Big Brother: Welche Geschäftsmodelle sich nicht mehr rechnen und was Sie jetzt noch tun können + Nachgefragt: Wie viel Meeting muss wirklich sein? + Steuer 2016/17: Mehr IT, mehr Datenabgleich, bessere Prüfungsansätze + Geschäftsführer-Haftung: D & O – Versicherungen zahlen viel – aber nur in jedem 4. Schadensfall + Mindestlohn: Steuerberater dürfen nur „unter Vorbehalt“ beraten + WKD: Müssen alle Mitarbeiter in der Lebensmittelbranche helle Arbeitskleidung tragen? + Geschäftsführer privat: Kinderbetreuungskosten immer bargeldlos begleichen + BISS …
Der Volkelt-Brief 25/2015 > Download als PDF – lesen im „Print”
Freiburg 19. Juni 2015
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
mit den Mindestlohn-Kontrollen und spätestens ab 1.1.2017, wenn die Finanzbehörden in allen Branchen den totalen Zugriff auf den kompletten Bargeld-Verkehr sprich die Kassensysteme der Unternehmen haben, wird es für einige Geschäftsmodelle eng (vgl. Nr. 19/2014). Das betrifft vor allem die Branchen, in denen Bargeld fließt (Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistungsberufe) und in denen (noch immer) die intelligente Buchführung überlebt hat. Experten schätzen, dass in Deutschland 5 – 10 % des Bruttosozialprodukts in der Schattenwirtschaft fließen.
Unternehmen, die nur in der Grauzone eine Rendite erwirtschaften, gehen schweren Zeiten entgegen. Das Risiko, entdeckt zu werden, steigt mit jeder Maßnahme, die ab 2017 greifen. Die Strafen sind empfindlich bis existenziell. Vielleicht genügt es ja, an einer Stellschraube des Geschäftsmodells zu drehen, um in die Erfolgszone zu gelangen. Nur anfangen müssen Sie ganz schnell.
Nachgefragt: Wie viel Meeting muss wirklich sein?
„Vor lauter Meetings komme ich kaum noch zum arbeiten“. Das Phänomen ist in vielen Betrieben bekannt. Auch ohne konkreten Anlass sind schon am Montagmorgen bis zu 10 Termine über die Woche für Jour-fix-Termine geblockt. Welche Vorgaben können Sie hier als Chef geben? Verschaffen Sie sich zunächst einen Überblick:
- Wie viele Jour-Fix-Termine (Budgetrunde, Investitionsgremium, Strategie, QM-Gruppe usw.) tagen regelmäßig?
- Wie viele dieser Gruppen haben mehr als eine handvoll Mitglieder?
- Wie viele dieser Gruppen sind ausschließlich oder überwiegend mit Führungskräften besetzt?
- In welcher dieser Gruppen werden Entscheidungen getroffen?
- Welche dieser Gruppen dienen der reinen Informationsvermittlung?
Laut Proudfoot Consulting verbringt jeder Arbeitnehmer Deutschland 32 Arbeitstage pro Jahr in (fruchtlosen) Meetings oder ähnlichen Zeitfressern. Es gibt viele Möglichkeiten, hier einzugreifen: Hat das Meeting eine wirkliche Existenzberechtigung? Vierzehntägiger statt wöchentlichem Tagungsrhythmus? Verkleinerung der Gruppe? Gibt es eine Tagesordnung? Wie viele Lösungsvorschläge werden tatsächlich gemacht? Auf jeden Fall sollten Sie es nicht so weit kommen lassen, dass sich Meetings wie Rituale dahin schleppen – und keinem etwas bringen.
Steuer 2016/17: Mehr IT, mehr Datenabgleich, bessere Prüfungsansätze
Der Finanzminister des Bundes und die der Länder haben sich darauf verständigt, mit Wirkung ab 1.1.2017 zahlreiche Änderungen im Verfahren zur Einkommensteuer-Erklärung umzusetzen. Danach sind folgende Änderungen geplant:
- Belege sollen nur noch bei Bedarf vom Finanzamt angefordert werden. Sie müssen nicht mehr automatisch mit der Steuererklärung eingereicht werden. Falls Belege angefordert werden, sollen diese elektronisch übermittelt werden.
- Durch den Verzicht auf die Angabe von Daten, die Dritte der Steuerverwaltung bereits übermittelt haben, soll der Umfang der Steuererklärung deutlich reduziert werden.
- Im Zusammenhang mit der elektronischen Steuererklärung (ELSTER) soll die Vorausgefüllte Steuererklärung erweitert werden. Über das ELSTER-Portal können die Bürgerinnen und Bürger prüfen, welche Daten dem Finanzamt bereits vorliegen. Diese können elektronisch abgerufen und in die Steuererklärung übernommen werden.
- Außerdem sollen durch den Ausbau der digitalen Kommunikation Steuerbescheide und sonstige Schreiben vom Finanzamt elektronisch bekannt gegeben werden können.
- Eine stärkere Digitalisierung der Daten soll es in noch größerem Umfang als heute ermöglichen, Steuererklärungen durch spezielle Risikomanagementsysteme zu prüfen.
- Ein Ziel ist es, sich auf die tatsächlich prüfungsbedürftigen Fälle zu konzentrieren. Dies soll dazu führen, dass die Quote der vollständig maschinell bearbeiteten Einkommensteuererklärungen deutlich gesteigert wird.
Geschäftsführer-Haftung: D & O – Versicherungen zahlen viel – aber nur in jedem 4. Schadensfall
Die Manager-Vermögensschaden-Versicherungen (D & O) zahlen nach den neuesten Zahlen im Durchschnitt nur in jedem 4. Versicherungsfall. Beispiele: Die Allianz zahlte 100 Mio. EUR an Siemens (Korruption) und ein Konsortium von 8 Versicherern zahlte 168 Mio. EUR an Daimler, weil der Vorstandsvorsitzende Schrempp wegen Veröffentlichung von Insider-Wissen belangt wurde. Offen ist, wie viel die D & O‑Versicherer für die Vergehen ihrer Vorstandsmitglieder Breuer, Ackermann und Fitschen/Jain an die Deutsche Bank zahlen werden. Umgekehrt heißt das aber auch: In 75 % aller Fälle bleibt das Unternehmen auf dem Schaden sitzen oder muss den Schaden direkt gegen den Manager durchsetzen.
Mindestlohn: Steuerberater dürfen nur „unter Vorbehalt“ beraten
Nur Anwälte sind befugt, in Rechtsangelegenheiten ausführlich zu beraten – und zwar mit Haftungswirkung. Berät der Anwalt falsch oder unzutreffend, muss er dafür auch gerade stehen. Bislang verlassen sich viele Unternehmen auf die Aussagen ihres Steuerberaters (hier: Mindestlohn). Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) weist darauf hin, dass Steuerberater nur für Nebenleistungen rechtsberatend tätig werden dürfen.
Die meisten offenen Fragen um den Mindestlohn betreffen zwar auch die Lohnabrechnung. Aber hauptsächlich geht es um arbeits- und sozialrechtlich Fragen. Welche Lohnbestandteile dürfen bei der Berechnung einbezogen werden? Unter welchen Voraussetzungen ist eine Änderungskündigung möglich? Wie gilt für Leistungslöhne? Welche Melde-Pflichten haben Sie als Arbeitgeber gegenüber der Deutschen Rentenversicherung? Welche Unternehmen müssen welche Dokumentationspflichten erfüllen? Wir haben auf die ersten Urteile in der Sache bereits verwiesen (vgl. zuletzt Nr. 24/2015). Auch der Deutsche Steuerberaterverband hat jetzt die unklare Rechtslage eingeräumt und hat eine Klarstellung vom Finanzministerium eingefordert. Bisher ohne Erfolg.
WKD: Müssen alle Mitarbeiter in der Lebensmittelbranche helle Arbeitskleidung tragen?
Damit Verschmutzungen der Arbeitskleidung unmittelbar erkennbar sind, müssen die Mitarbeiter in der Lebensmittelbranche (z. B. Thekenpersonal) helle Arbeitskleidung tragen. So hat das Verwaltungsgericht Berlin jetzt die Europarechtliche Lebensmittelhygiene-Verordnung interpretiert (VG Berlin, Urteil vom 24.3.2015, 14 K 344.11 u. a.).
Geschäftsführer privat: Kinderbetreuungskosten immer bargeldlos begleichen
Das Finanzamt muss die Kinderbetreuungskosten steuerlich nur dann als Sonderausgaben anerkennen, wenn die Zahlungen auf ein Konto geleistet werden. Quittierte Barzahlungen genügen nicht für die steuerliche Anerkennung (BFH, Urteil vom 18.12.2015, III R 63/13).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur