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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 23/2011

Neid-Debat­te – es wird wie­der kräf­tig ver­dient – der Mit­tel­stand hat Pro­ble­me damit + Rechts­be­ra­tung wird schon wie­der teu­rer – jetzt schon vor­beu­gen + Umwand­lung in die Voll-GmbH geht auch mit Sach­ein­la­gen + Tarif­ver­trag Zeit­ar­beit schon ab 2004 ungül­tig – Nach­zah­lun­gen kom­men näher + Stimm­ver­bot: Unge­hung ist kaum mög­lich + Ver­fas­sungs­ge­richt wird Ver­lust-Abzugs­ver­bot prü­fen + BISS

The­men heu­te: Neid-Debat­te – es wird wie­der kräf­tig ver­dient – der Mit­tel­stand hat Pro­ble­me damit + Rechts­be­ra­tung wird schon wie­der teu­rer – jetzt schon vor­beu­gen + Umwand­lung in die Voll-GmbH geht auch mit Sach­ein­la­gen + Tarif­ver­trag Zeit­ar­beit schon ab 2004 ungül­tig – Nach­zah­lun­gen kom­men näher + Stimm­ver­bot: Unge­hung ist kaum mög­lich + Ver­fas­sungs­ge­richt wird Ver­lust-Abzugs­ver­bot prü­fen + BISS

23. KW 2011
Frei­tag, 10.6.2011

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

neue Zah­len zur Ver­gü­tung von Unter­neh­mens­lei­tern  und Mana­gern in der ers­ten Liga der deut­schen Unter­neh­men hat jetzt das Han­dels­blatt ver­öf­fent­licht. Danach hat 2010  Mar­tin Win­ter­korn als VW-Vor­stand mit einem jähr­li­chen Gesamt­ge­halt von 9,3 Mio. € am bes­ten ver­dient. An zwei­ter Stel­le liegt Sie­mens-Vor­stand Peter Löscher mit 8,9 Mio. €. Die Zah­len der DAX-Unter­neh­men geben den Trend vor. Im Durch­schnitt ver­dien­ten die Chefs der DAX 30-Unter­­neh­men jähr­lich 4,6 Mio. € und damit 25 % mehr als im Vor­jahr.

Für die Geschäfts­füh­rer der mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men sind sol­che Stei­ge­rungs­ra­ten nicht zu machen. Selbst bei stei­gen­dem Umsatz und guten Erträ­gen las­sen die Finanz­be­hör­den Gehalts­stei­ge­run­gen um mehr als jähr­lich 5 % kaum zu. Hier wird dann eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung unter­stellt. Die Zusatz­zah­lung kos­tet so viel Steu­ern, dass über­pro­por­tio­na­le Stei­ge­rung kei­nem etwas bringt – weder der GmbH noch dem Geschäfts­füh­rer. Inso­fern haben die Gehalts-Zah­len der gro­ßen Unter­neh­men nur bedingt Ein­fluss auf die Gehalts­ent­wick­lung im Mit­tel­stand. Wich­tig für die zukünf­ti­ge Aus­rich­tung der Gehalts­po­li­tik in KMU sind aber die neu­en gesetz­li­chen Vor­ga­ben zur Vor­stands-Ver­gü­tung. Das­zeigt das Aus­wir­kun­gen auf das Gehalt:

  • ¾ der Bezah­lung erge­ben sich als erfolgs­ab­hän­gi­ge Varia­ble. Damit wird im Schnitt nur noch ¼ des Gesamt­ge­halts als Fest­ge­halt gezahlt. Rund 30 % der varia­blen Bezü­ge wer­den an kurz­fris­ti­gen, 40 % an nach­hal­ti­gen Erfol­gen ausgerichtet.
  • Rund 50 % aller DAX-Unter­neh­men haben die Aus­zah­lung der Kurz­frist-Boni ver­scho­ben oder unter einen Vor­be­halt gestellt (Akti­en­kurs, aktu­el­ler Jahresgewinn).
  • Rund 30 % der Unter­neh­men haben nicht-finan­zi­el­le Erfolgs­kri­te­ri­en für die Bezah­lung ihrer Vor­stän­de ein­ge­führt (Kun­den­zu­frie­den­heit, Umwelt­schutz) und ver­pflich­ten ihre Vor­stän­de, sich am Unter­neh­men zu betei­li­gen und die­se Betei­li­gung mit­tel- oder sogar lang­fris­tig zu halten.

Insi­der gehen davon aus, dass noch in 2011 die 10 Mio. € – Gren­ze für Vor­stands-Bezü­ge fal­len wird. Exper­ten gehen davon aus, dass die Vor­stands­be­zü­ge in den nächs­ten Jah­ren unab­hän­gig vom kurz­fris­ti­gen Unter­neh­mens­er­folg jähr­lich wei­ter stei­gen wer­den. In schlech­ten Jah­ren wird es kei­ne Gehalts­kür­zun­gen geben.

Fazit für GmbH-Geschäfts­füh­rer: Auf die kom­pli­zier­te Pra­xis der Besteue­rung von Geschäfts­füh­rer-Gehäl­tern wird die­se Ent­wick­lung vor­aus­sicht­lich kei­nen Ein­fluss haben. Die Finanz­be­hör­den wer­den sich wei­ter­hin mit dem Argu­ment der „Angemessen­heit“ an GmbHs schad­los hal­ten. Bis­her gibt es nach Aus­kunft der OFDen kei­ne Erkennt­nis­se dar­über, dass das Gehalt eines deut­schen AG-Vor­stan­des jemals wegen Über­stei­gen der Ange­mes­sen­heits­gren­ze steu­er­lich bean­stan­det wur­de. Auch vor deut­schen  Finanz­ge­rich­ten muss­te ein sol­cher Fall noch nicht ent­schie­den wer­den. Obwohl laut OFD Karls­ru­he gilt: „Die für Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer von GmbHs ermit­tel­ten Ver­gleichs­wer­te gel­ten ana­log auch für Vor­stän­de von Akti­en­ge­sell­schaf­ten“.

Für die Pra­xis: GmbH-Geschäfts­füh­rer sind also wei­ter­hin gut bera­ten, sich bei der Gehalts­bemessung an den Vor­ga­ben der sog. Karls­ru­her Tabel­len für Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter bzw. den Ver­gleichs­zah­len aus den BBE-Gehalts­stu­di­en zu ori­en­tie­ren – vgl. dazu zuletzt unse­re Aus­füh­run­gen in Vol­kelt-Brief Nr. 9/2010 und 12/2011.

Rechtsberatung wird noch teurer – jetzt schon vorbeugen

Das BMJ hat grü­nes Licht für eine Anhe­bung der Rechts­an­walts-Gebüh­ren gege­ben. Danach müs­sen die Unter­neh­men nach 2004 erneut für die anwalt­li­che Bera­tung und Ver­tre­tung Mehr­kos­ten ein­pla­nen. Laut Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­rin Leu­theus­ser-Schnar­ren­ber­ger wird es noch im Lau­fe die­ses Jah­res zu einer umfang­rei­chen Kos­ten­rechts-Novel­le für Anwäl­te kom­men. Der Deut­sche Anwalt­ver­ein (DAV) hält Erhö­hun­gen um bis zu 19 % für gerechtfertigt. 

Für die Pra­xis: Recht­lich kom­pli­zier­te Ent­schei­dungs-Sach­ver­hal­te müs­sen grund­sätz­lich vor­her juris­tisch geprüft wer­den (Bau­vor­ha­ben, Kün­di­gun­gen, Geneh­mi­gun­gen usw.). Immer belieb­ter ist fol­gen­des Modell: Sol­len alle juris­ti­sche Rah­men­be­din­gun­gen über­ar­bei­tet wer­den (z. B. ein­mal im Jahr die AGB, alle Ver­trags­mus­ter, Betriebs­ver­ein­ba­rung, Geschäfts­ord­nung usw.) wird für eine befris­te­te Zeit (3 Mona­te) ein Rechts­anwalt als Jus­ti­ti­ar ein­ge­stellt. Das ist in der Regel güns­ti­ger als die Ein­schal­tung einer exter­nen Kanzlei.

Neues Urteil: Umwandlung in Voll-GmbH geht auch mit Sacheinlagen

Zur Zeit wer­den jähr­lich rund 15.000 sog. Mini-GmbHs gegrün­det. Vor­teil: Bei unge­wis­sen Unter­neh­mens­grün­dun­gen – etwa für Pro­jekt­ge­schäf­te oder Toch­ter­ge­sell­schaf­ten – muss nicht die vol­le GmbH-Ein­la­ge vor­rä­tig gehal­ten wer­den. Das Grün­dungs­ver­fah­ren ist ins­ge­samt unkom­pli­ziert und kos­ten­güns­tig. Nach­teil: Bis­her gab es immer wie­der Pro­ble­me mit der Umwand­lung in eine Voll-GmbH. Eines die­ser Pro­ble­me ist jetzt aus­ge­räumt: Soll die UG in eine Voll-GmbH umge­wan­delt wer­den, muss ledig­lich das Stamm­ka­pi­tal auf 25.000 € auf­ge­stockt wer­den. Das ist zum einen mög­lich durch die Umwand­lung der Gewinn­rück­la­ge in Stamm­ka­pi­tal. Jetzt hat der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) in einer Grund­satz­ent­schei­dung aber auch klar gestellt, dass die Auf­sto­ckung auf 25.000 € auch im Wege einer Kapi­tal­erhö­hung aus Sach­ein­la­gen mög­lich ist. Damit ist es mög­lich Fahr­zeu­ge, Sach­an­la­gen, Maschi­nen usw. ein­zu­brin­gen und damit die Vor­aus­set­zun­gen für eine Umfir­mie­rung in eine Voll-GmbH zu erfül­len (BGH, Urteil vom 19.4.2011, II ZB 25/10).

Für die Pra­xis: Eini­ge Regis­ter­ge­richt ver­lan­gen für die Kapi­tal­auf­sto­ckung bei der Unternehmer­gesellschaft auf jeden Fall eine Bar­ein­la­ge. Das ist aber nur zuläs­sig, solan­ge das Stamm­ka­pi­tal der Unter­neh­mer­ge­sell­schaft auf einen Betrag unter 25.000 € auf­ge­stockt wer­den soll. Für eine Kapi­tal­erhö­hung auf 25.000 € und mehr muss das Regis­ter­ge­richt nach die­sem Urteil auch Sach­ein­la­gen akzeptieren.

Arbeitsgericht Berlin: Zeitarbeits-Tarifverträge schon ab 2004 ungültig

GmbHs, die mit Zeit­ar­beits­fir­men auf der Grund­la­ge der Tarif­ver­trä­ge der christ­li­chen Gewerk­schaf­ten zusam­men gear­bei­tet haben, müs­sen u. U. mit beträcht­li­chen Nach­zah­lun­gen für Löh­ne bzw. Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge rech­nen – wir haben dazu bereits berich­tet (vgl. zuletzt Vol­kelt-Brief 1/2011). Jetzt gibt es dazu einen wei­te­ren Beschluss des Arbeits­ge­richts Ber­lin, der für die betrof­fe­nen GmbHs noch teu­rer wer­den könn­te. Danach sind die Tarif­ver­trä­ge auch rück­wir­kend unwirk­sam. Fol­ge: Damit steht fest, dass Sozi­al­bei­trä­ge bis zur Ver­jäh­rungs­gren­ze (4 Jah­re) nach­ge­zahlt wer­den müs­sen. Das muss für jeden Arbeit­neh­mer ein­zeln durch­ge­setzt wer­den (ArbG Ber­lin, Beschluss vom 30.5.2011, 29 BV 13947/10). Das betrifft Unter­neh­men, die sich ver­trag­lich zur Über­nah­me der Löh­ne bzw. der Sozi­al­ab­ga­ben ver­pflich­tet haben oder deren Zeit­ar­beits­fir­ma die nach­ge­for­der­ten Sozi­al­bei­trä­ge nicht erstat­ten kann und dafür das Unter­neh­men ein­sprin­gen muss.

Stimmverbot kann durch Anteilsveräußerung nicht manipuliert werden

Ver­kauft ein GmbH-Gesel­l­­schaf­ter sei­nen Anteil an einen ande­ren Gesell­schaf­ter, um ein Stimm­ver­bot zu umge­hen (hier: Ver­kauf eines pri­va­ten Grund­stücks an die GmbH), ist der dar­auf erfol­gen­de Gesell­schaf­ter­be­schluss anfecht­bar und unwirk­sam. Nicht strit­tig war in dem Ver­fah­ren, dass der Gesell­schaf­ter in eige­ner Sache kein Stimm­recht zur Beschluss­fas­sung hat­te (OLG Mün­chen, Urteil vom 26.1.2011, 7 U 3764/10).

Für die Pra­xis: Der zwei­te betei­lig­te GmbH-Gesell­schaf­ter einer Immo­bi­li­en-GmbH hat­te den Geschäfts­an­teil des vom Stimm­ver­bot betrof­fe­nen Gesell­schaf­ters (15 %) für den sym­bo­li­schen Preis von 1 € über­nom­men und anschlie­ßend mit der erfor­der­li­chen Stim­men­mehr­heit den Ankauf des Pri­vat­grund­stücks beschlos­sen. Das Urteil ist noch nicht rechts­kräf­tig. Zu prü­fen ist,  wel­che Anfor­de­run­gen an die Beweis­füh­rung für die Stimm­rechts-Mani­pu­la­ti­on gestellt wer­den – wir hal­ten Sie dazu auf dem Laufenden.

BVerfG prüft Verlustabzugsverbot

Laut FG Ham­burg wird das BVefG zur Begren­zung des Ver­lust­ab­zugs bei der Über­tra­gung von GmbH-Antei­len ent­schei­den (§ 8c KStG). Das FG sieht in dem quo­ta­len Abzugs­ver­bot bei einem Gesell­schaf­ter­wech­sel inner­halb von 5 Jah­ren und Betei­li­gun­gen von mehr als 25 % einen Ver­stoß gegen das Prin­zip der Besteue­rung nach der Leis­tungs­fä­hig­keit (FG Ham­burg, Urteil vom 4.4.2011, 2 K 33/10). 

Für die Pra­xis: U. E. sind die vom FG Ham­burg dar­ge­stell­ten Grün­de stich­hal­tig. Soll­te sich das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die­ser Ansicht anschlie­ßen, müs­sen zahl­rei­che Besteue­rungs­ver­fah­ren mit Gesell­schaf­ter­wech­sel neu auf­ge­rollt wer­den. Wur­de in der Ver­gan­gen­heit im Zusam­men­hang mit einem Gesell­schaf­ter­wech­sel der Ver­lust­vor­trag gestri­chen, soll­ten Sie in die­ser Sache Kon­takt mit dem Steu­er­be­ra­ter auf­neh­men und unter Hin­weis auf das oben genann­te Ver­fah­ren Ein­spruch ein­le­gen bzw. wei­te­re Rechts­mit­tel prüfen.

Mit bes­ten Grüßen

Ihr Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur der Volkelt-Brief

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