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Volkelt-Brief 37/2014

The­men heu­te: Geschäfts­füh­rer-Wis­sen: Ken­nen Sie das „Ich-Prin­zip” – wer wenn nicht SIE BFH-aktu­ell: Fami­li­en-Dar­le­hen an die GmbH ist steu­er­be­güns­tigt + Ärger­lich: Was tun, wenn das Finanz­amt die Kon­ten sperrt? Recht: Elek­tro­ni­sches Unter­neh­mens­re­gis­ter wird euro­pä­isch + Sanie­rungs­klau­sel: Unter­neh­men müs­sen Steu­er­zu­schuss  zurück­zah­len + Gebüh­ren: Notar darf für Gesell­schaft­er­lis­te kein Hono­rar ver­lan­gen + BISS

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Nr. 37/2014

Frei­burg 12.9.2014

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

ken­nen Sie das „Ich-Prin­zip“? Dabei han­delt es sich nicht um eine neue Form von Über­le­gen­heits-Stra­te­gie oder ego­is­ti­scher Selbst­ver­wirk­li­chung. Viel­mehr ist das die Ein­sicht, dass die Fir­ma so wie sie dasteht Ihr Schaf­fens­werk ist. Sie sind es, der die Fir­ma gestal­tet, prägt und nach vor­ne ent­wi­ckelt. Wem sage ich das. Des­we­gen ste­hen Sie ja genau an die­ser Stel­le. Zu die­ser Ich-Ver­ant­wort­lich­keit gehört auch die Erkennt­nis, dass der Mensch Stär­ken und Schwä­chen hat. Auch Sie – ohne Ihnen zu nahe tre­ten zu wollen.

Oft ist es bes­ser, eine Schwä­che zu besei­ti­gen als sich auf sei­nen Stär­ken aus­zu­ru­hen. Bei­spiel: Die meis­ten Füh­rungs­kräf­te gehen davon aus, dass sie ihre Mit­ar­bei­ter aus­ge­zeich­net füh­ren. Und dass, obwohl sie sich noch nie­mals sys­te­ma­tisch mit den The­men Füh­rungs­tech­nik, Moti­va­ti­on, Mit­ar­bei­ter­ge­spräch und Kon­flikt-Manage­ment beschäf­tigt haben. Nach dem „Ich-Prin­zip“ kön­nen nur Sie selbst wis­sen, wie es um Ihre Qua­li­fi­ka­ti­on in Sachen Füh­rung steht. Und nur Sie sind es, der dar­über ent­schei­den kann, ob Sie sich ein­mal eine qua­li­fi­zier­te Zusatz­aus­bil­dung in Sachen Per­so­nal­füh­rung geneh­mi­gen wol­len. Das gilt selbst­ver­ständ­lich auch für all die ande­ren Qua­li­fi­ka­tio­nen, die Sie als Geschäfts­füh­rer brau­chen. Geschäfts­füh­rung ist – das wis­sen Sie selbst – ein Spiel mit (sehr) vie­len Unbekannten.

Laut offi­zi­el­ler Sta­tis­tik neh­men nur 7 % aller Mit­ar­bei­ter inkl. Füh­rungs­kräf­te die sog. indi­vi­du­el­le berufs­be­zo­ge­ne Wei­ter­bil­dung in Anspruch (Stu­die: Wei­ter­bil­dungs­ver­hal­ten in Deutsch­land 2012). Das liegt zum einen dar­an, dass Füh­rungs­kräf­te und Geschäfts­füh­rer in der Regel im All­tags­ge­schäft stark ein­ge­spannt sind und „kei­ne Zeit“ haben. Ins­be­son­de­re in klei­nen und mitt­le­ren Betrie­ben bleibt wenig Zeit für die Wei­ter­bil­dung (obwohl gera­de in die­ser Grup­pe gro­ßer bedarf besteht). Trend: In Sozi­al- und Ver­wal­tungs­be­ru­fen fin­det viel Wei­ter­bil­dung statt. In der gewerb­li­chen Wirt­schaft wird die indi­vi­du­el­le beruf­li­che Wei­ter­bil­dung am meis­ten ver­nach­läs­sigt. Den­ken Sie ein­fach ein­mal nur an sich.

BFH: Familien-Darlehen an die GmbH ist steuerbegünstigt

In der wirt­schaft­li­chen Kri­se der GmbH gibt es oft kein Geld von der Bank mehr. Es bleibt aber die Mög­lich­keit, dass Fami­li­en-Mit­glie­der mit einem Dar­le­hen vor­über­ge­hen­de Liqui­di­täts­pro­ble­me über­brü­cken. In der Pra­xis hilft das gera­de bei kon­junk­tu­rel­len Schwan­kun­gen oder bei einem kurz­fris­ti­gen Zah­lungs­aus­fall eines gro­ßen Kun­den wei­ter. Anreiz für die Fami­li­en-Hil­fe: Die GmbH zahlt für das Dar­le­hen gute Zin­sen. Ist der Dar­le­hens­ge­ber selbst nicht an der GmbH betei­ligt, kann er die Zin­sen mit güns­ti­gen 25 % Abgel­tungs­steu­er pau­schal ver­steu­ern. Auch dann, wenn der Ehe­gat­te oder das Kind zu mehr als 10 % an der GmbH betei­ligt ist.

Wich­tig: Bis­her haben die Finanz­be­hör­den bei einer mehr als 10% Betei­li­gung des Fami­li­en-Mit­glieds die Zin­sen mit dem Ein­kom­mens­steu­er-Tarif des Dar­le­hens­ge­bers ver­steu­ert. Der lag dann meis­tens über 25 %. Jetzt hat der BFH klar­ge­stellt, dass auch sol­che Dar­le­hen von dem Gesell­schaf­ter nahe ste­hen­den Per­so­nen immer dann mit der Abgel­tungs­steu­er ver­steu­ert wer­den dür­fen, solan­ge der Ehe­gat­te den ande­ren nicht zu einer Dar­le­hens­ver­ga­be zwin­gen, über­stim­men oder einen ver­gleich­bar star­ken Ein­fluss auf den Dar­le­hens­ge­ber aus­üben kann (BFH, Urteil vom 14.5.2014, VIII R 31/11 u.a.).

Ver­fügt das Dar­le­hen ver­ge­ben­de Fami­li­en-Mit­glied über eige­nes Ver­mö­gen, über das es selb­stän­dig ver­fü­gen kann, oder gibt es Fami­li­en-Ver­mö­gen das gemein­sam ver­wal­tet wird, dann soll­te einer Besteue­rung nach der Abgel­tungs­steu­er nichts im Wege ste­hen. Ach­ten Sie aber dar­auf, dass für das Dar­le­hen übli­che Kon­di­tio­nen (Lauf­zeit, Zins­hö­he, Kün­di­gungs­mög­lich­keit, Sicher­heit) schrift­lich ver­ein­bart wer­den und dass die­se Ver­ein­ba­run­gen tat­säch­lich ein­ge­hal­ten wer­den. Dazu gehört z. B. die Zah­lung der Zin­sen auf das ange­ge­be­ne Kon­to zu den ver­ein­bar­ten Fäl­lig­kei­ten. Auf­fäl­lig­kei­ten bei der Dar­le­hens­ver­ga­be zwi­schen nahen Ange­hö­ri­gen wer­den vom Finanz­amt ger­ne zum Anlass genom­men, der GmbH genau­er in die Bücher zu schau­en – es ist einer der häu­fi­gen Anläs­se für eine Betriebsprüfung.

Ärgerlich: Was tun, wenn das Finanzamt die Konten sperrt?

Davon habe ich erst von einem Lie­fe­ran­ten erfah­ren“. Franz H., Geschäfts­füh­rer meh­re­rer Frei­zeit-Betrie­be, war doch ganz schön ver­är­gert über die Sper­rung aller sei­ner Kon­ten durch das Finanz­amt. Selbst sein Ansprech­part­ner bei der Com­merz­bank wuss­te noch nicht ein­mal über die Nacht- und Nebel-Akti­on der Finanz­be­hör­den Bescheid. Die Fol­gen waren ärger­lich. Z. B, weil H. fest­stel­len muss­te, dass der sich beschwe­ren­de Lie­fe­rant nicht der ein­zi­ge war, des­sen Rech­nun­gen nicht mehr begli­chen wur­den. Beim Nach­te­le­fo­nie­ren muss­te er fest­stel­len, dass seit 2 Tagen kei­ne Rech­nung mehr begli­chen wur­de und auch das Last­ein­zugs­ver­fah­ren nicht mehr durch­ge­führt wur­de. Bei allen Lie­fe­ran­ten muss­te sich H. ent­schul­di­gen. Nicht ver­hin­dern konn­te er, dass sei­ne Geschäfts­part­ner sich Gedan­ken um sei­ne Liqui­di­täts­la­ge mach­ten und wegen gestie­ge­nem Risi­ko nur noch zu neu­en Kon­di­tio­nen lieferten.

In der Pra­xis geht die Kon­ten­sper­rung ganz schnell. Im Klein­ge­druck­ten des Steu­er­be­scheids behält sich das Finanz­amt eine sol­che Maß­nah­me vor. In der Pra­xis wird das auch ganz schnell umge­setzt, z. B. dann, wenn der Steu­er­zah­ler schon eini­ge Male durch Steu­er­rück­stand auf­ge­fal­len ist. Die Ein­zugs­stel­le des Finanz­amts infor­miert dann nur noch die Bank über die­se Maß­nah­me – die Bank ist dazu ver­pflich­te, Aus­zah­lun­gen sofort ein­zu­stel­len. Dabei ist nicht sicher gestellt, dass der Sach­be­ar­bei­ter der Bank, der die Sper­rung ver­an­lasst, zugleich auch den Kun­den­be­ra­ter infor­miert, der Ansprech­part­ner des Kon­to-Inha­bers ist. Aus der Pra­xis wer­den regel­mä­ßig Fäl­le bekannt, in denen der Kon­to-Inha­ber erst nach einem Hin­weis des Lie­fe­ran­ten auf offe­ne Rech­nun­gen von der Sper­rung erfah­ren. Scha­den und Auf­wand, die dadurch ent­ste­hen sind enorm. In der Regel kos­tet es nicht nur eini­ge zeit­auf­wen­di­ge Tele­fo­na­te, um die Arbeits­si­tua­ti­on wie­der her­zu­stel­len. Dazu muss blitz­schnell Geld beschafft wer­den. Dazu müs­sen Bele­ge hin- und her­ge­faxt wer­den, Ansprech­part­ner aus­fin­dig gemacht wer­den und – schluss­end­lich – auch noch die Stun­den­ab­rech­nung des zwi­schen­ge­schal­te­ten Steu­er­be­ra­ters begli­chen wer­den – drei- bis vier­hun­dert Euro zusätzlich.

Post vom Finanz­amt soll­ten Sie nie lie­gen las­sen. Spä­tes­tens, wenn Sie bereits 2 oder 3 Mal mit einem Steu­er­rück­stand auf­ge­fal­len sind, soll­ten Sie davon aus­ge­hen, dass das Finanz­amt gegen Sie „erzie­he­risch“ vor­ge­hen wird und eine ange­droh­te Kon­ten­sper­rung auch durch­zie­hen wird. Prü­fen Sie Beschei­de auf Anlass und Fristen.

Vor­sor­gen­de Maß­nah­men: Spre­chen Sie mit Ihrem Bank­be­ra­ter, wie im Fal­le einer Kon­ten­sper­rung vor­zu­ge­hen ist. Sen­si­bi­li­sie­ren Sie den Bera­ter dafür, dass er Sie sofort von sich aus infor­miert – über Mobil-Tele­fon und eMail. Las­sen Sie sich des­sen Direkt­kon­takt geben (Fax und eMail), damit Sie die Frei­ga­be der Sper­rung durch das Finanz­amt sofort und ohne wei­te­ren Zeit­ver­lust an die Bank wei­ter­lei­ten können.

Sofort-Maß­nah­men: Infor­mie­ren und Kon­tak­ten Sie sofort den Steu­er­be­ra­ter. Wenn Sie den nicht errei­chen: Neh­men Sie sofort mit dem Sach­be­ar­bei­ter im Finanz­amt Kon­takt auf, der die Sper­rung ver­an­lasst hat. Brin­gen Sie in Erfah­rung, was Sie tun müs­sen, um die Sper­rung auf­zu­he­ben. Las­sen Sie sich sofort nach Zah­lung der Steu­er schrift­lich (Fax) beschei­ni­gen, dass das Finanz­amt die Sper­rung auf­ge­ho­ben hat. Lei­ten Sie die­se Bestä­ti­gung umge­hend an die Bank wei­ter (Fax) und ver­ge­wis­sern Sie sich dar­über, dass alle aus­ste­hen­den Last­schrif­ten und ange­wie­se­nen offe­nen Rech­nun­gen über­wie­sen wur­den. Selbst wenn Sie „eilig“ vor­ge­hen, müs­sen Sie davon aus­ge­hen, dass Sie jede Steu­er-Nach­läs­sig­keit 2 und mehr Tage auf Trapp hal­ten wird.

Recht: Elektronisches Unternehmensregister wird europäisch

Die Bun­des­re­gie­rung plant die Euro­päi­sche Richt­li­nie 2012/17/EU zur „Ver­ein­heit­li­chung der Kom­mu­ni­ka­ti­on der euro­päi­schen Han­dels­re­gis­ter“ zügig in deut­sches Recht umzu­set­zen. Damit will die Bun­des­re­gie­rung die Rege­lun­gen im Han­dels­ge­setz­buch (HGB) so ver­än­dern, dass der Zugriff auf alle deut­schen und euro­päi­schen Han­dels­re­gis­ter-Ein­tra­gun­gen für jeder­mann mög­lich wird. Im Klein­ge­druck­ten heißt es dazu in  einer Stel­lung­nah­me der Bun­des­re­gie­rung „zusätz­lich soll es eine ein­heit­li­che euro­päi­sche Ken­nung für Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten geben“.

Im Klar­text: Auch die Unter­neh­mens­da­ten aus dem elek­tro­ni­schen Unter­neh­mens­re­gis­ter (Jah­res­ab­schlüs­se, Anhand, Lage­be­richt usw.) wer­den euro­pa­weit trans­pa­rent. Dazu muss man wis­sen, dass in den meis­ten euro­päi­schen Län­dern ein ver­gleich­ba­res Regis­ter nicht exis­tiert bzw. von den Behör­den gegen Ver­stö­ße nicht so kon­se­quent vor­ge­gan­gen wird wie in Deutschland.

 Für deut­sche Unter­neh­men bedeu­tet das eine kras­se Schlecht-Stel­lung. Wäh­rend sie alle Unter­neh­mens­da­ten trans­pa­rent und öffent­lich machen müs­sen, wer­den in den meis­ten EU-Län­der die Ver­öf­fent­li­chungs­pflich­ten nur in süd­eu­ro­päi­scher Men­ta­li­tät gehand­habt – also ohne wirk­li­che Kon­trol­len, ohne Behör­den­druck und nur unter unzu­rei­chen­den tech­ni­schen Bedin­gun­gen. Ist das Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren aber erst ein­mal in Gang gesetzt, mah­len die Müh­len. Damit dürf­te eine euro­päi­sche Offen­le­gung für deut­sche Unter­neh­men ab 2016 kommen.

Sanierungsklausel: Unternehmen müssen zurückzahlen

Weil der Ver­tre­ter der Bun­des­re­gie­rung den ableh­nen­den Bescheids der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on gegen die Sanie­rungs­klau­sel ledig­lich mit dem Ein­gangs­stem­pel ver­se­hen hat, aber ansons­ten untä­tig geblie­ben ist, muss sich Deutsch­land damit abfin­den, dass eine Kla­ge vor dem EuGH gegen die­sen Bescheid nicht ange­nom­men wur­de. Begrün­dung: Frist ver­passt. Die Bun­des­re­pu­blik muss die gewähr­ten Zuschüs­se zurück­ver­lan­gen und die betrof­fe­nen Unter­neh­men zur Kas­se bit­ten (EuGH, Beschluss vom 3.7.2014, C 102/13 P).

Damit ist es nicht mehr mög­lich, Ver­lus­te bei Über­nah­me eines maro­den Unter­neh­mens unbe­grenzt zu ver­rech­nen (vgl. Nr. 5/2011). Die Bun­des­re­pu­blik wird die gewähr­ten Steu­er­zu­schüs­se zurück­for­dern. Das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um prüft zunächst die Urteils­be­grün­dung und wird dann die Steu­er­be­schei­de zu kor­ri­gie­ren. Dabei geht es um ein Steu­er­vor­teils­vo­lu­men von 900 Mio. EUR. Im Ein­zel­fall ist zu prü­fen, ob Unter­neh­men ein Staats­haf­tungs­ver­fah­ren anstre­ben. Even­tu­ell prüft das BMF, ob betrof­fe­nen Unter­neh­men anders begüns­tigt wer­den können.

Gebühren: Notar darf für Gesellschafterliste kein Honorar verlangen

Stellt der Notar eine Beschei­ni­gung für die Gesell­schaft­er­lis­te auf, in der er die geän­der­ten Ein­tra­gun­gen und Ver­än­de­run­gen bestä­tigt, dann ist er nicht berech­tigt, dafür eine Gebühr zu berech­nen (OLG Frank­furt, Urteil vom 16.12.2013, 20 W 375/11).

Da der Notar ohne­hin Ände­run­gen (Gesell­schaf­ter­wech­sel, Ände­run­gen des Gesell­schafts­ver­tra­ges) nota­ri­ell beur­kun­det und dafür die übli­che Gebühr berech­net, darf er für die­ses sog. Neben­ge­schäft (Aus­stel­lung der Beschei­ni­gung) kei­ne zusätz­li­che Gebühr verlangen.

Volkelt Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Chef­re­dak­teur + Herausgeber

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