umsät­ze gene­riert wer­den, auf­spü­ren und ganz genau unter die Lupe neh­men. Das betrifft sowohl die Haus­frau, die auf ebay regel­mä­ßig Umsät­ze erzielt (Kin­der­wä­sche, Spiel­zeug, Mode usw.), aber auch Fir­men, die fest­stel­len, dass Sie mit dem Inter­net zusätz­lich Umsät­ze ein­fah­ren kön­nen, z. B. als Amazon-Verkaufspartner. 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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