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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 28/2015

Volkelt-NLBüro­kra­tie: Wie der Fis­kus der Kir­che zu schaf­fen macht + Geschäfts­füh­rer-Pflich­ten: Wie viel Gesetz müs­sen Sie ken­nen? + Schwie­ri­ge Wei­sun­gen: Was tun, ohne die Gesell­schaf­ter zu ver­prel­len + Som­mer­pau­se: Auch mal an sich selbst den­ken + Mani­pu­la­ti­ons­si­che­re Kas­sen kom­men: Nur der genaue Zeit­punkt ist noch offen + Pflicht­ver­let­zung: Res­sort­ver­tei­lung schützt nicht vor Haf­tung für Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge +  BISS

 

 

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Frei­burg 10. Juli 2015

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten – auch Ihre GmbH – müs­sen beim Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern (BZSt) nach­fra­gen, ob für die Gesell­schaf­ter Kir­chen­steu­er­pflicht besteht. Nur wenn für den Gesell­schaf­ter ein sog. Sperr­ver­merk ein­ge­tra­gen ist, ist die GmbH berech­tigt, Gewinn­aus­schüt­tun­gen ohne Kir­chen­steu­er vor­zu­neh­men. Dazu muss die GmbH jähr­lich die Steu­er­pflicht Ihrer Gesell­schaf­ter beim BZSt abfra­gen und zwar in der Zeit zwi­schen dem 1.9.2015 und dem 31.10.2015. Aus­nah­me: Die Ein­per­so­nen-GmbH (vgl. Nr. 31/2014). Danach muss eine Regis­trie­rung nicht erfol­gen, wenn es sich um eine Ein­per­so­nen-GmbH han­delt und der allei­ni­ge Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer nicht kir­chen­steu­er­pflich­tig ist.

Über­las­sen Sie das müh­sa­me Geschäft mit der Kir­chen­steu­er Ihrem Steu­er­be­ra­ter. Wich­tig für Sie: Wei­sen Sie die Gesell­schaf­ter der GmbH dar­auf hin, dass sie sicher­stel­len müs­sen, dass der Aus‑, Ein- oder Wie­der­ein­tritt in eine steu­er­pflich­ti­ge Kir­chen­ge­mein­de tat­säch­lich auch an das BZSt gemel­det wird (mit Steu­er-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­­mer StIdNr. und dem Kir­chen­steu­er­ab­zugs­merk­mal KiS­tAM). Erleich­te­rung: In Zukunft muss die Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit nicht mehr jähr­lich abge­fragt wer­den, son­dern nur noch ein­mal je Geschäftsbeziehung.

Geschäftsführer-Pflichten: Wie viel Gesetz müssen Sie kennen? 

Com­pli­ance“ – so der Fach­ter­mi­nus für Beach­tung und Ein­hal­tung der Geset­ze durch das Unter­neh­men. Im schlech­tes­ten Fall dro­hen dem Geschäfts­füh­rer dras­ti­sche Geld­bu­ßen – bis zu 1 Mio. EUR (§ 130 OWiG). Als Geschäfts­füh­rer eines Unter­neh­mens müs­sen Sie dafür sor­gen, dass Geset­ze und hoheit­li­che Vor­ga­ben ein­ge­hal­ten wer­den. Z. B. die Buch­füh­rungs- und Bilan­zie­rungs­pflich­ten, die Steu­er­pflich­ten, auch Umwelt­auf­la­gen, arbeits­recht­li­che Bestim­mun­gen oder Grund­sät­ze des Geschäfts­ver­kehrs. Um die­ser Ver­pflich­tung nach­zu­kom­men, sind in der Pra­xis ins­be­son­de­re geeignet:

  • Regel­mä­ßi­ge Infor­ma­ti­on: Für Kauf­leu­te gilt der Grund­satz der Infor­ma­ti­ons­ver­pflich­tung. Das bedeu­tet: Der Geschäfts­füh­rer kann sich im Zwei­fel nicht dar­auf beru­fen, dass er „ein Gesetz nicht kann­te“. Er ist ver­pflich­tet, sich zu infor­mie­ren. Das gilt nicht nur für bestehen­de Geset­ze und Vor­schrif­ten, son­dern auch für Rechts­än­de­run­gen des Gesetz­ge­bers, aber auch Rechts­än­de­run­gen, die sich aus der Recht­spre­chung oder ande­ren Quel­len erge­ben (Bei­spie­le: Man­dan­ten-Infor­ma­tio­nen Ihres Steu­er­be­ra­ters oder hier: „Die Infor­ma­ti­on für den GmbH-Geschäftsführer“).
  • Auf­stel­len eines Infor­ma­ti­ons­ka­ta­lo­ges: Mit zuneh­men­der Kom­ple­xi­tät des Unter­neh­mens erhält das The­ma „Infor­ma­ti­on“ mehr Gewicht. In grö­ße­ren Unter­neh­men ist es üblich, die Bericht­erstat­tung zwi­schen Gesell­schaf­tern und ihren Geschäfts­füh­rern mit Hil­fe eines sog. Infor­ma­ti­ons­ka­ta­lo­ges zu sys­te­ma­ti­sie­ren. Hier­in wird fest­ge­legt, wor­über die Gesell­schaf­ter regel­mä­ßig bzw. außer­or­dent­lich von den Geschäfts­füh­rern unter­rich­tet wer­den müssen.
  • Fach­kun­di­ge Bera­tung: Sie als Geschäfts­füh­rer sind ver­pflich­tet, sich bei Ent­schei­dun­gen über kom­ple­xe wirt­schaft­li­che Sach­ver­hal­te qua­li­fi­ziert bera­ten zu las­sen – und zwar durch einen in der Sache fach­kun­di­gen Exper­ten. So sind Sie beim Erwerb eines Unter­neh­mens ver­pflich­tet, eine fach­kun­di­ge Bera­tung zur Ermitt­lung eines ange­mes­se­nen Kauf­prei­ses ein­zu­ho­len, in Form eines Due Dil­li­gence (OLG Ol­den­burg, Ur­teil vom 22.6.2006, 1 U 34/03).
  • Doku­men­ta­ti­on: Vor­gän­ge mit betrieb­li­chen Aus­wir­kun­gen müs­sen pro­to­kol­liert und doku­men­tiert wer­den. Das betrifft Beschlüs­se (Gesell­schaf­ter, Geschäfts­füh­rer) und Pro­to­kol­le der Gre­mi­en und Projektgruppen.
  • Vor­keh­run­gen gegen Orga­ni­sa­ti­ons­ver­schul­den: Sie müs­sen die orga­ni­sa­to­ri­schen Vor­aus­set­zun­gen dafür schaf­fen, dass es nicht zu Pflicht­ver­stö­ßen der Mit­ar­bei­ter kommt.

Schwierige Weisungen: Was tun, ohne die Gesellschafter zu verprellen 

Die Gesell­schaf­ter Ihrer GmbH kön­nen Ihnen jeder­zeit und zu allen Ange­le­gen­hei­ten der GmbH Wei­sun­gen ertei­len. Wel­che Wei­sun­gen an den Geschäfts­füh­rer erteilt wer­den, steht im frei­en Ermes­sen der Gesell­schaf­ter. Auch Ein­zel­an­wei­sun­gen an Geschäfts­füh­rer sind mög­lich (§ 37 Abs. 1 GmbHG). Dazu genügt jedoch nicht die Anwei­sung eines Mehr­heits-Gesel­l­­schaf­ters. Die Anwei­sung muss immer auf der Grund­la­ge eines Gesell­schaf­ter­be­schlus­ses erfol­gen. Schwie­rig ist es, wenn Wei­sun­gen auf Gesell­schaf­ter­be­schlüs­sen beru­hen, denen Nich­tig­keit oder Anfech­tung droht. Solan­ge kein Gesell­schaf­ter eine kon­kre­te recht­li­che Maß­nah­me ein­ge­lei­tet hat, müs­sen Sie auch die­se Wei­sung ausführen.

Nicht ein­deu­tig ist die Rechts­la­ge bei Wei­sun­gen, die gegen Bestim­mun­gen des Gesell­schafts­ver­tra­ges ver­sto­ßen. In der Pra­xis soll­ten Sie davon aus­ge­hen, dass Sie Wei­sun­gen, die bewusst eine vor­han­de­ne Bestim­mung des Gesell­schafts­ver­tra­ges aus­nahms­wei­se außer Kraft set­zen, aus­füh­ren müs­sen. Han­deln Sie als Geschäfts­füh­rer auf­grund eines anfecht­ba­ren Beschlus­ses, so hat der Beschluss kei­ne haf­tungs­be­frei­en­de Wir­kung. Män­gel bei der Beschluss­fas­sung gehen zu Ihren Las­ten. Als Geschäfts­füh­rer  soll­ten Sie Wei­sun­gen der Gesell­schaf­ter nicht aus­zu­füh­ren, wenn

  • die Aus­füh­rung gegen gesetz­li­che Ver­pflich­tun­gen ver­sto­ßen wür­de (z. B. Pflicht zur Kapitalerhaltung),
  • Sie sich damit straf­bar machen wür­den (z. B. Steuerpflichten),
  • Sie sich scha­dens­er­satz­pflich­tig machen wür­de (z. B. gegen­über Dritten).
  • Wol­len Sie im Vor­feld Ihnen unge­neh­me Wei­sun­gen der Gesell­schaf­ter ver­hin­dern, kön­nen Sie dazu Ein­fluss auf die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung nehmen.
Brin­gen Sie Ihre Posi­ti­on schrift­lich in die Beschluss­fas­sung ein. Dazu genügt es nicht, eine aus­führ­li­che, mit Zah­len beleg­te Stel­lung­nah­me ein­zu­rei­chen. Ach­ten Sie dar­auf, dass Ihre Aus­füh­run­gen zum Bestand­teil des Pro­to­kolls der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung wer­den. Gelingt es nicht, die gesam­te Stel­lung­nah­me als Anla­ge zum Pro­to­koll ein­zu­rei­chen, drän­gen Sie dar­auf, dass Ihre grund­sätz­li­chen Beden­ken ver­kürzt im Pro­to­koll ver­merkt wer­den. Stel­len Sie beim Gegen­le­sen des Pro­to­kolls fest, dass Ihre Aus­füh­run­gen nicht auf­ge­nom­men wur­den, ver­mer­ken Sie dies als Akten­no­tiz an jeden ein­zel­nen Gesell­schaf­ter. Im  Zwei­fel kann Ihnen nie­mand die Ent­schei­dung abneh­men. Die defen­si­ve Stra­te­gie besteht dar­in, Wei­sun­gen, von denen Sie wirt­schaft­li­che Nach­tei­le für die GmbH befürch­ten, nicht auszuführen.

Sommerpause: Auch mal an sich selbst denken

Die meis­ten Kol­le­gen machen über den Som­mer zumin­dest ein paar Tage Urlaub. Meis­tens sind es aller­dings weni­ger als 2 Wochen wie für die meis­ten Arbeit­neh­mer üblich. Den­noch kön­nen Sie die ruhi­ge­ren Tage auch ein­mal dazu nut­zen, ein­fa­che Ver­hal­tens­än­de­run­gen zu trai­nie­ren. Sie soll­ten sich aber ganz bewusst kei­nen zusätz­li­chen Leis­tungs­an­for­de­run­gen aus­set­zen. Die ein­fachs­ten Abspann- und Ent­span­nungs-Metho­den sind:

  • Schla­fen: Ver­län­gern Sie Ihre Schlaf­zei­ten. Blei­ben Sie eine hal­be Stun­de län­ger lie­gen. Wenn Sie tags­über Ermü­dung spü­ren, zie­hen Sie sich zurück und gön­nen sich einen Kurzschlaf.
  • Spa­zie­ren­ge­hen: Mög­lichst völ­lig in der ablen­kungs­frei­en Natur. Geben Sie sich spon­ta­nen Gedan­ken hin und las­sen sich auf die Natur ein. Allei­ne die­ses Abschal­ten hat schon einen gro­ßen Erholungseffekt.
  • Yoga: Dar­aus brau­chen Sie nicht gleich eine Heils­leh­re zu machen. Aber ein paar sys­te­ma­ti­sche und ein­fa­che Konzentrations‑, Ent­span­nungs- und Atem­übun­gen kön­nen viel bewir­ken. Prü­fen Sie Ihre Ernährungsgewohnheiten.
Wenn Sie die für Sie pas­sen­de Erho­lungs-Tech­nik ein paar Wochen prak­ti­zie­ren, wer­den Sie schnell einen Effekt spü­ren. Ent­schei­dend ist der Wil­le zur Ver­än­de­rung. Geben Sie sich im rich­ti­gen Moment den Ruck, schal­ten Sie alle Medi­en aus und sagen Sie sich: „So, ICH klin­ke mich jetzt aus. Ich bin in einer hal­ben Stun­de wie­der erreich­bar“.

Manipulationssichere Kassen kommen – nur der genaue Zeitpunkt ist noch offen

Die Finanz­mi­nis­ter des Bun­des und der Län­der haben sich jetzt dar­auf ver­stän­digt, mani­pu­la­ti­ons­si­che­re Kas­sen­sys­tem gesetz­lich vor­zu­schrei­ben (Tref­fen der Finanz­mi­nis­ter vom 25.6.2015). Dazu müs­sen noch tech­ni­sche Stan­dards geklärt wer­den und ent­spre­chen­de Über­gangs­be­stim­mun­gen fest­ge­legt wer­den. Dar­in soll geklärt wer­den, wie bei soeben erfolg­ter Neu­an­schaf­fung eines Kas­sen­sys­tems ver­fah­ren wird (Über­gangs­re­ge­lung). Die Minis­ter sind sich auch eini­ge dar­in, nicht auf eine euro­päi­sche Vor­ga­be für Kas­sen abzu­war­ten, son­dern gege­be­nen­falls auch eine deut­sche Lösung umzu­set­zen. Schwa­cher Trost: Eine Ver­schär­fung des momen­ta­nen Straf­ma­ßes für Ver­stö­ße wur­de nicht dis­ku­tiert und ist – vor­erst jeden­falls – offen­sicht­lich nicht geplant.

Unter­des­sen gibt es ein Kas­sen-Sys­tem, das mani­pu­la­ti­ons­si­cher arbei­tet. Das Sys­tem heißt INSIKA: „Inte­grier­te Sicher­heits­lö­sung für mess­wert­ver­ar­bei­ten­de Kas­sen­sys­te­me“. Inte­griert man die Kar­te in eine Kas­se, erzeugt die­se bei jedem Bezahl­vor­gang eine digi­ta­le Signa­tur – eine Art Fin­ger­ab­druck. Die­ser Fin­ger­ab­druck fin­det sich auf dem aus­ge­druck­ten Kas­sen­bon wie­der und wird elek­tro­nisch gespei­chert. Zusätz­lich spei­chert die Kar­te wich­ti­ge Infor­ma­tio­nen ab. Die­se sind so eng mit­ein­an­der ver­zahnt, dass eine Mani­pu­la­ti­on sofort auf­fällt. So kön­nen alle Bar­geld­ge­schäf­te (in der Gas­tro­no­mie oder im Ein­zel­han­del) lücken­los nach­ge­wie­sen wer­den. Beim Taxa­me­ter setzt INSIKA anstel­le des gedruck­ten Kas­sen­bons auf eine Online-Daten­über­­­tra­gung. Die Daten wer­den auf einem Ser­ver gespei­chert und kön­nen mit der Smart­card abge­gli­chen wer­den.

Ressortverteilung schützt nicht vor Haftung für Sozialversicherungsbeiträge

Ist die GmbH in der wirt­schaft­li­chen Kri­se nicht in der Lage, die Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge für die Löh­ne der Mit­ar­bei­ter (antei­lig) mit ihrer Fäl­lig­keit zu zah­len, han­delt es sich im juris­ti­sches Sin­ne um ein „Vor­ent­hal­ten“ (§ 266a StGB). Selbst wenn in der GmbH eine Res­sort­ver­tei­lung ver­ein­bart ist, gilt die­se straf­recht­li­che Ver­ant­wor­tung für jeden ein­zel­nen Geschäfts­füh­rer (All­zu­stän­dig­keit des Geschäfts­füh­rers). Danach gilt: „Auf die Zusa­ge eines Mit-Geschäfts­füh­rers darf er nicht ver­trau­en, son­dern er muss selbst kon­trol­lie­ren, ob die Bei­trä­ge tat­säch­lich abge­führt wur­den“ (OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 16.9.2014, I‑21 U 38/14, GmbH-Rund­schau 2015, S. 708 ff.).

In die­ser Klar­heit hat bis­her noch kein Gericht fest­ge­stellt, dass selbst bei ver­trag­lich klar fixier­ter Res­sort­ver­tei­lung jeder ein­zel­ne Geschäfts­füh­rer ver­pflich­tet ist, selbst und eigen­hän­dig die „Über­wei­sung“ der Sozi­al­bei­trä­ge zu kon­trol­lie­ren. Fazit: Bei Liqui­di­täts­pro­ble­men soll­ten Sie die GmbH-Kon­ten beson­ders auf­merk­sam beob­ach­ten und sofort ein­grei­fen, wenn die Bei­trä­ge nicht ter­min­ge­recht ange­wie­sen wer­den (Insol­venz­an­trags­pflicht).

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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