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Volkelt-Briefe

Mindestlohn: Der Generalverdacht ist das Problem

Nach 100 Tagen Min­dest­lohn hat­te man die von der Min­dest­lohn-Büro­kra­tie betrof­fe­nen Unter­neh­men ver­trös­tet: Im April woll­te der Koali­ti­ons­aus­schuss ernst­haft prü­fen, neu bewer­ten und even­tu­ell nach­bes­sern. Doch dar­aus ist Nichts gewor­den. In der Pra­xis der Unter­neh­men wird sich wohl nichts mehr ändern. Das ist nicht nur ärger­lich. Das wird das Ver­hält­nis von Unter­neh­men und Behör­den wei­ter ver­schlech­tern. Spür­ba­res Ergeb­nis des Min­dest­lohns: Die Unter­neh­men müs­sen (wie­der ein­mal) ein schlecht gemach­tes Gesetz aus­ba­den. …Um es noch­mals im Klar­text zu sagen: Den betrof­fe­nen Unter­neh­men, die ich ken­ne und die mit der Min­dest­lohn-Büro­kra­tie zu tun haben, geht es nicht dar­um, wei­ni­ger zu zah­len. Die meis­ten zah­len ohne­hin mehr. Der Auf­wand drum her­um, die per­ma­nen­te Ein­schüch­te­rung durch anma­ßen­de Zoll-Auf­trit­te und die unver­hält­nis­mä­ßig hohen Straf­an­dro­hun­gen für kleins­te Ver­ge­hen irri­tie­ren. Nur weil es Betrü­ger gibt, wird allen Unter­neh­men ein Gene­ral­ver­dacht unter­stellt. Das ist weder guter Stil noch kon­zep­tio­nel­le Politik.

Nicht zu unter­schät­zen ist der Main­stream um das The­ma. So gibt es im aktu­el­len Tages­schau-Blog zum The­ma Min­dest­lohn nicht eine Stim­me, die Ver­ständ­nis für die betrof­fe­nen Unter­neh­men hat. Die meis­ten Kom­men­ta­re bewe­gen sich auf der Ebe­ne „Aus­beu­tung“, „Unter­neh­mer fah­ren gro­ße Autos“ oder „Unter­neh­men drü­cken sich mit allen Mit­teln“. Die Neid-Debat­te ist mit vol­ler Vehe­menz wie­der­be­lebt. Kei­ne Rol­le spielt, dass der Min­dest­lohn auch ein Ein­griff in die Wirt­schafts­struk­tur dar­stellt. Unter­neh­men mit gerin­ger (Umsatz-) Ren­di­te müs­sen ten­den­zi­ell einen immer grö­ße­ren Per­so­nal­kos­ten­an­teil tra­gen – was dazu füh­ren wird, dass vie­le bis­her mit­tel­stän­di­sche Bran­chen zuneh­men von Kon­zern-Struk­tu­ren über­nom­men wer­den (Hand­werk, Dienst­leis­tun­gen). Die­ser Effekt einer Umstruk­tu­rie­rung hin zu Groß­un­ter­neh­men ist jeden­falls kei­ne Mit­tel­stands-Poli­tik. Dar­über muss man sich im Kla­ren sein.

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