Unternehmens-Nachfolge: Warum reden so wichtig ist + Pflichtveröffentlichung: Durchschnittlich 38 Interessenten für Ihren veröffentlichten Jahresabschluss + Export-GmbHs: Der Zoll will zu viel wissen + Bundestagswahl: Keine Lobby für Unternehmen – wenig Mittelstands-Orientierung + Riester-NEU: Durchaus attraktiv für die Belegschaft + Pensionszusage: SIE können den vollen Anspruch gegen die GmbH durchsetzen
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 35/2017 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 1.September 2017
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
Keks-Unternehmer Werner Bahlsen weiß erst seit ein paar Wochen, was ein Hashtag ist. Seine Tochter, die bis dato nicht viel mit dem Unternehmen und der Nachfolge zu tun hatte, musste ihren Vater aufklären, wie man mit einem gut gesetzten Hashtag in den Sozialen Medien Marketing macht. Als Mann mit Unternehmereigenschaften hat er dann schnell erkannt, wie viel Potential die neuen Medien für die Entwicklung seiner Produkte haben. Man gründete einen BLOG für neue und gesunde Ernährung und bündelt in dem neuen Unternehmenszweig die Themen Forschung und Entwicklung – unter stetiger Einbeziehung von Kunden, Lieferanten und den eigenen Entwicklungsteams. Gute Sache.
Nicht nur in diesem Fall hat das miteinander Reden gelohnt. Angefangen hat es mit der Bemerkung des Senior-Chefs: „Wir müssen üben, miteinander zu reden” – das war der Einstieg in das Nachfolge-Szenario des Familien-Unternehmens zwischen dem Unternehmer und seinen Kindern. Fakt ist, dass in vielen Familien-Unternehmen über die Vorstellungen aller Beteiligten (leider) über das „Weiter” immer noch viel zu wenig gesprochen wird.
Pflichtveröffentlichung: 38 Interessenten für Ihren veröffentlichten Jahresabschluss
Seit 2007 gibt es das elektronische Unternehmensregister, in dem die Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften (AG/GmbH/UG) veröffentlicht werden müssen. Das Verfahren ist unterdessen eingespielt. Im Prinzip hat Jedermann Einblick in die dort veröffentlichen Daten – auch wenn die zeitliche Verzögerung eine ad hoc Beurteilung der veröffentlichten Unternehmensdaten nur bedingt zulässt. Dennoch: Das Interesse an den Unternehmenszahlen ist groß. Hier die offiziellen Zahlen dazu. Seit 2008 werden jährlich jeweils deutlich über 1 Million Jahresabschlüsse beim elektronischen Bundesanzeiger eingereicht. Die Gesamtzahl der im dort publizierten Jahresabschlüsse liegt bei etwa 4,8 Millionen. Die Offenlegungsquote liegt heute bei etwa 90 %.
Zum Vergleich: Vor Inkrafttreten der gesetzlichen Vorschriften dazu (EHUG) lag die (freiwillige) Offenlegungsquote bei 5 %. Monatlich verzeichnet der elektronische Bundesanzeiger über 3,2 Mio. Zugriffe. Davon entfallen ca. 81 % – zurzeit ca. 2,6 Mio. Zugriffe pro Monat – auf den Bereich der Jahresabschlüsse. Rechnet man das auf Tage um, bedeutet das, dass alleine im elektronischen Bundesanzeiger täglich – inkl. aller Sonn- und Feiertage – etwa 84.000 Jahresabschlüsse abgerufen werden. Hinzukommen pro Tag etwa 32.000 Jahresabschlüsse, die auf den Seiten des Unternehmensregisters abgerufen werden, so dass insgesamt täglich über 116.000 Jahresabschlüsse abgerufen werden. Geht man von etwa 1,1 Mio. veröffentlichungspflichtigen Unternehmen aus, würde dies, rein rechnerisch betrachtet, bedeuten, dass jedes Unternehmen ca. 38mal pro Jahr aufgerufen wird. Der weitaus größte Teil der Abrufe (über 80 %) betrifft dabei kleine Unternehmen.
Export-GmbHs: Zoll will zu viel wissen
Unternehmen, die exportieren und dazu die sog. Zollprivilegien in Anspruch nehmen, müssen den Zollbehörden nach einem neuen Verfahren Auskunft für eine zollrechtliche Bewilligung geben. Dazu wurden und werden ausführliche Auskunftsbögen an die Unternehmen verschickt. Dabei geht es z. B. auch um persönliche Daten von Mitarbeitern, die mit der Abwicklung der Zollformalitäten beschäftigt sind. Begründung: Man will wissen, ob gegen einen der Mitarbeiter steuererhebliche Bedenken bestehen – z. B. wegen privater steuerlicher Nachlässigkeiten oder Vergehen. Die Zollbehörden wollen dazu die persönlichen Steuer-Identifikationsnummern (ID) dieser Mitarbeiter in Erfahrung bringen. Viele Unternehmen sind über diese datenschutzrechtlich bedenkliche Vorgehensweise verunsichert. Einige haben diese persönlichen Daten aber bereits – wenn auch unter Bedenken – abgegeben. Wie ist diese Praxis rechtlich zu beurteilen, wie verhalten Sie sich dazu korrekt?
Die Rechtslage: Ein betroffenes Unternehmen hat unterdessen vor dem Finanzgericht (FG) Düsseldorf gegen diese Praxis der Zollbehörden Klage eingereicht (Aktenzeichen: 4 K 1404/17 Z). Das Gericht selbst hat höchste Bedenken gegen diese Praxis, aber noch nicht in der Sache entschieden. Das Verfahren ist zunächst ausgesetzt und vom FG Düsseldorf dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur endgültigen Prüfung vorgelegt. Dort wird zu prüfen sein, ob datenschutzrechtliche Bestimmungen verletzt sind. Wir gehen davon aus, dass die standardmäßige Abfrage persönlicher Steuerdaten im Zusammenhang mit firmenbezogenen Zollangelegenheiten – hier: Zollprivilegien – so nicht zulässig sein dürfte. Rechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn Sie im Fragebogen lediglich Namen und Anschrift der Geschäftsleitung und des Zollbeauftragten angeben.
Bundestagswahl: Keine Lobby für Unternehmen – wenig Mittelstands-Orientierung
Noch sind es knapp vier Wochen bis zur Bundestagswahl. Auffällig: Beim Thema Besteuerung von Privatpersonen und Unternehmen zeigen sich alle Parteien ausgesprochen zurückhaltend. Selbst die FDP setzt bis auf wenige Korrekturen auf Kontinuität – also lediglich auf bescheidene Eingriffe in die Steuersätze.
Klar ist: Für die Unternehmen sind weder Entlastungen noch Reformen im Angebot. Das betrifft alle Parteien. Einzige Ausnahme: Wenn der Solidaritätszuschlag herunter gefahren wird (FDP: Abschaffung bis Ende 2019), profitieren davon auch alle Kapitalgesellschaften – die ja auf die Körperschaftsteuerschuld auch immer noch 5 % Soli zahlen müssen. Das IfO-Institut hat ausgerechnet, dass sich die Steuerpläne von CDU/SPD für Privatpersonen im mittleren Einkommensbereich kaum unterscheiden. Für höhere Einkommen (ab 95.000 EUR) verspricht die CDU deutlich mehr Entlastung als die SPD – je nach Haushaltskonstellation bis zu 10.000 EUR weniger berechnet auf 4 Jahre.
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Riester-NEU: Durchaus attraktiv für die Belegschaft
Viele kleinere GmbHs haben die Mitarbeiter dazu motiviert, zusätzlich zur gesetzlichen Rente für eine betriebliche Altersvorsorge anzusparen. Stichwort: Riester-Rente. Allerdings waren die Erwartungen daran überzogen. Mit den niedrigen Sparbeträgen und der doch etwas dürftigen Staatlichen Förderung war es nicht möglich, einen wirklich relevanten Beitrag zur Alterssicherung anzusparen. Jetzt hat der Gesetzgeber gehörig nachgebessert (Betriebsrentenstärkungsgesetz). Im Einzelnen geht es um folgende wichtige Verbesserungen ab 1.1.2018: Die Grundzulage erhöht sich um 13,5 % von 154 EUR pro Jahr auf 175 EUR pro Jahr. Hat man einen Riester-Vertrag, bekommt man die volle Zulage von 175 EUR, wenn man mindestens 4 % der Einkünfte (max. 2.100 EUR abzüglich Zulage) pro Jahr in seinen Riester-Vertrag einzahlt.
Für jedes Kind, das nach dem 31.12.2007 geboren wurde, erhält der Sparer zusätzlich noch eine Kinderzulage in Höhe von 300 EUR pro Jahr und Kind (für davor geborene Kinder 185 Euro pro Jahr). Für eine Person mit zwei Kindern, die 20 Jahre in einen Riester-Vertrag einzahlt, summieren sich die Zulagen durch den Staat auf 15.500 EUR. Darüber hinaus kann der Steuerpflichtige in der Einkommensteuererklärung die Eigenbeiträge (zuzüglich der zunächst erhaltenen Zulage) als Sonderausgaben bis max. 2.100 EUR geltend machen, was sich – je nach Einkommensverhältnissen – als noch günstiger im Vergleich zur bloßen Zulage erweisen kann. Die Differenz zwischen der steuerlichen Auswirkung des Sonderausgabenabzugs und der erhaltenen Zulage bekommt der Riester-Sparer dann von seiner Einkommensteuer abgezogen. Ist der monatliche Rentenanspruch aus einem Riester-Vertrag gering, kann der Anbieter den Rentenanspruch mit einer Einmalzahlung zu Beginn der Auszahlungsphase abzufinden. Diese Einmalzahlung ist dann im Jahr der Auszahlung voll steuerpflichtig, soweit sie auf geförderten Beiträgen beruht. Ab dem Veranlagungszeitraum 2018 werden diese Einmalzahlungen ermäßigt besteuert. Die sogenannte „Fünftelregelung“ ist dann in diesen Fällen entsprechend anzuwenden.
Pensionszusage: SIE können den vollen Anspruch gegen die GmbH durchsetzen
Geschäftsführer kann Pensionsanspruch gegen die GmbH durchsetzen: Wurde für die Pensionszusage eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen, kann der Geschäftsführer seinen Pensionsanspruch in voller Höhe gegen die GmbH durchsetzen (OLG Stuttgart, Beschluss v. 28.7.2017, 15 UF 251/16).
Eine informative Lektüre wünscht
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst