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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 23/2017

Büro­kra­tie: Rebel­len über­neh­men IHK Ham­burg + Rich­ti­ge Geschäfts­füh­rung: Voll­mach­ten und Ver­tre­tun­gen + GmbH-Bei­rat: Vor­sicht mit Ver­gü­tun­gen von Zusatz­tä­tig­kei­ten + Geschäftsführer/Technik: Muss Erfin­dun­gen der GmbH anbie­ten + GmbH-Anteil: FA besteu­ert Ver­kauf dop­pelt + GmbH-Recht: War­nung vor fal­schen Regis­ter­ein­trä­gen + BISS

 

 

 

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Frei­burg, 9. Juni 2017

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

in Ham­burg haben jetzt die Rebel­len unter dem Mot­to DIE KAMMER SIND WIR das Kom­mando über­nom­men. Dabei geht es weder um ein Schul­schiff der Bun­des­wehr noch um einen Luxus-Liner, auf dem Pas­sa­gie­re um die Welt tin­geln. Es geht um nicht mehr als die Indus­trie- und Han­dels­kam­mer Ham­burg und damit auch um die Zwangs­bei­trä­ge, um die es in den letz­ten Jah­ren ruhi­ger und ruhi­ger gewor­den war (vgl. zuletzt Nr. 31/2014). Die Zwangs­mit­glied­schaft und die Zwangs­bei­trags­pflicht ste­hen wie­der ein­mal auf dem Spiel. Zuletzt hat­te der DIHT – die Dach­or­ga­ni­sa­ti­on der IHKs – ihren Kri­ti­kern ein wenig den Wind aus den Segeln genom­men, indem für klei­ne­re Fir­men nied­ri­ge­re Pausch­be­trä­ge ver­an­schlagt wur­den. Aus den Schlag­zei­len ist das The­ma Zwangs­mit­glied­schaft damit aller­dings nicht her­aus­ge­kom­men. Mal gab es in der einen IHK Que­re­len zwi­schen den Mit­gliedern und den Orga­nen der IHK, mal wur­den über­höh­te Gehalts­zah­lun­gen an die Geschäfts­füh­rer moniert.

Mit den Rebel­len ist jetzt ein neu­es Kapi­tel auf­ge­schla­gen. Statt Zwangs­bei­trä­gen wol­len die Rebel­len in Ham­burg frei­wil­li­ge Bei­trä­ge ein­füh­ren. Zudem wird es in 2017 ein wei­te­res Urteil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts in Sachen Zwangs­bei­trä­ge geben (Akten­zei­chen: z. B. unter 1 BvR 2222/12). Viel­leicht lässt sich das Gericht ja von den Rebel­len inspi­rie­ren. Dann wäre allen gehol­fen. Unter­neh­men, die nicht von der IHK-Arbeit pro­fi­tie­ren, könn­ten frei ent­schei­den, ob sie etwas zu den IHK-Auf­­­trä­gen bei­tra­gen wol­len. Die IHKs stän­den unter dem viel­leicht nicht ganz unge­sun­den Druck, schlan­ker und demo­kra­ti­scher zu wer­den. Vor­teil für alle. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

Richtige Geschäftsführung: Vollmachten und Vertretungen

Nichts ist pein­li­cher als eine miss­lun­ge­ne Beschluss­fas­sung der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung – z. B., weil der Geschäfts­füh­rer Rechts- und Form­fra­gen falsch ein­schätzt. Im schlech­tes­ten Fall haf­tet der zustän­di­ge Geschäfts­füh­rer, etwa wenn durch eine ver­zö­ger­te Ver­trags­un­ter­zeich­nung ein Scha­den ent­steht. In der Pra­xis wer­den vie­le Feh­ler bei Vertretungs­regelungen oder Voll­mach­ten gemacht. Hier die Rechts­la­ge für Sonderfälle:

 

 

  • Sind juris­ti­sche Per­so­nen (AG, GmbH) Gesell­schaf­ter, wer­den die­se durch die Geschäfts­füh­rung, den Vor­stand oder ande­re dazu bestimm­te Per­so­nen vertreten.
  • Wird ein Geschäfts­an­teil treu­hän­disch ver­wal­tet, steht dem Treu­hän­der das Teil­nah­me­recht zu. Der Treu­hän­der kann den Treu­ge­ber hier­zu bevollmächtigen.
  • Ist der Geschäfts­an­teil ver­pfän­det, bleibt dem Gesell­schaf­ter das Teil­nah­me­recht – er muss zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung gela­den wer­den, hat aber kein Stimmrecht.
  • Bei Nieß­brauch hat in der Regel der Gesell­schaf­ter das Teil­nah­me­recht, er kann jedoch den Nieß­braucher bevollmächtigen.

Als Geschäfts­füh­rer ohne Betei­li­gung an der GmbH haben Sie grund­sätz­lich kein Teil­nah­me­recht, aber eine Teil­nah­me­pflicht, d. h. Sie müs­sen auf Ver­lan­gen der Gesell­schaf­ter an der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung teil­neh­men, um den Gesell­schaf­tern Rede und Ant­wort zu stehen.

Wenn Sie als Fremd-Geschäfts­füh­rer an einer Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung auf kei­nen Fall teil­neh­men wol­len – etwa, weil Sie unbe­dingt zuvor noch Infor­ma­tio­nen zur recht­li­chen Beur­tei­lung einer Beschluss­la­ge brau­chen – müs­sen Sie Ihre Abwe­sen­heit begrün­den kön­nen. Wenn Sie kei­ne Nach­tei­le (außer­or­dent­li­che Kün­di­gung) ris­kie­ren wol­len, soll­ten Sie ein Attest vor­le­gen oder einen Arzt­be­such bele­gen können.

Grund­sätz­lich hat der teil­nah­me­be­rech­tig­te Gesell­schaf­ter das Recht, einen Bevoll­mäch­tig­ten zu bestim­men. Die­ser muss objek­tiv dazu in der Lage sein, die damit ver­bun­de­ne Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men. Die ergibt sich aus der beruf­li­chen Qua­li­fi­ka­ti­on (Steuer­berater, Wirt­schafts­prü­fer). Aus prak­ti­schen Erwä­gun­gen (Ent­schei­dungs­fä­hig­keit) emp­fiehlt es sich, im Gesell­schafts­ver­trag Rege­lun­gen zur Abwe­sen­heits­ver­tre­tung zu tref­fen. Dazu muss sicher­ge­stellt wer­den, dass das Teil­nah­me­recht nur auf aus­rei­chend qua­li­fi­zier­te und zuver­läs­si­ge Per­so­nen über­tra­gen wird. Mus­ter­for­mu­lie­rung: „Bevoll­mäch­tig­ter zu Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung kann nur ein Mit­ge­sell­schaf­ter oder eine zur Berufs­ver­schwie­gen­heit ver­pflich­te­te Per­son mit kauf­män­ni­schen, betriebs­wirt­schaft­li­chen und juris­ti­schen Kennt­nis­sen (Steu­er­be­ra­ter, Rechts­an­walt) sein“. Der Bevoll­mäch­tig­te muss eine schrift­li­che Voll­macht vor­le­gen, das ist eine vom Gesell­schaf­ter eigen­hän­dig unter­schrie­be­ne Urkun­de, die ihn zu Aus­übung bestimm­ter oder aller Gesell­schaf­ter­rech­te bevoll­mäch­tigt. Da eine eigen­hän­di­ge Unter­schrift not­wen­dig ist, genügt eine Voll­machts­er­stel­lung per Fax nicht den recht­li­chen Vorschriften.

Wenn Sie als Geschäfts­füh­rer Zwei­fel an einer Bevoll­mäch­ti­gung haben, soll­ten Sie die Per­son – sofern kei­ne begrün­de­ten Ver­dachts­mo­men­te (Preis­ga­be von Betriebs­in­ter­na) bestehen – an der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung teil­neh­men las­sen. Infor­mie­ren Sie die teil­neh­men­den Gesell­schaf­ter über Ihre Beden­ken und ver­mer­ken Sie die­ses im Pro­to­koll. Ver­su­chen Sie den abwe­sen­den Gesell­schaf­ter zu errei­chen und ver­mei­den Sie, ver­trau­li­che Sach­ver­hal­te zu beschließen.

Der Wider­ruf von mit Voll­macht zustan­de gekom­me­nen Gesell­schaf­ter­be­schlüs­sen ist grund­sätz­lich mög­lich, sofern der Bevoll­mäch­tig­te nicht die wirt­schaft­li­che Stel­lung eines Gesell­schaf­ters hat und inso­fern wirt­schaft­li­che Sach­ver­hal­te nicht aus­rei­chend beur­tei­len kann. Gesell­schaf­ter und Bevoll­mäch­tig­ter dür­fen nicht gleich­zei­tig an der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung teil­neh­men – es sei denn, dies wird mehr­heit­lich zuge­las­sen oder ist laut Gesell­schafts­ver­trag erlaubt.

Wei­ter­füh­rend: Voll­macht

GmbH-Beirat: Vorsicht mit Vergütungen von Zusatztätigkeiten 

Auf­sichts- oder Bei­rats­ver­gü­tun­gen kön­nen Sie in der GmbH zur Hälf­te als Betriebs­aus­ga­ben abzie­hen, wenn der Auf­sichts­rat eine Über­wa­chungs­funk­ti­on aus­übt (§ 10 Nr. 4 KStG). Aber auch wirk­lich nur in die­sem Fall. Nach den Vor­ga­ben der Finanz­be­hör­den sind aber die fol­gen­den Ver­gü­tun­gen kei­ne Zah­lun­gen für Auf­sichts­rats­tä­tig­kei­ten im Sin­ne des Kör­per­schaft­steu­er­ge­set­zes (so z. B. OFD Mag­de­burg, S 2755 – 1 – St 216):

  • Ver­gü­tun­gen für rei­ne Repräsentationsaufgaben,
  • Ver­gü­tun­gen für ehe­ma­li­ge Auf­sichts­rats­mit­glie­der für bera­ten­de Tätigkeiten,
  • für eine Dop­pel­funk­ti­on (das Auf­sichts­rats­mit­glied ist Mit­glied des Auf­sichts­ra­tes und eines Kreditausschusses),
  • Ver­gü­tun­gen für Tätig­kei­ten an Auf­sichts­rats­mit­glie­der, die zusätz­lich als Sach­ver­stän­di­ge mit wei­te­ren Kon­troll­funk­tio­nen beauf­tragt werden.
Im Urteils­fall hat­ten der Ver­käu­fer und der Käu­fer des GmbH-Anteils eine Stun­dung des Kauf­prei­ses ver­ein­bart, weil die GmbH zwi­schen­zeit­lich in Zah­lungs­schwie­rig­kei­ten gera­ten war. Der Kauf­preis wur­de aber tat­säch­lich nicht bezahlt, der Kauf­ver­trag nicht durch­ge­führt. Eine sol­che steu­er­li­che Rück­ab­wick­lung ist aber nicht zwin­gend, wenn der Kauf­preis nicht voll­stän­dig bezahlt wird. Dar­über hat das Gericht nicht ent­schie­den. Es bleibt also bis auf wei­te­res offen, wie die Finanz­be­hör­den einen sol­chen Fall ent­schei­den werden.

Geschäftsführer/Technik: Muss Erfindungen der GmbH anbieten

Macht der Gesell­schaf­ter, der wie ein Geschäfts­füh­rer in die Lei­tung der GmbH ein­ge­bun­den ist, im Zusam­men­hang mit die­ser Tätig­keit eine Erfin­dung, kann für ihn die Pflicht bestehen, die­se Erfin­dung der GmbH (ent­schä­di­gungs­los) anzu­die­nen. Und zwar dann, wenn die Lei­tungs­funk­ti­on des Gesell­schaf­ters auch den tech­ni­schen Bereich betrifft, die Erfin­dung dem Geschäfts­ge­gen­stand der Gesell­schaft zuzu­ord­nen ist und die Erfin­dung über­wie­gend auf Mit­teln, Erfah­run­gen und Vor­ar­bei­ten des Unter­neh­mens beruht. Ver­stößt der Gesell­schaf­ter gegen die­se sog. Andie­nungs­pflicht und mel­det er die Erfin­dung im eige­nen Namen als Patent an, steht der GmbH ein Anspruch auf Über­tra­gung der Anmel­dung bzw. des auf Grund die­ser Anmel­dung erteil­ten Patents zu (OLG Frank­furt, Urteil vom 13.4.2017, 6 U 69/16).

Ent­schei­dend sind hier die Grund­sät­ze für Organ­mit­glie­der laut Recht­spre­chung (OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 10.6.1999, 2 U 11/98). Eine sog. Andie­nungs­pflicht wird dort aus dem Anstel­lungs­ver­trag abge­lei­tet und ange­nom­men, wenn der Geschäfts­füh­rer ver­trags­ge­mäß im Bereich der tech­ni­schen Ent­wick­lung tätig ist und wenn er für die Erfin­dung auf sach­li­che und per­so­nel­le Mit­tel, Vor­ar­bei­ten und Erfah­run­gen des Unter­neh­mens zurück­grei­fen kann.

GmbH-Anteil: FA besteuert Verkauf doppelt

Ist der Kauf­ver­trag über einen GmbH-Anteil noch nicht völ­lig abge­schlos­sen, darf das Finanz­amt bei der Rück­ab­wick­lung kei­ne zwei­te steu­er­pflich­ti­ge Über­tra­gung unter­stel­len. Noch bes­ser: Auch ein bereits ver­an­lag­ter Ver­äu­ße­rungs­ge­winn ent­fällt (BFH, Urteil vom 6.12.2016, IX R 49/15).

Als Geschäfts­füh­rer einer GmbH mit Auf­sichts­rat (das ist z. B. eine GmbH mit mehr als 500 Arbeit­neh­mern bzw. bei frei­wil­li­ger Ein­rich­tung des Bei­rats mit ech­ten Kon­troll­auf­ga­ben) soll­ten Sie bei der Beset­zung des Bei­ra­tes auf die oben genann­ten Kri­te­ri­en hin­wei­sen und die steu­er­li­chen Fol­gen auf­zei­gen (Ver­lust der Abzugs­fä­hig­keit der hälf­ti­gen Auf­sichts­rats­ver­gü­tung). Ins­be­son­de­re bei Bestel­lung eines Steuerberaters/Wirtschaftsprüfers /Rechtsanwalts in den Aufsichtsrat/Beirat kann es schnell zu Dop­pel­funk­tio­nen oder Inter­es­sen­kol­li­sio­nen kom­men. Steu­er­schäd­lich sind in die­sem Fall zusätz­li­che Tätig­kei­ten eines Auf­sichts­ra­tes, sei es bei der Erstel­lung von Rechts- oder Steu­er­gut­ach­ten oder bei einer Ver­tre­tung der GmbH in gericht­li­chen Ver­fah­ren oder ande­ren recht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen. Es sei denn, dass ein geson­der­ter Ver­trag über die zusätz­lich zu erbrin­gen­de Leis­tung abge­schlos­sen wird, die nicht im Zusam­men­hang mit sei­ner Kon­troll­auf­ga­be ste­hen darf.

GmbH/Schutz: Warnung vor falschen Registereinträgen

Die Jus­tiz­be­hör­den der Län­der wei­sen dar­auf hin, dass wie­der ver­stärkt mit gefak­ten amt­li­chen For­mu­la­ren zum Ein­trag in ver­meint­lich öffent­li­che Regis­ter oder Gewer­be­ver­zeich­nis­se gewor­ben wird. Es geht noch dreis­ter: Es wer­den ein­fach nur Rech­nun­gen für ima­gi­nä­re Ein­trä­ge verschickt.

Die Ver­öf­fent­li­chung der Ein­tra­gun­gen im Han­dels­re­gis­ter erfolgt zen­tral unter www.handelsregister.de. Für Unter­neh­men ent­ste­hen durch die Ver­öf­fent­li­chung kei­ne zusätz­li­chen Kos­ten. Für die Suche im Elek­tro­ni­schen Han­dels­re­gis­ter ist eine Regis­trie­rung not­wen­dig, kon­kre­te Aus­künf­te gibt es gegen (gerin­ge) Gebühren.

 

Eine infor­ma­ti­ve Lek­tü­re wünscht

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst

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