Geschäftsführer-Jubiläum: Immer wieder Ärger um die Steuer + Teure Erbschaft: Finanzamt kassiert bei GmbHs doppelt + GmbH-Recht: Ein Geschäftsführer fällt aus – was tun? + Leiharbeit: Ab 1.4.2017 wird neu gezählt – ACHTUNG + Geschäftsführer-Haftung: Insolvenzantragspflicht ist kein Kavaliersdelikt + GmbH-Krise: Anspruch auf Insolvenzgeld für neue Mitarbeiter + BISS …
Der Volkelt-Brief 08/2017 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 24. Februar 2017
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
in schöner Regelmäßigkeit berichten wir an dieser Stelle zum „Werbungskostenabzug für Feierlichkeiten anlässlich des Geburtstages (oder eines Jubiläums) des (Gesellschafter-) Geschäftsführers“. Fakt ist, dass Steuer-Sachbearbeiter diesen Posten gerne und ganz genau unter die Lupe nehmen. Fakt ist auch, dass unterschiedliche Auffassungen des Steuerberaters und des Finanzamts zur Sache regelmäßig die Finanzgerichte beschäftigen (vgl. Nr. 37/2016).
Die Gerichte prüfen dann die Einladungsliste besonders gründlich. Stehen dort ausschließlich Mitarbeiter, Mit-Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH ist in der Regel eine berufliche Veranlassung anzunehmen. Kommen Geschäftsfreunde, sollten Sie zumindest objektiv nachvollziehbare Kriterien anlegen, wen Sie einladen. Selbst Lokalpolitiker, Verbandsvertreter oder Prominente sind zugelassen (BFH, Urteil vom 20.1.2016, VI R 24/15). Gut ist, wenn die Kosten im betrieblichen Rahmen bleiben (35 €), wenn Sie Räumlichkeiten der GmbH nutzen und während der Dienstzeiten feiern (anfangen!). Achtung: Wenn Sie nur wenige Mitarbeiter einladen wollen, sollten das nicht nur Ihre Vertrauten, sondern nach objektiven Kriterien ausgewählte Mitarbeiter sein (Hierarchie, Abteilungen, Projekte) (BFH, Urteil vom 10.11.2016, VI R 7/16).
Teure Erbschaft: Finanzamt kassiert bei GmbHs doppelt
Einen für auch andere interessanten Fall hat der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt entschieden. Dabei ging es um eine Erbschaft, die einer GmbH überlassen wurde – und zwar für den Fall einer Pflege-GmbH. Hier hatte eine Pflege-Patientin ihr gesamtes Vermögens aus Dankbarkeit der GmbH überlassen. Im entschiedenen Fall ging es um einen Betrag von rund 1.000.000 €, der gemäß Steuerklasse 3 nach Abzug des Freibetrages von 20.000 € mit 30 % Erbschaftsteuer belastet wird, also mit ca. 300.000 €. Allerdings: Was hier gut gemeint war, wird von den Finanzbehörden ausschließlich nach der Gesetzeslage behandelt.
Nach der jetzigen Rechtsprechung ist von einer solchen Erbschaft eher abzuraten. Und zwar deswegen, weil sich nach dem Buchstaben des Gesetzes eine Doppelbesteuerung ergibt. Zusätzlich ist die Erbschaft in voller Höhe – so die Münchner Richter – dem steuerpflichtigen Gewinn der GmbH zuzuschlagen und entsprechend zu versteuern. Im Urteil ergibt sich so eine zusätzliche Belastung von 150.000 € Körperschaftsteuer plus ca. 14,5 % Gewerbsteuer, also nochmals 145.000 € (BFH, Urteil vom 6.12.2016, I R 50/16). Würde man den fiktiven Teil des Gewinns tatsächlich an die Gesellschafter der GmbH ausschütten, müssten nochmals 25 % Abgeltungssteuer gezahlt werden. Summiert ergibt sich auf die Erbschaft bis zur Ausschüttung eine Steuerbelastung von insgesamt 85 %. Übersteigt das Erbe die 6 Millionen-EURO-Grenze wird es laut Steuerklasse 3 bereits mit 50 % besteuert. Inkl. Ertragsteuern landen dann 80 % des Erbes sofort beim Finanzamt.
GmbH-Recht: Ein Geschäftsführer fällt aus – was tun?
In vielen Familien-GmbHs ist es üblich, die Geschäftsführung einem oder mehreren Fremd-Geschäftsführern zu übertragen, wenn aus den eigenen Reihen keine geeigneten Nachfolger bereit stehen. Werden mehrere Fremd-Geschäftsführer engagiert, wird im Gesellschaftsvertrag in der Regel eine Gesamtvertretungsbefugnis vereinbart. Die Geschäftsführer können die GmbH dann nur gemeinsam vertreten. Damit ist sichergestellt, dass kein Geschäftsführer Alleingänge macht. Das bedeutet aber auch, dass Entscheidungen umständlicher sind und länger dauern.
Beispiele: Eine GmbH ist z. B. handlungsunfähig, wenn einer der Geschäftsführer auf längere Geschäftsreise ist. Es sei denn, man hat sich darauf verständigt, dass mit Video-Konferenzen (Skype, E‑Mail) und elektronischen Unterschriften unverzüglich gehandelt werden kann.
Schwieriger wird es, wenn ein Geschäftsführer z. B. nach einem Autounfall längere Zeit nicht aktionsfähig ist. Nach derzeitiger Rechtslage gilt auch dann weiterhin die Gesamtvertretung uneingeschränkt (BGH, Urteil vom 12.12.1960, II ZR 255/59, BGHZ 34, 27). Das kann auch nicht durch eine anders lautende Klausel im Gesellschaftsvertrag aufgehoben werden. Hier sind die Gesellschafter gefordert. Wenn Sie den Geschäftsführer unmittelbar abberufen, ist Rechtssicherheit wieder hergestellt.
Leiharbeit: Ab 1.4.2017 wird neu gezählt – ACHTUNG
Geschäftsführer kleinerer Unternehmen kennen die Problematik um die Anzahl der Beschäftigten im Betrieb. Das beginnt mit der 5/10-Mitarbeiter-Grenze, die über den Kündigungsschutz entscheidet. Selbst hier ist die Verunsicherung hoch, weil es viele Sondervorschriften für die Berechnung gibt, etwa für die Teilzeitbeschäftigte, Mini-Jobber, AZUBIs oder BUFDIs. Geschäftsführer von Unternehmen, die an der Grenze zu einem Schwellenwert (z. B. 500 oder 2.000 Mitarbeitern) liegen, müssen ab 1.4.2017 die neue Rechtslage für Leiharbeiter einplanen.
Danach gilt: Ist der Leiharbeiter länger als 6 Monate im Unternehmen tätig, wird er bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl im Sinne der Mitbestimmungsgesetze mitgerechnet. Das gilt für die Schwellenwerte der betrieblichen aber auch für die Unternehmens-Mitbestimmung. Im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung betrifft das die Größe des Betriebsrats-Gremiums und die Anzahl der für den Betriebsrat freizustellenden Arbeitnehmer. Bei der Unternehmens-Mitbestimmung geht es um die Bildung und Besetzung eines Aufsichtsrates. Das betrifft nach dem Drittelbeteiligungsgesetz Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern und nach dem Mitbestimmungsgesetz Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten.
Die neuen Vorgaben können dazu führen, dass einige Unternehmen jetzt erstmals einen Aufsichtsrat bestellen müssen. Inwieweit sich die Beschäftigung von Leiharbeitern im Hinblick auf das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) auswirkt, ist derzeit noch nicht abzusehen. Allerdings kann die Neufassung des Arbeitnehmerbegriffs im Gesetz (§ 611a BGB) ein Hinweis darauf sein, dass die Neuregelungen für Leiharbeiter in allen Unternehmen – also unabhängig von der Größe – gelten sollen. Das könnte dann auch den Kündigungsschutz in kleineren Unternehmen betreffen. Dazu hat auch der Bundesrat zuletzt neue Vorschläge vorgelegt, nach denen verstärkt auch alle arbeitnehmerähnlich für das Unternehmen tätige Mitarbeiter stärker in die Mitbestimmung einbezogen werden sollen (Bundesrats-Drucksache 740/16 B, Gesetzestext).
Geschäftsführer-Haftung: Insolvenzantragspflicht kein Kavaliersdelikt
In einem aktuellen Urteil des Landgerichts Hamburg heißt es dazu: „Der Geschäftsführer der GmbH ist grundsätzlich zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden“ (§ 64 GmbH-Gesetz). Dies gilt nicht für Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind (LG Hamburg, Urteil vom 23.9.2016, 328 O 87/15).
GmbH-Krise: Anspruch auf Insolvenzgeld für neue Mitarbeiter
Wenn das Insolvenzverfahren gegen eine GmbH eröffnet ist, besteht ein Anspruch auf Zahlung von Insolvenzgeld durch die Bundesagentur für Arbeit, wenn der Arbeitsvertrag mit einem Arbeitnehmer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen wurde. Im Fall hatte der Steuerberater gutachterlich bestätigt, dass teilfertige Leistungen abgeschlossen werden sollten, um Schadensersatzansprüche abzuwehren, und Neuaufträge akquiriert werden sollten, um Altforderungen zu erfüllen. Das Insolvenzgericht hatte dieses Vorgehen bestätigt (LSG Niedersachsen, Urteil vom 22.11.2016, L 7 AL 2/15).
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst