5 vor 12: Medienhype oder GAU? – Was kleinere Unternehmen von der Griechenland-Diskussion haben und halten + Achtung: Firmeneintrags-Abzocke wird immer dreister + Auch das noch: Was tun, wenn das Finanzamt Ihre Konten sperrt? + GmbH-Verkauf: Falsche Bilanzen kosten „doppelt“ + Steuerrecht: FA muss im Ausland gezahlte Körperschaftsteuer (KSt) anrechnen + Geschäftsführer privat: Keine Haftung für Schwarzarbeit + Wirtschaftsrecht: Vorsicht bei Preisabsprachen mit dem Anwalt + BISS …
Der Volkelt-Brief 26/2015 > Download als PDF – lesen im „Print”
Freiburg 26. Juni 2015
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
glaubt man den Medien, sind in Sachen Griechenland von 5 vor 12 bereits 4.58 Minuten vorbei. Kommt die Drachme? Werden noch mehr Milliarden Euros verbraucht? Viele Unternehmer fragen sich: Wann tritt der GAU ein und was bedeutet das? Aus volkswirtschaftlicher Sicht lässt sich sagen: Solange die griechische Wirtschaft schrumpft, kann die Lösung nur eine permanente Umschuldung sein. So praktiziert wie seit Monaten – mit Feilschen und Tauziehen um Millimeter bei ständig schmalerem Spielraum.
Die gute Nachricht: Irgendwann ist die griechische Wirtschaft so weit geschrumpft, dass sie wieder wachsen muss. Dann besteht ein so großer Nachholbedarf an Investitionen, dass ein sich selbst tragender Aufschwung möglich ist. Das sind die Voraussetzungen für einen IWF-Schuldenschnitt. Eine Konsolidierung der Schulden im Wachstumspfad wäre dann zumindest rechnerisch möglich – so wie die Staatsverschuldungen in den übrigen EU-Staaten auch. Konkret: Griechenland bleibt in der EU. Der EURO bleibt. Die Zinsen stagnieren auf niedrigem Niveau.
Achtung: Firmeneintrags-Abzocke wird immer dreister
Eines muss man der Branche für „Firmeneinträge“ lassen: Sie ist kreativ und schnell. Kaum hat ein Gericht eine bestimmte Formulierung oder ein bestimmtes Formular beanstandet oder verboten, hat sich die Kreativ-Abteilung schon wieder etwas neues einfallen lassen. Zurzeit sind das Absender wie das Deutsche Branchenregister, die das Internet-Portal www.Deutsches-Branchenregister.com betreibt, oder das Deutsche Gewerbeverzeichnis (www.Gewerbeverzeichnis-Deutschland.de). Übersieht der Unterzeichner das Kleingedruckte und zahlt er anschließend nicht oder verzögert, gibt es kein Pardon. Da werden zusätzliche Gerichts- und Anwaltskosten angedroht, SEPA-Zahlscheine mitgeliefert, Mahnbescheide angekündigt oder die Kopie des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids an das zuständige Gericht gleich mitgeschickt. Mit allen Tricks der Psychologie wird hier Druck aufgebaut.
Fakt ist, dass der Nutzen solcher Einträge zweifelhaft ist und dass ganz bewusst der Eindruck einer Pflichtveröffentlichung erweckt wird – wie das für Unternehmen z. B. im elektronischen Unternehmensregister (www.Unternehmensregister.de) gesetzlich vorgeschrieben ist. In Google-Zeiten sind – so unsere Einschätzung – zusätzliche Einträge (Brancheneinträge, Firmenverzeichnisse, Telefoneinträge) unnötig und bieten keinen Zusatznutzen. Bevor Sie die Forderungen zahlen, sollten Sie den Einzelfall vom Anwalt/Branchenverband prüfen lassen. Auch wenn Sie bereits (irrtümlicherweise oder getäuscht) einen Vertrag unterschrieben haben (oder ein Formular vervollständigen), bleibt der Rechtsanspruch auf Zahlung zweifelhaft und kann gerichtlich überprüft werden.
Auch das noch: Was tun, wenn das Finanzamt Ihre Konten sperrt?
„Davon habe ich erst von einem Lieferanten erfahren“. Franz H., Geschäftsführer mehrerer Freizeit-Betriebe, war sehr verärgert über die Sperrung aller seiner Konten durch das Finanzamt. Die Folgen waren peinlich bis unangenehm. Peinlich, weil H. feststellen musste, dass der sich beschwerende Lieferant nicht der einzige war, dessen Rechnungen nicht beglichen wurden. Bei allen Lieferanten musste sich H. entschuldigen und versprechen, der Sache eiligst nachzugehen. Unangenehm, weil er nicht beeinflussen konnte, dass seine Geschäftspartner sich Gedanken um seine Liquiditätslage machten und wegen gestiegenem Risiko nur noch zu neuen Konditionen liefern würden.
Was ist da falsch gelaufen? H. erhält „ständig“ Post vom Finanzamt. Zum Teil handelt es sich um Steuerforderungen, die schon erledigt sind. H. muss jeden Bescheid gründlich prüfen, um zu wissen, wie er richtig reagiert. In der Praxis geht die Kontensperrung ganz schnell. Im Kleingedruckten behält sich das Finanzamt eine solche Maßnahme vor. In der Praxis wird das auch ganz schnell umgesetzt, z. B. dann, wenn der Steuerzahler schon einige Male durch Steuerrückstand aufgefallen ist.
Das Finanzamt ist also in der Regel zu dieser Maßnahme berechtigt – es gibt kein wirksames Rechtsmittel dagegen. Die Einzugsstelle des Finanzamts informiert dann nur noch die Bank über diese Maßnahme – die Bank ist dazu verpflichte, Auszahlungen sofort einzustellen. Dabei ist nicht unbedingt sicher gestellt, dass der Sachbearbeiter der Bank, der die Sperrung veranlasst, zugleich auch den Sachbearbeiter informiert, der Ansprechpartner des Konto-Inhabers ist.
In der Regel kostet es nicht nur einige zeitaufwendige Telefonate, um die Arbeitssituation wieder herzustellen. Dazu muss blitzschnell Geld beschafft werden – was sich meistens in schlechteren Konditionen bemerkbar macht. Dazu müssen Belege hin- und hergefaxt werden, Ansprechpartner ausfindig gemacht werden und – schlussendlich – auch noch die Stundenabrechnung des zwischengeschalteten Steuerberaters beglichen werden – drei- bis vierhundert Euro zusätzlich.
- Vorsorgende Maßnahmen: Sprechen Sie mit Ihrem Bankberater, wie im Falle einer Kontensperrung vorzugehen ist. Sensibilisieren Sie den Berater dafür, dass er Sie sofort von sich aus informiert – über Mobil-Telefon und eMail. Lassen Sie sich dessen Direktkontakt geben (Fax und eMail), damit Sie die Freigabe der Sperrung durch das Finanzamt sofort und ohne weiteren Zeitverlust an die Bank weiterleiten können.
- Sofort-Maßnahmen: Informieren und Kontakten Sie sofort den Steuerberater. Wenn Sie den nicht erreichen: Nehmen Sie sofort mit dem Sachbearbeiter im Finanzamt Kontakt auf, der die Sperrung veranlasst hat. Bringen Sie in Erfahrung, was Sie tun müssen, um die Sperrung aufzuheben. Lassen Sie sich sofort nach Zahlung der Steuer schriftlich (Fax) bescheinigen, dass das Finanzamt die Sperrung aufgehoben hat. Leiten Sie diese Bestätigung umgehend an die Bank weiter (Fax) und vergewissern Sie sich darüber, dass alle ausstehenden Lastschriften und angewiesenen offenen Rechnungen überwiesen wurden. Selbst wenn Sie „eilig“ vorgehen, müssen Sie davon ausgehen, dass Sie jede Steuer-Nachlässigkeit 2 und mehr Tage auf Trapp halten wird.
GmbH-Verkauf: Falsche Bilanzen kosten „doppelt“
Eigentlich war der Verkauf der GmbH schon in trockenen Tüchern (Grillverkaufswagen). Dem Gesellschafter-Geschäftsführer war es gelungen, seine „Grill-GmbH“ für 250.000 € an 2 neue Gesellschafter zu verkaufen. Den Veräußerungsgewinn versteuerte er korrekt. Der ESt-Bescheid lag vor. Doch es kam anders.
- Fehler Nr. 1: Der Verkäufer hatte den potenziellen Käufern fehlerhafte Bilanzen vorgelegt. Die klagten darauf hin auf Rückabwicklung des Kaufvertrages – mit Erfolg.
- Fehler Nr. 2: Die Finanzbehörden bewerteten die Rückabwicklung des Kaufvertrages als „Rückkauf“. Folge: Die bereits gezahlte Einkommensteuer auf den Veräußerungsgewinn war rechtmäßig festgesetzt. Das FA zahlte keinen Cent Steuern zurück.
Die Klage dagegen hatte keinen Erfolg. Für den Verkäufer ging die Rechnung damit nicht auf: Er zahlte rund 50.000 € zusätzliche Steuern. Trost: Der Verkäufer einigte sich mit den Käufern auf einen reduzierten Rückzahlungspreis. Statt der 250.000 € musste er nur 125.000 € zahlen. Diesen Betrag kann der Verkäufer bei einem späteren Verkauf oder bei der Auflösung der GmbH Gewinn mindernd berücksichtigen (Finanzgericht Münster, Urteil vom 15.4.2015, 13 K 2939/12 E).
Steuerrecht: FA muss im Ausland gezahlte Körperschaftsteuer (KSt) anrechnen
Der BFH hat im Streit um die Anrechnung im Ausland gezahlter KSt entschieden – für das Anrechnungsverfahren und für einen Steuerfall aus dem Jahren 1995/1997. Danach gilt: Das FA muss im Ausland gezahlte KSt anrechnen. Dabei sind Verfahrensbesonderheiten (Zahlungsnachweis mit Steuerbescheinigung) zu beachten. Der Nachweis mit Bankbeleg genügt nicht. Nicht bestandskräftige Steuerbescheide müssen entsprechend korrigiert werden (BFH, Urteil vom 15.1.2015, I R 69/12).
Geschäftsführer privat: Keine Haftung für Schwarzarbeit
Wird Schwarzarbeit mangelhaft ausgeführt, hat der Auftraggeber keine Rückzahlungsanspruch für die bezahlte Vergütung (BGH, Urteil vom 11.5.2015, VII ZR 216/14). Entscheidend ist, ob in der (vereinbarten) Rechnung Umsatzsteuer ausgewiesen ist. Darauf sollten Sie bei der Auftragsvergabe auf jeden Fall bestehen.
Wirtschaftsrecht: Vorsicht bei Preisabsprachen mit dem Anwalt
Vereinbaren Sie mit dem Anwalt ein Honorar, das über dem offiziellen Satz des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) liegt, dann können Sie diese nicht als außergewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen (FG Münster, Urteil vom 19.2.2015, VI B 54/15).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur