Dass die Kartellbehörden immer mehr auch kleinere und regionale Unternehmen im Visier haben, hat sich herumgesprochen (vgl. Nr. 21/2016). Nach Recherchen des ARD-Wirtschaftsmagazins Verbraucherfalle ist nun abzusehen, dass die Kartellbehörden verstärkt auch vertikale Preisbindungen prüfen werden. Das betrifft alle Preisverpflichtungen für Abnehmer, aber auch Vorgaben zu Mindestverkaufspreisen – alles Praktiken, die auch in vielen nicht mono- oder oligopolistischen Märkten und in vielen Sonder-Branchen durchaus üblich sind. Das Magazin Verbraucherfalle hat dazu die Preisbildung von Parfüm-Produkten unter die Lupe genommen und dabei aufgedeckt, dass mittels Preisbindung bei Produktionskosten von 6 EUR für ein übliches Parfüm-Produkt bis zu 100 EUR flächendeckend als Endpreis durchgesetzt werden. Händler, die nicht mitziehen, sind zwar vertraglich nicht zur Einhaltung gezwungen, werden aber bei Preisdumping nicht mehr beliefert (Lieferboykott).
Achtung: …Die Kronzeugenregelung (offiziell: Bonusregelung) wird immer mehr auch von unzufriedenen Mitarbeitern aus der eigenen Firma genutzt, um den eigenen Arbeitgeber anzuschwärzen. Auf solche Informationen sind die Kartellbehörden dann angewiesen und werden tätig. Hier einige Kriterien, nach denen Sie prüfen können, ob in Ihrer GmbH/UG Handlungsbedarf besteht bzw. ob Sie für die Vertriebs-Mitarbeiter neue Handlungsanweisungen vorgegeben müssen:
- Jede Form der konkreten Preisabsprache mit Konkurrenten oder mit dem Handel ist unzulässig. Das gilt für jede Stufe der Wertschöpfungskette.
- Vorsicht bei unverbindlichen Preisempfehlungen. Entsteht der Eindruck, dass Sie damit Druck auf den Handel ausüben, liegt ein Missbrauch vor.
- Absprachen mit dem Handel über Packungsgrößen sind dagegen zulässig (Stichwort: selektive Vertriebssysteme).
- Direkte Preisvorgaben sind auch im E‑Commerce unzulässig.
- Vorsicht bei öffentlichen Preisankündigungen, z. B. von Preiserhöhungen über die Presse. Und zwar insbesondere dann, wenn (größere) Mitbewerber sofort einsteigen und die Preise ebenfalls anpassen.
- Vorsicht auch beim Informationsaustausch der Vertriebs-Mitarbeiter z. B. auf Messen oder Branchentreffen. Klare Vorgabe: „Auf Messen und Branchentreffen wird grundsätzlich nicht über Preise und Konditionen gesprochen“.