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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 49/2011

The­men heu­te: Abbe­ru­fung des Geschäfts­füh­rers per einst­wei­li­ger Ver­fü­gung + Abfin­dung für den GF: Passt Ihre Ver­trags­klau­sel noch? – neu­es Urteil + BGH-aktu­ell: Bera­ter muss statt Geschäfts­füh­rer Umsatz­steu­er nach­zah­len + Vor­sicht: Wie­der neue betrü­ge­ri­sche Anbie­ter in Sachen Unter­neh­mens­re­gis­ter – auf kei­nen Fall zah­len + BISS

 

 

49. KW 2011
Frei­tag, 9.12.2011

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

Ver­säum­nis­se bei der Erstel­lung und Vor­la­ge des Jah­res­ab­schlus­ses der GmbH berech­ti­gen die Gesell­schaf­ter zur Abbe­ru­fung und Kün­di­gung des Geschäfts­füh­rers (vgl. Vol­kelt-Brief Nr. 35/2011). Das ist nach­voll­zieh­bar, bringt in der Pra­xis aber eini­ge zusätz­li­che Pro­ble­me. Zum Bei­spiel, wenn der abbe­ru­fe­ne Geschäfts­füh­rer gegen den Abbe­ru­fungs­be­schluss der Gesell­schaf­ter vor Gericht per Anfech­tungs­kla­ge vor­geht. Pro­blem: Darf der Geschäfts­füh­rer bis zur rechts­ver­bind­li­chen Ent­schei­dung des Gerichts über die Wirk­sam­keit des Abbe­ru­fungs­be­schlus­ses im Amt blei­ben oder nicht?

Die rich­ti­ge Ant­wort ist: JEIN. Er kann zwar im Amt blei­ben. Anschlie­ßend kön­nen die Gesell­schaf­ter ihn aber frei­stel­len. Wei­gert sich der Geschäfts­füh­rer sei­ne Tätig­keit ruhen zu las­sen und geht er wei­ter­hin sei­ner Tätig­keit nach, kön­nen die Gesell­schaf­ter das sogar mit einer einst­wei­li­gen Ver­fü­gung rechts­ver­bind­lich unter­sa­gen. Sie kön­nen ihm Haus­ver­bot ertei­len und damit die Aus­übung des Amtes ver­hin­dern (KG Ber­lin, Urteil vom 11.8.2011, 23 U 114/11). Umge­kehrt erge­ben sich so auch für den abbe­ru­fe­nen Geschäfts­füh­rer Mög­lich­kei-ten, sein Aus­schei­den zumin­dest zu „ver­zö­gern“.

Für die Pra­xis: Kommt es zwi­schen den Gesell­schaf­tern und dem Geschäfts­füh­rer zu Kon­flikt­si­tua­tio­nen (hier: um den Jah­res­ab­schluss), muss das wei­te­re Vor­ge­hen genau geplant und recht­lich abge­si­chert wer­den. Das beginnt mit der ord­nungs­ge­mä­ßen Ein­be­ru­fung der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, einer kor­rek­ten Durch­füh­rung und Doku­men­ta­ti­on der Inhal­te und Beschlüs­se der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, die Ein­hal­tung von vor­ge­ge­be­nen Fris­ten und die rich­ti­gen For­mu­lie­run­gen für Begrün­dun­gen (Abbe­ru­fungs- und Kün­di­gungs­grün­de) und even­tu­el­le Beweis­vor­la­gen. In der Regel ist ein feh­ler­frei­es Agie­ren ohne anwalt­li­che Bera­tung kaum mög­lich. Wei­ter­füh­ren­de Infor­ma­tio­nen: Kon­flik­te in der GmbH

Abfindung: Stimmt Ihre Vertragsklausel noch?

In vie­len GmbH-Gesell­schafts­ver­trä­gen ist ver­ein­bart, dass alle Gesell­schaf­ter aktiv in der GmbH mit­ar­bei­ten müs­sen, ent­we­der als Geschäfts­füh­rer oder als Ange­stell­ter. Ziel der Ver­ein­ba­rung: Damit wol­len die Gesell­schaf­ter sicher­stel­len, dass sich alle zum Wohl der GmbH ein­set­zen und das gemein­sa­me Pro­jekt zum best­mög­li­chen Erfolg füh­ren. Ist der Gesell­schaf­ter nicht mehr für die GmbH tätig (Alters­grün­de, Abwan­de­rungs­wün­sche), haben die ver­blei­ben­den Gesell­schaf­ter das Recht, den GmbH-Anteil ein­zu­zie­hen. Das ist recht­lich aber nur zuläs­sig, wenn der Gesell­schaf­ter dafür abge­fun­den wird – ihm also eine ent­spre­chen­der Preis für sei­nen GmbH-Anteil gezahlt wird. Pro­blem: Die Abfin­dung darf nicht „sit­ten­wid­rig“ sein. Dem aus­schei­den­den Gesell­schaf­ter muss ein fai­rer Preis gezahlt wer­den. Dazu gibt es jetzt ein wich­ti­ges neu­es Urteil des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH). Im Gesell­schafts­ver­trag der GmbH war vereinbart:

 Die Abfin­dung des aus­schei­den­den Gesell­schaf­ters besteht in einem nach dem Ver­hält­nis der Stamm­ein­la­gen zu berech­nen­den Anteil am nomi­nel­len Eigen­ka­pi­tal der Gesell­schaft, soweit dies gesetz­lich zuläs­sig ist. Maß­ge­bend ist das nomi­nel­le Eigen­ka­pi­tal am letz­ten Bilanz­stich­tag vor dem Aus­schei­den des betref­fen­den Gesellschafters.

 In den Fäl­len, in denen oben genann­te Bestim­mung gesetz­lich nicht zuläs­sig ist, bemisst sich die Abfin­dung des aus­schei­den­den Gesell­schaf­ters nach dem gemei­nen Wert sei­nes Anteils, der sich unter Anwen­dung des sog. Stutt­gar­ter Ver­fah­rens zum letz­ten vor dem Aus­schei­den lie­gen­den Bilanz­stich­tag errechnet.

Im kon­kre­ten Fall klag­te der aus­schei­den­de Gesell­schaf­ter gegen die ihm sei­nes Erach­tens zu nied­ri­ge Abfin­dung. Das Pro­blem: Die oben genann­ten Ver­ein­ba­run­gen aus dem Gesell­schafts­ver­trag sind nicht klar und ein-deu­tig. Es wird nur dann eine „ange­mes­se­ne“ Abfin­dung gezahlt, wenn die Abfin­dung zum Nomi­nal­wert als recht­lich nicht zuläs­sig erkannt wird. Laut BGH ist eine sol­che Ver­ein­ba­rung aber zuläs­sig (BGH, Urteil vom 27.9.2011, II ZR 279/09).

Für die Pra­xis: Die Abfin­dungs­ver­ein­ba­rung im Gesell­schafts­ver­trag der GmbH hält in der Regel gericht­li­cher Nach­prü­fung nur dann Stand, wenn die Zah­lung für den aus­schei­den­den Gesell­schaf­ter fair und ange­mes­sen ist. Eine Zah­lung nach Buch- bzw. Nomi­nal­wert ist nicht zuläs­sig, aus­nahms­wei­se bei einer jun­gen GmbH beim Aus­schei­den unmit­tel­bar nach der Grün­dung, wenn noch kein erwäh­nens­wer­ter Unter­neh­mens­wert geschaf­fen wur­de. Zuläs­sig sind aber alle Bewer­tungs­ver­fah­ren, die auch vom Gesetz­ge­ber zur Ermitt­lung des Anteils-werts her­an­ge­zo­gen wer­den – das sind z. B. das Stutt­gar­ter Ver­fah­ren (bis 2010 zuläs­sig zur Bewer­tung von GmbH-Antei­len bei der Erb­schaft­steu­er) oder jetzt das sog. ver­ein­fach­te Ertrags­wert­ver­fah­ren (§ 199 Bewer­tungs­ge­setz). Wei­ter­füh­ren­de Infor­ma­tio­nen: GmbH-Gesell­schafts­ver­trag.

BGH-aktuell: Berater muss statt Geschäftsführer zahlen

Ob inner­be­trieb­li­che Ver­rech­nun­gen, Schach­tel­be­tei­li­gun­gen zwi­schen ver­bun­de­nen Unter­neh­men oder Aus-lands­be­zie­hun­gen in Kon­zern­ge­sell­schaf­ten: Die meis­ten Geschäfts­füh­rer sind bei sol­chen „steu­er­li­chen Kon­struk­ten“ auf die Bera­tung von Steu­er-Exper­ten ange­wie­sen. Eine tat­säch­li­che eige­ne Beur­tei­lung sol­cher steu­er­li­chen Sach­ver­hal­te durch den Geschäfts­füh­rer ist nicht oder nur schwie­rig mög­lich. Geht dem Finanz­amt bei Steu­er­ge­stal­tun­gen Geld ver­lo­ren und zeigt sich im Nach­hin­ein, dass die gewähl­te Steu­er-Gestal­tung unzu­läs­sig war, hal­ten sich die Finanz­be­hör­den im Zwei­fel an den Geschäfts­füh­rer – bis hin ins Pri­vat­ver­mö­gen, wenn die Fir­ma die Steu­er­nach­zah­lung nicht mehr auf­brin­gen kann. Jeden­falls war das bis­her so und der Geschäfts­füh­rer muss­te eine even­tu­el­le Falsch­be­ra­tung in einem geson­der­ten Ver­fah­ren nach­wei­sen und durch­set­zen. Das aber ist auf­wän­dig und in der Pra­xis kaum durch­zu­set­zen. In die­sem Zusam­men­hang hat der Bun­des­ge­richts­hof jetzt ein wich­ti­ges Urteil gefällt, das die Rech­te des Geschäfts­füh­rers deut­lich stärkt.

Fazit: Bei Bera­tungs­män­geln haf­tet u. U. der Steu­er­be­ra­ter. Fol­ge: Er muss die Steu­er­schuld zah­len. Im kon­kre­ten Fall ging es um die Abfüh­rung von Umsatz­steu­er von Aus­lands­ge­schäf­ten (hier: Schweiz), die die falsch bera­te­ne GmbH nicht zah­len konn­te. Weil der Geschäfts­füh­rer nicht in der Lage war, die Aus­übung des Man­dats durch den Steu­er­be­ra­ter zu über­wa­chen, „wird die ver­trag­li­che Dritt­haf­tung des letzt­ver­ant­wort­li­chen Steu­er­be­ra­ters eröff­net“ – so die Begrün­dung der BGH-Rich­ter (BGH, Urteil vom 13.10.2011, IX ZR 193/10).

Für die Pra­xis: Das gilt natür­lich nicht für alle Bera­tungs-Feh­ler son­dern nur bei Bera­tungs­feh­lern, bei denen der Geschäfts­füh­rer nicht in der Lage war, der Über­wa­chung des beauf­trag­ten Steu­er­be­ra­ters nach­zu­kom­men. Das kann z. B. de Fall sein, wenn direk­te Ein­fluss­nah­me des Geschäfts­füh­rers auf­grund des Bera­tungs­ver­tra­ges mit dem Steu­er­be­ra­ter nicht mög­lich ist oder wenn der Steu­er­be­ra­ter Vor­ga­ben des Finanz­am­tes ein­fach nicht umsetzt. Hier hat­te der Steuerberater

 bereits zuvor bei einer Betriebs­prü­fung monier­te Anfor­de­run­gen nicht umge­setzt und

 zuvor schon feh­ler­haf­te Buchun­gen und Bilan­zie­rungs­ar­bei­ten vorgenommen.

Als Geschäfts­füh­rer sind Sie gut bera­ten, wenn Sie ins­be­son­de­re nach einer Betriebs­prü­fung das Abschluss-Pro­to­koll zusam­men mit dem Steu­er­be­ra­ter bespre­chen und für ange­mahn­te Vor­gän­ge eine ent­spre­chen­de finanz­amts-taug­li­che Umset­zung bespre­chen und beschlie­ßen. Pro­to­kol­lie­ren Sie die Bespre­chungs­er­geb­nis­se. Damit ist sicher­ge­stellt, dass Sie im Kon­flikt­fall Ihre „Unschuld“ bzw. den Bera­tungs­man­gel des Steu­er­be­ra­ters nach­wei­sen können.

Wieder viele betrügerische Anbieter in Sachen Veröffentlichungspflichten unterwegs

Der Bun­des­an­zei­ger-Ver­lag – zustän­dig für die Pflicht­ver­öf­fent­li­chun­gen aller GmbHs im elek­tro­ni­schen Unter­neh­mens­re­gis­ter – warnt der­zeit wie­der vor betrü­ge­ri­schen Anbie­tern, die Unter­neh­men zu Pflicht­ein­trä­gen mit fik­ti­ven Ver­öf­fent­li­chungs­re­gis­tern abzo­cken. Laut Bun­des­an­zei­ger-Ver­lag gibt es mitt­ler­wei­le bereits über 100 in- und aus­län­di-sche Abzo­cker-Fir­men, die immer wie­der mit der glei­chen Masche Mas­sen-Brie­fe an Unter­neh­men ver­schi­cken, um so Ein­trä­ge in Wer­be­re­gis­ter und ent­spre­chen­de Gebüh­ren zu erschleichen.

Für die Pra­xis: Der Bun­des­an­zei­ger-Ver­lag hat jetzt eine Lis­te mit sol­chen unlau­te­ren Regis­ter-Anbie­tern ins Inter­net gestellt. Zah­len Sie also auf kei­nen Fall eine sol­che Rech­nung oder unter­schrei­ben Sie kei­nen Auf­trag zur Ver­öf­fent­li­chung, ohne den Anbie­ter mit der Lis­te abge­gli­chen zu haben. Ein­zig auto­ri­sier­tes Unter­neh­men zur Ein­tra­gung der Daten in das gesetz­li­che Unter­neh­mens­re­gis­ter ist der Bun­des­an­zei­ger-Ver­lag (Ams­ter­da­mer Str. 192, 50735 Köln, wei­te­re Infos unter www.unternehmensregister.de). Noch siche­rer ist es, wenn Sie die Pflicht­ver­öf­fent­li­chung Ihres Jah­res­ab­schlus­ses vom Steu­er­be­ra­ter erle­di­gen las­sen oder – bei klei­nen GmbHs – direkt im elek­tro­ni­schen Unter­neh­mens­re­gis­ter ein­ge­ben. Die Lis­te der Abzo­cker gibt es hier > https://www.ebundesanzeiger.de/download/anbieterliste.pdf.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

BISS > Die Wirt­schafts­sa­ti­re > https://www.gmbh-gf.de/biss/Testosteron-ideen

P.S.: Freue mich über Ihr Feedback, Anregungen, Erfahrungsberichte oder Fragen – am besten gleich hier > info@GmbH-GF.de

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