Geschäftsführer-Job: 10 Stunden und immer für die GmbH unterwegs + GmbH-Verkauf: Die neuen Gesellschafter können Sie (raus) mobben + Digitales: So schreiben sich die neuen Erfolgsgeschichten (II) + Formsache: Gerichtsfest Protollieren – Beschlüsse, Zielvereinbarungen + BAG aktuell: Fremd-Geschäftsführer ist kein Arbeitnehmer + Steuer/GmbH – privat: FG Münster bietet Steuer-Podcast + Mitarbeiter: Mindestlohn gilt auch für ausländische Speditionen + Internet/Soziale medien: „Taggen” mit Verweisen ist Werbung
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 17/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 26. April 2019
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
zunächst einmal vielen Dank an die Kollegen/Innen, die sich an unserer Befragung zur Arbeitsbelastung der Geschäftsführung beteiligt haben (vgl. Nr. 9/2019). Die Ergebnisse sind wenig überraschend und bestätigen, dass Geschäftsführer deutlich mehr Einsatz bringen müssen als es von den meisten angestellten Mitarbeitern erwartet werden kann. Zwei von drei Geschäftsführern arbeiten täglich 10 und mehr Stunden. Das ist eine Dauerbelastung, die sich zwar nicht sofort, aber mit fortschreitendem Alter bemerkbar machen wird. Fast jeder fünfte Kollege/In arbeitet Tag für Tag mehr als 12 Stunden. Dazu kommen regelmäßige Abendtermine. Jeder zweite Kollege/in ist mindestens einmal in der Woche abends für die GmbH gefordert. Dazu kommen Termine am Wochenende. Jeder fünfte Kollege/In ist zusätzlich regelmäßig an den Wochenenden für die GmbH unterwegs.
Thema „Erreichbarkeit”: Fast alle Kollegen/Innen sind – jedenfalls soweit sich dies möglich ermöglichen lässt – jederzeit erreichbar. Die hohe Belastung wirkt sich auch in Sachen Urlaub aus. Jeder fünfte Kollege/In kann sich gerade einmal 10 Tage Abwesenheit bzw. Urlaub im Jahr leisten. Schwacher Trost: Die Mehrzahl der Kollegen/Innen (55 %) gönnen sich 20 freie Tage und mehr im Jahr – allerdings ist davon auszugehen, dass die Kollegen/Innen auch in dieser Zeit „jederzeit erreichbar” sind.
GmbH-Verkauf: Die neuen Gesellschafter können Sie (raus) mobben
Viele Geschäftsführer sehen ihre Zukunftssicherung darin, die GmbH später einmal zu veräußern. Idealvorstellung dabei: Solange der Geschäftsführer gesundheitlich fit ist, bleibt er weiter im Konzern als (abhängig beschäftigter) Geschäftsführer tätig – am besten auf der Grundlage des bestehenden Anstellungsvertrages unter den neuen Gesellschaftern. Das kann gut gehen – muss es aber nicht. Gehen Sie immer auch davon aus, dass die neuen Besitzer/Gesellschafter eigene strategische Pläne mit dem Erwerb Ihrer GmbH verfolgen. Darauf sollten Sie vorbereitet sein.
Vorsicht: Hierzu gibt es ein Richtung weisendes Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH), das Sie auf jeden Fall zur Kenntnis nehmen müssen. Danach ist es nach dem Verkauf der GmbH für die neuen Gesellschafter sehr einfach, den übernommenen Ex-Gesellschafter-Geschäftsführer heraus zu mobben. Z. B., indem ihm systematisch die Kompetenzen beschnitten werden oder ihm ein neuer Chef vor die Nase gesetzt wird. Dazu der BGH: „Solche umstrukturierenden Maßnahmen stehen den neuen Gesellschaftern aufgrund ihrer Organisationshoheit zu“. Der Ex-Gesellschafter-Geschäftsführer hat nur die Rechte, die ihm nach seinem Anstellungsvertrag zustehen (BGH, Urteil vom 6.3.2012, II ZR 76/11) bzw. die er im Kaufvertrag verbindlich geklärt und festgeschrieben hat.
Beispiel: Der Gesellschafter-Geschäftsführer hatte seine Regio-Zeitschriften GmbH an den größeren Verlag am Ort verkauft. Er blieb als Geschäftsführer weiter im Amt. Dann strukturierten die neuen Inhaber um: Zunächst wurden Vertrieb und Versand ausgegliedert, anschließend wurde ein zusätzlicher Geschäftsführer eingestellt und ein „Reporting“ eingeführt, wonach der Ex-Inhaber regelmäßig berichten musste. Der wehrte sich dagegen und zwar per Klage „wegen unzulässiger Einschränkung seiner Kompetenzen aus der Geschäftsführer-Position“.
Die Rechtslage: Der neue Arbeitgeber ist lediglich dazu verpflichtet, seine Rechte und Pflichten aus dem Anstellungsvertrag zu erfüllen. Das Recht zur Abberufung bzw. zur Einschränkung seiner Kompetenzen bleibt ihm vorbehalten. Der Ex-Geschäftsführer hat kein Recht auf irgendeine Besitzstandswahrung (z. B. Umwandlung der Einzelvertretungsbefugnis in eine Gesamtvertretungsbefugnis, neue Aufteilung der Geschäftsführungsbefugnisse bei neuer Ressorteinteilung). Dem Ex-Geschäftsführer steht dann noch nicht einmal eine Abfindung zu, wenn er vorzeitig kündigt, z. B. weil er sich im Recht fühlt. Dann kann der Schuss also ganz schnell nach hinten losgehen. Der neue Inhaber kann die Kündigung mit einer Kündigung seinerseits beantworten, so dass der Ex sogar seine ansonsten noch bestehenden Ansprüche aus dem von ihm gekündigten Anstellungsvertrag verliert.
Vorsicht, wenn Sie einen kleinen Anteil Ihrer GmbH noch behalten wollen: In vielen GmbH-Gesellschaftsverträgen ist vereinbart, dass alle Gesellschafter aktiv in der GmbH mitarbeiten müssen, entweder als Geschäftsführer oder als Angestellter. Ziel der Vereinbarung: Damit wollen die Gesellschafter sicherstellen, dass sich alle zum Wohl der GmbH einsetzen und das gemeinsame Projekt zum bestmöglichen Erfolg führen. Ist der Gesellschafter nicht mehr für die GmbH tätig (Altersgründe, Abwanderungswünsche) haben die verbleibenden Gesellschafter das Recht, den GmbH-Anteil einzuziehen.
Das ist rechtlich aber nur zulässig, wenn der Gesellschafter dafür abgefunden wird – ihm also eine entsprechender Preis für seinen GmbH-Anteil gezahlt wird. Problem: Die Abfindung darf nicht „sittenwidrig“ sein. Dem ausscheidenden Gesellschafter muss ein fairer Preis gezahlt werden.
Digitales: So schreiben sich die neuen Erfolgsgeschichten (II)
Um den Umsatz anzukurbeln, stimmte die Geschäftsleitung der Unternehmensgruppe Schwan-Stabilo dem Vorschlag eines Außendienstmitarbeiters zu, in Zukunft neben den Textmarkern mit Leuchtfarben auch solche mit gedeckten Farben anzubieten – mit ungewissem Ausgang. Den Durchbruch brachte virales Marketing. Der Facebook-Eintrag eines Mitarbeiters des philipinischen Customer-Service bewirkte, dass eine Sonderverkaufsaktion für die neuen Farben vor Ort einen wahren Run auslöste. Anschließend gingen die Bilder dieser Verkaufsaktion via Soziale Medien um die Welt – allesamt gepostet von „Privaten” und ohne dass das Unternehmen auch nur einen Cent für die Werbung ausgeben musste. Was die Manager nicht ahnten, waren zwei Trends, die ihrer Innovation den Durchbruch verschafften: Das sog. Handlettering – das phantasievolle Ausmalen von Buchstaben geistert derzeit durch die Sozialen Medien. Die Textmarker mit den neuen Farben kamen so gesehen genau zum richtigen Zeitpunkt. Ebenfalls voll im Trend sind selbst gestaltete Notizbücher zum Mitnehmen – im Jargon: Bullet Journals. Auch hier kommen die neuen Farben gut an. Nachprüfbarer Wachstumseffekt: Plus 5 % auf weltweit 193 Mio. EUR.
Formsache: Gerichtsfest Protollieren – Beschlüsse, Zielvereinbarungen
Zu Nachweisproblemen mit Geschäftsunterlagen (siehe oben) kommt es nicht nur mit Geschäftspartnern sondern oft auch zwischen den Beteiligten in der GmbH – z. B. zwischen den Geschäftsführern und den (Nur-) Gesellschaftern. Wie können Sie sich in diesen Fällen absichern, wenn es z. B. darum geht, eine konkrete Anweisung der Gesellschafter an die Geschäftsführer später einmal vor Gericht nachzuweisen?
Die Rechtslage: Das Protokoll der Gesellschafterversammlung wird entweder vom Versammlungsleiter selbst oder von einer von der Gesellschafterversammlung beauftragten Person geführt. Der Protokollführer unterzeichnet das Protokoll. Zusätzlich kann der Versammlungsleiter zeichnen. Unterschreiben die Gesellschafter, so gilt dies als Zustimmung zum protokollierten Inhalt. Unterschreiben die Gesellschafter nicht, erteilen sie ihre Zustimmung, wenn Sie nach Zugang des Protokolls nicht innerhalb einer angemessenen Frist (ein Monat) widersprechen. Zur Aushändigung und Aufbewahrung des Protokolls müssen Sie beachten:
- Jeder Gesellschafter hat das Recht auf Einsicht in das Protokoll (§ 51a GmbHG).
- Alleine schon aus Beweisgründen sollte das Protokoll jedem Gesellschafter ausgehändigt werden.
- Die Gesellschafter haben aber keinen Anspruch auf Abschriften des Protokolls der Gesellschafterversammlung.
Unabhängig von der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht (10 Jahre) empfiehlt sich eine lückenlose Dokumentation aller Gesellschafterbeschlüsse über die gesamte Lebenszeit des Unternehmens. Stellt ein Gesellschafter fest, dass das Protokoll Redebeiträge falsch darstellt oder einzelne Vorgänge und Vereinbarungen unrichtig wiedergibt, dann muss er dies unmittelbar nach Erhalt des Protokolls schriftlich dem Geschäftsführer gegenüber monieren. Durch den rechtzeitigen Widerspruch (spätestens ein Monat nach Zugang) wird sichergestellt, dass es bei einer späteren Beweisführung nicht zu einer nachteiligen Beurteilung kommt. Der falsch zitierte Gesellschafter muss verlangen, dass das verbesserte Protokoll oder ein Nachtrag zum Protokoll erstellt und allen Gesellschaftern ausgehändigt wird.
BAG aktuell: Fremd-Geschäftsführer ist kein Arbeitnehmer
Ein wichtiges Urteil für alle Geschäftsführer ohne Beteiligung an der GmbH kommt soeben vom Bundesarbeitsgericht. Danach gilt: Ob der Geschäftsführer Arbeitnehmer ist, richtet sich nach den nationalen arbeitsrechtlichen Vorgaben. Es gilt also deutsches Arbeitsrecht. Folge: Der Geschäftsführer ist grundsätzlich kein Arbeitnehmer (BAG, Beschluss v. 21.1.2019, 9 AZB 23/18).
Steuer/GmbH – privat: FG Münster bietet Steuer-Podcast
Einen interessanten Service bietet das Finanzgericht (FG) Münster für Steuerberater und Steuer-interessierte Unternehmer. Sie können sich ab sofort per Podcast über aktuelle Entwicklungen im Steuerrecht informieren – und zwar nicht nur für Steuer-Infos aus dem Bezirk des Finanzgerichts Münster oder aus NRW, sondern zu allen Gebieten des Steuerrechts. Im Einzelfall durchaus informativ – wir verweisen an dieser Stelle auf Urteile, die GmbHs/Geschäftsführer betreffen. Den Zugang zum Audio-Podcast gibt es über die Internet-Seiten des Finanzgerichts unter > www.fg-muenster.nrw.de.
Mitarbeiter: Mindestlohn gilt auch für ausländische Speditionen
Eine polnische Spedition ließ gerichtlich prüfen, inwieweit sie die Arbeitszeiten für die in Deutschland eingesetzten Fahrer für die Behörden bereitstellen muss. Dazu das Gericht: „Die Spedition unterliegt den Dokumentations- und Bereithaltungspflichten, denn das Mindestlohngesetz findet auf sie Anwendung, obwohl sie in Polen ansässig und auf die mit ihren Fahrern geschlossenen Arbeitsverträge grundsätzlich polnisches Recht anwendbar ist” (FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 16.1.2019, 1 K 1161/17).
Internet/soziale Medien: „Taggen” mit Verweisen ist Werbung
Werden in den Sozialen Medien (Facebook, Instagram usw.) private Fotos mit Links zu den damit in Verbindung zu bringenden Unternehmen (Hier: Beauty Marken, Hotels) versehen, handelt es sich um anzeigenpflichtige Werbung. Und zwar auch dann, wenn die Links ohne Gegenleistung (Bezahlung) gesetzt werden. Das Urteil, das gegen die Karlsruher Bloggerin Pamela Reif gefällt wurde, ist noch nicht rechtskräftig Die Anwälte der Bloggerin haben Revision eingelegt. Wir halten Sie auf dem Laufenden – u. U. ergeben sich daraus auch Konsequenzen für Links, die Sie auf Ihren Webseiten verwenden (LG Karlsruhe, Urteil v. 21.3.2019, 13 O 38/18).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
L. Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief