Erkenntnisse: Pflichtveröffentlichung bremst Wachstum + BFH aktuell: Der Beratervertrag für den Senior/für den Gesellschafter-Geschäftsführer + Digitales: Mit dem StartUp-Finder zum richtigen Kooperationspartner + Kompakt: Komjunktur- und Finanz-Plandaten März 2019 + GF-Haftung: Kein Schadensersatz trotz strafrechtlicher Verurteilung + Mitarbeiter: Richtig reagieren bei Mehrfach-Verfehlungen + GmbH/Recht: Haftung bei der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften + Steuer-Gestaltung: Der Senior als freiberuflicher Berater
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 10/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 8. März 2019
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
seit 2007 müssen GmbHs den Jahresabschluss im elektronischen Handelsregister veröffentlichen. Wer nicht veröffentlicht, wird vom Bundesamt für Justiz (BfJ) per Bußgeld dazu verpflichtet. Zahlreiche GmbHs, die sich der Pflichtveröffentlichung entziehen wollten, wurden in aufwändigen Verfahren bis zur gerichtlichen Feststellung per Urteil zur Veröffentlichung gezwungen. Wir berichten nach wie vor regelmäßig zum Thema und dazu anstehenden Verfahren (vgl. zuletzt Nr. 39/2017). Für die meisten GmbHs ist die Pflichtveröffentlichung unterdessen Routine. Auch wenn es weiterhin Kritik an der totalen Transparenz der GmbH-Zahlen gibt. Gerade kleinere Unternehmen sehen in dieser Pflicht zur Offenlegung von Unternehmens-Interna einen internationalen Wettbewerbsnachteil.
Das betrifft zum einen die strenge Veröffentlichungspraxis in Deutschland. In einigen anderen EU-Staaten wird die Veröffentlichung nicht oder nur zögerlich umgesetzt. Jetzt kommt Prof. Dr. Devrimi Kaya von der Ruhruniversiät Bochum/London Business School nach der Auswertung der Daten aus den Jahresabschlüssen von hunderttausenden Kapitalgesellschaften zu dem Schluss: „Um sich dieser Pflicht (zur Veröffentlichung) zu entziehen, bremst der Mittelstand in Deutschland und Europa bewusst sein Wachstum, um wettbewerbsrelevante Informationen nicht preisgeben zu müssen”.
BFH aktuell: Der Beratervertrag für den Senior/für den Gesellschafter-Geschäftsführer
Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zur steuerlichen Anerkennung eines Berater-Honorars sollten Sie bestehende Vertragsgestaltungen prüfen. Das betrifft z. B. den Beratervertrag mit dem Senior-Gesellschafter nach dessen Ausscheiden oder den Beratervertrag, den der Gesellschafter-Geschäftsführer für die Erbringung zusätzlicher Leistungen für die GmbH abgeschlossen hat. Danach gilt: „Eine Vereinbarung, die angesichts der umfänglichen wie unbestimmten Beschreibung der zu erbringenden Beratungsleistungen weder das „Ob” noch das „Wie” bzw. „Wann” der vertraglichen Leistungserbringung bestimmen lässt, hält einem steuerrechtlichen Fremdvergleich nicht stand” (BFH, Urteil v. 12.9.2018, I R 77/16). Im Klartext: Eine vage Formulierung des Beratungszeitpunkts und ‑gegenstandes führt dazu, dass das Beraterhonorar nicht als Betriebsausgabe anerkannt bzw. als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) behandelt wird. Im Urteilsfall war lediglich vereinbart, dass ein bestimmter Stundensatz (hier: 96 DM im Streitjahr 1995) und Reisekosten erstattet werden. Prüfen Sie zusammen mit dem Steuerberater, ob die Definitonen Ihrer Beratungs-Leistungen den Kriterien der Finanzbehörden genügen.
Die Rechtslage: Beraterverträge eignen sich für Beratungsleistungen, die Dritte für das Unternehmen erbringen sollen und z. B. in den Fällen, in denen ein Gesellschafter-Geschäftsführer sich aus Altersgründen aus der Geschäftsleitung zurückzieht, weiterhin aber beratend der Geschäftsleitung zur Verfügung stehen möchte. Der Beratungsvertrag kann als Dienstvertrag oder Werkvertrag, jeweils mit oder ohne Geschäftsbesorgungscharakter oder auch als Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichen oder werkvertraglichen Elementen abgeschlossen werden. Wichtig hierbei ist, dass der Berater als freier Mitarbeiter bzw. Selbständiger tätig wird und nicht als Arbeitnehmer.
- Beratungsdienstvertrag: Ist der Berater als Dienstleister tätig, schuldet er lediglich eine Tätigkeit, aber keinen bestimmten Erfolg. Er erbringt diese Tätigkeit aber nicht im Rahmen eines arbeitsvertraglichen abhängigen Dienstverhältnisses, sondern als Selbständiger in wirtschaftlicher und sozialer Unabhängigkeit. Oft haben Beratungsdienstverträge auch Geschäftsbesorgungscharakter, etwa dann, wenn ein Rechtsanwalt auch mit Prozessführung, Prozessvertretung und der Besorgung anderer Rechtsangelegenheiten über die eigentliche Beratung hinaus beauftragt wird. Das gilt auch für Verträge mit dem Senior, wenn dieser z. B. das auftragerteilende Unternehmen in der kaufmännischen Geschäftstätigkeit beraten und für bestimmte Bereiche wie Controlling, Finanzierung und Rechnungswesen zur Verfügung stehen soll.
- Beratungswerkvertrag: Hier wird im Gegensatz zum Beratungsdienstvertrag nicht nur eine Tätigkeit, sondern ein bestimmter Erfolg geschuldet, den der Berater herbeiführen soll. Das kann die Herstellung einer rein gegenständlichen Sache sein. Auch ein bestimmter herbeizuführender Erfolg wie die Hinführung eines neuen Produktes zur Marktreife bzw. die Markteinführung eines neuen Produktes oder die Umstrukturierung eines Unternehmens oder Teilen davon. Bei diesen Verträgen liegt das unternehmerische Risiko für den Erfolg der Leistung, also das Gelingen des Auftrags, beim Berater.
Beispiele: Typische Anwendungsfälle sind Verträge über die Erstellung von Gutachten aus den Bereichen Recht, Betriebswirtschaft (Unternehmensführung, Organisation, Logistik, Vertrieb, Marketing) oder Steuern, auch wenn der Berater mit der Konzeption und Entwicklung einer neuen Organisationsstruktur – etwa im Zusammenhang mit einer Digitalisierungs-Strategie – beauftragt wird, gehören dazu.
Digitales: Mit dem StartUp-Finder zum richtigen Kooperationspartner
Nur jedes fünfte Unternehmen (Quelle: Deloitte) hat Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Start-Ups. Die übrigen 80 % tun sich schwer bei der Suche nach digitalen Kooperationspartnern. Jetzt hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) mit dem Start-Up-Finder eine Plattform vorgestellt, die eine systematische und damit zielgenaue Suche – z. B. nach bestimmten technologischen Lösungsansätzen – und eine direkte Kontaktaufnahme ermöglicht. Sie erreichen die Plattform unter https://www.de-hub.de/startupfinder. Unsere Empfehlung: Hilfreich.
Beispiel: Das Start-Up Wandelbots. Robotik hat in der Praxis einen entscheidenden Nachteil, der gerade in vielen kleineren Unternehmen dafür sorgt, dass traditionelle (unwirtschaftlichere) Produktionsmethoden überleben: Zwar ist die Anschaffung eines Roboters unterdessen machbar. Überproportional ins Gewicht fallen aber die variablen Kosten – also die Kosten der Programmierung für die Umrüstung auf neue Produkte – bis zur Losgröße 1. Wandelsbots entwickelt Sensoren, mit denen menschliche Bewegungs- und Ablaufvorgaben unmittelbar in eine Roboter-Software „übersetzt” werden. Mit enormem Kosteneinsparpotenzial.
Kompakt: Komjunktur- und Finanz-Plandaten März 2019
Zwar beharren einige Experten und insbesonders viele Politiker darauf, dass es sich bei dem angezeigten Abwärtstrend nicht um eine „Rezession” handelt. Dennoch: Unterdessen mehren sich die Indikatoren, die für eine handfeste Krise sprechen. Noch laufen in vielen Branchen (Bau) die Geschäfte ausgesprochen gut. Aber eine klare Aussage, wo die Reise hingeht, wagen auch wir nicht. Im Klartext: Es herrscht Unsicherheit – für die Wirtschaft ist das Gift und Herausforderung (mit Chancen) zugleich.
Betrifft … | Trend |
Konjunktur | Der IfO-Geschäftsklima-Index befindet sich weiter auf Talfahrt. Die 9.000 Manager, deren Erwartungen für die Zukunft dazu abgefragt werden, bringen es im Februar nur noch auf 98,5 Punkte nach 99,3 im Januar 2019. Das ist der schwächste Wert seit Dezember 2014. Fazit: „Diese Ergebnisse und andere Indikatoren deuten auf ein Wirtschaftswachstum im ersten Quartal von 0,2 Prozent hin”. Die Politik rechnet noch mit 1,0 % Wachstum. |
Steuerspar-Modelle | Derzeit umwirbt Malta mittelständische Unternehmen im Steuerwettbewerb um Geschäftsführer-Gehälter. So verspricht Malta Geschäftsführern, die auf der Mittelmeerinsel ein Büro eröffnen, einen Steuersatz von 15 %. Einige professionelle Immobilien-Makler bieten zusätzlich den Erwerb einer Immobilie auf der Urlaubs-Insel an. Fraglich ist, ob die deutschen Steuerbehörden das mitmachen. |
Arbeitsmarkt | Im Februar 2019 gab es 16.000 weniger Menschen ohne Job als im Vormonat und 156.000 weniger als im vergleichbaren Vorjahres-Monat. Trotz abkühlender Konjunktur ist eine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt in 2019 nicht zu erwarten. Immer mehr Unternehmen setzen auf unzufriedene Mitarbeiter bei der Konkurrenz und stärken die eigene Unternehmens-Kultur. |
Handel/Internet | „Gemeinsam gegen Amazon” – so das Motto der großen Handelsketten in ihrer Offensive gegen den amerikanischen Fast-Monopolisten. Es geht um gemeinsame Cloud-Lösungen zur Logistik, Warenwirtschaft, Kundendatenverarbeitung und um den „vernetzten Einkaufswagen”, der Einkaufslisten lesen kann, automatisch die Rechnung schreibt und den Zahlungsvorgang abwickelt. |
GF-Haftung: Kein Schadensersatz trotz strafrechtlicher Verurteilung
Wegen Bestechlichkeit war der Geschäftsführer der Media-Saturn-Deutschland GmbH vom Landgericht Augsburg zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Der Arbeitgeber konnte aber einen Schadensersatzanspruch gegen den Ex-Geschäftsführer nicht durchsetzen (OLG Schleswig, Urteil v. 26.2.2019, 3 U 57/17).
Mitarbeiter: Richtig reagieren bei Mehrfach-Verfehlungen
Bei vielen Einzel-Pflichtverstößen, die jeweils alleine eine Kündigung nicht rechtfertigen, summiert sich kein Gesamtverstoß von so erheblichem Ausmaß, dass eine Abmahnung nicht mehr erforderlich ist. Im Klartext: Wenn mehrere (kleinere) Verstöße des Mitarbeiters vorliegen, müssen Sie vor der Kündigung abmahnen (LAG Köln, Urteil v. 6.9.2018, 6 Sa 64/18).
GmbH/Recht: Haftung bei der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften
Die Gesellschafter trifft bei der Verschmelzung von GmbHs, die im Wege der Kapitalerhöhung verschmolzen wurden, bei Überbewertung des Vermögens der übertragenden GmbH keine sog. Differenzhaftung (BGH, Urteil v. 6.11.2018, II ZR 199/17).
Steuer-Gestaltung: Der Senior als freiberuflicher Berater
Wird der Senior nach dem Ausscheiden als Berater für die GmbH tätig, wird eine freiberufliche – und damit gewerbesteuerfreie – Tätigkeit in der Regel nur anerkannt, wenn die von den Finanzbehörden verlangten Qualifikationen vorliegen, z. B. als Unternehmensberater mit qualifiziertem Hochschulabschluss. Achtung: Das Finanzamt (FA) muss die freiberufliche Tätigkeit auch ohne Hochschulabschluss anerkennen, wenn der Senior sich im Laufe der Jahre eine vergleichbare Qualifikation angeeignet hat und das belegen kann. Das ergibt sich so aus einem aktuellen Urteil des Finanzgerichts Köln. Das FA muss jeden Einzelfall prüfen (FG Köln, Aktenzeichen: 3 K 815/16).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief