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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 20/2015

Volkelt-NLStra­te­gie: Wie SIE expan­die­ren – ohne gro­ßen Auf­wand + IT-Sicher­heits­lü­cken: Was Sie als Geschäfts­füh­rer ver­an­las­sen müs­sen + Kon­flik­te in der GmbH: Die Aus­schluss-Klau­sel sichert den Bestand + Betriebs­aus­ga­ben: Oldies gehö­ren zur pri­va­ten Lebens­füh­rung + Geschäfts­füh­rer unter­wegs: Nöti­gung im Stra­ßen­ver­kehr + Mit­ar­bei­ter: Zurück­hal­tung ist der bes­se­re Umgang mit der Berufs­ge­nos­sen­schaft +  BISS

 

 

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Frei­burg 15. Mai 2015

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

gut ein Drit­tel der Inha­ber von mit­tel­stän­di­schen Fir­men in Deutsch­land ist bereits älter als 55 Jah­re. Ganz kon­kret pla­nen der­zeit ca. 580.000 Inha­ber und Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer klei­ne­rer Unter­neh­men bis 2017 ihre Nach­fol­ge. Zwar besteht bei den Nach­fol­ge­pla­nun­gen eine leich­te Prä­fe­renz für fami­li­en­in­ter­ne Lösun­gen. Laut KfW Rese­arch wol­len der­zeit nur 9 % der klei­nen und mitt­le­ren Unter­neh­men die Nach­fol­ge inner­halb der Fami­lie orga­ni­sie­ren, vie­le Alt­ei­gen­tü­mer suchen exter­ne Nach­fol­ger. Hier kom­men etwa ein Ver­kauf an einen Mit­ar­bei­ter, ein ande­res Unter­neh­men oder einen Finanz­in­ves­tor in Fra­ge. Betrof­fen vom anste­hen­den Gene­ra­ti­ons­wech­sel sind alle Seg­men­te der mit­tel­stän­di­schen Wirt­schaft. Beson­ders häu­fig bestehen Über­ga­be­plä­ne im sons­ti­gen ver­ar­bei­ten­den Gewerbe.

Wenn Sie gezielt expan­die­ren wol­len, ist das gezeig­te Sze­na­rio eine gute Chan­ce, sich Markt­an­tei­le durch die Über­nah­me eines Kon­kur­ren­ten zu sichern. Regio­nal täti­ge Unter­neh­men sind gut bera­ten, die Nachfolge­börse der IHK (www.nexxt-change.org) zu nut­zen. Die ein­zel­nen Daten­ban­ken sind unter­des­sen gut ver­netzt und es hat sich bun­des­weit her­um­ge­spro­chen, dass expan­si­ons­wil­li­ge Unter­neh­men auf die­se Art gut ein­ge­führ­te Unter­neh­men zur Erwei­te­rung eines Fili­al­net­zes, zum Auf­bau regio­na­ler Prä­sen­zen oder zum Ein­stieg in den Regio­nal­markt erwerben.

IT-Sicherheitslücken: Was Sie als Geschäftsführer veranlassen müssen

Nach vie­lem Daten-Miss­brauchs­fäl­len und immer neu­en Hacker-Angrif­fen auch auf Fir­men-Netz­wer­ke sind vie­le Geschäfts­füh­rer ver­un­si­chert, wel­che Pflich­ten für sie gelten.

Wich­tig: In der Regel dro­hen straf­recht­li­chen Kon­se­quen­zen bei einer unzu­läs­si­gen Daten­wei­ter­ga­be nur gegen den Mit­ar­bei­ter, nicht aber für das Unter­neh­men. Betrof­fe­ne Kun­den kön­nen aber Scha­dens­er­satz­an­sprü­che gegen das Unter­neh­men stel­len – selbst dann, wenn zur Daten­ver­wal­tung ein exter­nes Unter­neh­men beauf­tragt wird. Nur wenn der Geschäfts­lei­ter selbst vor­sätz­lich oder grob fahr­läs­sig Pflich­ten ver­letzt hat, kann er per­sön­lich vom Unter­neh­men in die Haf­tung für Scha­dens­er­satz­an­sprü­che genom­men wer­den. Als Geschäfts­füh­rer müs­sen Sie „mit der gebo­te­nen Sorg­falt­pflicht“ vor­ge­hen. Fehlt das ent­spre­chen­de Fach­wis­sen, muss sich der Geschäfts­füh­rer ent­spre­chen­des Wis­sen ein­holen (IT-Lei­ter) bzw. sich qua­li­fi­ziert bera­ten las­sen (exter­ne Beratung).

Für die Pra­xis: Als Unter­neh­mens­lei­ter müs­sen Sie in Ihrem Unter­neh­men die­se Maß­nah­men umsetzen:

  • Sie müs­sen kon­kre­te Sicher­heits­maß­nah­men tref­fen (z. B. Zutritts‑, Zugangs- und Auf­trags­kon­trol­len im IT-Bereich, Ver­schlüs­se­lung der Daten).
  • Die ein­zel­nen Kon­troll­maß­nah­men müs­sen kon­kret beschrie­ben wer­den und in der Pra­xis auch tat­säch­lich über­wacht wer­den (Pro­to­kol­le).
  • Die Kon­troll­in­stru­men­te müs­sen regel­mä­ßig über­prüft wer­den (emp­foh­len: GF-Rou­ti­ne unter Hin­zu­zie­hung des Lei­ters IT und des Daten­schutz­be­auf­trag­ten ein­mal pro Halbjahr).

Konflikte in der GmbH: Die Ausschluss-Klausel sichert den Bestand

Am liebs­ten wür­de ich ihn raus­wer­fen“. So die Bestands­auf­nah­me eines Kol­le­gen, in des­sen GmbH sich die Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten um die rich­ti­ge Geschäfts­po­li­tik zwi­schen den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rern zu einem hand­fes­ten Krach gestei­gert haben. Nach wie vor sind die Betei­lig­ten in vie­len GmbHs auf ein sol­ches Sze­na­rio nicht vor­be­rei­tet. Fakt ist, dass es ohne ver­trag­li­che Vor­ga­ben im Gesell­schafts­ver­trag fast kei­ne Mög­lich­keit gibt, einen – wie es im juris­ti­schen Fach­jar­gon heißt – „que­re­len“ Gesell­schaf­ter aus der GmbH zu drän­gen. Das geht in der Regel nur, wenn es eine ent­spre­chen­de Klau­sel im Gesell­schafts­ver­trag gibt, die bestimmt, in wel­chen Fäl­len und zu wel­chen Kon­di­tio­nen der Gesell­schaf­ter aus­ge­schlos­sen wer­den kann (vgl. zuletzt Nr. 18/2015).

Nach­träg­lich kön­nen Sie eine sol­che Aus­schluss­klau­sel nur mit den Stim­men aller Gesell­schaf­ter (Ein­stim­mig­keit) beschlie­ßen. Die­se Ein­stim­mig­keit lässt sich in der Regel dann am bes­ten her­stel­len, solan­ge die GmbH gut funk­tio­niert und alle Gesell­schaf­ter ein gro­ßes Inter­es­se an einem wei­te­ren Gelin­gen des Geschäfts­mo­dells haben.

Die Rechts­la­ge: Im Gesell­schafts­ver­trag kann eine Klau­sel für den Aus­schluss von Gesell­schaf­tern ver­ein­bart wer­den. Die­se Klau­sel muss vor dem Ein­tritt des betrof­fe­nen Gesell­schaf­ters in die GmbH Bestand­teil des Gesell­schafts­ver­tra­ges gewe­sen sein. Eine spä­te­re Ein­füh­rung oder Ver­schär­fung ist nur mit Zustim­mung des betrof­fe­nen Gesell­schaf­ters mög­lich und wirk­sam. Die Klau­sel kann all­ge­mein for­mu­liert sein und ledig­lich einen Aus­schluss aus wich­ti­gem Grund vor­se­hen. Sie kön­nen aber auch spe­zi­fi­sche Grün­de auf­lis­ten, die zum Aus­schluss eines Gesell­schaf­ters füh­ren. Sol­che Grün­de kön­nen zum Bei­spiel sein:

  • die Pfän­dung des Geschäfts­an­teils des Gesellschafters,
  • die Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens gegen einen Gesellschafter,
  • die Ver­er­bung des Geschäfts­an­teils an ande­re Per­so­nen als im Gesell­schafts­ver­trag vorgesehen,
  • der Ver­lust bestimm­ter Eigen­schaf­ten (z. B. Zulas­sung zu bestimm­ten Berufen),
  • das Alter des Gesell­schaf­ters oder
  • die Nie­der­le­gung des Geschäfts­füh­rer-Amtes oder die Been­di­gung der Mit­ar­beit in der GmbH.
Wenn Sie sicher­stel­len wol­len, dass Ihre Mit-Gesell­schaf­ter nicht nur als Geld­ge­ber der GmbH fun­gie­ren, son­dern die Geschäfts­po­li­tik der GmbH aktiv mit­ge­stal­ten errei­chen Sie dies wie folgt: Sie ver­ein­ba­ren im Gesell­schafts­ver­trag eine Aus­schluss­klau­sel für den Fall, dass Ihr Mit-Gesell­schaf­ter aus dem akti­ven Dienst der GmbH, sei es als Geschäfts­füh­rer oder Ange­stell­ter aus­schei­det. Damit wird es mög­lich, auch mit arbeits­recht­li­chen Maß­nah­men Druck auf einen läs­ti­gen Gesell­schaf­ter aus­zu­üben. Es ist nicht mög­lich, durch blo­ße Ver­ein­ba­rung im Gesell­schafts­ver­trag einer belie­bi­gen Mehr­heit für den Beschluss über den Gesell­schaf­ter­aus­schluss einen eige­nen Aus­schlie­ßungs­grund zu schaf­fen. Der Aus­schluss darf – auch bei der Auf­nah­me spe­zi­fi­scher Grün­de im Gesell­schafts­ver­trag – nicht als auto­ma­ti­sches Ver­fah­ren ange­legt sein. Es bedarf zum Aus­schluss im Ein­zel­fall immer eines geson­der­ten Gesell­schaf­ter­be­schlus­ses. Der Rechts­schutz des durch die Sat­zungs­re­ge­lung Aus­ge­schlos­se­nen wird gewähr­leis­tet, indem der aus­ge­schlos­se­ne Gesell­schaf­ter die­sen Gesell­schaf­ter­be­schluss im Wege der Anfech­tungs­kla­ge gericht­lich prü­fen las­sen kann.

Betriebsausgaben: Oldies gehören zur privaten Lebensführung 

Ob Auto-Fan, Anti­qui­tä­ten-Lieb­ha­ber oder Kunst-Samm­ler: Vie­le Gesell­schaf­ter-Ge­­schäfts­­­füh­rer lieb­äu­geln damit, ent­spre­chen­de Lieb­ha­ber-Stü­cke über die GmbH zu erwer­ben. Gelingt es, die Kos­ten als Betriebs­aus­ga­ben anzu­set­zen, erfolgt der Erwerb aus unver­steu­er­tem Geld. Die­se Begüns­ti­gung bleibt auch dann erhal­ten, wenn der ent­spre­chen­de Gegen­stand nach der Abschrei­bung güns­tig ins Pri­vat­ver­mö­gen über­nom­men wird. In der Regel macht das auch kei­ne Pro­ble­me mit dem Finanz­amt, wenn es um ange­mes­se­ne Wert­ge­gen­stän­de geht, z. B. die Aus­stat­tung des Chef-Büros mit einem reprä­sen­ta­ti­ven Gemäl­de eines regio­na­len Künstlers.

In der Pra­xis gibt es aber Pro­ble­me mit den Finanz­be­hör­den, sobald es um höhe­re Anschaf­fungs­kos­ten geht. Wel­chen Maß­stab legen die Finanz­be­hör­den hier an? Bereits vor eini­gen Jah­ren hat­te der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) einen Rechts­streit um die steu­er­li­che Aner­ken­nung der Kos­ten einer Yacht und zwei­er Old­ti­mer-Flug­zeu­ge als Betriebs­ausgabe der GmbH ent­schie­den. Das Finanz­amt woll­te dies nicht zulas­sen. Begrün­dung: Es han­delt sich um das Pri­vat­ver­gnü­gen der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer – selbst wenn damit gele­gent­lich Werbe­veranstaltungen oder Incen­tiv-Rei­sen für Mit­ar­bei­ter und deren Ange­hö­ri­ge ver­an­stal­tet wur­den. Ent­schei­dend ist  die Vor­schrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG. Danach dür­fen die fol­gen­den Betriebs­ausgaben den Gewinn nicht min­dern: „Auf­wen­dun­gen für Jagd oder Fische­rei, für Segel­jach­ten oder Motor­jach­ten sowie für ähn­li­che Zwe­cke und für die hier­mit zusam­men­hän­gen­den Bewir­tun­gen“.

Die im kon­kre­ten Fall beur­teil­ten Old­ti­mer-Flug­zeu­ge sind in § 4 EStG zwar nicht aus­drück­lich erwähnt. Im BFH-Urteil ver­wei­sen die Rich­ter aber dar­auf, dass es auch dafür kei­ne unter­schied­li­che steu­er­li­che Behand­lung gibt. Das bedeu­tet: Stel­len Sie sich dar­auf ein, dass die Finanz­be­hör­den auch bei ähn­lich gela­ger­ten Fäl­len auf die­ses Urteil ver­wei­sen und die steu­er­li­che Aner­ken­nung von Kos­ten / AfA ver­wei­gern – z. B. für Old­ti­mer-Auto­mo­bi­le, aber auch für anti­ke Möbel­stü­cke, Kunst­wer­ke und ähn­li­ches (Quel­le: BFH-Urteil vom 7.2.2007, I R 27/05). Im Ein­zel­fall soll­ten Sie sich vor dem Erwerb mit Ihrem Steu­er­be­ra­ter absprechen.

Geschäftsführer unterwegs – Nötigung im Straßenverkehr

Wer viel fährt, erlebt viel – bis­wei­len auch Nöti­gungs-Situa­tio­nen. Dazu gibt es ein inter­es­san­ten Urteil des Amts­ge­richts Nien­burg: Danach dür­fen Auf­nah­men, die Sie mit einer sog. dash­cam machen, im gericht­li­chen Ver­fah­ren zur Beweis­auf­nah­me ver­wen­det wer­den. In der Pra­xis wird das Ver­kehrs­ge­richt im Ein­zel­fall ent­schei­den – bei grö­be­ren Ver­stö­ßen und man­geln­der Ein­sicht des Nöti­gers dürf­te das aller­dings regel­mä­ßig der Fall sein (AG Nien­burg, Urteil vom 20.1.2015, 4 Ds 155/14).

In der Sache ist dies das ers­te Urteil, das Dash­cam-Auf­zeich­nun­gen vor Gericht als beweis­mit­tel zulässt. Wich­ti­ge Vor­aus­set­zung: Die Dash­cam wird nur „anlass­be­zo­gen“ ein­ge­setzt, also nicht dau­ernd mit­lau­fen gelassen.

Zurückhaltung ist der bessere Umgang mit der Berufsgenossenschaft

Unfäl­le auf der Weg­stre­cke zwi­schen der Arbeits­stät­te auf dem Weg zur „Nah­rungs­auf­nah­me“ (Kan­ti­ne, Restau­rant) ereig­nen, sind von der gesetz­li­chen Unfall­ver­si­che­rung gedeckt. Nicht aber Unfäl­le auf Weg­stre­cken, auf denen pri­va­te Erle­di­gun­gen vor­ge­nom­men wer­den – also z. B. pri­va­te Ein­käu­fe oder Behör­den­gän­ge (Hes­si­sches Lan­des­so­zi­al­ge­richt, Urteil vom 24.3.2015, L 3 U 225/10).

Die Berufs­ge­nos­sen­schaft hat­te weni­ge Tage nach einem Unfall eine Kol­le­gin zum Unfall­her­gang befragt und dabei fest­ge­stellt, dass die Arbeit­neh­me­rin in pri­va­ter Ange­le­gen­heit unter­wegs war. Eine gewis­se Zurück­hal­tung beim Aus­kunfts­er­su­chen von Behör­den oder Ver­si­che­run­gen ist sich nicht ver­kehrt – zumal dann u. U. auch Mut­ma­ßun­gen oder sogar fal­sche Aus­sa­gen gerichts­er­heb­li­che Bedeu­tung bekom­men können.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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