Man darf wirklich gespannt sein, wie der „VW-Komplex“ aufgearbeitet wird. Juristisch, PR-technisch, unter Wettbewerbsaspekten usw. Und man muss davon ausgehen, dass die offen gelegte Manipulation nicht der einzige Lapsus ist, der in diesem Zusammenhang aufgedeckt wird. So werden ja auch die Verbrauchswerte moderner Kfz nicht nach Füllmengen im Tank sondern nach statistischen Durchschnittswerten anhand der geleitsteten Kilometer hochgerechnet. Auch in vielen anderen Bereichen geht es nicht mehr um Realitäten: So wird in der Lebensmittelbranche nicht wirklich im Labor getestet, sondern nach (zertifizierter) Aktenlage, siehe z. B. bei vielen Umwelt-Produkten (vgl. Nr. 14/2014) oder man nehme den Silikon-Skandal (vgl. Nr. 29/2015). Oder wenn der Kurs eine Aktie, die im Betriebsvermögen gehalten wird, zur Bewertung des Firmenvermögens ermittelt werden muss, schaut man ja auch nicht in den Index sondern lässt den Wahrscheinlichkeits-Rechner ans Werk. …Unschärfen sind für die Wirtschaft und für die verantwortlichen Handelnden (Geschäftsführer) nichts Außergewöhnliches. Ständig geht es um Einschätzungen und Bewertungen. Es gibt Spielräume, Gestaltungswahlrechte und Risiko-Entscheide. Damit umzugehen ist für die meisten Kollegen Alltag. Sie müssen den Grat zwischen kreativer Gestaltung, Risikoentscheidung und Fahrlässigkeit beherrschen. Das verlangen auch die Juristen von Ihnen. Es ist Ihre Entscheidung, welche Methoden Sie zur Markterschließung und Gewinnererzielung einsetzen.
Fazit: Um die ausgangs gestellte Frage mit einem abgewandelten Sprichwort zu beantworten: Aufrichtigkeit nimmt mittel- und langfristig (nachhaltig) existenzbedrohlichen Stress für den Entscheider und währt in der Regel länger.