Bürokratie: „Für das Amt des Geschäftsführers nicht geeignet …” + Geschäftsführungs-Strategie: Vorbereitungen auf die angekündigte Krise + Digitales: So lesen sich die neuen Erfolgsgeschichten (VII) + Europawahl: Nirgendwo neue Rezepte für den Mittelstand + Bürokratie: Unternehmen müssen Arbeitszeiten lückenlos erfassen + Geschäftsführer privat : Keine Chance für hochverzinsliche Altverträge + BMF-Vorgaben: Das Geschäftsführer-Büro in der Privat-Immobilie
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 21/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 24. Mai 2019
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
wer in Deutschland Geschäftsführer werden will, muss eine weiße Weste haben – so sieht es das GmbH-Gesetz (§ 6 GmbH-Gesetz) vor. Danach gilt: „Wer wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs verurteilt worden ist, kann auf die Dauer von 5 Jahren seit der Rechtskraft des Urteils nicht Geschäftsführer sein” (z. B.: Bankrott, aber auch: Insolvenzvergehen, Verletzung der Buchführungspflichten). Die Registergerichte verlangen bei der Eintragung einer GmbH bzw. beim Wechsel der Geschäftsführung eine entsprechende persönliche „Versicherung” jedes Geschäftsführers (§ 8 GmbH-Gesetz).
In Deutschland können Sie auch davon ausgehen, dass entsprechende Verurteilungen sorgfältig dokumentiert werden und dass die Gerichte gut miteinander vernetzt sind. Die Durchsetzung und Kontrolle dieser Vorgaben funktioniert. Anders als in vielen Teilen des europäischen Auslands. Noch gibt es keinen institutionalisierten Informationsaustausch zwischen den deutschen Registergerichten und den Institutionen in Bulgarien oder Rumänien. Selbst mit den spanischen Gerichten gibt es gelegentlich Abstimmungsprobleme. Das soll anders werden. Das sog. europäische Inhabilitätsregister ist in Vorbereitung. Dieses ist Bestandteil des EU-Gesellschaftsrechtspaktes, der eine Vereinfachung von GmbH/SPE-Gründungen mittels eines einheitlichen Online-Eintragungsverfahrens vorsieht.
Geschäftsführungs-Strategie: Vorbereitungen auf die angekündigte Krise
Der wirtschaftliche Abschwung nimmt Konturen an und nimmt in einigen Branchen bereits Fahrt auf. Wir haben dazu ausführlich berichtet (vgl. zuletzt Nr. 20/2019). In einigen Branchen hat man bereits reagiert und setzt die Planungen für die Reduzierung der Kapazitäten um. In der Automobil- und Zulieferer-Industrie stellt man sich auf breiter Front auf sinkende Absatzzahlen ein und hat die Produktionspläne nach unten korrigiert. Viele Unternehmen haben ihre Personalplanungen in den letzten Monaten angepasst, überarbeitet und (punktuelle) Einstellungsstopps verordnet (Daimler, VW, Handelsblatt Gruppe) oder sogar (breiten) Personalabbau angekündigt (zuletzt: Mahle, Automobilzulieferer).
Vorausschauende Geschäftsführung heißt in diesem Fall, die richtigen Instrumente in der richtigen Dosierung anzuwenden. Problem: Nach wie vor fehlen in vielen Branchen Fachkräfte, in einigen Branchen (Pflege, Gastronomie) fehlen sogar weniger qualifizierte Mitarbeiter. Hier kann selbst ein geringeres Auftragsvolumen mit den vorhandenen Arbeitskräften nicht richtig bedient werden. Kapazitätskürzungen sind hier kein geeignetes Mittel. Hier geht es nur mit gezielten Kostensenkungen, wenn in den nächsten Jahren eine einigermaßen auskömmliche Rendite erzielt werden soll. Unterdessen haben die ersten großen Industriebetriebe Kurzarbeit angekündigt (Opel, VW). Kurzarbeit ist seit der Finanzkrise 2007 nicht mehr nur ein Instrument der großen Unternehmen. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) legt unterdessen Wert darauf, dass auch kleine und mittlere Unternehmen in den Genuss dieser Überbrückungshilfe kommen. Wer hat Anspruch auf Kurzarbeitergeld (Kug)?
- Erheblicher Arbeitsausfall: Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, er vorübergehend ist, er nicht vermeidbar ist und im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen ist.
- Betriebliche Voraussetzung: Die Gewährung von Kurzarbeitergeld ist nur in Betrieben zulässig, in denen regelmäßig mindestens ein Arbeitnehmer (Arbeiter oder Angestellter, auch Auszubildender) beschäftigt ist. Betrieb im Sinne der Vorschriften über das Kurzarbeitergeld ist auch eine Betriebsabteilung.
- Persönliche Voraussetzungen des Arbeitnehmers: Die persönlichen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Arbeitnehmer nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzt, aus zwingenden Gründen aufnimmt oder im Anschluss an die Beendigung seines Berufsausbildungsverhältnisses aufnimmt, das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist und der Arbeitnehmer nicht vom Kurzarbeitergeldbezug ausgeschlossen ist.
- Antragstellung: Die Anzeige über den Arbeitsausfall ist schriftlich bei der Agentur für Arbeit zu erstatten, in deren Bezirk der Betrieb liegt. Anzeigenvordrucke stellt Ihnen die Agentur für Arbeit zur Verfügung. Die Stellungnahme der Betriebsvertretung ist der Anzeige beizufügen. Die Anzeige kann auch von der Betriebsvertretung erstattet werden. Eine (fern-)mündliche Anzeige erfüllt die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht. Dagegen genügt ein Telefax bzw. eine per E‑Mail übersandte Anzeige (eingescannt mit Unterschrift(en)) den gesetzlichen Erfordernissen.
- Unterlagen: Der Arbeitgeber hat der Agentur für Arbeit die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld glaubhaft zu machen, alle sonstigen Anspruchsvoraussetzungen aber nachzuweisen. Zur Prüfung dieser Voraussetzungen sind die notwendigen Unterlagen vorzulegen (z. B. Ankündigung über Kurzarbeit, Vereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit mit dem Betriebsrat oder den Arbeitnehmern, Änderungskündigungen).
Digitales: So lesen sich die neuen Erfolgsgeschichten (VII)
Das Auto der Zukunft kommt nicht von VW, Daimler, BMW oder Toyota. Auch nicht von Google, Amazon oder Alibaba. Eher schon von Tesla. Einer der ganz Neuen auf dem internationalen Automobilmarkt heißt Pininfarina Automobili, wird aus Indien finanziert, firmiert in München und bastelt an einer neu-alten, italienischen Edelmarke.
Hintergrund: Auf der Suche nach der verloren gegangenen Wertschätzung beim alten Arbeitgeber (Audi, BMW) haben deren ehemalige Entwicklungsingenieure neue Herausforderungen gesucht und ihre Chancen auf den neuen Kapitalmärkten gefunden und genutzt. Der indische Mahindra Konzern (indischer Automobilhersteller spezialisiert auf Geländewagen, hält 51 % an Peugeot) hat in das Vorhaben bereits einen dreistelligen Millionenbetrag investiert und ist gewillt, ein neues E‑Automobil-Format im Premium-Segment global durchzusetzen. Das Erfolgsrezept: „Wir zapfen die Köpfe und Konzepte der Spezialisten an, denen das Korsett der Konzerne zu eng geworden ist”. Das Konzept hat Methode: Unterdessen haben sich im Raum München ein halbes Dutzend neuer Auto-Firmen angesiedelt – alle mit dem Auftrag, neue Automobilkonzepte insbesondere für China, aber auch für den Weltmarkt zu entwickeln.
Europawahl: Nirgendwo neue Rezepte für den Mittelstand
Am Sonntag wird gewählt – europaweit. Für die deutsche Politik ist das zugleich ein Gratmesser für die Große Koalition (GroKo) und – aus Sicht der Wirtschaft – für deren wirtschaftspolitisches Standing. Zuletzt offenbarten sich größte Differenzen um die Ausrichtung einer neuen Strukturpolitik. Beide großen Parteien zeigten sich besonders aufgeschlossen für eine europaweite Industriepolitik. Dafür gab es heftige Kritik vom Mittelstand und insbesondere von den Vertretern der mittelständischen familiengeführten Unternehmen. In der Kritik steht auch die Energiepolitik. Deutsche Unternehmen zahlen unterdessen die höchsten Preise in Europa. Tendenz: Weiter (stark) zunehmend. Das bedeutet auch eine immer größere Belastung für viele kleinere Unternehmen in nicht-industriellen Sektoren.
Neueste (hier: INSA für Bild) ermitteln für die CDU/CSU 28 %, 15 % für die SPD, 19 % für die Grünen, 13 % für die AfD, 7 % für die FDP und 8 % für die Linke – mit geringfügigen Abweichungen für alle Parteien, je nach Umfrage. Die GroKo kann damit nur noch mit einer Zustimmung von von etwas über 40 % rechnen. Die beiden Volksparteien stecken – wie in Rest-Europa – im Abwärtssog. Allerdings mit unterschiedlichen Szenarien, den Trend zu stoppen. Beispiel Steuerpolitik: Die SPD will die CO2-Steuer und eine Zusatzbesteuerung für Konzerne. Die Union will Steuerentlastungen (Solidaritätszuschlag), CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer kann sich jetzt sogar eine umfassende Steuerreform vorstellen (Progressionsabbau). Aber auch die in der Rentenpolitik gehen die Vorstellungen soweit auseinander, dass eine Neuordnung der Kräfteverhältnisse nach dem 26. Mai immer wahrscheinlicher wird. Aus Wirtschafts-Perspektive wird es darauf ankommen, wie sich die FDP behaupten kann. Einiges deutet darauf hin, dass sie ihre alte Rolle als Mehrheitsbeschaffer für eine Regierung wieder einnehmen kann. Allerdings: Die prognostizierten 5 – 7 % der Stimmen dürften dafür jedenfalls noch nicht ausreichen.
Bürokratie: Unternehmen müssen Arbeitszeiten lückenlos erfassen
Ein weit reichendes, alle Unternehmen betreffendes Urteil mit unmittelbaren Kostenfolgen kommt von Europäischen Gerichtshof (EuGH). Danach sollen Unternehmen in Europa – also auch in Deutschland – dazu verpflichtet werden, die Arbeitszeiten der Mitarbeiter exakt zu dokumentieren. Folgen: Zum einen dürfte das das Ende der sog. Vertrauensarbeitszeit sein, wie es in vielen, auch größeren Firmen praktiziert wird. Das wird in vielen Unternehmen aber auch zu weiter steigenden Bürokratiekosten (hier: z. B. Außendienst, Home-Office, flexible Arbeitszeiten) führen. Für die Umsetzung in nationales (deutsches) Recht gibt es einen kleinen Gestaltungsspielraum. Danach heißt es im Urteil: „Es obliege den Mitgliedstaaten, die konkreten Modalitäten zur Umsetzung eines solchen Systems, insbesondere der von ihm anzunehmenden Form, zu bestimmen und dabei gegebenenfalls den Besonderheiten des jeweiligen Tätigkeitsbereichs oder Eigenheiten, sogar der Größe, bestimmter Unternehmen Rechnung zu tragen”. Hier kommt es also auf die Mehrheitsverhältnisse im dann gewählten Bundestag an (EuGH, Urteil v. 14.5.2019, C‑55/18).
Geschäftsführer privat : Keine Chance für hochverzinsliche Altverträge
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt in letzter Instanz entschieden, dass die Banken berechtigt sind, hochverzinsliche Altverträge (hier: das sog. Prämiensparen) vorzeitig zu kündigen. Voraussetzung: Die im Vertrag vereinbarte Höchstprämie wurde erreicht. Danach ist die Bank zur Kündigung berechtigt (BGH, Urteil v. 14.5.2019, XI ZR 345/18).
BMF-Vorgaben: Das Geschäftsführer-Büro in der Privat-Immobilie
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die steuerliche Behandlung von Einnahmen für die Überlassung eines Arbeitzimmers/Home-Office an ihren Arbeitnehmer neu geregelt. Unstrittig bleibt, dass die Aufwendungen Betriebsausgaben der GmbH sind und bleiben. Zum Teil neu geregelt ist die steuerliche Behandlung der Einnahmen. Beispiel: Besteht das Heimbüro im überwiegenden Interesse des Geschäftsführers, müssen die Einnahmen in Zukunft als Arbeitslohn – und damit in der Regel teurer – versteuert werden. Prüfen Sie mit Ihrem Steuerberater, ob Handlungsbedarf besteht bzw. wie Sie gegenüber dem Finanzamt begründen, dass doch Einnahmen aus VuV vorliegen, z. B. mit einem schriftlichen Mietvertrag, der die genauen Konditionen (z. B. Wochenend-Erreichbarkeit) regelt (BMF, Schreiben v. 18.1.2019, IV C 1 – S 2211/16/10003 :005).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
L. Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief