Zweipersonen-GmbH: Nie ohne Vorsorge – Lehren aus dem Fall Tönnies + Geschäftsführer-Gehalt: Finanzbehörden prüfen Gewinn-Tantiemen + Familien-Charta: So sichern Sie den Bestand Ihrer GmbH auf Dauer + Neue Regeln: Kartellverstöße werden doppelt abgestraft + Öffentliche Aufträge: Pokern kann Schadensersatzansprüche kosten + Bürokratie: Weniger Gebühren für Abmahnungen + Steuern: Umsatzsteuer für den Firmen-Pkw des Gesellschafter-Geschäftsführers + BISS …
Dipl. Vw. Lothar Volkelt, Herausgeber der Volkelt-Briefe
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Nr. 47/2014
Freiburg 21.11.2014
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
die Zweipersonen-GmbH mit zwei zu 50 % beteiligten Gesellschaftern ist eine sensible Angelegenheit. Solange sich die Beteiligten verstehen, ist Alles kein Problem. Gibt es Konflikte, wird es kompliziert. Wie kompliziert das werden kann, zeigt aktuell der Fall Tönnies. Vor dem Landgericht Bielefeld streiten derzeit die zwei Erben an dem Milliarden-Fleisch-Imperium um Alles oder Nichts. Problem: Vom Unternehmensgründer gibt es keine klaren Vorgaben oder Verfügungen wie das Unternehmen weitergeführt werden soll. Jetzt muss das Gericht in mühsamer Kleinarbeit den Willen des Gründers nachzeichnen. Das kann dauern.
Der Fall zeigt, dass es hier nicht nur um bestehende Zweipersonen-GmbHs geht. Hier können sich die Beteiligten vor einer Patt-Situation schützen, indem sie einen neutralen Dritten als Schiedsrichter mit ins Boot nehmen (Steuerberater, IHK-Sachverständiger). Schwieriger wird es, wenn ein erfolgreiches Unternehmen in die 2. und 3. Generation geht. Als Gründer müssen Sie schon sehr vorausschauend agieren, um „den Laden zusammenzuhalten“. Dabei gibt es einige Möglichkeiten, wie sie die Risiken verringern und die Überlebensfähigkeit ihres unternehmerischen Werkes sichern: Stückelung der Anteile, Bestimmung der Rechte der Familien-Mitglieder und der Angeheirateten, Bestimmung der erforderlichen Qualifikationen für die Mitarbeit im Unternehmen (vgl. dazu Nr. 26/2014 und Seite 2).
Geschäftsführer-Gehalt: Finanzbehörden prüfen Gewinn-Tantiemen
Probleme gibt es, wenn für die Bemessungsgrundlage der Tantieme unklare Begriffe verwendet werden (Bilanzgewinn, Rohgewinn). Nach Hinweisen von Beratern sieht es derzeit so aus, als ob die Finanzbehörden jetzt die Formulierungen für die Tantieme-Bemessungsgrundlage „Gewinn“ ins Visier nehmen.
Im konkreten Fall hatte der Geschäftsführer eine Formulierung aus einem Vertragsmuster in seinen Anstellungsvertrag übernommen, wonach „sonstige Steuervergünstigungen, die den Gewinn unmittelbar beeinflussen und betriebswirtschaftlich nicht geboten sind, den Tantiemeanspruch des Geschäftsführers auf den GmbH-Gewinn nicht mindern“. Hier könnte es sich z. B. um den Investitionsabzugsbetrag handeln, der aus steuerlichen Gründen zur Gewinnreduzierung eingesetzt wird. Wobei die damit finanzierten Investitionen (z. B. neue Maschinen, Pkw usw.) betriebswirtschaftlich nicht unbedingt als notwendig („geboten“) einzustufen sind. Folge: Alleine diese Unklarheit genügt den Finanzbehörden schon, um die gesamte Tantieme-Regelung zu kippen.
Unbeanstandet ist nach unseren Erfahrungen die folgende Formulierung:
- Der Geschäftsführer erhält neben seinen Festbezügen eine Tantieme in Höhe von (Zahl) % des laut Steuerbilanz nach Verrechnung mit Verlustvorträgen und vor Abzug der Körperschaft- und Gewerbesteuer ermittelten Gewinns. Die Tantieme ist einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung fällig. Nachträgliche Änderungen der Bilanz, insbesondere aufgrund abweichender steuerlicher Veranlagung, sind bei deren Bestandskraft zu berücksichtigen. Zuviel gezahlte Beträge hat der Geschäftsführer zu erstatten. Der Anspruch auf Tantieme entfällt für das Geschäftsjahr der Kündigung, wenn dem Geschäftsführer von der Gesellschaft aus wichtigem Grund gekündigt wird. Scheidet der Geschäftsführer aus sonstigen Gründen während des Geschäftsjahres aus seinem Amt aus, hat er Anspruch auf zeitanteilige Tantieme.
- Der Geschäftsführer kann einen Anspruch auf einen Vorschuss auf seine Gewinn-Tantieme mit Abschluss des Geschäftsjahres zum 31.12. geltend machen, sofern laut Betriebswirtschaftlicher Auswertung (BWA) ein Gewinn für das abgelaufene Geschäftsjahr zu erwarten ist. Der Vorschuss auf die Tantieme beträgt danach maximal 50% (alternativ: 80 %) der vorläufig ausgewiesenen Berechnungsgrundlage der Tantieme. Vorschusszinsen werden nicht erhoben.
- Die Bezüge des Geschäftsführers werden von der Gesellschafterversammlung im Abstand von zwei (drei) Jahren auf Angemessenheit und Vergleichbarkeit mit den Bezügen von Geschäftsführern vergleichbarer Unternehmen überprüft.
Familien-Charta: So sichern Sie den Bestand Ihrer GmbH auf Dauer
Einiges an Konfliktpotential zwischen den Familien-Mitgliedern lässt sich im Gesellschaftsvertrag des Unternehmens regeln – etwa die Übertragbarkeit von Anteilen oder Wettbewerbsverbote. Diese Vorgaben gelten rechtsverbindlich nur für die Familien-Mitglieder, die auch Gesellschafter des Unternehmens sind. In vielen Unternehmen gibt es zusätzliche Unternehmensgrundsätze. Darin gibt es verbindliche Vorgaben für alle Gesellschafter, die Geschäftsleitung und alle Mitarbeiter des Unternehmens. Verstöße dagegen sind arbeitsrechtlich relevant. Familienunternehmen brauchen aber noch weitere Regeln. Gerade in einer Zeit, in der die Familienstrukturen im Wandel sind und Patchwork-Familien Realität sind. Beispiel: Endress + Hauser
Übersicht: Inhalte einer Familien-Charta
Was muss geregelt werden | Mögliche Regelungsinhalte |
Wer gehört zur Familie | Stellung von Ehepartnern, Stellung von nicht ehelichen Lebensgefährten, Stellung von Kindern und Stiefkindern, Stellung von geschiedenen Ehegatten, Möglichkeit der Adoption usw. |
Stellung im Erbfall | Abweichende Gestaltung von gesetzlichen Erbfolgen, Verbot der Stückelung des Anteils, Regelungen zum Ausgleich für Familien-Mitglieder, die Nicht-Gesellschafter sind. |
Bedeutung der Unternehmensgrundsätze | Katalog der Verhaltensanforderungen beim Zusammenleben mit Nicht-Familien-Mitgliedern. |
Mitarbeit von Familien-Mitgliedern im Familien-Unternehmen | Formulierung der Einstiegsvoraussetzungen (Ausschreibung, Ausbildung, ranggleiche Tätigkeit bereits in einem vergleichbaren Dritt-Unternehmen). |
Informations- und Meinungsaustausch zwischen Unternehmen und Familien-Mitgliedern | Einrichtung von regelmäßigen Veranstaltungen und Familien-Events zur Förderung des Informations- und Meinungsaustauschs zwischen dem Unternehmen und den Familien-Mitgliedern und Familien-Mitgliedern untereinander (Familientag, Familien-Camp). |
Zusammenarbeit mit Firmen von Familien-Mitgliedern | Ordentliche Ausschreibung der nachgefragten Leistungen, Auftragsvergabe nach dem Vier-Augen-Prinzip. |
Neue Regeln: Kartellverstöße werden doppelt abgestraft
Der EU-Ministerrat hat jetzt die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Bürger und Unternehmen, die von einem Kartellverstoß betroffen sind, einfacher Schadensersatz gegen den Kartellsünder durchsetzen können. Die EU-Richtlinie über Schadensersatzklagen bei Kartellverstößen wurde verabschiedet. Für Deutschland bedeutet das: Die EU-Richtlinie dürfte noch in diesem Jahr im Amtsblatt veröffentlicht werden. Dann hat Deutschland noch 2 Jahre Zeit, die Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen. Wahrscheinlicher Zeitpunkt für die neue Rechtslage ist der 1.1.2017.
Öffentliche Aufträge: Pokern kann Schadensersatzansprüche kosten
Reicht ein Unternehmer ein (bewusst) zu niedriges Angebots an einen öffentlichen Auftraggeber ein (Kalkulationsirrtum), muss er damit rechnen, dass er zum Schadensersatz verpflichtet werden kann. Und zwar dann, wenn er das günstige Angebot nicht ausführt, der Auftraggeber zurücktritt und der im Gegenzug das nächst teurere Angebot wahrnimmt (BGH, Urteil vom 11.11.2014, X ZR 32/14).
Bürokratie: Weniger Gebühren für Abmahnungen
Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen (unerlaubte Telefonwerbung usw.) unterliegen seit 1.11.2014 einem Regelstreitwert. Danach darf der Streitwert für einen Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch in der Regel nur 1.000 EUR betragen, wenn erstmalig abgemahnt wird. Mahnt ein Unternehmen einen Verbraucher unberechtigt oder unwirksam ab, kann dieser seine eigenen Rechtsverteidigungskosten zurückfordern.
Umsatzsteuer für den Firmen-Pkw
Nutzt der Gesellschafter-Geschäftsführer den Firmenwagen in seiner Eigenschaft als „Gesellschafter“, muss er für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte zusätzlich zur Lohnsteuer auch noch Umsatzsteuer zahlen (BFH, Urteil vom 5.6.2014, XI R 36/12).
Eine erfolgreiche Woche wünscht
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Chefredakteur + Herausgeber