Pflicht-Rente: Auch Gesellschafter-Geschäftsführer stehen zur Disposition + Wettbewerbsverstöße: Vertikale Preisbindungen im Visier der Behörden + Start-up-Wettbewerbe: Was Juroren nicht sagen und was alte Hasen lernen + Urlaubs-Aushilfen: Unbedingt im zulässigen Rahmen bleiben + Geschäftsführer unterwegs: Behörden unterstellen „Vorsatz“ + GmbH-Recht: Einziehung des GmbH-Anteils bleibt kompliziert + BISS …
Der Volkelt-Brief 25/2016 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg 17. Juni 2016
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH/UG sind Sie kein Pflichtmitglied in der gesetzlichen Sozialversicherung. Noch! Nicht immer ist das ein Segen. Z. B., wenn Sie seit Jahren als Angestellter Rentenansprüche erworben haben und diese nach Mehrheits-Beteiligung an der GmbH (Management-Buy-Out) weiter aufstocken wollen. Immerhin besteht dann die Möglichkeit einer freiwilligen Mitgliedschaft. Varianten gibt es viele und noch gibt es Gestaltungsmöglichkeiten. Die demographische Vorschau auf die Rentenkasse lässt hier nicht Gutes ahnen. Sogar Rentenexperten der CDU (hier: Peter Weiß) machen sich stark für eine Versicherungspflicht für alle. Noch klingt das nur nach den Selbständigen und Beamten. Der Status von Geschäftsführern hat es noch nicht in öffentliche Diskussion geschafft – das wird aber auch noch kommen. Für Geschäftsführer kann das teuer werden.
Beispiel: Bei einem Gehalt von 100.000 € kostet das zusätzlich 18,7 % Rentenbeitrag auf 74.400 € Jahresbemessungsgrenze = 13.912 €. plus 18,7 % auf 33.600 € = 6.283 €, wenn die Beitragsbemessungsgrenze wie bereits durchgerechnet auf 9.000 € im Monat steigen sollte. Macht eine Mehrbelastung von ca. 20.000 €. Damit Sie wissen, auf was Sie sich einrichten müss(t)en.
Wettbewerbsverstöße: Preisbindungen im Visier der Behörden
Dass die Kartellbehörden immer mehr auch kleinere und regionale Unternehmen im Visier haben, hat sich herumgesprochen (vgl. Nr. 21/2016). Nach Recherchen des ARD-Wirtschaftsmagazins Verbraucherfalle ist nun abzusehen, dass die Kartellbehörden verstärkt auch vertikale Preisbindungen prüfen werden. Das betrifft alle Preisverpflichtungen für Abnehmer, aber auch Vorgaben zu Mindestverkaufspreisen – alles Praktiken, die auch in vielen nicht mono- oder oligopolistischen Märkten und in vielen Sonder-Branchen durchaus üblich sind. Das Magazin Verbraucherfalle hat dazu die Preisbildung von Parfüm-Produkten unter die Lupe genommen und dabei aufgedeckt, dass mittels Preisbindung bei Produktionskosten von 6 EUR für ein übliches Parfüm-Produkt bis zu 100 EUR flächendeckend als Endpreis durchgesetzt werden. Händler, die nicht mitziehen, sind zwar vertraglich nicht zur Einhaltung gezwungen, werden aber bei Preisdumping nicht mehr beliefert (Lieferboykott).
Achtung: Die Kronzeugenregelung (offiziell: Bonusregelung) wird immer mehr auch von unzufriedenen Mitarbeitern aus der eigenen Firma genutzt, um den eigenen Arbeitgeber anzuschwärzen. Auf solche Informationen sind die Kartellbehörden dann angewiesen und werden tätig. Im Kartellverfahren selbst haben Sie als Unternehmen dann kaum noch Möglichkeiten, auf den Verfahrensablauf Einfluss zu nehmen. Richtig Rückendeckung bekommen die Kartellbehörden jetzt auch vom EuGH-Generalanwalt. Danach ist selbst eine Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente unzulässig (Verfahren: C‑148/15). Unterdessen ist klar: „Das Kartellamt legt die verbotenen Verhaltensweisen ziemlich weit aus“ (so z. B. laut Kanzlei Arnold & Porter).
Hier einige Kriterien, nach denen Sie prüfen können, ob in Ihrer GmbH/UG Handlungsbedarf besteht bzw. ob Sie für die Vertriebs-Mitarbeiter neue Handlungsanweisungen vorgegeben müssen:
- Jede Form der konkreten Preisabsprache mit Konkurrenten oder mit dem Handel ist unzulässig. Das gilt für jede Stufe der Wertschöpfungskette.
- Vorsicht bei unverbindlichen Preisempfehlungen. Entsteht der Eindruck, dass Sie damit Druck auf den Handel ausüben, liegt ein Missbrauch vor.
- Absprachen mit dem Handel über Packungsgrößen sind dagegen zulässig (Stichwort: selektive Vertriebssysteme).
- Direkte Preisvorgaben sind auch im E‑Commerce unzulässig.
- Vorsicht bei öffentlichen Preisankündigungen, z. B. von Preiserhöhungen über die Presse. Und zwar insbesondere dann, wenn (größere) Mitbewerber sofort einsteigen und die Preise ebenfalls anpassen.
- Vorsicht auch beim Informationsaustausch der Vertriebs-Mitarbeiter z. B. auf Messen oder Branchentreffen. Klare Vorgabe: „Auf Messen und Branchentreffen wird grundsätzlich nicht über Preise und Konditionen gesprochen“.
2015 verhängten die Kartellbehörden alleine in Deutschland Bußgelder für unzulässige Preis- und Vertriebsabsprachen in Höhe von über 1 Mrd. EUR. Tendenz: weiter steigend. Einen beträchtlicher Anteil davon geht bereits zu Lasten mittelständischer Unternehmen wie Süßwarenhersteller (Ritter Sport, Balsen), Bierbrauer (Kölsch-Kartell), Kartoffel-Händler, Papierhersteller. Die Reihe lässt sich quer durch alle Branchen fortsetzen.
Start-up-Wettbewerbe: Was Juroren nicht sagen und was alte Hasen lernen
Ob TV brands auf Sky Media, Vom Spinner zum Gewinner oder Die Höhle des Löwen auf Vox (Dienstag ab Herbst 2016): Start-up-Wettbewerbe spielen sich auf allen TV-Kanälen ab, haben akzeptable Einschaltquoten und scheinen sich für alle Beteiligten zu rechnen. Das Spektrum reicht vom Internet-Sexshop bis zur externen Personalabteilung für den Handwerksbetrieb. (Semi-) professionelle Juroren entscheiden über Erfolgssausichten und machen Aussicht auf Fördermittel. Was die Juroren nicht sagen: Die gute Idee ist das eine. Entscheidend ist – das wissen Sie aus eigener Erfahrung – die Person des Unternehmers. Neudeutsch: Die Performance des Unternehmers. Dabei kommt es allerdings nicht – wie oft und vereinfacht vermutet – auf Verkäufer- oder Moderations-Qualitäten an. Es geht um das Zusammenspiel von organisatorischem Geschick, kommunikativer und sozialer Kompetenz und Fach-Wissen. So ganz einfach ist das mit der „guten Idee“ in der Praxis nämlich wirklich nicht.
Urlaubs-Aushilfen: Unbedingt im zulässigen Rahmen bleiben
In den nächsten Wochen startet Deutschland in die Sommerferien. Wie jedes Jahr werden in dieser Zeit in vielen Unternehmen Aushilfskräfte eingesetzt. Wichtig ist, dass Sie klare Vorgaben machen, damit nicht zusätzlich Steuern bzw. Sozialabgaben anfallen oder arbeitsrechtliche Vorschriften verletzt werden. Danach gilt:
- Arbeitsrecht: Kinder, die das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, dürfen keine regulären Jobs ausüben. Kinder über 13 Jahre dürfen aber zwei Stunden pro Tag leichte Tätigkeiten, wie das Austragen von Zeitungen oder Babysitten übernehmen. Jugendliche können einen richtigen Ferienjob annehmen, wenn sie mindestens 15 Jahre alt sind und die Zustimmung der Eltern haben. Unterliegen die Schüler noch der Vollzeitschulpflicht, darf während der Ferien höchstens 4 Wochen pro Jahr gearbeitet werden. Für Schüler der höheren Klassen ist die Dauer der Ferienarbeitszeit nicht begrenzt. Nacht- und Schichtarbeit und auch das Arbeiten an Wochenenden und Feiertagen ist für Jugendliche unter 18 Jahren verboten. Schulpflichtige dürfen zudem nur zwischen 6 Uhr und 20 Uhr arbeiten. Ausnahmen von dieser Regel gelten für Bäckereien, Krankenhäuser, Gaststätten und für landwirtschaftliche Betriebe.
- Sozialabgaben: Kurzfristige Ferienjobs sind sozialversicherungsfrei, egal wie viel verdient wird. Solange der Schüler nicht mehr als 3 Monate oder 70 Arbeitstage im Jahr arbeitet, fallen für die Ferienjobs keine Abgaben für die Sozialversicherung an. Auch Studenten können in den Semesterferien versicherungsfrei verdienen. Voraussetzung: Der Jobber war vor den Ferien gar nicht oder nicht mehr als 20 Stunden pro Woche beschäftigt. Generell fallen erst ab dem 51. Arbeitstag Sozialversicherungsbeiträge an. Studierende müssen allerdings auch während der Ferien Krankenversicherungsbeiträge bezahlen.
- Steuern: Ferienjobs sind lohnsteuerpflichtig. Arbeitgeber können die Lohnsteuer mit pauschal 25 Prozent übernehmen. Allerdings darf die Tätigkeit dann maximal an 18 Tagen im Monat ausgeübt werden, das Entgelt nicht über 68 € pro Tag liegen und der durchschnittliche Stundenlohn nicht über 12 €. Für Mini-Jobber bis 450 €/Monat fällt in den meisten Fällen außer der 2%-Pauschalsteuer kein Lohnsteuer an. Verdient ein Ferienarbeiter über 450 € im Monat, behält der Arbeitgeber die Lohn- und Kirchensteuer sowie den Solidaritätszuschlag ein. Sofern der Jobber den steuerlichen Grundfreibetrag von 8.652 € + 1.000 € Werbungskostenpauschale nicht überschreitet, bekommt er die abgeführten Abzüge beim Lohnsteuerjahresausgleich zurück.
- Unfallversicherung: Wie alle anderen Arbeitnehmer sind Schüler und Studierende während eines Ferienjobs bei Arbeitsunfällen gesetzlich versichert. Der Versicherungsschutz ist für die Versicherten beitragsfrei. Die Kosten trägt alleine der Arbeitgeber. Vorsicht ist jedoch für Grenzgänger und Jobber im Ausland geboten. Der Versicherungsschutz gilt in der Regel nur für Deutschland.
Weiterführend: Mini-Job-Centrale > Arbeitsrecht
Geschäftsführer unterwegs – Behörden unterstellen „Vorsatz“
Wenn Sie innerorts mit 28 km/h schneller als die 50 Km-Vorgabe unterwegs sind (78 km/h), darf die Behörde „Vorsatz“ unterstellen. Folge: Das Gericht ist nicht mehr an den Bußgeld-Katalog gebunden und kann wesentlich höhere Strafgelder verhängen. Im Urteilsfall 300 statt 100 € (OLG Hamm, Beschluss vom 10.5.2016, 4 RBs 91/16).
GmbH-Recht: Einziehung des GmbH-Anteils bleibt kompliziert
Wird ein GmbH-Anteil rechtswirksam eingezogen (§ 34 GmbH-Gesetz), haften die Alt-Gesellschafter erst dann gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter, wenn ein rechtswirksamer Fortsetzungsbeschluss gefasst ist und wenn unzulässigerweise die Abfindungszahlung an den ausgeschiedenen Gesellschafter treuwidrig verweigert wird (BGH, Urteil vom 10.5.2016, II ZR 342/14).
Mit besten Grüßen
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur