Unterdessen werden fast wöchentlich und branchenübergreifend Kartellverfahren wegen unerlaubter Preisabsprachen gegen deutsche und europäische Unternehmen geführt. Sei es von den EU- oder den deutschen Kartellbehörden. Unterdessen hat die EU-Kommission das in der Praxis höchst umstrittene Kartellrecht als „rechtskonform“ bestätigt. Auch der EuGH hat bestätigt, dass die EU-Kommission bzw. die Kartellbehörden befugt sind, nach dem festgelegten Verfahren Bußgelder zu verhängen. Das Gericht bestätigt darüber hinaus, dass die Kartellbehörden im Rahmen eines Ermessensspielraums die Höhe der Bußgelder festsetzen können, ohne dass diese durch die Gerichte nochmals nachgeprüft werden muss.
U. E. ist aber gerade die Kronzeugenregelung bzw. die Straffreiheit für Kronzeugen rechtsstaatlich zumindest zweifelhaft, auch in den Auswirkungen auf den Wettbewerb treten regelmäßig unerwünschte Nebenwirkungen auf, z. B. können damit Wettbewerber gezielt wirtschaftlich geschwächt werden (vgl. dazu unsere laufende Berichtserstattung z. B. zuletzt Nr. 11/2012). Trotz der anhaltenden Kritik an den praktizierten Kartell-Verfahren gehen die deutschen Kartellbehörden jetzt weiter in die Offensive. So hat die Behörde jetzt im Internet …
ein sog. Hinweisgeber-System eingerichtet. Damit können Informanten, die sich aus Angst vor Repressalien nicht melden, anonym Informationen über vermeintliche Preisabsprachen anzeigen.
Unsere Einschätzung dazu: Das System öffnet dem Missbrauch durch anonyme Denunzianten Tür und Tor, ohne dass das angezeigte Unternehmen die Möglichkeit auf ein rechtsstaatliches Verfahren hat. In den Betrieben wird damit gezielt Misstrauen gefördert, weil Informationen über (zulässige) Preisstrategien immer auch die Gefahr einer Denunziation bringen.
Zur anonymen Meldestelle des Bundeskartellamts geht es > hier anklicken
Für die Praxis: Nehmen Sie regelmäßig an Branchen-Erfa-Treffen teil, müssen Sie aufpassen. Auch, wenn Sie sich nur mit einem oder wenigen Wettbewerbern zu einem Branchengespräch verabreden, z. B. um die Umsetzung einer neuen gesetzlichen Vorschrift gemeinsam zu besprechen. Vorsicht mit Protokollen und anderen schriftlichen Aufzeichnungen. Achten Sie darauf, was protokolliert wird und dass keine geschäftlichen Unterlagen wie Kalkulationen, Vertriebsstrategien usw. (etwa per eMail) an nicht autorisierte Firmen oder Personen herausgehen. Weisen Sie alle Mitarbeiter entsprechend ein.