Nach dem AGG-Urteil des Bundesgerichtshofs (vgl. Nr. 18/2012) ist zu prüfen, ob das auch Auswirkungen auf die rechtliche Stellung des GmbH-Geschäftsführers insgesamt hat. Europaweit gilt: Gemäß Richtlinie 2003/88/ EG sind Fremdgeschäftsführer und mit einer Minderheitsbeteiligung an der GmbH beteiligte Geschäftsführer Arbeitnehmer – mit den entsprechenden Rechten und Pflichten. Das gilt auch für Geschäftsführer einer GmbH, die einen zu Drittel mit Arbeitnehmervertretern besetzten Aufsichtsrat haben, nicht aber für den Geschäftsführer einer mitbestimmten GmbH (MitbestG). Folglich gehen einige Arbeitsrechtler davon aus, dass das Bundesurlaubsgesetz auch für Geschäftsführer gilt (z. B. Forst, in GmbHR 2012, S. 821 ff.). Daraus ergeben sich Ansprüche des Geschäftsführers gegen den Arbeitgeber GmbH. Das sind:
- In Deutschland hat der Geschäftsführer einen Anspruch auf 24 Tage Urlaub § 3 Abs. BUrlG), der Urlaubsanspruch ist jahresanteilig zu gewähren,
- durch ärztliche Bescheinigung nachgewiesene Krankheitszeiten dürfen auf den Urlaubsanspruch nicht angerechnet werden und
- der Urlaubsanspruch muss übertragbar sein (bzw. es besteht Anspruch auf Ausgleichszahlungen für nicht angetretenen Urlaub bei Übertragung oder Ausscheiden).
Beachten Sie eine Besonderheit: Der Geschäftsführer hat zwar nur Anspruch auf den Mindesturlaub. Ist es im Unternehmen aber üblich …
und für alle anderen Arbeitnehmer so vereinbart, dass mehr Urlaubstage vertraglich gewährt werden (z. B. 30), dann kann es aus Gründen der Gleichbehandlung (AGG) geboten sein, dass auch der Geschäftsführer einen Anspruch auf einen erweiterten Urlaub gerichtlich durchsetzen kann.
Beispiel: Der Marketing-Leiter wird zum Geschäftsführer berufen. Im Anstellungsvertrag wird die Mindesturlaubszeit von 24 Tagen vereinbart, alle anderen Arbeitnehmer haben einen tariflichen Anspruch auf 30 Tage. Nach 2 Jahren kündigt die Konzernleitung dem GF. Unter Berufung auf das AGG macht der Geschäftsführer eine Ausgleichszahlung für 2 x 6 = 12 Tage zusätzlichen Urlaub an. Er kann eine zusätzliche Abfindung durchsetzen. Das macht bei 4.000 € monatlich immerhin einen zusätzlichen Betrag von rund 2.200 € aus.
Für die Praxis: Es gehört zum Selbstverständnis eines Geschäftsführers „seine Arbeitskraft in vollem Umfang zum Wohle der GmbH“ einzubringen. Das berechtigt ihn zu einem hohen Gehalt und einer zusätzlichen Erfolgsvergütung. Mit dieser Rechtslage ist sichergestellt, dass der Geschäftsführer nicht der Willkür ausgesetzt ist. Stellt ein zum Geschäftsführer berufener ehemaliger Angestellter später fest, dass er aus seiner unkündbaren Stellung herausgelockt und anschließend gekündigt wurde, hat er gute Aussichten, unter Verweis auf seine Arbeitnehmerstellung gute Ausscheidens-Konditionen vor dem Arbeitsgericht durchzusetzen.