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Volkelt-Brief 17/2011

Unter­neh­mens-Part­net­schaft – als Bei­rat den Geschäfts­part­ner bera­ten + Inter­ne Schlich­tung: Nach neu­em Urteil geht es jetzt ans Ver­trä­ge prü­fen + GF-Zeug­nis: Kein Anspruch auf Höf­lich­keits­for­meln + GmbH-Ein­la­ge: Boni­täts­nach­weis durch Rating-Agen­tur + Auch alte Beschlüs­se kön­nen nach­ge­prüft wer­den + Auch Ehe­gat­ten und Kin­der müs­sen Dar­le­hen zurück­zah­len + BISS …

The­men heu­te: Unter­neh­mens-Part­ner­schaft – als Bei­rat den Geschäfts­part­ner bera­ten + Inter­ne Schlich­tung: Nach neu­em Urteil geht es jetzt  ans Ver­trä­ge prü­fen + GF-Zeug­nis: Kein Anspruch auf Höf­lich­keits­for­meln + GmbH-Ein­la­ge: Boni­täts­nach­weis durch Rating-Agen­tur + Auch alte Beschlüs­se kön­nen nach­ge­prüft wer­den +  Ehe­gat­ten und Kin­der müs­sen Dar­le­hen zurück­zah­len + BISS

17. KW 2011
Frei­tag, 29.4.2011

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kol­le­ge,

aus der lang­jäh­ri­gen Zusam­men­ar­beit zwi­schen Fir­men ent­ste­hen ver­trau­li­che Arbeits­be­zie­hun­gen zwi­schen den betei­lig­ten Per­so­nen, auch den Geschäfts­füh­rern. Bis­wei­len erge­ben sich dar­aus Freund­schaf­ten, die lan­ge Bestand haben und auch einen Wech­sel des Arbeit­ge­bers unbe­scha­det über­ste­hen. Übung ist es auch, die Zusam­men­ar­beit zwi­schen den Unter­neh­men zu „insti­tu­tio­na­li­sie­ren“ –  man ver­stän­digt sich dar­auf, gemein­sa­men Pro­jek­te und Erfah­run­gen in Gre­mi­en fest­zu­ma­chen. Bewährt und üblich ist die gegen­sei­ti­ge Ein­bin­dung der Geschäfts­füh­rer in einen (bera­ten­den) Bei­rat des jeweils ande­ren Unter­neh­mens.

Dazu müs­sen Sie beach­ten: Wird der Geschäfts­füh­rer einer GmbH in einem ande­ren  Unter­neh­men als (bera­ten­der) Bei­rat oder sogar als kon­trol­lie­ren­der Auf­sichts­rat tätig, han­delt es sich nicht mehr um eine rein pri­va­te Neben­tä­tig­keit. Viel­mehr han­delt es sich um eine Neben­tä­tig­keit, die die Belan­ge der GmbH betrifft. Für den (Gesell­schaf­ter-) Geschäfts­füh­rer bedeu­tet das: Besteht laut Anstel­lungs­ver­trag Geneh­mi­gungs­pflicht für Neben­tä­tig­kei­ten, darf der Geschäfts­füh­rer die­ses Amt nur wahr­neh­men, wenn die Gesell­schaf­ter die Geneh­mi­gung dazu ertei­len. Wird die Geneh­mi­gung nicht erteilt, kön­nen Sie die Ver­wei­ge­rungs­grün­de prü­fen – sind die­se aus der Inter­es­sen­la­ge der GmbH stich­hal­tig, dür­fen Sie eine sol­che Neben­tä­tig­keit auf kei­nen Fall antreten.

Ver­gü­tun­gen aus einer geneh­mig­ten Bei­rats- oder Auf­sichts­rats-Tätig­keit ste­hen dem Geschäfts­führer zu und sind als sons­ti­ge Ein­nah­men zu ver­steu­ern. Wird der Geschäfts­füh­rer aber auf Wei­sung der Gesell­schaf­ter     oder über­wie­gend im Inter­es­se der GmbH als Auf­sichts- oder Bei­rat in einem ande­ren Unter­neh­men tätig, dann steht die Ver­gü­tung für die­se Tätig­keit der GmbH zu.

Für die Pra­xis: Damit das Finanz­amt eine Ver­gü­tung für die Auf­sichts- und Bei­rats-Tätig­keit in einem ande­ren Unter­neh­men im Inter­es­se der GmbH nicht als ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung der GmbH an sei­nen Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer ver­steu­ert, muss der Anstel­lungs­ver­trag ange­passt wer­den. Ver­ein­ba­ren Sie, dass die Ver­gü­tun­gen dem Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer zuste­hen und somit Bestand­teil des lohn­steu­er­pflich­ti­gen Gehalts des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers sind. For­mu­lie­rung im Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­trag: „Ver­gü­tun­gen, die der GmbH für Tätig­kei­ten des Geschäfts­füh­rers in Gre­mi­en ande­rer Unter­neh­mer zuste­hen, wer­den dem Geschäfts­füh­rer in vol­ler Höhe als erstat­tet und aus­ge­zahlt“.

Interne Schlichtung: Neues Urteil schützt GmbH-Gesellschafter

Um lang­wie­ri­ge und kost­spie­li­ge gericht­li­che Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen strei­ten­den GmbH-Gesell­schaf­tern zu ver­mei­den, ist in vie­len GmbH-Gesell­schafts­ver­tra­gen eine sog. Schieds­klau­sel ver­ein­bart. Danach ver­pflich­ten sich die Gesell­schaf­ter, den Schieds­spruch eines neu­tral besetz­ten, unab­hän­gi­gen Ent­schei­dungs­gre­mi­ums anzu­er­ken­nen. Vor­teil: GmbH-Inter­na wer­den nicht in einem öffent­li­chen Gerichts­ver­fah­ren publik, die Strei­tig­keit wird schnell been­det und die Kos­ten sind deut­lich nied­ri­ger als in einem ordent­li­chen Gerichts­ver­fah­ren. Wir haben an die­ser Stel­le bereits auf die Vor­tei­le und Beson­der­hei­ten des schieds­ge­richt­li­chen Ver­fah­rens hin­ge­wie­sen (vgl. Vol­kelt-Brief Nr. 43/2010).

Dazu gibt es jetzt ein neu­es Urteil des Ober­lan­des­ge­richts (OLG) Frank­furt. Wol­len Sie als Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer sicher gehen, dass die inter­ne Schlich­tung durch das Schieds­ge­richt nicht noch nach­träg­lich durch ein ordent­li­ches Gericht ange­foch­ten wer­den kann, soll­ten Sie jetzt prüfen:

  1. Ist die Schieds­klau­sel im Gesell­schafts­ver­trag rich­tig ver­an­kert und
  2. ent­spricht das dort beschrie­be­ne Ver­fah­ren den Min­dest­vor­aus­set­zun­gen für den Rechts­schutz der betrof­fe­nen Gesell­schaf­ter.

Wich­tig: Ein Schieds­ge­richt kann nur mit Zustim­mung aller Gesell­schaf­ter ein­ge­setzt wer­den. Das ist ent­we­der der Fall, wenn die Schieds­klau­sel bereits bei der Grün­dung im Gesell­schafts­ver­trag ver­ein­bart wur­de. Soll die Schieds­klau­sel nach­träg­lich ver­ein­bart wer­den, geht das nur mit Zustim­mung aller Gesell­schaf­ter. Ent­we­der mit ein­stim­mi­gen Beschluss über eine ent­spre­chen­de Ände­rung des Gesell­schafts­ver­tra­ges im Rah­men einer Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung oder per Beschluss der Gesell­schaf­ter außer­halb des Gesell­schafts­ver­tra­ges. Kommt die Schieds­klau­sel anders zustan­de, kann jeder Gesell­schaf­ter dage­gen kla­gen – und das mit guten Erfolgs­aus­sich­ten. Beson­der­hei­ten gel­ten auch für das Schieds­ver­fah­ren selbst: Das Ver­fah­ren muss jedem Gesell­schaf­ter Mit­wir­kungs­rech­te und damit einen gewis­sen Rechts­schutz ein­räu­men. Kon­kret: Jeder Gesell­schaf­ter muss über die Ein­lei­tung und den Ver­lauf des Schieds­ver­fah­rens infor­miert wer­den. Das Schieds­ver­fah­ren darf also nicht „hin­ter ver­schlos­se­nen Türen“ gegen einen Gesell­schaf­ter statt­fin­den. Der Gesell­schaf­ter muss dem Ver­fah­ren bei­tre­ten kön­nen (Anhö­rung der Vor­wür­fe, Stel­lung­nah­me zu den Vor­wür­fen). Jeder Gesell­schaf­ter muss bei der Aus­wahl und Stel­lung der Schieds­rich­ter Mit­spra­che haben (OLG Frank­furt, Beschluss vom 9.9.2010, 26 SchH 4/10).

Für die Pra­xis: Stim­men die­se Vorraus­set­zun­gen in Ihrer Schieds­klau­sel nicht, müs­sen Sie sich dar­auf ein­stel­len, dass künf­ti­ge und u. U. bereits ergan­ge­ne Schieds­ge­richts-Ent­schei­dun­gen noch­mals gericht­lich nach­ge­prüft und ggf. auch noch nach­träg­lich gekippt wer­den, z. B. bei einer Ein­zie­hung eines Geschäfts­an­teils im Anschluss an eine Kapi­tal­erhö­hung. Die damit ver­bun­de­ne unkla­re Rechts­la­ge kann sich dann über Jah­re hin­zie­hen. Als Geschäfts­füh­rer soll­ten Sie bei Hin­wei­sen auf eine wack­li­ge Schieds­klau­sel einen ver­sier­ten Anwalt prü­fen las­sen, ob Nach­bes­se­rungs­be­darf besteht. Aber auch hier gilt: Ände­run­gen der Schieds­klau­sel müs­sen ein­stim­mig beschlos­sen werden.

Kein Anspruch auf Höflichkeitsformel im Arbeitszeugnis

Selbst im qua­li­fi­zier­ten Arbeits­zeug­nis (z. B. für den Fremd-Geschäfts­füh­rer) gibt es kei­nen Anspruch auf die Schluss-For­mel: „Wir bedan­ken uns für die lang­jäh­ri­ge Zusam­men­ar­beit und wün­schen ihm für sei­ne pri­va­te und beruf­li­che Zukunft alles Gute“. Laut Lan­des­ar­beits­ge­richt Baden-Würt­tem­berg han­delt es sich dabei um eine Höf­lich­keits­for­mel und dar­auf gibt es kei­nen Rechts­an­spruch. Eine sol­che For­mel ist damit nicht ein­klag­bar (LArbG Baden-Würt­te­m­­berg, Urteil vom 3.2.2011, 21 Sa 74/10).

Gesellschafter muss bei Rückgewähr der Einlagezahlung Bonitätsnachweis vorlegen

Gewährt die GmbH ihrem Gesell­schaf­ter die Ein­la­ge­zah­lung als Dar­le­hen zurück, genügt die posi­ti­ve Bewer­tung der Boni­tät des Gesell­schaf­ters durch eine aner­kann­te Rating-Agen­tur als Beleg dafür, dass der Gesell­schaf­ter in der Lage ist, den Rück­ge­währ­an­spruch jeder­zeit zu erfül­len. Liegt die­se vor, muss das Regis­ter­ge­richt die Ein­tra­gung der GmbH vor­neh­men (OLG Mün­chen, Beschluss vom 17.2.2011, 31 Wx 246/10). 

Für die Pra­xis: Ist die Finan­zie­rung der GmbH von vor­ne­her­ein gesi­chert und wird dazu die Stamm­ein­la­ge nicht benö­tigt, ist es recht­lich zuläs­sig, die­se unmit­tel­bar nach der Ein­zah­lung sofort als Dar­le­hen zu ver­ge­ben. Vor­aus­set­zung: Der Gesell­schaf­ter, der sei­ne Ein­la­ge als Dar­le­hen zurück­er­hält, ist jeder­zeit sol­vent. Wich­tig: Das Regis­ter­ge­richt muss bereits bei der Anmel­dung über die­ses Vor­ge­hen infor­miert wer­den und dem Gericht muss ein ent­spre­chen­der Boni­täts­nach­weis vor­ge­legt werden.

Aufsicht- bzw. Beirat der GmbH kann auch zurückliegende Beschlüsse prüfen lassen

In der GmbH mit Auf­sichts­rat bzw. Bei­rat hat jedes ein­zel­ne Bei­rats­mit­glied das Recht, Beschlüs­se des Gre­mi­ums auf Recht­mä­ßig­keit prü­fen zu las­sen. Das gilt auch für Beschlüs­se aus der Zeit vor der Bestel­lung eines neu­en Gre­mi­ums-Mit­glieds. Und zwar dann, wenn ein­frü­he­rer Beschluss offen­sicht­lich gegen Geset­ze oder ande­re Bestim­mun­gen des Gesell­schafts­ver­tra­ges ver­stößt (OLG Zwei­brü­cken, Urteil vom 3.2.2011, 4 U 76/10). 

Für die Pra­xis: Das gilt auf jeden Fall für mit­be­stim­mungs­pflich­ti­ge GmbHs, aber auch für GmbHs mit einem fakul­ta­ti­ven Bei­rat – danach ist der Bei­rat auf der Grund­la­ge des Gesell­schafts­ver­tra­ges ein­ge­setzt und hat weit rei­chen­de Kon­troll­rech­te, die denen eines Auf­sichts­rats nach dem Akti­en­ge­setz entsprechen.

Darlehens-Rückzahlungen an „nahe stehende Dritte“ sind grundsätzlich anfechtbar

Der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) hat jetzt – erst­mals nach Inkraft­tre­ten des MoMiG – klar­ge­stellt, dass eine Dar­le­hens­rück­zah­lung an dem Gesell­schaf­ter nahe ste­hen­de Drit­te (Eltern, Geschwis­ter) grund­sätz­lich vom Insol­venz­ver­wal­ter ange­foch­ten wer­den kann. Aller­dings muss im Ein­zel­fall geprüft wer­den, ob ein sol­ches Dar­le­hen mit einem Gesell­schaf­ter­dar­le­hen gleich­zu­set­zen ist und nicht in die Insol­venz­ta­bel­le ein­ge­tra­gen wer­den kann (BGH, Urteil vom 17.2.2011, IX ZR 131/10).

Mit bes­ten Grüßen

Ihr Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur der Volkelt-Brief

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