„Gender”-GmbH: Rechtsprobleme und mehr um die Frauenquote + Pflichtversicherung: Neues Urteil „befreit“ Fremd-Geschäftsführer + GmbH-Finanzen: Neue Runde bei den Bankgebühren + GmbH-Recht (I): Neues Urteil zur Stimmrechtsausübung + GmbH-Krise: Verbesserungen im Insolvenzverfahren + GmbH-Recht (II): Kein Stimmrecht bei Bestellung eines Anwalts für die GmbH + GmbH-Steuer: vGA in der GmbH & Co. KG + BISS …
Der Volkelt-Brief 19/2017 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 12. Mai 2017
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
das Thema Frauenquote beschäftigt nicht nur börsennotierte und mitbestimmungspflichtige, große Unternehmen. Immer häufiger wird in der (arbeits-) rechtlichen Expertenrunden diskutiert, ob und inwieweit Quotenvorgaben auch in größeren, aber nicht mitbestimmten GmbHs umgesetzt werden muss. Und zwar nicht nur auf der Leitungsebene, sondern auch in den oberen Führungsebenen (vgl. dazu zuletzt 3/2016). Fakt ist, dass es auch im GmbH-Gesetz dazu eine Vorschrift gibt:
§ 36 GmbH-Gesetz: Zielgrößen und Fristen zur gleichberechtigten Teilhabe von Männern und Frauen
„Die Geschäftsführer einer Gesellschaft, die der Mitbestimmung unterliegt, legen für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb der Geschäftsführer Zielgrößen fest. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein.“
Fakt ist auch, dass es viele GmbH in mitbestimmungspflichtiger Größe gibt (ab 500 Mitarbeiter), in denen kein Aufsichtsrat bestellt ist und somit eine gesetzliche Mitbestimmung nicht praktiziert wird. Neueste Erhebungen zeigen, dass in den meisten dieser GmbHs auch die Vorgaben zur Frauenquote (sieh oben) nicht eingehalten werden (Quelle: Bayer/Hoffmann, Institut für Rechtstatsachenforschung, Jena). Von insgesamt 50 GmbHs in mitbestimmungspflichtiger Größe haben nach dieser Stichprobe lediglich 3 eine Frauenquote für die Geschäftsführung (6 %) vorgegeben und 32 eine Frauenquote für die 1. und 2. Leitungsebene festgelegt (64 %). Vorbildlich: Die Fa. A.D.U. Gebäudeservice Urban GmbH mit 1.870 Mitarbeiter will bis Jahresende 2017 30 % aller Leitungsfunktionen inkl. Geschäftsführung mit Frauen besetzen.
Pflichtversicherung: Neues Urteil „befreit“ Fremd-Geschäftsführer
Unterdessen vergeht fast keine Woche, ohne dass wir zum Thema Pflichtversicherung des GmbH-Geschäftsführers berichten müssen. Aktueller Anlass: Ein neues Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg (Urteil vom 23.11.2017, L 5 R 50/16). Danach ist der Fremd-Geschäftsführer nicht pflichtversichert, wenn er selbst zwar keine Beteiligung an dem Unternehmen, für das er tätig ist, hat. Aber: Wenn er Gesellschafter an einem beteiligten Unternehmen ist und so Beschlüsse gegen seinen Willen verhindern kann, ist er weisungsfrei tätig und kein Pflichtmitglied in der gesetzlichen Sozialversicherung. Das klingt kompliziert, ermöglicht aber Gestaltungen.
Beispiel:
|
|||||||
|
|||||||
|
|||||||
Vorstellbar ist dazu folgende Konstellation: Eine Familien-GmbH bestellt einen Fremd-Geschäftsführer. Man möchte den zwar in die Geschäfte einbinden, ihn aber nicht dauerhaft als Gesellschafter der GmbH (Hier: A‑GmbH) aufnehmen. Aber: Man beteiligt ihn (zu 51%) an einer Mitarbeiter-GmbH, die ihrerseits Gesellschafter der A‑GmbH wird. Angenehmer Nebeneffekt für den Fremd-Geschäftsführer: Er ist nicht Mitglied in der gesetzlichen Pflichtversicherung.
Hier noch ein wichtiger Hinweis für Gesellschafter-Geschäftsführer, die bisher noch nicht im offiziellen Status-Feststellungsverfahren geprüft und beschieden wurden. Das betrifft Gesellschafter-Geschäftsführer, die ihre Tätigkeit in der GmbH vor 2003 aufgenommen haben. Spätestens wenn Sie den Rentenantrag stellen (z. B. weil Ansprüche aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis bestehen), prüft der gesetzliche Rentenversicherungsträger, bei dem Sie zuletzt gemeldet waren (z. B. AOK, BE), ob Sie Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung für Rentner (KVdR) sind bzw. werden. Achtung: Eventuell wird dann ihr sozialversicherungsrechtlicher Status nachträglich geprüft. Im schlechtesten Fall müssen Sie dann Beiträge für 4 Jahre nachzahlen. Sie sind also gut beraten, wenn Sie noch vor dem Rentenantrag die Weisungsrechte in der GmbH entsprechend regeln. Vgl. Sie dazu unsere Hinweise aus Nr. 11 + 18/2017.
GmbH-Finanzen: Neue Runde bei den Bankgebühren
Die Niedrigzinspolitik zeitigt Auswirkungen auf das Geschäftsmodell „Bank“. Neue Umsatz- und Ertragsmodells müssen her. War zunächst kaum vorstellbar, dass sog. Negativzinsen für Guthaben eingeführt werden könnten, ist das von vielen Banken bereits umgesetzt. Zahlreiche Banken haben (still und leise) ihre Gebührentabellen angepasst. Jetzt haben sich die Produkt-Manager der Volksbanken etwas Neues einfallen lassen und zwar für alle Geschäftskonten. Danach werden Kosten für die Bereitstellung der Überziehung in Rechnung gestellt – vergleichbar den Bereitstellungszinsen. Dabei geht es um eine fiktive Verzinsung um bis zu 1,2 %.
Beispiel: Für eine GmbH mit einem monatlichen Liquiditätsbedarf von 50.000 € ist eine Überziehung (Kreditlinie) in Höhe von ebenfalls 50.000 € zu begünstigten Überziehungszinsen vereinbart (derzeit bei vielen Volksbanken: 7,9 %). Nach der neuen Regelung wird die Bank dann für den nicht in Anspruch genommen Betrag aus der Kreditlinie eine Gebühr (im Bankenjargon: Liquiditätspauschale) in Höhe von 1,2 % p. a. berechnen. Die zusätzliche Belastung im Beispiel liegt dann bei jährlich 600 €.
GmbH-Recht (I): Neues Urteil zur Stimmrechtsausübung
Wollen die Gesellschafter einer GmbH einem der Gesellschafter Prokura erteilen, dann hat dieser Gesellschafter Stimmrecht und darf an der Abstimmung darüber teilnehmen. Es handelt sich um einen sog. Organisationsakt und damit nicht um eine Abstimmung in eigener Sache (OLG München, Urteil vom 12.1.2017, 23 U 1994/16).
GmbH-Krise: Verbesserungen im Insolvenzverfahren
Zum 15.4.2017 ist das Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung in Kraft getreten. Vorteil für betroffene Unternehmen: Die Frist zur Anfechtung einer Insolvenz wird im Regelfall auf 4 Jahre verkürzt (§ 133 InsO; bisher: 10 Jahre). Ganz praktisch bedeutet das, dass Unternehmen über die ihnen zugesprochene Quote rechtssicher verfügen können. Sie müssen dann nicht mehr befürchten, dass sie in einem neu aufgerollten Verfahren u. U. weniger Quote erhalten oder völlig leer ausgehen.
GmbH-Recht (II): Stimmrecht bei Bestellung des Anwalts für die GmbH
Wollen die Gesellschafter einer GmbH einen Anwalt beauftragen, der die GmbH in einem Rechtsstreit gegen einen ihrer Gesellschafter vertritt, dann hat der betroffene Gesellschafter kein Stimmrecht (OLG München, Urteil vom 23.2.2017, 23 U 4888/15).
GmbH-Steuer: vGA in der GmbH & Co. KG
Beteiligt sich die Komplementär-GmbH nicht an der Kapitalerhöhung der KG, dann darf das Finanzamt einen vermeintlichen Vermögensgewinn der GmbH nicht als verdeckte Gewinnausschüttung zugunsten ihrer Gesellschafter unterstellen und nachversteuern (FG Köln, Urteil vom 19.12.2016, 14 K 700/14).
Eine informative Lektüre wünscht
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst