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Volkelt-Briefe

Neues Urteil: Abberufung/Kündigung des Geschäftsführers

Grund­sätz­lich gilt: Als Geschäfts­füh­rer sind Sie das schwa­che Glied in der GmbH. Die Gesell­schaf­ter – so es denn neben Ihnen noch wei­te­re gibt – kön­nen Sie jeder­zeit vom Amt abbe­ru­fen. Es sei denn, im Gesell­schafts­ver­trag gibt es ein­schrän­ken­de Bedin­gun­gen. Z. B., dass eine Abbe­ru­fung nur aus wich­ti­gem Grund mög­lich ist. In der Pra­xis kommt es den­noch regel­mä­ßig um die Fra­ge von Abbe­ru­fung und anschlie­ßen­der Kün­di­gung des Geschäfts­füh­rers zu aus­führ­li­chen, gele­gent­lich jah­re­lan­gen gericht­li­chen Auseinander­setzungen. Jetzt hat der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) in einem aktu­el­len Urteil eini­ge wich­ti­ge Grund­sät­ze dazu auf­ge­stellt, die Sie als Geschäfts­füh­rer ken­nen soll­ten – damit Sie wis­sen, auf was Sie sich im Kon­flikt­fall ein­stel­len müs­sen. Kon­kret geht es um die kor­rek­te Beschluss­fas­sung der Gesell­schaf­ter zur Abbe­ru­fung bzw. Kün­di­gung. Dazu gel­ten laut BGH fol­gen­de Grund­sät­ze (BGH, Urteil vom 4.4.2017, II ZR 77/16): …

  • Bei der gericht­li­chen Über­prü­fung der Wirk­sam­keit von Gesell­schaf­ter­be­schlüs­sen, die die Abbe­ru­fung oder die Kün­di­gung des Anstel­lungs­ver­trags eines Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers einer GmbH aus wich­ti­gem Grund betref­fen, muss geprüft wer­den, ob tat­säch­lich ein wich­ti­ger Grund im Zeit­punkt der Beschluss­fas­sung vor­lag oder nicht.
  • Das Vor­lie­gen des wich­ti­gen Grunds hat im Rechts­streit der­je­ni­ge dar­zu­le­gen und zu bewei­sen, der sich dar­auf beruft.
  • Die­se Grund­sät­ze gel­ten auch für ein vom Ver­samm­lungs­lei­ter zu beach­ten­des Stimm­ver­bot des betrof­fe­nen Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, des­sen Abbe­ru­fung bzw. Kün­di­gung des Anstel­lungs­ver­trags zur Abstim­mung steht und ein wich­ti­ger Grund behaup­tet wird.

Behaup­tun­gen, Vor­wür­fe oder Nach­re­den zäh­len vor Gericht nicht. Nur wenn ein sach­li­cher Grund vor­liegt, ist eine Abberufung/Kündigung aus wich­ti­gem Grund mög­lich. Sach­li­che Grün­de sind: Berufs­un­fä­hig­keit (Alter, Krank­heit), gro­be Ver­stö­ße gegen ver­trag­li­che Ver­pflich­tun­gen (Wett­be­werbs­ver­bot, unzu­läs­si­ge Aus­zah­lun­gen), Ver­stö­ße gegen recht­li­che Vor­schrif­ten (Straf­recht, Steu­er­recht, Sozi­al­ver­si­che­rungs­recht) oder ein Grund in der Per­son des Betrof­fe­nen (Insol­venz, feh­len­de Qua­li­fi­ka­ti­on). Kon­kre­te Bei­spie­le für wich­ti­ge Grün­de aus Sicht der Gesell­schaf­ter sind:

  • Der Ver­dacht auf betrü­ge­ri­sches Ver­hal­ten im Geschäftsverkehr,
  • die Aus­nut­zung geschäft­li­cher Mög­lich­kei­ten für pri­va­te Interessen,
  • wirt­schaft­li­che Kri­se der Unternehmens,
  • die Betriebs­still­le­gung,
  • die Annah­me von Schmiergeldern,
  • Han­deln ohne die vor­ge­schrie­be­ne Zustim­mung der Gesellschafter
  • oder eine unbe­rech­tig­te Amtsniederlegung.

Die außer­or­dent­li­che Kün­di­gung des Anstel­lungs­ver­hält­nis­ses ist immer frist­los. Die Kün­di­gung wird von der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung beschlos­sen. Der betrof­fe­ne Geschäfts­füh­rer hat in der Regel kein Stimm­recht. Wich­ti­ge Grün­de kön­nen nicht Grün­de sein, die den Gesell­schaf­tern bei der Bestel­lung des Geschäfts­füh­rers schon bekannt waren. Die Kennt­nis eines Mit-Gesel­l­­schaf­ters über einen kün­di­gungs­re­le­van­ten Sach­ver­halt reicht dazu aller­dings nicht aus. Die Abbe­ru­fung des Geschäfts­füh­rers allei­ne ist kein wich­ti­ger Grund, der eine außer­or­dent­li­che Kün­di­gung des Anstel­lungs­ver­tra­ges rechtfertigt.

Im Ver­fah­ren vor dem BGH woll­te der 49%-Gesellschafter den 51%-Gesellschafter-Geschäftsführer aus wich­ti­gem Grund abbe­ru­fen und kün­di­gen. Beson­der­heit: Der 51%-Gesellschafter-Geschäftsführer berief dazu eine Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung ein, die er auch selbst lei­te­te und die Beschluss­fas­sung pro­to­kol­lier­te. Bei der Abstim­mung über die Abberufung/Kündigung stimm­te er mit – obwohl in eig­ner Sache betrof­fen. Dazu der BGH: Liegt kein sach­li­cher Grund für eine Abbe­ru­fung vor, ist der nicht dar­ge­legt, begrün­det oder belegt, dann darf der betrof­fe­ne Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer mit stim­men. Ein Stimm­ver­bot gilt nur, wenn ein sach­li­cher Grund objek­tiv gege­ben – ggf. nach gericht­li­cher Prüfung.

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