EXPRESS: Bürokratiekosten: Entgelttransparenzgesetz geht in die nächste Runde + GmbH kompakt: Wichtige Rechtsprechung zur GmbH/Geschäftsführung 2018 + Digitales: Neue Märkte erschließen mit Landscaping + Finanzen/Umsatzprobleme: Was tun, wenn einer der Hauptkunden schwächelt? + GmbH/Steuer: Lamborghini Aventator nicht als Firmenwagen anerkannt + Reformen: Kommission für ein Unternehmensteuergesetzbuch + Neues Urteil: Unkenntnis schützt den GmbH-Geschäftsführer nicht + Anzahl der Beschäftigten: Finanzamt muss richtig zählen
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 03/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 18. Januar 2019
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
seit einem Jahr gilt das Entgelttransparenz-Gesetz. Danach haben die Mitarbeiter in Unternehmen ab 200 Beschäftigten das Recht, Auskunft darüber zu verlangen, wie viel die KollegenInnen in vergleichbarer Beschäftigung verdienen. Jetzt – ein Jahr später – liegen erste Erkenntnisse darüber vor, welche Wirkungen und Auswirkungen das Gesetz in der Praxis hat. Das Ergebnis ist – zumindest aus Sicht Macher – ausgesprochen ernüchternd. In über 90 % aller Unternehmen spielt der gesetzliche Anspruch auf Lohn-Auskunft keine Rolle. Für die betroffenen Personal-Abteilungen bedeutet das umgekehrt: Entwarnung. Die befürchtete Bürokratie-Belastung ist damit ausgeblieben.
Allerdings muss befürchtet werden, dass die Parteien die Wirkungslosigkeit des Gesetzes in Sachen Gender Pay Gap nicht unwidersprochen hinnehmen werden. Etwa, indem man nachträglich mit einer Bußgeldregelung oder einer totalen Lohn-Transparenz nachrüstet. Auf die Einsicht, dass gesetzliche Regelungen nur bedingt in der Lage sind, gesellschaftliche Strukturen, Phänomene und Entwicklungen zu verändern, darf man als Pragmatiker wohl nicht setzen. Zumal Vergütungsfragen immer auch eine Frage der Leistungsfähigkeit und der Leistungsbereitschaft sind – und hoffentlich bis auf weiteres auch bleiben.
(Quelle: HiB v. 16.1.2018 „Bundesfamilienministerin Giffey kündigte an, im Juli dieses Jahres die Evaluierung zum Engelttransparenzgesetz vorzustellen. Bis 2020 soll nach Angaben der Ministerin die Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung fertiggestellt und eine Bundesstiftung Gleichstellung ins Leben gerufen werden“).
GmbH kompakt: Wichtige Rechtsprechung zur GmbH/Geschäftsführung 2018
Als Geschäftsführer sind Sie verantwortlich für die Compliance im Unternehmen. Sie müssen „Recht und Gesetz“ korrekt umsetzen. Dazu müssen Sie die Rechtsprechung kennen. Gerade im GmbH-Recht ist hier Vieles in Bewegung. Wir haben die wichtigsten Neuerungen aus 2018 in der folgenden Übersicht zusammengestellt:
GmbH-Recht
|
GF-Freistellung: Der Gesellschafter einer GmbH ist bei seiner Wahl und Bestellung zum Geschäftsführer nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen. Das gilt so auch für den Gesellschafterbeschluss über eine spätere Freistellung des Geschäftsführers – auch unter Anrechnung seiner Urlaubsansprüche. | OLG Hamm, Urteil v. 19.7.2018, 27 U 14/47
Fundstelle: Nr. 50/2018 |
GF-Unterschrift: Unterzeichnet der Geschäftsführer ein Dokument (hier: die Quittung für ein Bankdarlehen) mit seinem Namen ohne Vertretungszusatz (hier: für die A‑GmbH), ist der Vertragspartner nicht berechtigt, den Geschäftsführer dafür in die Haftung zu nehmen, wenn er (hier: der Banksachbearbeiter) wusste, dass das Darlehen ausschließlich für betriebliche Zwecke der GmbH bestimmt war (hier: Bezahlung eines Subunternehmers der GmbH). | OLG Karlsruhe, Urteil v. 25.9.2018, 9 U 117/16, nicht rechtskräftig
Fundstelle: Nr. 49/2018 |
|
Vertretungsbefugnis des GF: Schließt der Geschäftsführer Verträge ab, zu denen er laut Vertretungsbefugnis nicht berechtigt ist, haftet er persönlich für einen daraus verursachten Schaden. Es handelt sich um eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers. | OLG München, Urteil v. 18.4.2018, 7 U 3130/17
Fundstelle: Nr. 46/2018 |
|
Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung: Nehmen alle Gesellschafter an einer Gesellschafterversammlung teil, handelt es sich nur dann um eine beschlussfähige Vollversammlung im Sinne des GmbH-Gesetzes (§ 51 Abs. 3), wenn der Beschlussgegenstand fristgemäß in der Tagesordnung zur Gesellschafterversammlung angekündigt wurde. | OLG Koblenz, Urteil v. 1.2.2018, 6 U 442/17
Fundstelle: Nr. 41/2018 |
|
Einziehung eines GmbH-Anteils: Steht im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Einziehung eines Gesellschaftsanteils fest, dass das freie Vermögen der Gesellschaft zur Bezahlung der Abfindung nicht ausreicht, ist der Einziehungsbeschluss nichtig. | BGH, Urteil v. 26.6.2018, II ZR 65/16
Fundstelle: Nr. 33/2018 |
|
GF-Haftung | Krisenanzeichen rechtzeitig erkennen: Für die Darlegung der Zahlungsunfähigkeit bedarf es einer geordneten Gegenüberstellung der zu berücksichtigenden fälligen Verbindlichkeiten und liquiden Mittel des Schuldners, etwa in Form einer Liquiditätsbilanz. Von einer Zahlungsunfähigkeit ist danach regelmäßig auszugehen, wenn die Liquiditätslücke des Schuldners 10 % oder mehr beträgt, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten zuzumuten ist. | LG Darmstadt, Urteil v. 28.5.2018, 15 O 39/17
Fundstelle: Nr. 48/2018 |
GF-Vertrag | Übertragung der Pensionszusage auf einen Pensionsfonds: Wird – z. B. im Zuge eines GmbH-Verkaufs – Ihre Pensionszusage auf einen Pensionsfonds ausgelagert, sollten Sie mit der GmbH vereinbaren, dass diese verpflichtet ist, beim zuständigen Finanzamt einen Antrag auf Besteuerung gemäß § 4e Abs. 3 EStG zu stellen (zustimmende Bedingung). Nur dann ist sichergestellt, dass Sie für den bis dahin angesparten Pensionsanspruch nur anteilig Lohnsteuer zahlen müssen. | FG Köln, Urteil v. 27.9.2018, 6 K 814/16
Fundstelle: Nr. 48/2018 |
Zeitwertkonto des Gesellschafter-Geschäftsführers: Die dem Zeitwertkonto eines alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers zugeführten Beträge sind verdeckte Gewinnausschüttungen. Sie sind nicht als Arbeitslohn zu qualifizieren. Es handelt sich daher um Einkünfte aus Kapitalvermögen und nicht um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit”. | FG Münster, Urteil v. 5.9.2018, 7 K 3531/16 L
Fundstelle: Nr. 44/2018 |
|
Kündigung durch den GF-Kollegen: Leistet sich der abberufene aber noch angestellte Geschäftsführer eine weitere Pflichtverletzung, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt, dann darf ein inzwischen neu bestellter Geschäftsführer den Kollegen kündigen. | BGH, Urteil v. 17.7.2018, II ZR 452/17
Fundstelle: Nr. 35/2018 |
Digitales: Neue Märkte erschließen mit Landscaping
In Sachen Digitalisierung dreht sich (fast) Alles um StartUps. Konzerne beteiligen sich. Investoren suchen nach Gewinn versprechenden Beteiligungen, mittelständische Unternehmen intensivieren ihre Digitalisierungs-Strategien. Auch in den Unterhaltungsprogrammen vieler TV-Sendern buhlen Firmengründer um finanzielle Starthilfen und Beteiligungen – zum Teil mit mehr oder weniger abstrusen Ideen und naiven Vorstellungen über Innovationsprozesse, Marktmechanismen und Marketing. Das ist Unterhaltungsfernsehen. Unterdessen hat sich die Start- Up-Szene professionalisiert. Es gibt gut geschulte Gründungsberater (Inkubatoren, Acceleratoren), KfW-Förderprogramme, Informationsportale der Ministerien, Universitäten, der Wirtschafts- und Branchenverbände.
Es gilt: Unprofessionelle Gründer ohne ausgereiften Master- und Businessplan schaffen es vielleicht noch in das Unterhaltungs-TV, aber nicht mehr zu den professionellen Investoren. Spätestens mit der zweiten Finanzierungsrunde ist Schluss.
Fazit: Schafft das StartUp die Unternehmensgründung, können Sie in der Regel davon ausgehen, dass das zugrunde liegende digitale Geschäftsmodell Potenzial hat, an dem Sie Ihre eigene digitale Ausrichtung orientieren können. Neben diesen Auswahlkriterien für digitales Erfolgspotenzial ist globale StartUp-Recherche notwendig. Dazu gehört, sich via Internet und allen dort verfügbaren Datenbanken einen umfassenden Überblick über die weltweite StartUp-Szene und damit über neue Branchen-Lösungen zu verschaffen. Beide Ausrichtungen ergeben einen Ausblick. Der Digitalexperte Christoph Keese formuliert: „Zwei Methoden finden zusammen, um die Bruchlinie in den alten Branchen zu erkennen”. Im Fachjargon: Landscaping – die weltweite, branchensystematische Suche und Recherche nach neuen, digitalen Lösungen und Geschäftsmodellen.
NEU: Geschäftsführung in Zeiten der Digitalisierung, Dipl. Vw. L. Volkelt, 155 Seiten (Info + Bestellen > Cover anklicken)
Für viele Branchen – Dienstleistung, Handwerk, Handel – sind der internationale Wettbewerb, die zunehmende digitale Dynamik und die grenzenlose Konkurrenz nicht selbstverständlich. Auch nicht für die Chefs und Geschäftsführer dieser Unternehmen.Wir haben das Thema für Sie gebündelt. Aus Ihrer Sichtweise – aus der Sichtweise und Interessenlage der Geschäftsführung – systematisch dargestellt, mit den Auswirkungen auf alle Funktionen, Abteilungen und Projekte, die in der GmbH zusammenwirken. Und geben Ihnen dazu ganz anschaulich, unterlegt mit zahlreichen Beispielen (Benchmarking), und hilfreichen Verweisen Anleitungen und Anregungen, wie Sie die (Dauer-) Herausforderung „Digitalisierung“ in Ihrem Unternehmen erfolgreich angehen und umsetzen.
Finanzen/Umsatzprobleme: Was tun, wenn einer der Hauptkunden schwächelt?
Ein typischer Fall aus der Praxis: Einer Ihrer Hauptkunden (main customer) schwächelt und muss Insolvenz anmelden. In der Folge prüft der Insolvenzverwalter, inwieweit bestehende Verträge gekündigt werden können bzw. inwieweit über neue Zahlungsziele verhandelt werden kann. Für die betroffene GmbH bedeutet das: Wenn Sie keine neuen Kunden finden, kann die GmbH die laufenden Kosten für Miete und Löhne nur zahlen, indem Reserven – sprich: Gewinne – aus den Vorjahren verbraucht werden.
Damit wird auch ein Teil Ihres persönlichen Polsters und damit auch Ihres „persönlichen Vermögens” von der GmbH aufgezehrt. Wie können Sie das verhindern und Ihr (zukünftiges) Vermögen besser vor einem Zugriff von außen sichern? Besser ist: Sie entnehmen Gewinne sofort nach Ablauf des Geschäftsjahres und zwar so viel, wie handelsrechtlich zulässig ist. Der Gewinn geht dann sofort in Ihr privates Vermögen über. Macht die GmbH im nächsten Jahr Verluste, steht dieses Vermögen dann nicht mehr zur Verfügung. Ein Durchgriff auf Ihr privates Vermögen ist aber so gut wie nicht möglich. Nachteil: Die hohe Besteuerung für ausgeschüttete Gewinne (ca. 54 %). Vorteil: Das Geld ist aus der GmbH „raus“.
Lamborghini Aventador nicht als Firmenwagen anerkannt
Der Firmenwagen darf zwar grundsätzlich „repräsentativ” ausfallen. Aber: Nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte gibt es Grenzen – der Firmenwagen darf insgesamt nur „angemessen” sein, er muss zur Größe und Bedeutung des Unternehmens passen. Laut Finanzgericht (FG) Hamburg ist ein unangemessenes Fahrzeug steuerlich als Repräsentationsaufwand zu behandeln und wie eine Jagd oder ein Segelboot nicht abzugsfähig (FG Hamburg, Urteil v. 11.10.2018, 2 K 116/18).
Reformen: Kommission für ein Unternehmensteuergesetzbuch
Zahlreiche Steuerexperten fordern unterdessen die Einsetzung einer Regierungskommission zur Reform der Unternehmenssteuern – und zwar noch vor Ablauf der Legislaturperiode. Nur so kann die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft auf Dauer gesichert werden. Zentraler Punkt der Reform wird danach eine komplette Nivellierung der Gewerbesteuer sein (Quelle: Leitlinien für ein Unternehmensteuergesetzbuch, in GmbHR 2019, R4 ff.).
Neues Urteil: Unkenntnis schützt den GmbH-Geschäftsführer nicht
Unkenntnis über Steuerpflichten- und ‑fristen taugen nicht für den Geschäftsführer als Argument im Finanzgerichtsverfahren. Dazu der Bundesfinanzhof (BFH): „Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass der Geschäftsführer einer GmbH im Haftungsverfahren mit Einwendungen gegen die Höhe der Steuerforderungen gemäß § 166 AO ausgeschlossen ist, wenn er der Forderungsanmeldung des Finanzsamtes hätte widersprechen können, dies aber unterlassen hat. Mangelnde Kenntnisse der Grundpflichten eines Geschäftsführers einer GmbH entschuldigen eine Pflichtverletzung nicht” (BFH, Beschluss v. 18.9.2018, XI R 54/17).
Anzahl der Beschäftigten: Finanzamt muss richtig zählen
Die Feststellung der Ausgangslohnsumme und die Feststellung der Anzahl der Beschäftigten sind zwei getrennte Feststellungen. Allein aus der Feststellung der Ausgangslohnsumme lässt sich nicht feststellen, ob das Unternehmen mehr oder weniger als 20 Beschäftigte hat und demnach die Verschonungsreglung anzuwenden ist (§ 13a Abs. 1 ErbStG). Der Bundesfinanzhof (BFH) verlangt zwei getrennte Feststellungen – eine Schätzung der Beschäftigtenzahl ist nicht ausreichend und hat keine Bindungswirkung (BFH, Urteil v. 5.9.2018, II R 57/15).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief