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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 22/2013

Volkelt-BriefThe­men heu­te: Der Fall „Schle­cker” – Vor­sicht bei Zah­lun­gen an nahe­ste­hen­de Drit­te + Der Fall „Hoe­neß”: Was tun, wenn der Steu­er­fahn­der vor der Tür steht? + Geschäfts­füh­rer in der gemein­nüt­zi­gen GmbH: „gGmbH“ ist jetzt amt­lich + Pla­nung: Trü­be Aus­sich­ten für alle Som­mer-Bran­chen + IT/Internet: Daten­schutz ist kein Dau­er­man­dat + Finan­zen: Kos­ten für Rechts-Dienst­leis­tun­gen stei­gen + Arbeits­recht: Abfin­dung gilt auch für Urlaubs­ab­gel­tung + BISS 

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Nr. 22/2013 vom 31.5.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

seit „Schle­cker“ ist klar: Wird vor einer Insol­venz Ver­mö­gen der GmbH an nahe ste­hen­de Drit­te (Gesell­schaf­ter, Toch­ter­un­ter­neh­men, Fami­lie) über­tra­gen, muss das in der Insol­venz zurück abge­wi­ckelt wer­den. Aus­nah­me: Sie wei­sen nach, dass die Ver­mö­gens­über­tra­gung im Zusam­men­hang mit einer Sanie­rung erfolg­te.  Anton Schle­cker hat­te vor der Insol­venz Immo­bi­li­en aus sei­nem Pri­vat­ver­mö­gen über­tra­gen. Im anschlie­ßen­den Insol­venz­ver­fah­ren einig­ten sich Kin­der und Insol­venz­ver­wal­tung auf Mil­lio­nen-Aus­gleichs­zah­lun­gen. Jetzt hat der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) klar­ge­stellt, dass eine Ver­mö­gens­über­tra­gung anfecht­bar ist, „wenn der ande­re Teil von der dro­hen­den Zah­lungs­un­fä­hig­keit des Schuld­ners wuss­te“ (BGH, Urteil vom 21.2.2013, IX ZR 52/10).

Für Sie als Geschäfts­füh­rer bedeu­tet das: Sämt­li­che Ver­mö­gens­über­tra­gun­gen (Ver­kauf von Wirt­schafts­gü­tern, GmbH-Immo­bi­li­en), die im zeit­li­chen Zusam­men­hang mit der Insol­venz ste­hen könn­ten (u. U. 3 Jah­re) und die an nahe ste­hen­de Drit­te über­tra­gen wer­den, wer­den vom Insolvenz­verwalter im Kri­sen­fall über­prüft. Wich­tig ist also, dass Sie in der wirt­schaft­li­chen Kri­se umge­hend ein trag­fä­hi­ges Sanie­rungs­kon­zept erstel­len. Am bes­ten zusam­men mit dem Steu­er­be­ra­ter und dem Bera­ter der Hausbank.

Für die Pra­xis: Selbst wenn die­se Sanie­rung schei­tert, kann der Insol­venz­ver­wal­ter dann die Her­aus­ga­be von vor­her über­tra­ge­nem GmbH-Ver­mö­gen nicht durch­set­zen, wenn Sie die Ernst­haf­tig­keit der Sanie­rungs­ab­sicht bele­gen kön­nen. Das „ernst­haf­te“ Sanie­rungs­kon­zept muss ent­hal­ten: Beschrei­bung des Unter­neh­mens, Ana­ly­se des Unter­neh­mens (Kri­sen-/Ur­sa­chen­ana­ly­se, Lage­be­ur­tei­lung), Leit­bild des sanier­ten Unter­neh­mens, Maß­nah­men zur Sanie­rung des Unter­neh­mens und Plan­v­er­pro­bungs­rech­nung (so zuletzt gefor­dert laut OLG Köln, Urteil vom 24.9.2009, 18 U 134/05).

Vorbeugen: 10 Punkte gegen die unangemeldete Steuerfahndung

Seit „Hoe­neß“ ist klar: Für den Fall einer Steu­er­fahn­dung muss jeder gut vor­be­rei­tet sein:

  1. Rufen Sie sofort Ihren Anwalt an: Vie­le Straf­ver­tei­di­ger haben Not­fall­te­le­fon­num­mern und sind jeder­zeit tele­fo­nisch erreich­bar. Auch der Not­dienst des ört­li­chen Anwalts­ver­eins in Straf­sa­chen hilft sofort.
  2. Las­sen Sie sich den Durch­su­chungs­be­schluss aus­hän­di­gen: Jede Durch­su­chung braucht eine rich­ter­li­chen Anord­nung. Die­se ist vor Beginn der Durch­su­chung –in Kopie – aus­zu­hän­di­gen. Dar­aus ent­neh­men Sie den Umfang der Durch­su­chung – nur im genann­ten Umfang dür­fen die Beam­ten durchsuchen.
  3. Mit­ar­bei­ter dür­fen kei­ne Aus­künf­te geben: Es gehört zum Reper­toire der Ermitt­ler, die Durch­su­chungs­si­tua­ti­on für Ver­neh­mun­gen zu nut­zen. Unter­sa­gen Sie Ver­neh­mun­gen auf dem Fir­men­ge­län­de. Sie müs­sen die Durch­su­chung dul­den. Ihr Haus­recht ist ein­ge­schränkt und das Betre­ten der Geschäfts­räu­me durch die Ermitt­ler nicht zu ver­hin­dern. Ein Auf­ent­halt der Prü­fer im Unter­neh­men für Ver­neh­mun­gen ist vom Durch­su­chungs­be­schluss aber nicht gedeckt.
  4. Ent­bin­den Sie Ihre Bera­ter auf kei­nen Fall von der Ver­schwie­gen­heits­ver­pflich­tung: Auf kei­nen Fall dür­fen Sie Ihre Rechts­an­wäl­te, Steu­er­be­ra­ter und Wirt­schafts­prü­fer von ihrer beruf­li­chen Schwei­ge­pflicht ent­bin­den. Die­se kön­nen sich dann näm­lich nicht mehr auf ihr gesetz­li­ches Zeug­nis­ver­wei­ge­rungs­recht beru­fen und kön­nen zur Her­aus­ga­be von Unter­la­gen ver­pflich­tet werden.
  5. Las­sen sie das Vor­ge­hen der Ermitt­ler beob­ach­ten: Die Ermitt­ler dür­fen nicht die Durch­su­chung in Abwe­sen­heit von Beauf­trag­ten des Unter­neh­mens ver­lan­gen. Für jede Ermitt­lungs­per­son, jeden­falls aber für jeden zu durch­su­chen­den Raum ist daher mög­lichst ein kom­pe­ten­ter Mit­ar­bei­ter oder Anwalt abzu­stel­len, der die Beam­ten beglei­tet und die Maß­nah­men beob­ach­tet. Es ist z. B.  dar­auf zu ach­ten, dass Räu­me, auf die sich der Durch­su­chungs­be­schluss nicht bezieht, nicht betre­ten und nicht durch­sucht werden.
  6. Nie­mals Unter­la­gen ver­nich­ten oder Daten löschen: Auf kei­nen Fall dür­fen Unter­la­gen bei­sei­te geschafft oder Daten ver­nich­tet wer­den. Ist der Mit­ar­bei­ter selbst Beschul­dig­ter, kann das ein Haft­grund sein, bzw. – sofern die­ser nicht selbst beschul­digt wird – eine ver­such­te Straf­ver­ei­te­lung begründen.
  7. Ertei­len Sie kei­ne Geneh­mi­gung für nicht ein­sichts­be­fug­te Beam­te: Auch ein­fa­che Polizei­beamte dür­fen auf Anord­nung des Staats­an­wal­tes Papie­re und elek­tro­ni­sche Daten­trä­ger durch­se­hen. Fehlt es an einer sol­chen Anord­nung – die auch fern­münd­lich oder vor­ab erfol­gen kann –, soll­te ohne Bera­tung mit dem hin­zu­ge­zo­ge­nen Anwalt kei­ne Geneh­mi­gung zur Durch­sicht erteilt werden.
  8. Geben Sie nie frei­wil­lig Unter­la­gen ohne Abstim­mung mit dem Anwalt her­aus: Es gibt kei­ne Pflicht zur akti­ven Mit­wir­kung an der Durch­su­chung. Es kann aber sinn­voll sein, in Abstim­mung mit dem Anwalt auch aktiv mit­zu­wir­ken: Z. B., um ver­schlos­se­ne Räu­me, Schrän­ke, Tre­so­re usw. zu öff­nen, um deren Auf­bre­chen zu ver­hin­dern. Das gilt auch für die Preis­ga­be von Pass­wör­tern für die IT, wenn dadurch ver­hin­dert wird, dass die gesam­te IT beschlag­nahmt wird.
  9. Ver­lan­gen Sie eine detail­lier­te Doku­men­ta­ti­on aller beschlag­nahm­ten Unter­la­gen und Gegen­stän­de: Sie haben Anspruch dar­auf, dass ein aus­führ­li­ches, schrift­li­ches Ver­zeich­nis der sicher­ge­stell­ten oder beschlag­nahm­ten Gegen­stän­de und Unter­la­gen erstellt und über­las­sen wird – das müs­sen Sie aus­drück­lich ver­lan­gen (Kopien machen).
  10. Las­sen Sie sich Zeit beim Aus­fül­len der Durch­su­chungs-Nie­der­schrift: Nach der Durch­su­chung wird eine Nie­der­schrift über Durch­su­chung und Beschlag­nah­me mit­tels eines Form­blat­tes erstellt. Lesen Sie die Text­bau­stei­ne in Ruhe durch und kreu­zen Zutref­fen­des an. Danach soll­ten Sie den Ablauf der Durch­su­chung aus Ihrer Sicht dokumentieren.

Geschäftsführer in der gemeinnützigen GmbH: „gGmbH“ ist jetzt amtlich

Vie­le gemein­nüt­zi­ge GmbHs haben sich schon seit Jah­ren inof­fi­zi­ell in den Geschäfts­pa­pie­ren als „gGmbH“ (gemein­nüt­zi­ge Gesell­schaft mit beschränk­ter Haf­tung) be­zeichnet. Offi­zi­ell war die­ser Zusatz gesetz­lich nicht zuge­las­sen (z. B. OLG Mün­chen, Urteil vom 13.12.2006, 31 Wx 84/06). In der Pra­xis führ­te das zu Pro­ble­men, wenn sich das Regis­ter­ge­richt wei­ger­te, die Fir­mie­rung „gGmbH“ in das Han­del­re­gis­ter ein­zu­tra­gen. Hier gibt es jetzt eine Ände­rung. Im Rah­men des Geset­zes zur Stär­kung des Ehren­am­tes (BGBl. I 2013, 556) wur­de jetzt auch die Mög­lich­keit für gemein­nüt­zi­ge GmbHs geschaf­fen, sich auch offi­zi­ell gGmbH zu nen­nen und die­se Fir­mie­rung im Han­dels­re­gis­ter ein­zu­tra­gen. Wört­lich: „Ver­folgt die Gesell­schaft aus­schließ­lich und unmit­tel­bar steu­er­be­güns­tig­te Zwe­cke nach §§ 51 bis 68 der Abga­ben­ord­nung, kann die Abkür­zung gGmbH lauten“. 

Für die Pra­xis: Als Geschäfts­füh­rer einer GmbH, die gemein­nüt­zi­ge Zwe­cke ver­folgt und steu­er­lich so ein­ge­stuft ist, kön­nen Sie dies offi­zi­ell so aus­wei­sen und damit das ehren­amt­li­che Enga­ge­ment auch in der Fir­ma deut­lich her­aus­stel­len. Wich­tig ist eine sol­che Ände­rung z. B. dann, wenn nicht auf den ers­ten Blick offen­sicht­lich ist, dass Ihre Fir­ma gemein­nüt­zig tätig ist, Sie aber in der Öffent­lich­keit um Spen­den wer­ben. Hier ist die Fir­mie­rung „gGmbH“ ein zusätz­li­ches Qua­li­täts­merk­mal, an dem sich poten­zi­el­le Spen­der ori­en­tie­ren können.

Planung: Trübe Aussichten für alle Sommer-Branchen

Laut PWC-Stu­di­en wird 1/3 des BIP „wet­ter­ab­hän­gig“ erwirt­schaf­tet. Unter­neh­mer, die im Sai­son­ge­schäft tätig sind (Frei­zeit, Tou­ris­tik, Bau, Logis­tik, Mode, Gas­tro­no­mie), müs­sen um den Som­mer 2013 ban­gen. Wet­ter-Pro­gno­sen sind nur Wahr­schein­lich­kei­ten.  Laut 100jährigem Kalen­der gibt es einen ver­reg­ne­ten Som­mer. Ledig­lich die zwei­te August­hälf­te soll Som­mer­wet­ter bringen.

Wis­sen­schaft­li­cher ana­ly­siert der Deut­sche Wet­ter­dienst. Danach liegt die Wahr­schein­lich­keit für einen zu kal­ten Som­mer bei 32 %, für einen nor­ma­len Som­mer bei 38 % und einen zu war­men Som­mer bei 30 %. Ande­re Exper­ten rech­nen mit einem Zurück zu einem durch­schnitt­li­chen Som­mer. Laut Kachelm­ann wird es frü­hes­tens Mit­te Juni som­mer­li­che Tem­pe­ra­tu­ren geben. Fazit: Die meis­ten Exper­ten pro­gnos­ti­zie­ren einen durch­wach­se­nen Som­mer mit kur­zen Warm­pha­sen und über­durch­schnitt­lich hohen Niederschlagsmengen. 

Für die Pra­xis: Als Unter­neh­mer einer Bran­che, die wet­ter­ab­hän­gi­ge Umsät­ze macht, wis­sen Sie, dass Sie sich mit den Bege­ben­hei­ten abfin­den müs­sen. Wer aus den Som­mer-Umsät­zen den Win­ter finan­ziert, soll­te jetzt schon klein­lich auf die Kos­ten ach­ten. Ins­ge­samt  wird das Jahr 2013 für wet­ter­ab­hän­gi­ge Bran­chen nicht leicht wer­den. Zu prü­fen ist, ob Sie Ihre Geschäf­te gegen Wet­ter­ri­si­ken absi­chern kön­nen. Dazu gibt es ver­schie­de­ne Anbie­ter auf dem Markt (z. B. Deut­sche Wet­ter­schutz), die für ein­zel­ne Bran­chen Ver­si­che­rungs­pa­ke­te anbieten. 

IT/Internet: Datenschutz ist kein Dauermandat

Das Amt des Daten­schutz­be­auf­trag­ten geht nach einem Betriebs­über­gang nicht auf den Erwer­ber über (Arbeits­ge­richt Cott­bus, Urteil vom 14.2.2013, 3 Ca 1043/12).

Für die Pra­xis: Nach dem Betriebs­über­gang hat­te der neue Fir­men­chef einen exter­nen Daten­schutz­be­auf­trag­ten bestellt und die Bestel­lung des bis­he­ri­gen inter­nen Daten­schutz­be­auf­trag­ten wider­ru­fen. Der Daten­schutz­be­auf­trag­te kann das Amt nicht aus sei­nem Arbeits­ver­trag ein­for­dern. Für Sie heißt das: Nach Erwerb einer Fir­ma im Wege des Betriebs­über­gangs ist es Ihnen frei­ge­stellt, wie Sie den Daten­schutz orga­ni­sie­ren. Sie kön­nen das Amt intern (und damit in der Arbeits­zeit des Mit­ar­bei­ters) beset­zen oder durch einem exter­nen Dienst­leis­ter erle­di­gen lassen.

Finanzen: Kosten für Rechts-Dienstleistungen steigen

Zum 1.7.2013 (letz­te Hono­rar­an­he­bung: 1.7.2004) stei­gen die Kos­ten für Rechts­an­wäl­te flä­chen­de­ckend um bis zu 12 %. Der Bun­des­tag hat am 16.5.2013 das Kos­ten­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz ver­ab­schie­det, das zum 1.7.2013 in Kraft tre­ten wird. Auch die Kos­ten für Gut­ach­ten, für Nota­re und die Gerichts­kos­ten wer­den ange­ho­ben. Die Bun­des­re­gie­rung rech­net für die Wirt­schaft mit einer Zusatz­be­las­tung von jähr­lich 600.000 EUR (Quel­le: 2. Kos­ten­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz).

Für die Pra­xis: Als Unter­neh­mer müs­sen Sie mit einem Kos­ten­an­stieg von durch­schnitt­lich 5 % für die­se Dienst­leis­tun­gen kal­ku­lie­ren. Aus­weg: Vie­le Bran­chen­ver­bän­de bie­ten für ihre Mit­glie­der kos­ten­freie Rechts­be­ra­tung an. Prü­fen Sie, in wel­chen Fäl­len Sie davon Gebrauch machen kön­nen. Mög­lich ist auch die Ver­ein­ba­rung eines Pau­schal­ho­no­rars. Im Ein­zel­fall lohnt es zu ver­han­deln und güns­ti­ge Kon­di­tio­nen zu vereinbaren.

Arbeitsrecht: Abfindung gilt auch für Urlaubsabgeltung

Ver­zich­tet der Arbeit­neh­mer im Kün­di­gungs­rechts­streit gegen Zah­lung einer Abfin­dung auf alle bekann­ten und unbe­kann­ten For­de­run­gen, dann sind damit auch Nach­for­de­run­gen auf Urlaubs­ab­gel­tung für nicht genom­me­nen Urlaub erle­digt (BAG, Urteil vom 14.5.2013, 9 AZR 844/11).

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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