GF-Fehler: Abberufung, Kündigung, Hausverbot – was tun? + Geschäftsführungs-Strategie: Was tun, wenn der Mit-Gesellschafter das neue Geschäftsmodell blockiert? + Geschäftsführer-Perspektive: Wenn ein Mitarbeiter nicht mehr will … + Neue BMF-Vorgaben: Das Zeitwertkonto für den GmbH-Geschäftsführer + Geschäftsführer/Firmenwagen: 1 % – Versteuerung für jedes Fahrzeug + Mitarbeiter/Lohnkosten: Mehr Leistungen beim Kurzarbeitergeld + Fuhrpark/Kosten: Autobahn-Maut ist nicht vom Tisch + Transparenz-Diskussion: Mitarbeiter brauchen keine Lohnauskünfte + Abschaffung des Soli: Nicht für GmbH und UG
Der Volkelt-Brief 34/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 23. August 2019
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
ultimativ letzter Termin zur Vorlage und Feststellung des Jahresabschlusses 2018 für mittelgroße und große GmbHs ist der 31.8. – also höchste Zeit (vgl. unten).
Die Rechtslage: Versäumnisse bei der Erstellung und Vorlage des Jahresabschlusses der GmbH berechtigen die Gesellschafter zur (sofortigen) Abberufung und ggf. sogar zur fristlosen Kündigung des Geschäftsführers. Zusätzliche Probleme gibt es, wenn der abberufene Geschäftsführer gegen den Abberufungsbeschluss der Gesellschafter vor Gericht per Anfechtungsklage vorgeht. Darf der Geschäftsführer dann bis zur rechtsverbindlichen Entscheidung des Gerichts über die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses im Amt bleiben oder nicht?
Die richtige Antwort: JEIN. Er kann zwar im Amt bleiben. Anschließend können die Gesellschafter ihn aber freistellen. Weigert sich der Geschäftsführer seine Tätigkeit ruhen zu lassen und geht er weiterhin seiner Tätigkeit nach, können die Gesellschafter das mit einer einstweiligen Verfügung rechtsverbindlich untersagen. Sie können ihm Hausverbot erteilen und damit die Ausübung des Amtes verhindern (so zuletzt KG Berlin, Urteil v. 11.8.2011, 23 U 114/11). Umgekehrt ergeben sich so auch für den abberufenen Geschäftsführer Möglichkeiten, mit einer Klage sein Ausscheiden zumindest zu „verzögern“.
Geschäftsführungs-Strategie: Was tun, wenn der Mit-Gesellschafter das neue Geschäftsmodell blockiert?
Wenn die Ziele in der GmbH – z. B. aufgrund wirtschaftlicher Probleme mit dem bisherigen Geschäftsmodell – neu gesteckt werden müssen, so ist das in aller Regel nur mit Zustimmung Ihrer Mit-Gesellschafter möglich. Entsprechende Maßnahmen gehören dann zu den Gesellschaftsvertrag ändernden Bestimmungen (z. B. Änderung des Gegenstandes der GmbH), mindestens aber zum Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte (sofern nicht ausdrücklich anders vereinbart). Mit-Gesellschafter reagieren in der Regel empfindlich, wenn Sie solche Maßnahmen schlecht vorbereiten. Beispiele:
- Der Gesellschafter wird zu spät und lückenhaft informiert.
- Der Gesellschafter fühlt sich nur unzureichend in den Entscheidungsprozeß einbezogen.
- Es wird nur ein Lösungsvorschlag angeboten, so dass der Gesellschafter sich mangels Alternativen übergangen fühlt und kein Mitspracherecht hat.
Viele Geschäftsführer-Kollegen bemängeln, dass Mit-Gesellschafter Entscheidungen oft nur sehr zögerlich treffen und Risikokomponenten grundsätzlich überbewerten. Ebenso oft wird kritisiert, dass Mit-Gesellschafter dazu neigen, bei kurzfristig notwendigen Maßnahmen auf Zeitgewinn hinzuarbeiten. Als unbefriedigend wird auch ein langfristig festgelegter Turnus für Gesellschafter-Versammlungen empfunden, die nur drei oder vier Mal pro Jahr abgehalten wird. Dann stellt sich regelmäßig die Frage, welcher Tagesordnungspunkt wirklich so dringlich ist, dass eine außerordentliche Einberufung gerechtfertigt ist.
Als besonders schwierig wird der Umgang mit dem Gesellschaftern empfunden, die selbst nur wenig oder keine kaufmännische Erfahrung haben und die selbst als Angestellte in nicht vergleichbaren beruflichen Tätigkeitsfeldern beschäftigt sind. Hier fließen dann automatisch nicht wirtschaftliche Interessen mit ein, die eine professionelle Arbeitsweise behindern.
Trotz aller Schwierigkeiten, die im Umgang mit den Gesellschaftern auftreten können, ist es als GmbH-Geschäftsführer Ihre Aufgabe, notwendige wirtschaftliche Maßnahmen einzuleiten und durchzusetzen. Systematisches Vorgehen vermindert dabei Reibungsverluste:
- Der Informationsstand des externen Gesellschafters ist gerade so hoch, wie Sie ihm Zahlen, Berichte und Informationen über die GmbH zugänglich machen. Mängel im innerbetrieblichen Informationssystem gehen damit auch zu Lasten des Informationsstandes der Gesellschafter.
- Setzen Sie nicht voraus, dass der externe Gesellschafter Zielmarkt und Marktentwicklung so beurteilen (können), wie Sie es tun. Auch diese Informationen gehören ins regelmäßige Berichtswesen.
- Proben Sie Gleichbehandlung. Machen Sie nicht den Fehler, weniger qualifizierte Fragen kurz abzuhandeln und auf eingeübte Fragen bis ins Detail zu antworten.
- Bringen Sie viel Geduld mit. Erst wenn die letzte Frage beantwortet, der letzte Einwand besprochen wurde, ist für den Gesellschafter deutlich, dass seine Bedenken ernst genommen werden und er nicht übergangen wird.
Gerade in Krisensituationen kann ein „Nein” zum falschen Zeitpunkt fatale Folgen haben. Jeder Geschäftsführer entwickelt im Laufe der Zusammenarbeit mit dem Gesellschaftern ein Gespür für die Person und die Persönlichkeit seiner Mit-Gesellschafter und stellt sich auf diese ein. Grundlage für eine dauerhaft funktionierende Zusammenarbeit bleibt aber ein konsequenter und sachlicher Informationsaustausch.
Geschäftsführer-Perspektive: Wenn ein Mitarbeiter nicht mehr will …
Auf besonderen Wunsch hatte sich ein Kollege darauf eingelassen – abweichend von seinen üblichen Arbeitsvertrags-Konditionen – , einem (lange gesuchten) Mitarbeiter eine Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Jahresende zu gewähren. Das war Bedingung. Kaum war der Mann eingearbeitet – Mitte Februar – kündigte der zum Jahresende. Der Kollege fühlte sich – m. E. zu Recht – „über den Tisch gezogen”. Und machte sich sofort auf die Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Der war überraschend schnell gefunden. Der Kollege kündigte nun den abwanderungswilligen Mitarbeiter arbeitgeberseitig – mit der dafür möglichen kürzeren Frist zum Monatsende. Ist das zulässig? NEIN. Das Arbeitsgericht Siegburg urteilte jetzt: „Der sog. Abkehrwille ist kein Kündigungsgrund” (ArbG Siegburg, Urteil v. 17.7.2019, 3 Ca 500/19). Eine Kündigung durch die GmbH ist nur möglich, wenn Sie dafür andere Gründe benennen können. Der Abwanderungswille alleine ist jedenfalls kein Kündigungsgrund. Besser ist es, wenn es Ihnen gelingt, den Mitarbeiter bis zum Jahresende voll für sich zu gewinnen und ihn weiterhin so wertzuschätzen, dass er sich bis zum letzten Tag für Sie und Ihre GmbH einsetzt. Bis dahin wird es sicherlich auch dauern, bis das Landesarbeitsgericht die Sache im Revisionsverfahren endgültig entschieden hat. Mit den besten Grüßen.
Neue BMF-Vorgaben: Das Zeitwertkonto für den GmbH-Geschäftsführer
Die Möglichkeit, Arbeitzeiten zu „sammeln“, dafür ein Arbeitszeitkonto zu bilden und einen damit verbundenen Lohnsteuer-Aufschub zu erreichen, steht nicht nur Arbeitnehmern, sondern auch dem Geschäftsführer einer GmbH zu. Das ergibt sich so aus zahlreichen Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) in der Sache. Allerdings nicht allen Geschäftsführern (vgl. dazu zuletzt Nr. 44/2016).
ACHTUNG: Nach vielen juristischen Auseinandersetzungen mit den Finanzbehörden um sog. Zeitwertkonten für GmbH-Geschäftsführer hat das Bundesfinanzministerium (BMF) jetzt einheitliche Vorgaben für die Steuerprüfer herausgegeben, nach denen die Arbeitskonten in Zukunft lohnsteuerlich verbindlich behandelt werden (BMF-Schreiben vom 8.8.2019, IV C 5 ‑S 2332/07/0004 :004). Danach gilt:
- Vereinbarungen über die Einrichtung von Zeitwertkonten bei Arbeitnehmern, die zugleich als Organ einer Körperschaft bestellt sind – z. B. bei dem sog. Fremd-Geschäftsführer einer GmbH, sind lohn/einkommensteuerlich grundsätzlich anzuerkennen, wenn der Geschäftsführer nicht an der Körperschaft beteiligt ist (vgl. dazu BFH-Urteil v. 22.2.2018, VI R 17/16).
- Ist der Arbeitnehmer an der Körperschaft beteiligt, beherrscht diese aber nicht (z. B. Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer), ist nach den allgemeinen Grundsätzen zu prüfen, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt. Liegt danach keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, sind Vereinbarungen über die Einrichtung von Zeitwertkonten lohn-/einkommensteuerlich grundsätzlich anzuerkennen.
- Ist der Arbeitnehmer an der Körperschaft beteiligt und beherrscht diese, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor (vgl. BFH-Urteil v. 11.11.2015, I R 26/15) Vereinbarungen über die Einrichtung von Zeitwertkonten sind lohn-/einkommensteuerlich nicht anzuerkennen.
Terminsache: Die Fristen für den Jahresabschluss 2018 laufen
Mittelgroße und große GmbHs müssen den vollständigen Jahresabschluss 2018 ihrer GmbH bis zum 31.8. des Jahres aufstellen und diesen durch die Gesellschafter feststellen lassen (§ 42a Abs. 2 GmbH-Gesetz). Der Verstoß gegen diese Vorschriften geht zu Lasten des Geschäftsführers:
- Sie sind auch zuständig für die Vorlage der Steuererklärungen der GmbH. Dazu ist der von den Gesellschaftern festgestellte Jahresabschluss der GmbH an das Finanzamt einzureichen. Verstöße gegen diese Steuervorschrift werden mit Bußgeldern, Strafzinsen oder sogar als Straftat belangt.
- Außerdem können die Gesellschafter der GmbH den Geschäftsführer in die Haftung nehmen.
- Ggf. muss der Geschäftsführer entstandenen Schaden ersetzen. Außerdem drohen organ- und arbeitsrechtliche Konsequenzen.
Geschäftsführer/Firmenwagen: 1 % – Versteuerung für jedes Fahrzeug
Überlässt die GmbH Ihnen als Geschäftsführer mehrere Fahrzeuge auch zur privaten Nutzung, dann muss der private Nutzungsvorteil für jedes Fahrzeug versteuert werden. Der Bundesfinanzhof hat dies für die Anwendung der 1%-Methode so entschieden. Das gilt aber auch dann, wenn der Geschäftsführer den privaten Steuervorteil anhand eines Fahrtenbuchs ermittelt. Wird der Wagen ausschließlich zur geschäftlichen Nutzung überlassen, entfällt die Versteuerung. Aber: Das müssen Sie belegen können (BFH, Beschluss v. 24.5.2019, VI B 101/18).
Mitarbeiter/Lohnkosten: Mehr Leistungen beim Kurzarbeitergeld
Bundesminister Hubertus Heil (SPD) hat für das 2. Halbjahr ein „Arbeit-von-morgen-Gesetz” angekündigt. Damit sollen die Folgen eines möglichen konjunkturellen Abschwungs abgemildert werden. Geplant ist, dass Kurzarbeitergeld unbürokratischer und schneller bewilligt wird und dass die Sozialversicherungsbeiträge, die vom Arbeitgeber gezahlt werden, über den gesamten Förderzeitrum von der Bundesagentur für Arbeit (BA) übernommen werden (Vgl. dazu Nr. 21/2019).
Fuhrpark/Kosten: Autobahn-Maut ist nicht vom Tisch
Mit dem EuGH-Urteil zur Unzulässigkeit der geplanten Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen ist das Thema längst noch nicht vom Tisch. Unterdessen hat der Datenschutzbeauftragte Ulrich Kelber den Vorschlag einer streckenbezogenen Maut geprüft. Ergebnis: Aus seiner Sicht ist ein solches Modell nicht zu beanstanden. Ein streckenbezogenes Maut-Modell wird derzeit von den zuständigen Ministerien geprüft. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Transparenz-Diskussion: Mitarbeiter brauchen keine Lohnauskünfte
Nach dem Entgelttransparenzgesetz (seit: 2018) haben Arbeitnehmer/Innen das Recht, Auskunft über die Lohnzahlungen zu erhalten, die für vergleichbare Tätigkeiten im Unternehmen an die (männlichen) Kollegen gezahlt werden. Dazu hat der Deutsche Juristinnenbund jetzt Zahlen vorgelegt: Laut Gesetzentwurf seien 70.275 Auskunftsverlangen im Jahr (= 1 % aller auskunftsberechtigten Beschäftigten) erwartet worden. Die nun nach zwei Jahren erstmals vorgelegte Evaluation der Juristinnen weise in ihrer Hochrechnung allerdings nur 10.400 Auskunftsanfragen aus. Das entspricht einer Zielerreichungsquote von gerade einmal 15 %.
Abschaffung des Soli: Nicht für GmbH und UG
Das Bundesfinanzministerium hat den Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung/Reduzierung des Solidaritätszuschlags auf den Weg gebracht und den betroffenen Ministerien und Institutionen zur Prüfung vorgelegt. Auffällig: Im Entwurf ist lediglich die Rede davon, dass Lohn- und Einkommensteuer-Zahler entlastet werden. Körperschaftsteuerpflichtige Unternehmen werden bisher in keiner öffentlichen Stellungnahme des Ministeriums genannt. Es ist also davon auszugehen, dass Kapitalgesellschaften nach dem vorliegenden Vorschlag weiterhin Solidaritätszuschlag zahlen müssen. U. E. wird die CDU/CSU das so nicht mittragen. Es ist also zu befürchten, dass die Initiative des BMF ins Leere läuft und sich die Abschaffung des Solidaritätszuschlags noch bis 2020/21 verzögern wird.
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
L. Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief