Nachgetreten: Wie der Fall Hoeneß die Finanzbehörden stark gemacht hat + Risikogeschäfte: Finanzverwaltung muss Verluste verrechnen + Pflichtveröffentlichung: Keine Ausnahme für Unternehmergesellschaften + Zweipersonen-GmbH: Der schnellere Gesellschafter hat die bessere Karten + Geschäfte: Öffentliche Ausschreibungen noch gezielter nutzen + GmbH-Recht: Eingezogener GmbH-Anteil „geht unter” + Geschäftsführer unterwegs: Der Handy-Akku ist leer + GmbH-Finanzen: Überhöhte Gehaltszahlungen an den Senior + BISS …
Der Volkelt-Brief 05/2016 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg 29. Januar 2016
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
vor der Verschärfung der steuerlichen Selbstanzeige zum 1.1.2015 stieg die Zahl der Selbstbezichtiger im Jahr 2014 auf einen Höchststand von rund 40.000 Anzeigen. Und selbst seither ist die Angst vor einer Vollverurteilung wegen Steuerhinterziehung so groß, dass es selbst unter verschärften Bedingungen in 2015 noch rund 15.000 Selbstanzeigen gab. Die prominentesten Fälle hatten dabei sicherlich die größte abschreckende Wirkung – so wie der spektakuläre Fall Zumwinkel (vgl. Nr. 5/2009) oder der wohl populärste Fall Hoeneß (vgl. Nr. 18/2013).
Entscheidend für die hohe Zahl an Selbstanzeigen war dabei das Geschäftsmodell „Steuer-CD“. Ein rechtlich (höchst) umstrittenes Geschäftsmodell. Die Finanzbehörden hat das allerdings nicht davon abhalten können, fiskalische Interessen durchzusetzen. Und zwar in vollem Umfang und flächendeckend, wenn man einmal davon absieht, dass die saarländischen Finanzbehörden einige Fälle wohlwollend bis zur Verjährung übersehen haben sollen. Zur Erinnerung: Wer heute eine Selbstanzeige schaltet, muss rückwirkend für 10 Jahre sämtliche steuerlichen Sachverhalte auf den Tisch legen und lückenlos erklären. Das gilt auch für betriebliche Steuern. Das Risiko, dass sich hierbei Fehler einschleichen, ist groß. Mit der Folge, dass die Straf befreiende Wirkung verloren geht. Das Strafmaß richtet sich dann nach Höhe der hinterzogenen Steuern – vom BGH vorgegeben nach dem Fall Boris Becker.
Risikogeschäfte: Finanzverwaltung muss Verluste verrechnen
Viele GmbHs hatten und haben Probleme, ihre liquiden Mittel sinnvoll anzulegen. Die Zinsen sind im Keller. Das Stehenlassen auf einem fest verzinsten Konto deckte und deckt gerade einmal die ohnehin kaum existierende Inflationsrate. Bessere Anlagen sind in Regel risikobehaftet. Viele Anlagen binden das Geld zudem zu lange. Viele Geschäftsführer sind aus diesem Grund zu einer gemischten Anlage übergegangen. Dabei wird ein Teil der nicht benötigten Liquidität vorrätig gehalten, ein Teil in festverzinsliche Wertpapiere mit kurzen Laufzeiten angelegt und ein Teil in Risiko behaftete Anlageformen.
Problem: In letzter Zeit haben einige Finanzämter geweigert, Verluste aus solchen Risikoanlagen bei der GmbH steuerlich anzuerkennen. Begründung: Risikogeschäfte sind dem privaten Interesse des (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführers zuzurechnen. Der Bundesfinanzhof hat allerdings in einem Musterverfahren entscheiden, dass „die GmbH grundsätzlich frei sei, solche geschäftlichen Chancen und Risiken einzugehen“ (BFH, Urteil vom 31.3.2004, I R 83/03). Auch dann, wenn zwischen dem Risikogeschäft und dem Unternehmensgegenstand der GmbH kein enger Zusammenhang besteht. Bis zuletzt hatte das Bundesfinanzministerium diese Rechtslage aber nicht anerkannt und sogar außer Kraft gesetzt (sog. Nichtanwendungserlass, so im BMF-Schreiben vom 20.5.2003, IV A 2 – S 2742 – 26/03). Jetzt haben die Finanzbehörden beigegeben. Die Finanzämter werden in Zukunft Verluste aus Risikogeschäften der GmbH zurechnen, wenn es keinen Zusammenhang zwischen Unternehmensgegenstand und Risikogeschäft gibt. So ist es in einem aktuellen BMF-Erlass schwarz auf weis nachzulesen (BMF-Schreiben vom 14.12.2015, IV C 2 – S 2742/07/10004).
Pflichtoffenlegung: Keine Ausnahme für Unternehmergesellschaften
Anfrage eines Kollegen, der in eine Unternehmergesellschaft (UG) ausgegründet hat: „Gelten die Vorschriften für die Pflichtveröffentlichung des Jahresabschlusses auch für die UG?“. Antwort: JA – und zwar uneingeschränkt. Die letzten Zweifel dazu hat soeben das OLG Köln beseitigt (OLG Köln, Beschluss vom 3.11.2015, 28 Wx 12/15). Das gilt auch für Sanktionsvorschriften. Also für die Durchsetzung der Offenlegung im Bußgeldverfahren durch das Bundesamt für Justiz (BfJ). Allerdings: Viele Unternehmergesellschaften sind kleine oder kleinste Unternehmen. Für diese gelten Erleichterungen für die Pflichtveröffentlichung. So können kleine Kapitalgesellschaften und damit alle kleineren UG einen verkürzten Jahresabschluss ins Unternehmensregister einstellen. Kleinste Kapitalgesellschaften müssen den Jahresabschluss nicht veröffentlichen, sondern lediglich zur Veröffentlichung hinterlegen. Im Einzelnen beachten Sie dazu unsere Berichterstattung aus Nr. 2/2015 + 4/2015.
2‑Personen-GmbH: Der Schnellere hat die bessere Karten
Bei Zerstrittenheit der Gesellschafter (-Geschäftsführer) in der Zweipersonen-GmbH gilt: Wer zuerst mahlt, hat die besseren Karten. Konkret: Der Gesellschafter, der als erster die Gesellschafterversammlung zum Beschluss über den Ausschluss des Mit-Gesellschafters einberuft, gibt vor, wie das rechtliche Verfahren läuft. Und zwar Schritt für Schritt:
- Der Gesellschafter (-Geschäftsführer) hat grundsätzlich das Recht, in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung mit dem TOP „Ausschließung des Gesellschafters“. einzuberufen (§ 49 GmbH-Gesetz).
- Der Beschluss wird in der Regel mit 75 % – Mehrheit gefasst. Der auszuschließende Gesellschafter hat kein Stimmrecht. Damit ist es sogar möglich, dass der Minderheitsgesellschafter einen entsprechenden rechtswirksamen Ausschluss des Mehrheits-Gesellschafters beschließt.
Der ausgeschlossene Gesellschafter muss anschließend die Initiative ergreifen und die Beschlussfassung anfechten. Ganz unabhängig davon, wie der Ausschlussverfahren begründet wird, ist der ausgeschlossene in der Defensive. Er muss im Gerichtsverfahren erreichen, dass das Gericht den Gesellschafterbeschluss für unwirksam erklärt. Dazu muss er entweder einen formalen Fehler (fehlerhafte Einberufung) vortragen können oder er muss einen Fehler in der Beschlussfassung beanstanden (fehlender wichtiger Grund). Ob der behauptete Ausschlussgrund tatsächlich vorliegt, wird dann meist erst in 2. Instanz geklärt. Das kostet – Zeit und Geld.
Geschäfte: Öffentliche Ausschreibungen noch gezielter nutzen
Sämtliche öffentlichen Aufträge müssen europaweit ausgeschrieben werden. Auch wenn das längst noch nicht in allen Fällen und allen Ländern systematisch passiert, sind in den letzten Jahren zahlreiche Internet-Portale entstanden, mit denen die öffentliche Auftragsvergabe transparenter geworden ist. Dennoch: Viele kleinere Unternehmen nutzen die damit verbundenen Geschäftschancen nicht systematisch. Hauptgrund: „Da geht es fast immer um Großprojekte“. Stimmt nicht: Ein Blick in die Ausschreibungsübersichten des Bundes und der Länder z. B. zeigt, dass auch in kleineren Tranchen ausgeschrieben wird, und zwar nach alle möglichen Wirtschaftsgütern und Dienstleistungen (z. B. Büroausstattungen, Werkzeugausstattungen, medizinische Spezialgeräte, Weiterbildung, Beratungsleistungen, Leasingangebote usw.).
GmbH-Recht: Eingezogener GmbH-Anteil „geht unter”
Laut § 34 GmbH-Gesetz können die Gesellschafter den GmbH-Anteil eines Mit-Gesellschafters nur einziehen, wenn das im Gesellschaftsvertrag der GmbH ausdrücklich zugelassen ist. Wird der GmbH-Anteil aufgrund dieser Klausel eingezogen, „geht er unter“. Er kann nicht mehr nachträglich geteilt und auf einen anderen Gesellschafter übertragen werden (OLG Dresden, Urteil vom 28.10.2015, 13 U 788/15, Quelle: GmbH Rundschau 2016, S. 56 ff.).
Geschäftsführer unterwegs: Der Handy-Akku ist leer
Bereits das bloße Anschließen eines Mobiltelefons, um es während der Fahrt aufzuladen, ist verboten und kann mit Bußgeld belangt werden (OLG Oldenburg, Beschluss vom 7.12.2015, 2 Ss (OWI) 290/15).
GmbH-Finanzen: Überhöhte Gehaltszahlungen an den Senior
Ist der Geschäftsführer einer Tochter-GmbH naher Angehöriger eines Kommanditisten der Muttergesellschaft (hier: GmbH & Co. KG), kann das Finanzamt eine überhöhte Gehaltszahlung als vGA bewerten und als Kapitelerträge (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG) versteuern (BFH, Urteil vom 22.10.2015, IV R 7/13).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur