Strategische Invests: Sind und bleiben „Chefsache“ + Ladung zur Gesellschafterversammlung: Samstag, Sonntag, Feiertag + BAV: Betriebsrenten kosten Steuern auf fiktiven Gewinn + Fremd-Geschäftsführer: So machen Sie mehr aus Ihrem Urlaub + Geld: 50%-Gesellschafter kann sozialversicherungspflichtig sein + Steuer: GmbH/UG muss Erbschaft doppelt versteuern + ACHTUNG: Keine GmbH-Anmeldung durch Schweizer Notar + BISS …
Der Volkelt-Brief 33/2016 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg 12. August 2016
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
haben Sie schon einmal Kaufverhandlungen geführt, die ergebnislos abgebrochen wurden? Wie es nicht geht, zeigte zuletzt der missglückte Verkauf des Flughafens Hahn durch die Landesregierung von Rheinland-Pfalz an einen chinesischen Investor. Als Unternehmer haben Sie den Vorteil, dass Sie ein solches Invest ausschließlich unter wirtschaftlichen und nicht unter politischen Interessen eingehen. Und Sie sind es gewohnt, Risiko-Entscheidungen zu treffen, sich Informationen und Beratung einzuholen, Argumente und Fakten zu sammeln und Unsicherheiten abzuwägen und zu entscheiden.
Laut Handelsgesetzbuch (HGB) sind Sie ja ohnehin dazu verpflichtet, neue Geschäftsbeziehungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes anzugehen, Bonitätsprüfungen anzustellen und sich ein realistisches Bild von Ihrem Geschäftspartner zu verschaffen. Norm dazu ist § 347 HGB: „Wer aus einem Geschäft, das auf seiner Seite ein Handelsgeschäft ist, einem anderen zur Sorgfalt verpflichtet ist, hat für die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns einzustehen“. Das ist die Generalnorm, an der Sie Ihr Handeln und Ihre Entscheidungen im Gerichtsfall messen lassen müssen, das ist Gemeinwissen für Unternehmer.
Ladung zur Gesellschafterversammlung: Samstag, Sonntag, Feiertag
Anfrage eines Kollegen: „Wie berechne ich die Fristen für die Einberufung der Gesellschafterversammlung?“. Die Rechtslage: Zwischen Einberufung und Termin der Gesellschafterversammlung muss mindestens eine Woche liegen (§ 51 GmbH-Gesetz). Genau gerechnet wird so: Bei postalischer Zustellung der Ladung werden 2 Tage vorgezählt (bei E‑Mail-Einladung: 1 Tag). Erst dann beginnt die Frist.
Beispiel: Versand = Montag. Fristbeginn = Mittwoch. Die Frist endet mit Ablauf des letzten Tages der Frist (§ 188 Abs. 1 BGB). Hier: Mittwoch der nächsten Woche. Die Gesellschafterversammlung kann dann frühestens zum folgenden Donnerstag einberufen werden – also am Tag nach Fristende. Endet die Ladungsfrist an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag, verschiebt sich das Fristende auf den Ablauf des darauf folgenden Werktages.
BAV: Betriebsrenten kosten Steuern auf fiktiven Gewinn
Viele GmbH bieten ihren Mitarbeitern eine betriebliche Altersversorgung an. Das ist eine gute Möglichkeit, Mitarbeiter zu binden bzw. in der Konkurrenz um neue Mitarbeiter zu punkten. Dieses Angebot wird ab dem Jahresabschluss 2015 teurer.
Hintergrund: Die Finanzämter unterstellen, dass die Unternehmen trotz Niedrigzinspolitik die zurückgelegten Mittel mit 6 % verzinsen. Folge: Sie müssen in Ihren Bilanzen höhere Rückstellungen bilden als das tatsächlich notwendig ist, um die Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung zu zahlen. Das BMF erlaubt es nicht, die Rückstellungen der tatsächlichen Entwicklung anzupassen. Das BMF erwartet aus dem so rechnerisch entstandenen fiktiven Gewinn Steuermehreinnahmen in Höhe von jährlich ca. 3 Mrd. EUR. Laut Institut der Deutschen Wirtschaft (IdW) kassierte der Staat seit Beginn der Niedrigzinsphase im 3. Quartal 2011 insgesamt 25 Mrd. Steuern zu viel.
Fremd-Geschäftsführer: So machen Sie mehr aus Ihrem Urlaub
Europaweit gilt: Gemäß EU-Richtlinie 2003/88/EG können auch Fremdgeschäftsführer und Geschäftsführer mit einer Minderheitsbeteiligung Arbeitnehmer sein – mit entsprechenden Pflichten und Rechten. Das gilt z. B. für eine schwangere Geschäftsführerin (sog. Danosa-Urteil des EuGH), auch für Geschäftsführer einer GmbH, die einen zu Drittel mit Arbeitnehmervertretern besetzten (DrittelbG) Aufsichtsrat haben, nicht aber für den Geschäftsführer einer nach dem Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) mitbestimmten GmbH. Folglich gehen zahlreiche Arbeitsrechtler davon aus, dass das Bundesurlaubsgesetz auch für die oben genannten Geschäftsführer gilt (z. B. Forst, in GmbHR 2012, S. 821 ff.). Daraus ergeben sich Ansprüche des Geschäftsführers gegen den Arbeitgeber GmbH. Das sind:
- In Deutschland hat der Geschäftsführer einen Anspruch auf 24 Tage Urlaub (§ 3 Abs. Bundesurlaubsgesetz),
- der Urlaubsanspruch ist jahresanteilig zu gewähren,
- durch ärztliche Bescheinigung nachgewiesene Krankheitszeiten dürfen auf den Urlaubsanspruch nicht angerechnet werden und
- der Urlaubsanspruch muss übertragbar sein (bzw. es besteht Anspruch auf Ausgleichszahlungen für nicht angetretenen Urlaub bei Übertragung oder Ausscheiden).
Besonderheit: Der Geschäftsführer hat zwar nur Anspruch auf den Mindesturlaub. Ist es im Unternehmen aber üblich und für alle anderen Arbeitnehmer so vereinbart, dass mehr Urlaubstage vertraglich gewährt werden (z. B. 30), dann kann es aus Gründen der Gleichbehandlung (AGG) geboten sein, dass auch der Geschäftsführer einen Anspruch auf einen erweiterten Urlaub anmelden und ggf. gerichtlich durchsetzen kann.
Beispiel: Der Marketing-Leiter wird zum Geschäftsführer der Tochter-GmbH berufen. Im Anstellungsvertrag wird die Mindesturlaubszeit von 24 Tagen vereinbart, alle anderen Arbeitnehmer haben einen tariflichen Anspruch auf 30 Tage Urlaub. Nach 2 Jahren kündigt die Konzernleitung dem Geschäftsführer. Unter Berufung auf das AGG macht der Geschäftsführer eine Ausgleichszahlung für 2 x 6 = 12 Tage zusätzlichen Urlaub geltend, die ihm vorenthalten wurden. Er kann eine zusätzliche Abfindung durchsetzen. In seinem Fall macht das bei 4.000 € monatlich immerhin einen zusätzlichen Betrag von rund 2.200 €.
Geld: 50%-Gesellschafter kann versicherungspflichtig sein
Selbst wenn der in der GmbH als Arbeitnehmer angestellte Gesellschafter über 50 % der Stimmen hält und damit Beschlüsse der GmbH verhindern kann, ist das alleine noch kein Indiz dafür, dass der Gesellschafter kein Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne sein kann (beherrschender Gesellschafter). Vielmehr müssen alle Kriterien der sozialversicherungsrechtlichen Einstufung berücksichtigt (z. B. Weisungsrechte) und praxisrelevant bewertet werden (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7.1.2016, L 9 KR 84/13).
Steuer: GmbH/UG muss Erbschaft doppelt versteuern
Erbt eine GmbH (Hier: Testamentarische Einsetzung durch einen Bewohner eines Pflegeheims) Barmittel, dann sind diese Betriebseinnahme und müssen bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns mitgerechnet werden (FG Niedersachsen, Urteil vom 28.6.2016, 10 K 285/15).
ACHTUNG – keine GmbH-Anmeldung durch Schweizer Notar
Jetzt hat ein Registergericht die Anmeldung einer deutschen GmbH-Gründung durch einen Schweizer Notar (Berner Notariat) abgelehnt. Das Urteil trägt allerdings nicht zur Rechtssicherheit bei, zumal der Bundesgerichtshof in dieser Sache noch in 2013 die Beurkundung durch einen ausländischen Notar im Grundsatz zugelassen hat – solange die ausländische Beurkundung der deutschen gleichwertig ist (BGH, Beschluss vom 17.12.2013, II ZB 6/13 für den Fall der Schweiz, aber auch: Niederland, Belgien). In Berlin sieht man das anders (AG Berlin-Charlottenburg, Beschluss vom 22.1.2016, 99 AR 9466/15).
Mit besten Grüßen
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur