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Volkelt-Briefe

Ende der Preisbindung: Mehr Fantasie für die Kalkulation

Nach dem Aus für die Preis­bin­dung für ver­schrei­bungs­pflich­ti­ge Medi­ka­men­te kommt jetzt Fan­ta­sie in die Con­trol­ling-Abtei­lun­gen vie­ler Unter­neh­men (EuGH, Urteil vom 19.10.2016, C‑148/15). Vor allem in den Bran­chen, in denen …

man sich seit Jah­ren oder bereits seit Jahr­zehn­ten auf „fes­te“ Prei­se ein­ge­stellt hat (Buch­han­del, Taxi­ge­wer­be, aber auch: Frei­be­ruf­ler-Hono­ra­re usw.). Beim Tan­ken hat sich unter­des­sen das Dyna­mic Pri­cing (dyna­mi­sches Preis­ma­nage­ment) flächen­deckend und spür­bar für alle Ver­brau­cher durch­ge­setzt. Man hat sich dar­an gewöhnt und stellt sein Tank­ver­hal­ten ent­spre­chend dar­auf ein. Eini­ge Inter­net Anbie­ter und ‑Shops prak­ti­zie­ren bereits seit eini­gen Jah­ren unter­schied­li­che Prei­se je nach Bestel­ler, Bestell­vor­gang oder Bestell­zeit (Tag, Nacht, Feri­en usw.). Ten­denz: Im Inter­net ist Dyna­mic Pri­cing in allen Bran­chen auf dem Vor­marsch. Im Ein­zel­han­del darf wei­ter vor Ort gefeilscht werden.

Fakt ist: Es gibt kei­ne Preis­ver­ord­nung oder sons­ti­ge gesetz­li­che Vor­schrift, die dyna­mi­sche Prei­se unter­sagt. Aller­dings gibt die Preis­aus­zeich­nungs­ver­ord­nung die Rich­tung vor. Außer­dem müs­sen laut BGH die Prei­se in den Such­ma­schi­nen stets aktu­ell sein (I ZR 123/08). Prei­se müs­sen klar und ein­deu­tig aus­ge­zeich­net sein. Das betrifft die Anga­be zur Mehr­wert­steu­er, Ver­sand­kos­ten usw.. Dar­auf Rabat­te, Skon­ti und Nach­läs­se zu gewäh­ren ist in allen Bran­chen mög­lich (und üblich), auch für Dienst­leis­tun­gen oder hand­werk­li­che Ange­bo­te. Gegen­über den Inter­net-Anbie­­tern gibt es aber einen ent­schei­den­den Nach­teil: Hier kann man den aus­ge­zeich­ne­ten Preis jeder­zeit auch nach oben ändern, z. B. wenn man weiß, dass der poten­zi­el­le Käu­fer eine hohe Kauf­be­reit­schaft hat. Das ist bei einer Aus­leg­wa­re nicht oder nur mit sehr hohem Auf­wand mög­lich. Eini­ge der gro­ßen Ein­zel­händ­ler tes­ten dazu zwar varia­ble Preis­aus­zeich­nungs-Sys­te­me. Aller­dings wer­den die­se längst noch nicht flä­chen­de­ckend ein­ge­setzt auch nicht unter opti­mier­ten Bedin­gun­gen getes­tet. Eine stünd­li­che oder gar minüt­li­che Ände­rung der Prei­se wird u. E. auch hier (noch) nicht prak­ti­ziert, aber es wird viel expe­ri­men­tiert. Wie hal­ten Sie es mit den Preisen?

Damit sind 2 Ent­wick­lun­gen vor­ge­zeich­net. Die Bedeu­tung der Preis-Ver­gleichs-Por­ta­le wird abneh­men, weil die dyna­mi­schen und indi­vi­dua­li­sier­ten Prei­se damit nicht erfasst wer­den. Zum ande­ren wer­den sich die Ver­brau­cher­ge­wohn­hei­ten ändern: Wie beim Tan­ken müs­sen sich die Ver­brau­cher bei immer mehr Pro­duk­ten auf dyna­mi­sche Prei­se ein­stel­len (Flie­gen, Hotels, sons­ti­ge Pro­duk­te, Lebens­mit­tel, Dro­ge­rie­ar­ti­kel). Wer Preis­stei­ge­run­gen und Höchst­prei­se nicht mit­nimmt, erzielt nur unter­durch­schnitt­li­che Ren­di­te. Pro­bie­ren Sie etwas an der Preis­front. Z. B. auch, indem Sie Kapa­zi­täts­eng­päs­se zu Hoch-Prei­sen nut­zen und Kapa­zi­täts­über­hän­ge mit Preis­sen­kun­gen kom­pen­sie­ren. Das gilt für nahe­zu alle Bran­chen – auch für Hand­werk und Ein­zel­han­del. Fan­ta­sie ist gefragt.

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